Tierzüchtung
Sicherheit der Zuchtwerte (Schwein)

Im Rahmen der Zuchtwertschätzung wird auch die Sicherheit des Gesamtzuchtwerts geschätzt. Sie dient als Maßzahl für die Menge an Information, die in die Schätzung eines Zuchtwertes eingegangen ist. Gleichzeitig gibt die Sicherheit Hinweise auf das bei steigender Informationsmenge mögliche Ausmaß der Änderungen des Zuchtwertes.

Unter der Sicherheit eines Zuchtwertes ist streng wissenschaftlich gesehen die quadrierte Korrelation zwischen dem wahren (unbekannten) Zuchtwert eines Tieres und dem geschätzten Zuchtwert zu verstehen. Die Sicherheit von Zuchtwerten spielt in der Zucht eine wichtige Rolle. Insbesondere von Praktikern wird sie gerne zur Beurteilung von Zuchtwerten in Bezug auf die Stabilität herangezogen. Dabei wäre die Angabe der Sicherheit nicht unbedingt nötig, denn bei der Schätzung des Zuchtwertes wird die zur Verfügung stehende Informationsmenge automatisch berücksichtigt. Je weniger Informationen vorhanden sind, desto „vorsichtiger“ ist die Schätzung. Zum Beispiel wird ein überdurchschnittlicher Eber mit zwölf Prüftieren einen höheren Zuchtwert bekommen als sein Vollbruder, der mit nur einer Gruppe geprüft ist und mit seinen Nachkommen dieselben phänotypischen Leistungen wie der erste Eber erzielt. Zwölf Nachkommen liefern mehr Informationen als zwei und dementsprechend weicht der Zuchtwert des ersten Ebers stärker vom Mittelwert (dem mittleren Elternzuchtwert) ab als der Zuchtwert seines Vollbruders.

Quellen für die Schätzung

Ebenso wie bei den Zuchtwerten handelt es sich bei den Sicherheiten um geschätzte Werte. Sie fallen bei der Zuchtwertschätzung nicht automatisch an, sondern müssen in einem zusätzlichen Schritt ermittelt werden. Für die Schätzung der Sicherheit werden generell dieselben Informationsquellen wie für die Schätzung der Zuchtwerte berücksichtigt.
  • Vorfahren: Während für den Zuchtwert eines Tieres der mittlere Zuchtwert von Vater und Mutter den „Startwert“ bildet, ist bei der Sicherheit die Hälfte des Elternmittelwertes der Startwert.
  • Genotyp: Mit für die Verhältnisse der Schweinezucht großen Kalibrierungsstichproben für Piétrain und Deutsche Landrasse sind mittlere theoretische Sicherheiten für Kandidaten von etwa 50 Prozent (Piétrain) bzw. 45 Prozent (DL) zu erzielen, die die Sicherheiten des Pedigree-Zuchtwerts deutlich übersteigen.
  • Eigenleistung: Für züchterisch relevante Tiere liegen Eigenleistungen nur in der Zuchtwertschätzung für Mutterrassen für die Fruchtbarkeitsmerkmale vor. Ansonsten werden Eigenleistungen nur von Prüftieren erbracht, die im Rahmen der Leistungsprüfung geschlachtet werden.
  • Nachkommen: Hier spielt die Anzahl der Nachkommen die größte Rolle. Die Sicherheit wird aber auch von der Größe der Vergleichsgruppe und von der Anzahl der mit ihren Nachkommen in einer Vergleichsgruppe vertretenen Eber beeinflusst. Der Informationsgehalt einer Nachkommenleistung ist umso größer, je größer die Vergleichsgruppe ist und je mehr verschiedene Eber in der Gruppe vertreten sind.
  • Geschwister und andere Verwandte.

Vaterrassen

In der Zuchtwertschätzung für Vaterrassen werden für jedes Tier zwei Sicherheiten geschätzt. Die erste Sicherheit bezieht sich auf den Reinzucht-Zuchtwert und berücksichtigt alle Informationen aus der Reinzuchtprüfung in den Merkmalen tägl. Zunahme, Futterverwertung, Magerfleischanteil, Fleischanteil Bauch, ph1 und intramuskuläres Fett. In die Sicherheit des Kreuzungs-Zuchtwertes gehen die entsprechenden Informationen aus der Kreuzungsprüfung ein. Für beide Sicherheiten werden über die genetischen Korrelationen auch die in dem jeweils anderen Merkmalskomplex vorliegenden Informationen berücksichtigt.

Zusammenhang Sicherheit der geschätzten Zuchtwerte und Standardfehler der Zuchtwerte

Die Abbildung 1 soll den Zusammenhang zwischen der Sicherheit der geschätzten Zuchtwerte und dem Standardfehler der Zuchtwerte verdeutlichen. Der Standardfehler der Zuchtwerte ergibt sich aus der Sicherheit und der genetischen Streuung des Zuchtwerts (35 Punkte). Aus dem Standardfehler kann der Vertrauensbereich bzw. das Konfidenzintervall berechnet werden, in dem mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent der wahre Zuchtwert des Tieres liegt.
Abb. 1: Konfidenzintervall der Gesamtzuchtwerte in Abhängigkeit von der SicherheitZoombild vorhanden

Abb. 1: Konfidenzintervall der Gesamtzuchtwerte in Abhängigkeit von der Sicherheit

Die Werte in der Abbildung sind so zu interpretieren, dass der wahre (unbekannte) Zuchtwert eines Tieres mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent innerhalb des Konfidenzintervalls liegt. Der wahre Zuchtwert kann aber auch außerhalb dieses Bereiches liegen (d.h. der geschätzte Zuchtwert kann sogar noch weiter vom wahren Zuchtwert abweichen), allerdings mit relativ geringer Wahrscheinlichkeit. In diesem Beispiel wurde ein Tier mit einem geschätzten Zuchtwert von 120 Punkten gewählt. Das Konfidenzintervall ist unabhängig vom geschätzten Zuchtwert; es wird allein von der Sicherheit beeinflusst.
Man kann den oben dargestellten Zusammenhang auch verdeutlichen, wenn man eine Gruppe von 100 Tieren annimmt, für die einheitlich ein Zuchtwert von 100 Punkten bei einer Sicherheit von 70 Prozent geschätzt wurde. Dann kann davon ausgegangen werden, dass der wahre Zuchtwert von 68 dieser Tiere im Bereich von 81 bis 119 Punkte (geschätzter Zuchtwert +/-1 Standardfehler) liegt. Je 13 Tiere haben einen wahren Zuchtwert zwischen 62 und 80 bzw. zwischen 120 und 138 Punkten (geschätzter Zuchtwert +/-2 Standardfehler). Schließlich haben jeweils drei Tiere einen wahren Zuchtwert von unter 62 Punkte bzw. über 138 Punkte (geschätzter Zuchtwert +/-3 Standardfehler).