Artenanreicherung im Wirtschaftsgrünland – Kurzanleitung für eine erfolgreiche Mahdgutübertragung bzw. Ansaat

Frisches Mahdgut wird vom Ladewagen direkt auf das vorbereitete Saatbett abgeladen

Mahdgut wird auf den vorbereiteten Streifen der Empfängerfläche abgelegt

Artenanreicherung - Warum?

Grünlandflächen haben viele Funktionen für die Landwirtschaft und die Umwelt: Versorgung von Wiederkäuern mit Grundfutter, Schutz von Boden und Grundwasser sowie Lebensraumangebot für viele verschiedene Pflanzen- und Insektenarten.
In der Vergangenheit führte eine zunehmende Intensivierung zu einem starken Artenrückgang. Neben der Artenvielfalt der Pflanzenbestände nahmen auch die attraktiven Lebensräume für Insekten, Vögel und Wildtiere ab. Auch wenn auf manchen Wiesen die intensive Nutzung bereits wieder aufgegeben wurde, blieb der Pflanzenbestand trotzdem eintönig. Das Ergebnis ist dann ein artenarmes, extensiv genutztes Grünland mit geringem Ertrag. Charakteristische Wiesenarten kommen oft auch nach Jahren nicht wieder, weil sie weder aus der Umgebung einwandern können, noch als Samen im Bodenvorrat vorhanden sind.
Im Projekt "Transfer – Artenanreicherung im Wirtschaftsgrünland" wurde getestet, wie Landwirte mithilfe von Mahdgutübertragungen oder partiellen Neuansaaten typische Wiesenarten auf solche Flächen übertragen können und somit deren Wert in der Kulturlandschaft steigern.

Wie funktioniert die Artenanreicherung

Mahdgutstreifen in das Luftbild der Empfängerfläche eingetragenZoombild vorhanden

Übersichtskarte mit den Mahdgutstreifen einer Projektfläche

Damit die Samen optimale Keimbedingungen erhalten, empfiehlt es sich, den Boden zu öffnen. Dafür muss, wie bei der Grünlanderneuerung, eine Genehmigung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eingeholt werden. Die Artenanreicherung wird nur auf einzelnen Streifen durchgeführt. Die restliche Fläche kann somit im Jahr der Maßnahme wie bisher bewirtschaftet werden und die anteilige Fläche mit offenem Boden ist wesentlich kleiner. Die Streifen sollten ca. 25 Prozent der Fläche einnehmen, quer zur üblichen Bewirtschaftungsrichtung angelegt werden und in ihrer Größe an die Arbeitsbreiten der Maschinen im Betrieb angepasst sein.
Eine Möglichkeit, um typische Wiesenarten wieder auf einer artenarmen Fläche anzusiedeln, ist die Mahdgutübertragung. Hierbei wird frisches Schnittgut einer artenreichen Wiese (= Spenderfläche) auf dem offenen Boden innerhalb der vorbereiteten Streifen ausgebreitet. Während das Mahdgut trocknet, fallen die darin enthaltenen Samen aus und keimen (Abb. 5).
In den Jahren nach der Anreicherung breiten sich die Wiesenarten von den Streifen in die Fläche aus.

Fünf Schritte einer Mahdgutübertragung

  • Suche nach einer standörtlich passenden, artenreichen Spenderfläche in der Umgebung (Abb. 1). Die Fläche sollte knapp doppelt so groß sein wie die gesamte Streifenfläche der vorgesehenen Empfängerfläche. Viele Blüten und mindestens drei verschiedene Blütenfarben deuten auf Artenreichtum hin. Giftpflanzen und andere Problemarten sollten hier nicht vorkommen.
  • Nach der ersten Mahd sollte auf der Empfängerfläche nochmal ein Tiefschnitt erfolgen. Anschließend kann die Bodenbearbeitung, z. B. Fräsen, auf den Streifen durchgeführt werden. Hole sie eine Genehmigung ein. (Abb. 2).
  • Die Mahd der Spenderfl äche sollte zum Zeitpunkt der Samenreife der meisten Arten erfolgen. Der beste Zeitpunkt hierfür ist meistens ab Mitte Juli. Man kann sich an der Samenreife von häufig auftretenden Arten orientieren. Um Samenverluste zu
    vermeiden, sollte das Mahdgut möglichst direkt aufgeladen werden (Abb. 3).
  • Es folgt das gleichmäßige Ausbringen des Mahdguts auf den vorbereiteten Streifen der Empfängerfläche (Abb. 4), am besten mit einem Ladewagen mit Kurzschnitteinrichtung und Dosierwalzen (Schichtdicke: 3-5 cm). Bei Bedarf kann das Mahdgut in den ersten gewendet werden, um einen Schimmelbefall zu verhinden.
  • Zur Streifenpflege kann ein Schröpfschnitt durch Mähen oder Mulchen durchgeführt werden (Schnitthöhe >10 cm). Bei größeren Ampferproblemen wird zudem eine Einzelpfl anzenbekämpfung empfohlen.
Blühende Margeriten und Witwenblumen auf einer Spender-Wiese

Abb. 1: Artenreicher Bestand einer Spenderfläche

Mit der Fräse wird die Grasnarbe im Saatbett-Streifen entfernt

Abb. 2: Streifenweises Entfernen der Grasnarbe mit einer Fräse auf der Empfängerfläche

Der Schlepper mäht die Spenderfläche mit Frontmähwerk und nimmt das frische Mahdgut direkt mit dem angehängten Ladewagen auf.

Abb. 3: Mähen der artenreichen Spenderfläche zum Zeitpunkt der Samenreife

Ausbringung von frischem Mahdgut auf der vorbereiteten Empfängerfläche mit einem Ladewagen

Abb. 4: Verteilen des geernteten Mahdguts auf den Streifen der Empfängerfläche

Jungpflanzen von Margerite, Spritzwegerich und Wiesen-Platterbse

Abb.5: Jungpflanzen der Wiesenblumen im September

Blühende Margeriten und Witwenblumen auf der Empfängerfläche ein Jahr nach der Mahdgutübertragung

Abb. 6: Empfängerfläche ein Jahr nach der Mahdgutübertragung

Gibt es keine geeigneten Spenderflächen in der Umgebung, ist die partielle Neuansaat mit artenreichem Saatgut eine weitere Möglichkeit der Artenanreicherung.

Fünf Schritte einer partiellen Neuansaat

  • Suche nach Anbietern einer gebietsheimischen Saatmischung oder Erstellen einer Artenliste für eine eigene Mischung, welche an die natürlichen Standortvoraussetzungen der Fläche angepasst ist. Bei streifenweiser Ansaat sollte der Kräuteranteil bei etwa 70 Prozent liegen und der Gräseranteil bei rund 30 Prozent.
  • Sobald die Empfängerfläche im Frühjahr befahrbar ist, wird ein Tiefschnitt durchgeführt. Dann folgt eine Bodenbearbeitung auf den Streifen, z. B. mit einer Fräse. Holen Sie eine Genehmigung ein.
  • Die Ansaat kann mit einer Drillmaschine oder Geräten zur Grünlandnachsaat erfolgen. Die empfohlene Saatstärke liegt bei 1,5 g/m². Eventuell ist die Beimischung eines Füllstoffs (z. B. Sojaschrot) nötig, um einer Entmischung des Saatguts
    vorzubeugen.
  • Das Saatbett sollte durch Anwalzen rückverfestigt werden.
  • Je nach Bedarf wird ca. 6-8 Wochen nach der Saat ein Schröpfschnitt zur Streifenpflege mit dem Mähwerk oder Mulcher durchgeführt. Die empfohlene Schnitthöhe liegt bei >10 cm. Eventuell sind im ersten Jahr auch mehrere Schröpfschnitte sowie eine Einzelpflanzenbekämpfung nötig, z.B. bei Ampferproblemen.

Drillmaschine bei der Ansaat auf einem gefrästen Streifen im Grünland.

Vorteile einer Mahdgutübertragung

  • Kosteneinsparung beim Saatgut
  • Eigenmechanisierung möglich
  • Absolute Regionalität der übertragenen Pflanzengenetik
  • Heimische Nützlinge/Insekten werden ebenfalls mit übertragen

Bisherige Erkenntnisse

Mahdgutübertragung hat sich in zahlreichen Projekten als naturschutzfachlich sinnvolle und kostengünstige Methode zur Artenanreicherung erwiesen. Die Übertragungsraten liegen zwischen 14 Prozent und 90 Prozent und zumindest eine Anreicherung um vier bis sechs Arten wird stets erreicht. Im Projekt "Transfer – Artenanreicherung im Wirtschaftsgrünland" konnte auf allen Projektflächen die Artenzahl erhöht werden. Bereits nach zwei Jahren konnten zwischen 14 und 26 Arten der Spenderflächen auf den Empfängerflächen gefunden werden. Weitere aktuelle Informationen zum Projekt und zu Veranstaltungen zum Thema und den Leitfaden für die Praxis erhalten sie auf unserer Projektseite.

Ansprechpartner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
Institut für Agrarökologie
Dr. Sabine Heinz
Lange Point 12
85354 Freising
Tel.: 08161 71-5825
E-Mail: Sabine.Heinz@LfL.Bayern.de
Internet: http://www.lfl.bayern.de/artentransfer Externer Link

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