Rückblick zur Kick-Off-Veranstaltung RAST

Foto eines Kuheuters vor dem Hintergrund einer Wiese

Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch selektives Trockenstellen

Am 26. April 2016 fand die offizielle Auftaktveranstaltung für das Projekt RAST an der LfL in Grub statt. Zu dieser Veranstaltung waren Gäste aus dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die landwirtschaftlichen Projektbetriebe und Partner-Organisationen, sowie die Presse eingeladen.
Das auf drei Jahre ausgelegte Projekt RAST zielt auf einen selektiven, tierindividuellen und damit reduzierten Einsatz von Antibiotika beim Trockenstellen von Milchvieh ab. Bei der Kick-Off-Veranstaltung wurde das Projekt, die Projektpartner und die beteiligten Landwirte der Öffentlichkeit vorgestellt.

Nachdem LfL-Präsident Jakob Opperer die Anwesenden begrüßt hatte, richtete Hubert Bittlmayer, Amtschef des StMELF, das Wort an die Gäste. Herr Bittlmayer wies darauf hin, dass das Thema Antibiotikaeinsatz in der Tierproduktion und die sogenannte Resistenzproblematik breit diskutiert wird. Es sei wichtig, auf die sich stellenden Fragen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion praxisorientierte und umsetzungfähige Antworten zu erarbeiten.

Die „Kick - Off“ Veranstaltung stellte für die rund 20 teilnehmenden Projektbetriebe den offiziellen Start des Projekts dar. Vormittags fand die öffentliche Kick-Off-Veranstaltung mit Pressetermin statt. Am Nachmittag schloss sich ein Arbeitstreffen der teilnehmenden Projektbetriebe mit den Projektpartnern an.

Beginn der Umstellung und Datenerhebung

Im Projekt RAST ist die Vorbereitungsphase, in welcher die Projektbetriebe ausgewählt wurden, abgeschlossen. Die Landwirte beginnen nun mit der Umstellung auf das Verfahren „Selektives Trockenstellen“. Gleichzeitig werden nunmehr umfangreiche Daten zur Entwicklung der Eutergesundheit, zum Trockenstellmanagement und zu den betrieblichen Rahmenbedingungen erhoben. Am Projektende soll eine zuverlässige und sichere Trockenstellroutine erarbeitet sein, die den Milchviehbetrieben als erprobte und praxistaugliche Lösung weiter gegeben werden kann.

Zusammenfassung der Vorträge

Praktisches Trockenstellen - worauf kommt es an?
Warum wird antibiotisch trockengestellt?

Viele Infektionen mit Mastitis verursachenden Erregern finden während der Trockenstehzeit statt. Für einen ungestörten Verlauf der Trockenstehzeit werden deshalb bei 75 bis 80 % aller Milchkühe Antibiotika (sog. „Trockensteller“) ins Euter appliziert. Diese sollen außerdem bewirken, dass am Ende der Laktation bestehende Euterinfektionen und subklinische Mastitiden ausheilen. Das antibiotische Trockenstellen, unter Umständen in Kombination mit internem Zitzenversiegler, wird als die effektivste vorbeugende Maßnahme gegen Euterinfektionen in der Trockenstehzeit und daraus folgenden Mastitiden angesehen.

Das Verfahren „Selektives Trockenstellen“

Bei dem Verfahren „selektives Trockenstellen“ werden nur die Kühe mit antibiotischen Trockenstellern behandelt, bei denen die entsprechenden Kennwerte Auffälligkeiten bezüglich der Eutergesundheit zeigen. In wissenschaftlichen Studien hat sich gezeigt, dass dieses Verfahren auf der Basis weniger Entscheidungskriterien mit einer gewissen Verschlechterung der Eutergesundheit bzw. einer Erhöhung des Mastitisrisikos einhergeht.
Die Herausforderung für den Landwirt und den bestandsbetreuenden Tierarzt besteht deshalb vor allem darin, ein an die jeweiligen betrieblichen Verhältnisse angepasstes, sicheres Trockenstellmanagement umzusetzen. Ziel ist es, den Einsatz von Antibiotika auf das erforderliche Minimum zu beschränken, das gleichzeitig das betriebsindividuelle Optimum darstellt.
Dies kann nur gelingen, wenn die Kühe in geeigneter Weise auf das Trockenstellen vorbereitet werden und die eigentliche Trockenstellbehandlung fachgerecht unter bestmöglichen hygienischen Bedingungen durchgeführt wird. Parallel dazu müssen Tierführung, Haltungshygiene und auch die Eutergesundheitsüberwachung optimiert werden.

Entscheidungskriterien und Erfolgskontrolle

Die Entscheidung, ob ein Antibiotikum genutzt werden soll oder nicht, muss in der täglichen Arbeit möglichst einfach getroffen werden können. Gleichzeitig soll das Verfahren sicher sein. Außer den oben genannten sorgfältigen Vorgehensweisen und Maßnahmen für ein optimiertes Trockenstellen wird daher empfohlen, ausschließlich in Herden mit „definierter Eutergesundheit“ (z.B. < 200.000 Zellen/ml im Probemelken seit mindestens 3 Monaten, kein Nachweis von S. aureus, Sc. agalactiae oder anderen wichtigen Mastitiserregern) ein Verfahren zum selektiven Trockenstellen ins Auge zu fassen. Auf Einzeltierebene muss dann die Mastitis-Geschichte der jeweiligen Kuh berücksichtigt werden. Ein geringfügiger Anstieg des Mastitis-Risikos ist aufgrund eines gewissen Anteils an Fehlzuordnungen dennoch möglich.

Einer der wichtigsten Aspekte des selektiven Trockenstellens ist daher die Erfolgskontrolle. Nur in einem Gesamtkonzept aus klaren Auswahlkritierien (Herde, Einzeltier) und optimiertem Trockenstellmanagement inklusive Erfolgskontrolle kann selektives Trockenstellen empfohlen und erfolgreich umgesetzt werden.

Prof. Dr. Rolf Mansfeld, Klinik für Wiederkäuer

Das Projekt RAST

Der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung wird in der Gesellschaft zunehmend kritisch diskutiert. Der Verbraucherschutz, die Ausbreitung von resistenten Keimen und das Tierwohl sind Punkte, die in diesem Zusammenhang angeführt bzw. kontrovers diskutiert werden.
Das Projekt RAST zielt auf einen selektiven und damit reduzierten Einsatz von Antibiotika beim Trockenstellen von Milchkühen ab. Auf der Grundlage von verschiedenen Informationen wird zum Zeitpunkt des Trockenstellens für jedes Tier eine individuelle Entscheidung getroffen, nach welchem Verfahren (mit oder ohne Antibiotika) trocken gestellt wird. Durch eine solche Entscheidung soll einerseits der Schutz der Tiere vor Erkrankung gesichert und gleichzeitig die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes gewährleistet werden.

In 20 bayernweit ausgewählten Projektbetrieben wird nach einer Vorbereitungsphase das Verfahren „Selektives Trockenstellen“ eingeführt. Die Betriebe werden bei der Umstellung intensiv von den beteiligten Projektpartnern betreut. Die eutergesundheitliche Entwicklung und die praktischen Erfahrungen in den Betrieben werden erfasst und ausgewertet.
In einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit sollen die Ergebnisse und Erfahrungen bereits während der Projektlaufzeit zusammen mit den Projektbetrieben präsentiert und diskutiert werden.

Zielsetzung im Projekt RAST

  • Weiterentwicklung und Überprüfung von Entscheidungsverfahren zum selektiven Trockenstellen
  • Untersuchung von Faktoren die den Erfolg des Selektiven Trockenstellens beeinflussen
  • Risikobewertung und ökonomische Einschätzung des Verfahrens
  • Förderung der Akzeptanz von alternativen Trockenstellmaßnahmen
  • Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Milchviehhaltung

Martin Kühberger, LfL - Institut für Landtechnik und Tierhaltung

Arbeitsseminar RAST

Im Seminar wurden die im Rahmen des Projekts anfallenden Arbeitsschritte anhand von drei Beispielkühen erläutert. Es wurde dabei der Zeitraum zwei Wochen vor der Trockenstehperiode bis ca. 52 Tage nach der Kalbung berücksichtigt.
Die Projektbetriebe erhalten im Rahmen des Projekts einen Beprobungskalender, in dem die einzelnen Tiere mit dem jeweiligen Probetermin veranschaulicht werden. Der Kalender und Maßnahmen, die von Seiten der Landwirte zu erledigen sind, wurden besprochen. Dabei wurde zunächst detailliert auf die Abläufe 14 Tage vor dem geplanten Trockenstelltermin eingegangen. Dies umfasst die sterile Entnahme der Milchproben, das korrekte Ausfüllen des TGD-Untersuchungsantrags sowie das Deponieren der Probe-Sets für den Transport ins Labor.

Im zweiten Teil wurden die Maßnahmen und Entscheidungsabläufe am Tag des Trockenstellens näher beschrieben. Bei der Entscheidung über das Trockenstellverfahren des Einzeltieres werden in einem ersten Schritt die Mastitis-Dokumentation sowie die Zellzahlen der Kuh in den letzten drei Milchleistungsprüfungen berücksichtigt.
Eine einheitliche Beurteilung des Schalmtests ist besonders für die Trockenstell-Entscheidung sehr wichtig. Dessen Durchführung und die korrekte Interpretation der Ergebnisse wurden im Detail erläutert. Anschließend wurde auf den Vorgang des Trockenstellens mit antibiotischem Trockensteller und / oder internem Zitzenversiegler und was dabei zu beachten ist, eingegangen. Abschließend wurden die zu beachtenden Maßnahmen bei den trockenstehenden Kühen und bei der Kalbung mit Hilfe der ausgearbeiteten Standardvorgehen beschrieben. Die notwendige Dokumentation, die ein wichtiger Punkt im Rahmen der Datenerfassung im Projekt ist, wurde explizit angesprochen und anhand von drei Beispielkühen veranschaulicht.

Charlotte Feucht, LfL - Institut für Landtechnik und Tierhaltung und K. Schmon, Klinik für Wiederkäuer

Mikrobiologische Diagnostik im Mastitislabor

„Die Labordiagnostik ist vor allem bei der subklinischen Mastitis Grundlage für die Beurteilung der Eutergesundheit und die Erstellung einer Bestandsdiagnose, die Voraussetzung für eine systematische Mastitisbekämpfung ist“ (Kielwein 1991).
Diese Aussage von Prof. Kielwein hat nach wie vor Gültigkeit. Auch im Rahmen des RAST-Projektes ist neben der MLP und der Erhebung von Daten im Milchviehbetrieb die mikrobiologische Untersuchung von Viertelgemelksproben (VG-Proben) sowohl für die Beurteilung der Eutergesundheit und somit als Auswahlkriterium des Betriebes, als auch für das selektive Trockenstellen der einzelnen Kuh als Entscheidungshilfe von großer Bedeutung.

Da bereits hinsichtlich der Vorauswahl der Projektbetriebe strenge Auswahlkriterien festgelegt wurden, ist die Eutergesundheit der Betriebe bereits auf einem hohen Niveau. Im Vergleich zu Betrieben, die sich wegen Zellzahlproblemen an den Tiergesundheitsdienst Bayern e.V. wandten, wurden in den im Rahmen des RAST-Projektes entnommenen Viertelgemelksproben deutlich weniger Mastitiserreger nachgewiesen (9,9 % der untersuchten Proben). Lediglich 15 (0,45 %) von insgesamt 3324 untersuchten Viertelgemelksproben waren sinnfällig verändert, 689 (20,7 %) waren im California-Mastitis-Test (CMT) positiv (Zellzahl erhöht). Bei der an bestimmten Untersuchungsterminen durchgeführten direkten Zellzahlbestimmung zeigte sich, dass geringe Zellzahlerhöhungen im Viertelvergleich, wie sie für Infektionen mit koagulasenegativen Staphylokokken (KNS) typisch sind, mit dem CMT nicht erfasst wurden. VG-Proben dieser Kühe waren im CMT negativ.

Im Rahmen des Vortrages wurde auf die Verfahren der Mastitisdiagnostik und die Vorteile der klassischen Mastitisdiagnostik eingegangen. Besonderheiten der wichtigsten Mastitiserreger sowie spezielle Fragen zur Diagnostik wurden besprochen.

Dr. Reglindis Huber-Schlenstedt, TGD-Bayern e.V.

Eindrücke von der Veranstaltung

Mehr zum Thema

Weitere Details zum Projekt RAST

In der gesellschaftliche Diskussion wird der Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion zunehmend kritisch gesehen. Der Verbraucherschutz, die Ausbreitung von multiresistenten Keimen und das Tierwohl sind Punkte, die in diesem Zusammenhang angeführt bzw. kontrovers diskutiert werden. Im Rahmen des angelaufenen Projekts "RAST" evaluiert die LfL Möglichkeiten der Reduktion des Einsatzes von Antibiotika beim Trockenstellen von Milchkühen in Praxisbetrieben. Mehr