Vielfalt durch Nutztierrassen – Hofporträt Fend

Der Warbichlhof der Familie Fend in Oberammergau wird seit 2004 nach den Richtlinien des Naturland-Verbandes ökologisch bewirtschaftet. Der Fokus liegt hier auf dem Erhalt von Biodiversität durch bedrohte Nutztierrassen, regional angepasster Bewirtschaftung der Flächen und Urlaub auf dem Bauernhof.
Der Betrieb hält Rinder der Rasse Murnau-Werdenfelser in Mutterkuhhaltung, Schafe der Rasse Braunes Bergschaf sowie das Augsburger Huhn. Die Ochsen und Färsen, sowie ein Teil der Mutterschafe, kommen im Sommer auf die eigene Bergwiese und werden im Winter im Tieflaufstall mit Einstreu gehalten. Die Einstreu kommt aus artenreichen Streuwiesen der umliegenden Landschafts- und Naturschutzgebiete. Der damit erzeugte Mist wird als Dünger wieder auf die Wiesen ausgebracht.
Die Vermarktung der Produkte erfolgt über Direktvermarktung ab Hof, das Schaf- und Lammfleisch geht an regionale Metzger und das Fleisch der Rinder an die Gastronomie.

Interview mit Betriebsleiter Leonhard Fend

"Unser Herzblut hängt an den Murnau-Werdenfelsern und an den Braunen Bergschafen."

Transkript des Interviews

Interview zum Thema Nutztierrassen im ökologischen Landbau

Mein Name ist Leonhard Fend, wir kommen aus Oberammergau und haben eine Mutterkuhherde mit Murnau-Werdenfelser Rindern und eine Mutterschafherde mit braunen Bergschafen und unser Betrieb ist kombiniert mit Urlaub auf dem Bauernhof.
Herr Fend, woher kommt Ihre Leidenschaft für besondere Schafrassen?
Die Schafe überhaupt waren ein Kindheitstraum. Dann haben wir als Jugendliche geschaut, welche Schafe könnten denn zum Betrieb passen und haben uns für die Braunen Bergschafe entschieden.
Warum sind alte Nutztierrassen aus Ihrer Sicht besonders wichtig für die Biodiversität?
Um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Sie passen hervorragend zum Klima, sind ursprünglich von hier. Alte Rassen können Futter von unserer Umgebung mit niedrigem Futterwert verhältnismäßig gut verwerten.
Werden Sie öfter mal auf Ihre Schafe angesprochen?
Ja, und zwar auf die verschiedenen Farbschläge. Ob das denn eine Rasse sei oder mehrere. Und die sind von hellbraun, dunkelbraun bis champagnerfarben – ausschlaggebend ist da ganz viel die Sonneneinstrahlung. Dadurch bleichen die mehr oder weniger aus, oder wenn sie wegen ihrem Lamm vielleicht gerade noch ein paar Wochen im Stall waren.
Welche Chancen sehen Sie für Landwirte, die neu mit der Schafhaltung anfangen?
Man muss sich Nischen suchen und durch Öffentlichkeitsarbeit versuchen, an die Verbraucher ranzukommen, um dann alte Schafrassen gut vermarkten zu können.
Fördern Sie auf Ihrem Betrieb sonst noch die Artenvielfalt?
Ja, mit unserer Murnau-Werdenfelser Mutterkuhherde, die auch vom Aussterben bedroht ist und uns sehr am Herzen liegt, weil sie hier in die Region gehört. Durch die Bewirtschaftung von FFH-Flächen, also ganz steilen Wiesenheuflächen oder sehr nassen Feuchtflächen, die sehr viel Artenvielfalt für Kleinstlebewesen und Libellen oder Schmetterlinge erhalten. Wir haben noch ein paar Augsburger Hühner und ein paar Vorwerkhühner, die vom Aussterben bedroht sind.
Die Vorwerkhühner sind auch eine spezielle Rasse?
Ja genau, scherzhalber von uns "Staubsauger-Hühner" genannt.
Was macht Ihnen bei der Arbeit als ökologischer Betrieb am meisten Freude?
Die schöne Arbeit mit den Tieren, die Erwirtschaftung der eigenen Futtermittel und Einstreu im eigenen Betrieb. Dies in einem natürlichen Kreislauf zu haben, dass das dann wieder unser Mist wird und der wieder auf unseren Feldern ausgebracht wird.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft?
Mehr Anerkennung aus der Bevölkerung: dass sich die Bevölkerung bei Themen, bei denen sie mit spricht auch besser informiert. Und eine höhere Bereitschaft der Verbraucher, für wertvolle Lebensmittel zu zahlen - weil so ein Fleisch einer aussterbenden Rasse eben immer etwas teurer sein wird, weil sie nicht so viel und nicht so schnellen Ertrag haben wird, wie eine Standard-Fleischrasse.
Haben Sie abschließend noch was auf dem Herzen?
So als Schlusswort... Unser Herzblut hängt an den Murnau-Werdenfelser und an den Braunen Bergsschafen.

Mann mit Rindern auf der Weide

Murnau-Werdenfelser in Mutterkuhhaltung

Vielfalt von Nutztierrassen im ökologischen Landbau

Nach der EU-Öko-Verordnung sind im ökologischen Landbau "Tierrassen mit Blick auf eine hohe genetische Vielfalt zu wählen". Viele Biolandwirte arbeiten mit seltenen und gefährdeten Nutztierrassen.
Robustheit und Gesundheit haben im Ökolandbau Vorrang vor Spitzenleistungen. Zugang zu Weide oder Auslauf spielen in den Haltungsbedingungen eine große Rolle, die Fütterung der Tiere erfolgt überwiegend mit im eigenen Betrieb erzeugtem Futter. Deshalb braucht der ökologische Landbau vielfältige, an den Standort angepasste Nutztierrassen und eine breite genetische Vielfalt innerhalb der Rassen.
Bayern ist das schafreichste Bundesland und hat mit 38 Rassen und knapp 17 000 Zuchttieren den größten Bestand.
Diese Vielfalt bietet manchen Bio-Landwirten Möglichkeiten zur Diversifizierung der Vermarktung. Beispiele hierfür sind das Fleisch des Roten Höhenviehs, der Braunen Bergschafe und des Schwäbisch-Hällischen Schweins, Milchprodukte vom Fränkischen Gelbvieh und Original Allgäuer Braunvieh oder Eier vom Augsburger Huhn. Vor allem aber werden Tiere gebraucht, die mit den betriebsindividuellen Bedingungen zurechtkommen, da Standardisierung kaum möglich ist.

BioRegio Betriebsnetz Bayern

Der vorgestellte Betrieb engagiert sich im BioRegio Betriebsnetz Bayern. Dabei handelt es sich um einen bayernweiten Verbund aus 100 langjährig ökologisch wirtschaftenden und vorbildlich geführten Betrieben, die einen vertieften Einblick in die Ökolandbaupraxis ermöglichen. Die Betriebe sind regionstypisch und dennoch vielfältig aufgestellt. Zudem fördert das Betriebsnetz den Wissenstransfer zwischen Landwirten.

BioRegio Betriebsnetz

Weitere Informationen zur Biodiversität in der Landwirtschaft