Forschungs- und Innovationsprojekt
Novelle der TA Luft in Bayern: Konsequenzen für die tierwohlorientierte Nutztierhaltung und Standortfrage – Immissionsschutz vs. Tierwohl?

Bedingt durch die derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Bestrebungen, die Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl umzubauen (Stichworte: Borchert-Kommission, Initiative Tierwohl des Handels, geplante Tierhaltungskennzeichnung des Bundes), besteht in Bayern aktuell eine Nachfrage bezüglich der Genehmigung von Umbaumaßnahmen an Bestandsställen. Gefragt sind der Anbau von Ausläufen und das Schaffen von Außenklimareizen in vormals geschlossenen Stallgebäuden, besonders bei (Mast-) Schweinen. Auch Neubauten werden zunehmend als Außenklimaställe mit und ohne Auslauf geplant, und in Bayern ist der Umbau der Milchviehhaltung von der Anbindehaltung hin zu Laufställen noch nicht abgeschlossen. Gerade für bestehende Ställe / Standorte ist es jedoch problematisch, die Anforderungen im Immissionsschutz einzuhalten. Die teils fehlenden Emissionsfaktoren für die tierfreundlicheren Haltungssysteme erschweren den Genehmigungsprozess zusätzlich.

Schon seit der Fassung aus dem Jahre 2002 spielt die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) eine wesentliche Rolle bei der Genehmigung von Tierhaltungsanlagen. Die Betrachtung der Ammoniakkonzentrationen in der Umgebung von Ställen und die Berücksichtigung der geruchlichen Belastungen der Nachbarschaft durch die Tierhaltung sind mittlerweile Standardverfahren bei der Standortbeurteilung. Nach jahrelangem Ringen um Details ist am 1. Dezember 2021 eine Neufassung dieser Richtlinie in Kraft getreten. Damit einher geht eine umfassende Erneuerung und Erweiterung der Anforderungen an die Tierhaltungsbetriebe.

Neufassung der TA Luft, in der Fassung vom 18.08.2021 Externer Link

Zielsetzung

Mit Inkrafttreten der Neufassung der TA Luft zum 1.12.2021 haben sich die Rahmenbedingungen für die Nutztierhaltung geändert. Auch oder gerade für den Aus- und Umbau sowie den Betrieb besonders tierwohlorientierter Haltungssysteme mit freier Lüftung und / oder Auslauf zeichnen sich Verschärfungen ab.
Das hier beschriebene Forschungsprojekt untersucht die Auswirkungen der Novelle der TA Luft auf die künftig mögliche Entwicklung der bayerischen Nutztierhaltung unter den aktuellen rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Hierbei liegt der Fokus auf dem Aus- und Umbau sowie dem Betrieb besonders tierwohlorientierter Haltungssysteme mit freier Lüftung und / oder Auslauf.

Methodik

Die Untersuchungen sind im Wesentlichen in drei Arbeitspakete unterteilt:
Arbeitspaket 1
Vorher-Nachher-Analysen (TA Luft 2002 gegenüber der Novelle der TA Luft) für die Themenbereiche Ammoniak, Geruch und Stickstoffdeposition. Im Fokus steht hierbei die Vorgehensweise im Genehmigungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung tierwohlorientierter Haltungssysteme mit freier Lüftung.
Arbeitspaket 2
Unter Zuhilfenahme einer softwaregestützten Simulation nach TA Luft - Modell finden Standortuntersuchungen statt: Hierfür sollen Standortszenarien zur Darstellung und Wirkungsüberprüfung der Änderungen erstellt werden. Diese können zur Untersuchung möglicher "Lösungsansätze" dienen.
Arbeitspaket 3
Für Haltungssysteme mit freier Lüftung gibt es derzeit wenige geprüfte (technische) Verfahren, um die Emissionen zu mindern. Zugleich sind nach der neuen TA Luft Minderungsmaßnahmen mit bestimmten Minderungszielen (je nach Haltungsverfahren) einzusetzen. In Arbeitspaket 3 ist eine Zusammenstellung vorhandener praxistauglicher emissionsmindernder Maßnahmen (insbesondere für Ammoniak und Geruch) für Außenklimaställe mit und ohne Auslauf geplant.

Ergebnisse

Die Änderungen der novellierten TA Luft sind umfangreich. Wie umfassend die landwirtschaftliche Nutztierhaltung von den Neuerungen betroffen ist, wird anhand einer Gegenüberstellung der Anhänge der beiden Fassungen der TA Luft verdeutlicht:

Gegenüberstellung des Änderungsumfangs - TA Luft 2002: 7 Anhänge, davon 2 mit Landwirtschaftsbezug. TA Luft 2021: 12 Anhänge, davon 8 mit Landwirtschaftsbezug

Mit der Novelle der TA Luft ist die Anzahl der Anhänge von 7 auf 12 erweitert worden. Die beiden bestehenden Anhänge (Nr. 1 und Nr. 3), die auch in der TA Luft 2002 bereits einen direkten Bezug zur landwirtschaftlichen Tierhaltung hatten, wurden komplett überarbeitet. Neu hinzugekommen sind 6 Anhänge, die einen direkten Bezug zur landwirtschaftlichen Tierhaltung haben und z.T. exklusiv für die Tierhaltung erstellt worden sind.
Bislang wurden vor allem die Neuerungen der TA Luft gegenüber der bisherigen Fassung herausgearbeitet (Arbeitspaket 1) und in Vorträgen für Behördenvertreter und interessierte Landwirte vorgestellt und diskutiert. Das spezielle Herausarbeiten der Konsequenzen für besonders tierwohlorientierte Haltungssysteme steht hierbei noch aus. Auch Ergebnisse der Arbeitspakete 2 und 3 werden im weiteren Verlauf des Projektes an dieser Stelle veröffentlicht.

Projektinformation
Projektbearbeitung: K. Pöhlmann
Projektleitung: N.N.
Laufzeit: 01.2022 - 12.2023
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/21/11