Multifunktionale Landnutzung – Bayerische Kompensationsverordnung

Die Bayerische Kompensationsverordnung (BayKompV) konkretisiert die Vorschriften zur Eingriffsregelung. Die BayKompV legt fest, wie man Eingriffe erfasst und bewertet, den Kompensationsbedarf ermittelt, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auswählt und dauerhaft sichert sowie bestimmte Maßnahmen auf dem Ökokonto einstellt und abbucht bzw. gegebenenfalls Ersatzzahlungen ermittelt und verwendet.

Zuständigkeit und weiterführende Hinweise

Zuständig für die BayKompV ist das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV). Weitere Informationen und die genauen Wortlaute zu den rechtlichen Grundlagen, den Gesetzes- und Verordnungstexten bzw. Arbeitshilfen sind den Internetseiten des StMUV bzw. des Landesamtes für Umwelt (LfU) zu entnehmen.

Anwendungsbereich der BayKompV

Anzuwenden ist die BayKompV im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) §§ 14–17 in Verbindung mit den betreffenden Regelungen im Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) Art 6.
Nicht abgedeckt sind durch die BayKompV Verpflichtungen aus Natura 2000 und aus dem besonderen Artenschutz. Sie findet auch keine Anwendung in der Bauleitplanung, bei Windkraftanlagen, dem Waldwegebau und Ausgleichsmaßnahmen nach dem Waldgesetz (§ 1 Abs. 2).

Unterscheidung zwischen Ausgleich und Ersatzmaßnahmen

  • Ausgleichsmaßnahmen müssen in einem sachlich-funktionellen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen. Die beeinträchtigten Funktionen sind gleichartig wiederherzustellen. Der Ausgleich muss nicht am Ort des Eingriffs selbst erfolgen, sich jedoch auch dort auswirken.
  • Bei Ersatzmaßnahmen müssen die beeinträchtigten Funktionen in gleichwertiger Weise ersetzt werden. Gleichwertigkeit ist dann gegeben, wenn das ökologische Niveau erreicht wird, das ein Ausgleich bewirkt hätte. Demnach muss auch beim Ersatz ein sachlich-funktioneller Zusammenhang zum Eingriff gegeben sein, doch genügt die Herstellung ähnlicher und nicht wie beim Ausgleich identischer Funktionen.
  • Ersatzzahlungen kommen nur in Sonderfällen (z.B. Windkraftanlage) oder wenn der Eingriff nicht vollständig flächig ausgeglichen werden kann zur Anwendung.

Wichtige Anforderungen der Kompensation

Die Maßnahmen der BayKompV

  • müssen eine Aufwertung für Naturhaushalt und Landschaftsbild bewirken
  • müssen solange zur Verfügung stehen wie der Eingriff wirkt (staatliche Träger; für Privatpersonen gelten in der Regel maximal 25 Jahre)
  • müssen ohne andere rechtliche Verpflichtungen und
  • ohne Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel durchgeführt werden
  • dürfen Programmen und Plänen der Landschaftsplanung nicht widersprechen

Die Ausgleichs- und Ersatzflächen müssen

  • solange zur Verfügung stehen wie der Eingriff wirkt (Ausnahme: produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) auf wechselnden Flächen)
  • von privaten Trägern durch Grundbucheintrag dinglich gesichert werden (Ausnahme: PIK-Maßnahmen auf wechselnden Flächen werden über eine Institution – Stiftung, Flächenagentur etc. – gesichert)

Der landschaftspflegerische Begleitplan muss

  • alle erforderlichen Angaben vom genauen Ausgangszustand der Flächen bis zu den agrarstrukturellen Belangen auch alle anderen naturschutzrechtlichen Kompensationsverpflichtungen enthalten
Weitere Informationen unter §§ 2, 10 BayKompV

Biotopwertliste

Zentrales Instrument der BayKompV ist die Biotopwertliste, die rund 300 Biotop- und Nutzungstypen (BNT) enthält. Mit ihr werden Kompensationsbedarf, Aufwertung und Kompensationsumfang bestimmt. Dabei wird das Schutzgut "Arten und Lebensräume" flächenbezogen quantitativ ermittelt, alle anderen Schutzgüter (Boden, Wasser, Klima, Luft mit Wirkungsgefüge) gehen ebenso wie das Landschaftsbild verbal-argumentativ in die Bewertung ein. Flächenbewertbare Merkmale sind in vier Kategorien eingeteilt und mit entsprechender Wertpunktzahl (Gesamtskala 0-15) versehen: "hoch" (11-15), "mittel" (6-10), "gering" (1-5) und "keine naturschutzfachliche Bedeutung" (0) (vgl. § 4 der BayKompV mit Anlagen 1 bis 3).

Kompensationsbedarf

Vorrangig gilt es, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um erhebliche Beeinträchtigungen zu vermeiden. Ist dies nicht möglich wird der Bedarf an Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (A-/E-Maßnahmen) aus dem bewertenden Vergleich von Natur und Landschaft im betroffenen Wirkraum vor und nach dem Eingriff (§ 7) ermittelt. Dabei wird angenommen, dass i.d.R. die Funktionen der Schutzgüter Boden, Wasser, Klima und Luft durch die Kompensationsmaßnahmen für das Schutzgut Arten und Lebensräume abgedeckt werden.
Ermittlung des Kompensationsbedarfs
Der Kompensationsbedarf wird durch Multiplikation der Wertpunkte der betroffenen Biotop- und Nutzungstypen mit der jeweiligen Flächengröße in Quadratmetern und dem jeweiligen Beeinträchtigungsfaktor (1 "hoch" = Versiegelung, 0,7 "mittel", 0,4 "gering", 0 "nicht erheblich") ermittelt. Zusätzliche Funktionen, die sich über den Biotopwert nicht abbilden lassen und auch das Landschaftsbild werden verbal-argumentativ berücksichtigt. Eingriffsbegleitende aufwertende Maßnahmen werden kompensationsbedarfsmindernd berücksichtigt.

Kompensationsumfang

Der zu realisierende Kompensationsumfang muss dem in Wertpunkten für das Schutzgut "Arten und Lebensräume" ermittelten Bedarf entsprechen. Darüber hinaus wird der Kompensationsbedarf für die weiteren Schutzgüter im Gesamtkompensationsumfang funktionsbezogen berücksichtigt. Die Kompensation soll flächensparend möglichst multifunktional erfolgen, d.h. dass erhebliche Beeinträchtigungen mehrerer Schutzgüter (flächenbezogen bewertbare und nicht flächenbezogen bewertbare) möglichst durch eine oder mehrere kombinierte Maßnahmen auf einer Fläche ausgeglichen werden.
Es sollen möglichst zusammenhängende Gebiete angestrebt und Ökokontoflächen genutzt werden. Grundsätzlich sollte die für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beanspruchte landwirtschaftlich genutzte Fläche nicht größer als die Eingriffsfläche sein.

Berücksichtigung agrarstruktureller Belange

Nach § 9 der BayKompV sind die agrarstrukturellen Belange zu berücksichtigen

  • Wenn die Kompensation mehr als 3 Hektar land- bzw. forstwirtschaftliche Fläche in Anspruch nimmt, ist die Land- bzw. Forstwirtschaftsverwaltung frühzeitig zu beteiligen und das Benehmen herzustellen.
  • Für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden sollen möglichst nicht für Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen werden.
  • Zur Beurteilung der Bodenqualität sind dabei die Durchschnittswerte der Acker- und Grünlandzahlen der betroffenen Landkreise heranzuziehen.

Schonung landwirtschaftlicher Nutzflächen

Zur Schonung der landwirtschaftlichen Nutzflächen sind folgende Maßnahmen nach der BayKompV vorrangig zu verwirklichen

  • Kompensation auf Ökokontoflächen
  • Aufwertung in vom Naturschutz bevorzugten Gebietskulissen (z.B. Natura 2000-Gebiete, Projektflächen des Arten- und Biotopschutzprogramms, Flächen an oberirdischer Gewässern und in Überschwemmungsgebieten)
  • Entsiegelungsmaßnahmen und sonstige Rückbaumaßnahmen
  • Maßnahmen zur Wiedernetzung von Lebensräumen
  • Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen zur dauerhaften Aufwertung von Natur und Landschaft (PIK-Maßnahmen, §9 Abs. 4, 5)

Ökokonten

Ökokonten dienen der Flächenbevorratung für zukünftige Eingriffe. Die §§ 13–17 der BayKompV regeln die Sachverhalte bei Kompensation über Ökokonten, ihre Einrichtung und Anerkennung (§ 13), die Anforderungen an Ökokontomaßnahmen (§ 14), ihre Aufnahme in das Ökoflächenkataster (§ 15) sowie die Abbuchung von Ökokontoflächen und die Verzinsung (§ 16) sowie die Handelbarkeit von Ökokontenflächen und Wertpunkten (§ 17). Weitere Sachverhalte zum Ökokonto sind im Abschnitt Ökokonto – Maßnahmen- und Flächenpool zu finden.

Ersatzzahlungen

Die §§ 18–22 der BayKompV enthalten die Regelungen zu den Ersatzzahlungen die dann erforderlich werden, wenn erhebliche Beeinträchtigungen nicht oder nicht vollständig ausgeglichen oder ersetzt werden können (z.B. Windkraftanlage; § 18). Grundsätzlich sind Ersatzzahlungen zweckgebunden für Naturschutz und Landschaftspflege möglichst im betroffenen Naturraum zu verwenden, u.a. auch für PIK-Maßnahmen sowie für die Durchführung der Aufwertungsmaßnahmen in für den Naturschutz bevorzugten Gebietskulissen (§ 9 Abs. 3. Nr. 2–4).