Forschungs- und Innovationsprojekt
Nutzung lignocellulosereicher Substrate für die Biogaserzeugung – Lignoflex

Biomasselager mit Maisstroh.Zoombild vorhanden

Biomasselager mit Maisstroh

Jährlich entstehen beträchtliche Mengen lignocellulosereicher landwirtschaftlicher Koppelprodukte in Deutschland, die für die Biogaserzeugung genutzt werden können. Abhängig von ihrer Zusammensetzung ist die Vergärung herausfordernd. Durch eine vorgelagerte Aufbereitung können die Biogasausbeute und die Abbaugeschwindigkeit dieser Substrate jedoch verbessert werden.

Hintergrund

In Zukunft soll der Anteil der landwirtschaftlichen Rest- und Koppelprodukte, die als Biogassubstrat eingesetzt werden, erhöht werden, da diese kostengünstige Alternativsubstrate ohne Bedarf an zusätzlichen Flächen sind. Allerdings weisen Rest- und Koppelprodukte meist eine höhere Konzentration an Lignocellulose auf. Daher ist die Methanausbeute pro Zeiteinheit niedriger als bei Silomais, obwohl sie bis zu 90 % des Methanpotenzials von Silomais erreichen können.

Weitere Informationen auf der Projektseite "Biogas aus Körnermaisstroh"

Um die Effizienz solcher Biogasanlagen zu steigern, muss die Verweilzeit der Biomasse im Fermenter verkürzt werden, ohne die Methanausbeute zu beinträchtigen (Beschleunigung der Abbaukinetik). Im Rahmen dieses Verbundvorhabens soll eine praxistaugliche Vorhersagemethode zur Abbaukinetik von lignocellulosereichen Einsatzstoffen weiterentwickelt werden. Darüber hinaus werden biologische, chemische und mechanische Verfahren der Substrataufbereitung zur Verbesserung der Abbaukinetik bewertet.

Zielsetzung

Ziel des Projekts ist es, die Nutzbarkeit von landwirtschaftlichen Reststoffen und Koppelprodukten zur Biogaserzeugung zu untersuchen. Dabei wird neben der Vergärbarkeit der Substrate auch die Möglichkeit des Einsatzes im Rahmen eines flexiblen Anlagenbetriebs beurteilt. Daraus ergeben sich folgende Teilziele:
  1. Vergleich verschiedener Vorbehandlungstechnologien hinsichtlich der Vergärbarkeit von landwirtschaftlichen Reststoffen und Koppelprodukten
  2. Bestimmung der Biogasausbeute im kontinuierlichen Betrieb bei verschiedenen Verweilzeiten
  3. Entwicklung und Kalibrierung eines Modells der Biogasausbeute im kontinuierlichen Betrieb auf Basis von Laborergebnissen
  4. Validierung des Modells anhand von Daten von großtechnischen Biogasanlagen

Methode

Fotocollage aus drei Bildern: schematische Darstellung der Modellentwicklung zur Abbaukinetik, Maisfeld nach der Ernte, Biogasanlage.Zoombild vorhanden

Schematische Darstellung der Modellentwicklung zur Abbaukinetik, Maisfeld nach der Ernte, Biogasanlage

Die Reststoffe und Koppelprodukte werden von landwirtschaftlichen Betrieben gewonnen und mechanischen, biologischen und chemischen Aufbereitungsverfahren unterworfen. Die Vergärbarkeit der aufbereiteten Substrate im Vergleich zur Rohvariante wird in standardisierten Batch-Gärtests (Arbeitsvolumen 1,5 l) in Anlehnung an die VDI 4630:2016 bestimmt. Dazu werden sowohl das Methanpotential als auch die Abbaukinetik gemessen.
Die aussichtsreichsten Aufbereitungsverfahren und Substrate werden anhand semi-kontinuierlicher Gärtests in Laborfermentern (Arbeitsvolumen 30 l) bei unterschiedlichen Verweilzeiten weiter untersucht. Die Betriebsparameter Raumbelastung und Temperatur werden dabei so gewählt, dass sie praxisrelevante Bedingungen möglichst gut widerspiegeln.
Anhand der Ergebnisse der Batch-Gärtests und der semi-kontinuierlichen Gärtests wird das Modell kalibriert und im Anschluss mithilfe der Daten von großtechnischen Biogasanlagen validiert.
  • Bewertung der Einsatzstoffe in Batch-Gärtests
  • Bewertung der Einsatzstoffe in Durchflussfermentationen und Aufnahme der Abbaukinetik
  • Prozessanalytik der Durchflussfermentationen
  • Modellierung der Abbaukinetik
  • Begleitendes Monitoring der Praxisevaluierung: Datenmanagement

Ergebnisse

Effekt der Substrataufbereitung im Batch-Gärtest

Die Untersuchungen an fünf, mit praxisrelevanten Aufbereitungsverfahren behandelten landwirtschaftlichen Rest- und Koppelprodukten zeigen, dass durch bereits angewandte Zerkleinerungstechnogien sowohl Methanpotential als auch Abbaukinetik signifikant gesteigert werden können. Wenn auch, aufgrund des hohen Chemikalien- und Wasserverbrauchs noch nicht praxisreif, zeigte ebenso die Natronlaugenbehandlung erhebliche Effekte, wenngleich ausschließlich bei ligninreichen Einsatzstoffen (siehe Tab. 1). Basierend auf den Ergebnissen konnte klar gezeigt werden, dass nicht pauschal eine Empfehlung für ein Aufbereitungsverfahren für alle Rest- und Koppelprodukte gegeben werden kann. Vielmehr ist die Zusammensetzung des Substrats entscheidend für die Auswahl eines Aufbereitungsverfahren. Dabei gilt, dass je mehr lignocellulosehaltige Bestandteile das Substrat aufweist, desto effektiver sind chemische Verfahren. Hier soll auch in einem Folgeprojekt angeknüpft werden, um diese Verfahren im praxisrelevanten Maßstab anwendbar zu machen.
Tab.1: Methanpotential der untersuchten unterschiedlich behandelten Substrate in LN/kg oTS
Substrat/BehandlungRoh10 mmGehäckseltNaOHSiliertGehäckselt+Siliert
Silphie210,5205,2265,5245,9251,8273,9
Körnermaisstroh266,2274,6309,1340,4300,1352,9
Rapsstroh152,3212,7253,3235,3235,2275,3
Riesenweizengras234,2269,5310,1333337353,1
separierte Rindergülle176,5168,9208262,4

Effekt des Inokulums auf die Bestimmung von Methanpotential und Abbaukinetik

Da sich herausgestellt hat, dass die Auswahl des Inokulums zur Bestimmung der Hydrolysekonstante in Batch-Versuchen von entscheidender Bedeutung ist, konnte innerhalb des Projekts ein Verfahren entwickelt werden, welches auf die Methanproduktionsrate des Inokulums selbst abstellt, um dessen Eignung anhand klar definierter Kennzahlen zu erkennen. Die Messwerte der Batch-Gärtests ermöglichten einen Abgleich zwischen experimentell ermittelten Methanpotenzialen und Hydrolysekonstanten mit anhand der Futtermittelanalytik berechneten Werten dieser Kenngrößen. Die sehr gute Übereinstimmung bildete die Basis für die Modellierung der Abbaukinetik im Durchflussversuch, sowie zur Entwicklung einer Web-Anwendung.

Simulation der Methanproduktivität (Abbaukinetik) im Durchflussfermenter

Der in den Batch-Versuchen beobachtete Aufbereitungseffekt konnte bei den Substraten Körnermaisstroh und separierte Rindergülle in den Durchflussversuchen reproduziert werden. Das im Projekt entwickelte einfache kinetische Modell der Methanproduktion auf Basis einer fermentierbaren Substratfraktion kann die im (semi)-kontinuierlichen Betrieb zu erwartende Methanproduktivität simulieren. Die Gegenüberstellung der simulierten und der gemessenen Werte der Methanproduktivität zeigte eine zufriedenstellende Übereinstimmung (Abb. 1, links), sofern keine Prozessstörung vorliegt. Diese konnten durch das Modell nicht abgebildet werden (Abb. 1, rechts). Für die Modellgüte entscheidend ist die exakte Bestimmung der Parameter Methanpotential und Hydrolysekonstante im Batchtest. Eine Unter- oder Überschätzung wirkt sich unmittelbar auf die Modellergebnisse aus.

Simulation der Methanproduktivität in Tabellenform

Abb. 1.: Beispiele zur Simulation der Methanproduktivität von gehäckselter durchwachsener Silphie und separierter Rindergülle im Durchflussversuch anhand des Reaktionsmodells 1. Ordnung mit einer fermentierbaren Fraktion und einem Prozessschritt (Modell A)

Kooperation und Anwendung der Ergebnisse

Mit Hilfe der am ILT erarbeiteten Daten und des entwickelten Reaktionsmodells wurden die notwendigen Voraussetzungen für eine Webanwendung geschaffen, die vom Projektpartner KTBL ausgearbeitet wurde.

Web-Anwendungen des Projektpartners KTBL Externer Link

Projektinformation:
Projektleiter: Susanne Höcherl
Projektbearbeiter: Matthias Steindl, Dr. Vasilis Dandikas, Natascha Siddiqui, Anke Aschmann, Michael Hanrieder
Projektpartner: Verbundvorhaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, zusammen mit APMA Services GmbH, Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Nord-West, Institut für Boden und Umwelt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.
Laufzeit: 01.04.2020 bis 31.03.2023
Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Förderkennzeichen: 2219NR441