Forschungs- und Innovationsprojekt
Abluftreinigung in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Bayern

Rieselbettreaktor am Stalldach

Der Bau, die Erweiterung und der Betrieb von Nutztierställen werden in der Öffentlichkeit häufig kritisch betrachtet. Auch die rechtlichen Ansprüche gegenüber den Tierhaltern steigen. So ist die deutsche Landwirtschaft verpflichtet, die Emissionen von Ammoniak deutlich zu mindern (sog. NEC-Richtlinie). Neben BVT-Anforderungen für große Schweine- und Geflügelanlagen (genehmigungspflichtig nach Bundes-Immissionsschutzgesetz) stellt auch der Entwurf zur Novellierung der TA Luft (Stand Dezember 2020) erhöhte Ansprüche an die Tierhalter. Es ist daher absehbar, dass die Abluftreinigung für zwangsgelüftete Schweine- und Geflügelbetriebe künftig eine größere Rolle spielen wird.

Zielsetzung

In Bayern spielt die Abluftreinigung bislang eine nur untergeordnete Rolle, vergleicht man mit den Bundesländern, in denen bereits seit einigen Jahren sog. Filtererlasse gelten. Bereits im Jahr 2014 wurde mit den ersten Untersuchungen an Abluftreinigungsanlagen in Bayern begonnen. Die untersuchten Filter wurden in den Jahren 2006 bis 2012 in Betrieb genommen und die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Allerdings hatten die Herstellerfirmen die Auswahl der Anlagen bemängelt. Sie übten Kritik am Alter der untersuchten Filter, die aus ihrer Sicht nicht mehr dem aktuellen Stand der technischen Weiterentwicklung bei Abluftreinigungsanlagen entsprechen. Dies war der Anlass, das Projekt an Filtern neuerer Bauart fortzuführen, um einen Erkenntnisgewinn über Funktionssicherheit und Handhabbarkeit bereits bestehender und in Bayern betriebener, moderner Abluftreinigungsanlagen als Grundlage für künftige Positionierung in Fachgremien und in der Beratung zu erhalten.

Methode

Eine Anfrage bei den Herstellern hatte ergeben, dass in Bayern kaum neue Filter gebaut oder in Betrieb genommen werden, und wenn, dann ausschließlich vom Typ Rieselbettreaktor. Die im Rahmen dieses Projektes durchgeführten Umfragen über die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus den Jahren 2014 und 2019 bestätigen diese Aussage.

An einem bayerischen Mastschweinebetrieb ergab sich die Gelegenheit, vier Filter aus zwei Generationen Rieselbettreaktoren an einem Betrieb, d.h. unter dem Einfluss eines einzigen Betriebsleiters zu betrachten (Foto s.o.). Diese Filter sind Untersuchungsgrundlage für die Projektphase II des Forschungsprojektes „Untersuchung zur Nutzung von Abluftreinigungsanlagen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Bayern als Grundlage verfahrenstechnischer Verbesserungen“.

Um praktische Erfahrungen unter bayerischen Bedingungen zu sammeln, wurden an allen vier Filtern Messungen durchgeführt. Hierfür mussten zunächst Messzugänge geschaffen werden. Gemessen wurden u.a. Geruchs- und Ammoniakkonzentrationen, parallel im Roh- und Reingas zu allen Jahreszeiten (Sommer und Winter, als Zeiten höchster/niedrigster Lüftungsauslastung, sowie in den Übergangsjahreszeiten Frühjahr und Herbst). Zum Abschluss der Messreihe haben noch sog. Tagesgangmessungen stattgefunden, in denen der Verlauf der Ammoniakkonzentrationen in Roh- und Reingas über einen Zeitraum von mehreren Tagen aufgezeichnet und ausgewertet worden ist. Ergänzend wurden wichtige Leit- und Randparameter wie z.B. pH-Wert, Leitfähigkeit und Ammonium-N-Gehalt im Waschwasser, Außentemperatur und relative Luftfeuchte am Messtag, Verbrauchsabfragen (Strom, Wasser, ggf. Säure und Alkalien), Belegungszahlen der angeschlossenen Ställe, Betreibererfahrungen sowie Betriebszustände inkl. festgestellter Probleme im Betrieb erhoben.

Geruch

Werden Wäscher durch die DLG zertifiziert, darf die Geruchsstoffkonzentration im Reingas maximal 300 GE je m³ Luft betragen, und zugleich darf kein Rohgasgeruch im Reingas festzustellen sein. Im hier vorgestellten Forschungsprojekt wurden je Filter 3-4 Geruchsproben aus dem Rohgas und 3-4 Geruchsproben aus dem Reingas gezogen. Hierfür wurden mithilfe eines Vakuum-Probennehmers über einen Schlauch Beutel aus Nalophan mit Luft aus dem Filter gefüllt und zur Analyse (Olfaktometrie) in ein Labor gebracht.

Ammoniak

Bei der DLG-Zertifizierung, den sog. Filtererlassen und auch im Entwurf zur Novelle der TA Luft müssen die Filter bei den Ammoniakkonzentrationen mindestens 70 % Minderung erreichen. Um den tatsächliche erreichten Wirkungsgrad zu überprüfen wurden bei den Messkampagnen dieses Projekts die Ammoniakkonzentrationen im Rohgas kontinuierlich über einen Zeitraum gemessen und den parallel dazu erhobenen Konzentrationen aus dem Reingas gegenübergestellt.

weitere Parameter

Der pH-Wert und die Leitfähigkeit im Waschwasser sind einfach zu ermittelnde Merkmale mit wichtigem Hinweis auf die Funktion des Wäschers. Ist ein elektronisches Tagebuch vorhanden, werden diese Werte i.d.R. aufgezeichnet. Bei unseren Messkampagnen wurden sie zu Kontrollzwecken grundsätzlich mit erhoben, um sie mit den filtereigenen Messungen (sofern vorhanden) zu vergleichen.

Ergebnisse und Empfehlungen

Die Ergebnisse der Messungen variieren je nach Filter und Messtag und liegen teils im Bereich der Anforderungen einer DLG-Zertifizierung, teils aber auch darunter – ein Zusammenhang mit dem Alter der Filter lässt sich hierbei nicht erkennen, der Einfluss des engagierten Betriebsleiters hingegen zeichnet sich deutlich ab.

Messzugänge und Abnahmemessungen

Mess- und Wartungszugänge sind bereit zu stellen. Dies muss i.d.R. bereits beim Bau und der Konzeptionierung der Anlage berücksichtigt werden. Hierbei ist der sichere Zugang zu gewährleisten (Stichwort Arbeitssicherheit). Nach Inbetriebnahme und einer gewissen Laufzeit der Anlage sind Abnahmemessungen im Roh- und Reingas wünschenswert, die die Funktion der Anlage für die zertifizierten Reinigungsparameter im laufenden Betrieb belegt (nach Anforderungen im Genehmigungsbescheid).

Elektronisches Betriebstagebuch

Das Führen eines elektronischen Betriebstagebuches dient der Aufzeichnung der betriebsrelevanten Parameter und kann, z.B. gegenüber den Behörden, als Nachweis des ordnungsgemäßen Betriebes dienen oder helfen, Fehlerquellen aufzuspüren oder auszuschließen. Eine zuverlässige Funktion und Aufzeichnung der gewünschten Parameter ist hierbei ein zentraler Auftrag an die Anlagenhersteller – nicht nur bei zertifizierten Anlagen. Ergänzend ist das Führen eines handschriftlichen Betriebstagebuches zu empfehlen, um im Nachhinein Ausfälle oder Unregelmäßigkeiten im Betrieb dokumentieren zu können, die aus den Aufzeichnungen des el. Betriebstagebuches nicht hervorgehen.

Verbräuche

Die Verbrauchserfassung eines Abluftreinigungssystems (Strom, Wasser, Hilfsstoffe) ist komplex und sehr individuell. Eine eindeutige Zuordnung der Verbräuche zur Abluftreinigung ist nicht immer klar vorzunehmen, so z.B. der Mehraufwand für die größere Lüftungsdimensionierung. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurden laufende Kosten erhoben, sofern sie von den Systemen aufgezeichnet werden oder eigene Zähler installiert werden konnten. Im Rahmen der Projektbetrachtungen konnten zwar vereinzelt auch kostenmindernde Ansätze für den Betrieb erkannt werden, jedoch ergeben sich zugleich durch einzufordernde (An-)Forderungen (z.B. Stichwort Sicherheit) eher noch weitere Kosten.

Täglicher Betrieb und Sicherheit

Zahlreiche Faktoren beeinflussen die Effektivität einer Abluftreinigungsanlage. Im täglichen Betrieb ist es erforderlich, die Funktion der relevanten Bauteile regelmäßig zu kontrollieren. Reinigung, Reparatur und der Austausch defekter Komponenten sind des Öfteren notwendig. Der Verbrauch der pH-Wert-regulierenden Flüssigkeiten ist im Auge zu behalten, um diese rechtzeitig nachzubestellen. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Thema Sicherheit (z.B. im Umgang mit Säuren bei Lagerung, Anschluss, Behälterwechsel) für den Anlagenbetreiber und/oder Wartungsmitarbeiter hinzuweisen, der eine größere Aufmerksamkeit zu widmen ist, als es derzeit in der Praxis der Fall zu sein scheint.

Wartungsvertrag

Die Anlagenbetreiber sind auf die Unterstützung der Anlagenhersteller angewiesen, um auf individuelle Besonderheiten richtig zu reagieren bzw. auf ungewollte Betriebszustände korrigierend einzugreifen. Der Abschluss eines Wartungsvertrages sollte auch und gerade für den laufenden Betrieb grundsätzlich eine verlässliche fachliche Unterstützung durch die Anlagenhersteller beinhalten, um dem Betreiber zu helfen, Probleme im Betriebsalltag schnell und effektiv zu beheben und somit einen möglichst funktionssicheren Betrieb der Abluftreinigungsanlage zu gewährleisten.

Fazit

Aufgrund der Verbräuche bzw. der entstehenden Kosten und des zu veranschlagenden Betreiberaufwandes, um die Funktionssicherheit und den geforderten Reinigungsgrad zu gewährleisten, sehen wir die Abluftreinigung nach wie vor als eine standortbedingte Möglichkeit für den Einzelfall, nicht jedoch als ein generell geeignetes bzw. generell zu forderndes Instrument zur Emissionsminderung an zwangsgelüfteten Ställen.

Ausblick und weitere Informationen

Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. Besonders vor dem Hintergrund der geplanten Novellierung der TA Luft wird die weitere Entwicklung der Abluftreinigung bezüglich der Anforderungen an die Landwirte jedoch weiterverfolgt und kritisch begleitet.

Eine allgemeine Kurzübersicht über Abluftreinigungsanlagen (Einsatzmöglichkeiten mit Einschränkungen und Empfehlungen sowie eine Übersicht über die Anlagenarten) gibt das Infoblatt "Abluftreinigung in der Tierhaltung".

Infoblatt "Abluftreinigung in der Tierhaltung" zur EuroTier 2018 pdf 1,6 MB

Projektinformation
Projektbearbeiter: K. Pöhlmann, W. Bonkoß
Projektleiter: S. Neser
Laufzeit: 2014-2016; 2016-2020
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/12/20; A/16/12