Praxisinformationen
Kennzeichnung von genetischen Besonderheiten (Fleckvieh, Braunvieh)

Es gibt eine Reihe von genetischen Besonderheiten bei den Besamungsbullen der Rassen Fleckvieh und Braunvieh. Hierzu zählen Erbfehler, Defektloci oder auch der Hornstatus der Bullen.

Eine Kennzeichnung der Bullen für Erbfehler erfolgt, wenn der Träger- oder Nichtträgerzustand für ein Tier bekannt ist. Die Kennzeichnung wird dabei unterschieden, wie der Trägerstatus ermittelt wurde. Beim Hornstatus werden alle Trägerzustände beschrieben und es wird ebenfalls unterschieden wie der Trägerstatus ermittelt wurde.

Umstellung der Erbfehlerkennzeichnung

Mit der Veröffentlichung der Zuchtwertschätzung April 2018 wird die Erbfehlerkennzeichnung an die von ICAR gemachten Vorgaben angepasst.

Umstellung der Erbfehlerkennzeichnung - April 2018 pdf 195 KB

Genetische Besonderheit: Erbfehler

Beim Braunvieh wird aktuell für vier Erbfehler der mögliche Trägerzustand des Bullen gekennzeichnet.

  • Weaver, abgekürzt: W
    Betroffene Tiere zeigen erste Symptome im Alter von 5-8 Monaten, wenn sie die Geschlechtsreife erreichen oder bereits trächtig sind. Aufgrund einer Hinterhandschwäche haben die Tiere zunächst Probleme beim Aufstehen, dann fällt ein unsicherer Gang auf und die Muskulatur der Nachhand schwindet. Mit 12-18 Monaten kommt es zum Festliegen und das Tier muss eingeschläfert werden. Es ist ein indirekter Gentest verfügbar.
  • SMA = spinale Muskelatrophie, abgekürzt: M
    Im Alter von 2 bis 6 Wochen treten erste Lähmungserscheinungen auf, die weiter fortschreiten und letztlich zum Festliegen führen, außerdem kommen Husten und Atemprobleme dazu. Ein auffälliger Muskelschwund tritt vor allem im Oberschenkelbereich auf. Betroffene Kälber sterben meist vor dem 2. Lebensmonat. SMA geht auf den Stier Destiny zurückt.
  • Arachnomelie, abgekürzt: A
    Betroffene Kälber sind nicht lebensfähig und werden meist bereits tot geboren. Die Erkrankung führt im Wesentlichen zu einer abweichenden Knochenmorphologie. Es fallen u.a. dünne und brüchige Röhrenknochen, versteifte und verdrehte Gelenke, eine Delle auf der Stirn und ein verkürzter Unterkiefer auf. Schäden entstehen nicht nur durch Verlust des Kalbes sondern auch durch Schwergeburten, welche durch die versteiften Gliedmaßen verursacht werden. Das Arachnomelie-Syndrom tritt sowohl beim Braunvieh (vor allem über Beautician vererbt) und beim Fleckvieh (über Senat vererbt) auf. Für beide Rassen ist ein direkter Gentest verfügbar.
  • SDM = spinale Dysmyelinisierung, abgekürzt: D
    Betroffene Kälber liegen meist in Seitenlage mit gestreckten Beinen fest. Der Hals ist typischerweise nach oben hinten überstreckt („Mondgucker“). Die Kälber sterben in der ersten Lebenswoche oder werden eingeschläfert. SDM wurde im Braunvieh vor allem von Elegant vererbt.

Beim Fleckvieh erfolgt aktuell eine Kennzeichnung für den Erbfehler Arachnomelie, abgekürzt A

Allgemein unterscheidet man zwei verschiedene Trägerzustände:

  • Kennzeichnung in () bedeutet, dass das Tier ein Träger des Erbfehlers ist
  • Kennzeichnung mit * bedeutet, dass die Trägerschaft durch einen molekulargenetischen Test festgestellt wurde.

Daraus lassen sich vier verschiedene Trägerzustände für einen Erbfehler definieren, beispielhaft beim Erbfehler Arachnomelie:

  • (A) = Träger aufgrund von befallenen Nachkommen in Felddaten
  • (A*) = Träger aufgrund von Ergebnissen aus molekulargenetischen Test
  • TA = Nichtträger (frei) aufgrund eines Nachkommentests im Feld
  • *TA = Nichtträger (frei) aufgrund des Ergebnisses aus molekulargenetischen Test

Für die Erbfehler gilt die internationale Regel einer Kennzeichnung im Namen der Tiere. In BaZI-Rind erfolgt aktuell zusätzlich eine Angabe im Block ‚Genetische Besonderheiten und Erbfehler‘. Dabei ist zu beachten, dass hier nur der Status angedruckt wird, wenn das Tier ein Anlageträger ist oder keine Untersuchung vorliegt. Daneben ist auch zu beachten, dass die Erbfehler in der Regel nur bei Bullen untersucht werden, die aufgrund ihres Pedigrees ein erhöhtes Risiko einer Anlageträgerschaft aufweisen. Bullen mit unverdächtigen Pedigrees werden nicht untersucht und dementsprechend auch so gekennzeichnet.

Genetische Besonderheit: Defektloci

Basierend auf Informationen aus der Genotypisierung im Rahmen der Genomischen Selektion und Sequenzinformationen wird seit Ende 2012 intensiv an der Aufklärung von Defektloci beim Fleckvieh und Braunvieh gearbeitet. Mittlerweile wurden die unten angegebenen Defektloci identifiziert. Es handelt sich nach derzeitigem Wissensstand bei diesen Defectloci mit einem monogen homozygot rezessiven Erbgang. Das bedeutet, dass nur ein Genort verantwortlich ist (monogen) und die Ausprägung des spezifischen Krankheitsbildes nur dann zum Vorschein kommt, wenn das Defektallel an einem Genort reinerbig (homozygot) auftritt. Das ist nur möglich, wenn das Tier die beiden Defektallele sowohl vom Vater als auch von der Mutter geerbt hat, also beide Eltern Anlageträger sind. Mischerbige (heterozygote) Tiere zeigen nach bisherigem Erkenntnisstand keinerlei Beeinträchtigungen.
Eine Beschreibung der Defektloci finden Sie auf den angegebenen Internetseiten der LfL und der ASR.

Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- und Besamungsorganisationen e.V. (ASR) Externer Link

In BaZI-Rind wird aktuell der Trägerstatus bei den Bullen im Anzeigeblock "Genetische Besonderheiten und Erbfehler" angegeben. Dabei wird unterschieden zwischen vier verschiedenen Statusangaben:

  • Träger heterozygot:
    Der Bulle ist mischerbiger Träger für den Defectlocus und er gibt den Defektlocus im Durchschnitt an jeden zweiten Nachkommen weiter.
  • Träger homozygot:
    Der Bulle ist reinerbiger Träger für den Defektlocus, d.h. er hat den Defektlocus von der mütterlichen und väterlichen Seite erhalten. Bei einzelnen Krankheiten ist der Krankheitsverlauf im reinerbigen Zustand nicht immer letal, so dass auch reinerbige Tiere in der Population vorkommen können (z.B. Thrombopatie).
  • Trägerstatus fraglich:
    Hier konnte kein eindeutiger Trägerstatus anhand der Daten aus der SNP-Markeruntersuchung ermittelt werden.
  • nicht untersucht (n.u.):
    Tiere ohne vorliegende SNP-Markerinformation und ohne vorliegenden Gentest.

Anlagenträger für DW, FH2, TP, ZDL, BMS, BH2, FH4 und FH5

Betroffene Fleckvieh-Besamungsstiere, die Anlagenträger für mindestens 1 Defectlocus sind, werden in der Onlineanwendung BaZI-Rind gekennzeichnet bzw. können über die Suchmaske selektiert werden.

Genetische Besonderheit: Hornstatus

Richtige Kennzeichnung und Registrierung von genetisch hornlosen Rindern

Die Zunahme von genetisch hornlosen Besamungsbullen führt zu einer immer größeren Anzahl an geborenen Kälbern, die genetisch hornlos sein können.
Im Beitrag wird die richtige Kennzeichnung und der Meldeweg für den Landwirt dargestellt.  Mehr

Hinweis zur Suche in BaZI-Rind

Mit der Einarbeitung der Defectloci in die BaZI-Anwendung wurde ein Auswahlblock ‚Genetische Besonderheiten und Erbfehler‘ bei der Suchmaske eingeführt.
Zu beachten ist hier, dass bei der Suche nach Erbfehlern mit Trägerstatus ‚frei‘ nur Bullen selektiert werden, die ein Untersuchungsergebnis aufweisen. Bullen ohne vorliegende Untersuchung werden hier nicht ausgegeben, was im Umkehrschluss jedoch nicht bedeutet, dass diese Bullen alle ein erhöhtes Risiko einer Anlageträgerschaft haben.

Ansprechpartner
Dr. Reiner Emmerling
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7141
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@lfl.bayern.de

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Dr. Reiner Emmerling