Körnermais oder Weizen – Eine Frage der Kohlenhydratversorgung

Reifer Maiskolben

Aufgrund des hohen Anteils an beständiger Stärke ist Körnermais ein fester Bestandteil in Kraftfuttermischungen für Wiederkäuer.

Wird Körnermais durch Weizen ersetzt, steigt der Anteil an unbeständiger Stärke in der Ration an. Die LfL in Grub untersuchte, welche Auswirkungen sich daraus in der Milchviehfütterung ergeben.

Hintergrund

Die Stärke und der Zucker in Rationen für Wiederkäuer werden meistens als die „leicht löslichen Kohlenhydrate“ bezeichnet, im Gegensatz zur „Rohfaser“ oder NDF (Neutrale Detergentien Faser), die die Fraktion der schwer abbaubaren Kohlenhydrate umfasst. Allerdings variieren in den verschiedenen Futtermitteln nicht nur die Anteile an Stärke und Zucker, sondern auch das Ausmaß des Abbaus der Stärke im Pansen. Einige Beispiele sind in Tabelle 1 dargestellt. Demnach weist Körnermais eine Beständigkeit der Stärke von 42 % auf, Weizen mit nur 15 % dagegen eine Stärkebeständigkeit wie in gut ausgereifter Maissilage. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Geschwindigkeit des Abbaus der Kohlenhydrate in Körnermais als langsam, in Maissilage als mittel schnell und in Weizen als sehr schnell eingestuft wird. Auch hieraus ergibt sich ein unterschiedliches Risiko zur Auslösung von Azidose.
Gehalt und Beständigkeit der Stärke im Vormagen in verschiedenen Futtermitteln (nach DLG 2001, 2008)
FuttermittelStärke, g/kg TMBeständigkeit der Stärke, %
Körnermais69442
Weizen82315
Maissilage, ca. 55% TM im Korn210-30010
Maissilage, ca. 60% TM im Korn> 30015
Vor allem mit zunehmender Leistungshöhe gewinnt auch die differenzierte Betrachtung der „leicht löslichen Kohlenhydrate“ an Bedeutung. Die im Pansen beständige Stärke, die zum Dünndarm gelangt, wird energetisch effizienter genutzt, als im Pansen abbaubare Stärke. Andererseits wird bei überhöhten Gehalten an beständiger Stärke die Energiebereitstellung im Vormagen begrenzt. Aber auch das Aufnahmevermögen der Stärke im Dünndarm ist begrenzt. So kann die Milchkuh maximal etwa 1,5 kg beständiger Stärke je Tag effizient verwerten. Zu hohe Gehalte an unbeständiger Stärke und Zucker können dagegen die Azidose begünstigen. Als Orientierungsgrößen für die Rationsplanung gilt für Zucker ein maximaler Gehalt von 75 g/kg TM, für Zucker + unbeständige Stärke von 250 g/kg TM. Je nach Milchleistung sollten 10-50 g beständige Stärke je kg TM in der Ration enthalten sein.

Versuchsfrage

Maiswurzelbohrer Nahaufnahme

Maiswurzelbohrer Nahaufnahme

Insgesamt wird deutlich, dass die Gehalte und die Beständigkeit der Kohlenhydrate zwischen Futtermitteln stark variieren und darüber hinaus kritische Größen in der Rationsplanung für die Milchkuh darstellen. Andererseits sind nicht die löslichen Kohlenhydrate allein von Bedeutung, sondern auch der Gehalt der Ration an „strukturwirksamer Rohfaser“. Luzernesilage weist einen hohen Rohfasergehalt und Strukturwert auf, so dass möglicherweise in Luzernesilage-basierten Rationen höhere Anteile an ruminal abbaubarer Stärke toleriert werden. Vor diesem Hintergrund sollte in einem Fütterungsversuch geklärt werden, ob der Austausch von Körnermais durch Weizen bei Rationen mit hohen Luzernesilage-Anteilen Auswirkungen auf Futteraufnahme und Milchleistungskriterien hat. Der Versuch ist Teil des „Forschungsprogrammes des Bundes und der Länder Bayern und Baden-Württemberg zur Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera LeConte)“.

Versuchsaufbau

Für den Versuch wurden 34 Milchkühe (Fleckvieh) gleichmäßig auf zwei Gruppen (Winterweizen und Körnermais) aufgeteilt. Es wurden Tiere ab dem 34. Laktationstag für den Versuch herangezogen. Die Kühe befanden sich in der ersten bis neunten Laktation (im Mittel 2,5 ± 2 Laktationen). Die Versuchsdauer betrug 10 Wochen. Den Tieren wurde eine Teilmischration (PMR) ad libitum angeboten, die täglich einmalig mit dem Futtermischwagen angemischt und vorgelegt wurde. Die PMR basierte auf Maissilage (29 % der TM), Luzernesilage (31 % der TM), Heu und Stroh (je 2,4 % der TM) und Kraftfutter. Im Kraftfutteranteil der PMR der Kontrollgruppe war Körnermais enthalten, der im Kraftfutter der Versuchsgruppe 1:1 gegen Winterweizen ausgetauscht wurde (4,6 kg TM/Tier und Tag bei einer unterstellten Aufnahme von 19 kg TM PMR/Tier und Tag). Die PMR war auf eine Milchleistung von 25,5 kg je Tag ausgerichtet. Für darüber hinausgehende Milchleistungen wurde Leistungskraftfutter (LKF) nach Leistung verabreicht.
Die Aufnahme an PMR wurde über automatische Wiegetröge erfasst, die Aufnahme an LKF über die Kraftfutterstationen. Die Milchleistung wurde täglich erfasst, Milchproben wurden alle 2 Wochen von allen Teilgemelken eines Tages gezogen. Von den Rationen wurden regelmäßig Proben für die Analyse der Rohnährstoffe genommen.

Ergebnisse

Die Futteraufnahme lag in der Gruppe Körnermais um etwa 1 kg TM/Tag höher als in der Gruppe Weizen. Auch die Aufnahme an nXP- und Energie war in der Gruppe Körnermais numerisch erhöht. Aus den Angaben in Tabelle 3 lässt sich für die Gruppe Weizen ein Gehalt an leicht löslichen pansenverfügbaren Kohlenhydraten von 253 g/kg TM in der PMR ableiten. Bereits hier wird der kritische Bereich von 250 g/kg TM pansenverfügbare Kohlenhydrate erreicht, zusätzlich ergeben sich aus dem Weizen- Gerste- betonten Leistungskraftfutter weitere Quellen an leicht abbaubaren Kohlenhydraten, was das Auftreten azidotischer Verhältnisse begünstigt. Andererseits wird auch deutlich, dass der Rohfasergehalt bzw. die Strukturwirkung der Luzernesilage hier in der Rationsgestaltung günstig wirkt, was unter Umständen eine signifikante Verminderung der Futteraufnahme in der Gruppe Weizen verhindert hat. Die Milchleistung lag in den Gruppen Körnermais und Weizen bei 28,4 und 26,9 kg/Tier und Tag (siehe Tabelle). Dieser Unterschied zwischen den Gruppen lässt sich statistisch nicht absichern, passt aber gut zu Literaturdaten von anderen Versuchen zum Austausch von Körnermais durch Getreide. Bei den Milchfett- und Milcheiweißgehalten ergaben sich kaum Unterschiede zwischen den Gruppen. Bei Milchfettgehalten von knapp 4,1 % in beiden Gruppen ergaben sich dabei keine Hinweise auf das Erreichen einer azidotischen Stoffwechselsituation. Der Milchharnstoffgehalt lag in der Gruppe Weizen deutlich höher als in der Gruppe Körnermais, was als Folge der Unterschiede in der RNB gesehen werden kann.
Futter-, Nährstoff- und Energieaufnahme und Milchleistungskriterien
Versuchsgruppe KörnermaisVersuchsgruppe Weizen
Futter- und Nährstoffaufnahmen
TM-Aufnahme, kg/Tag22,2 ± 2,621,1 ± 2,2
XP-Aufnahme, g/Tag3565 ± 4963431 ± 418
nXP-Aufnahme, g/Tag3458 ± 4433249 ± 367
NEL-Aufnahme, MJ/Tag157 ± 19146 ± 16
RNB, g/Tag17 ± 929 ± 9
Milchleistungskriterien
Milchleistung, kg/Tag28,4 ± 9,826,9 ± 7,4
Fett, %4,09 ± 0,474,06 ± 0,40
Eiweiß, %3,60 ± 0,233,71 ± 0,23
Harnstoff, mg/l249 ± 25b298 ± 38a
ECM, kg /Tag28,8 ± 9,027,4 ± 6,9
a,b) Angaben mit Hochbuchstaben unterscheiden sich bei P<0,05 signifikant
± Standardabweichung, im Bereich liegen 68% der Werte

Zusammenfassung

  • Im vorliegendem Versuch waren nach Austausch von Körnermais durch Weizen sowohl die Futteraufnahme als auch die Milchleistung erniedrigt.
  • Auch wenn die Gruppenunterschiede statistisch nicht abzusichern waren, sprechen die Ergebnisse der vorliegender Untersuchung nicht dafür, dass bei Luzernesilage-basierten Rationen auf Körnermais als Lieferant von Stärke mit niedriger Abbaubarkeit verzichtet werden sollte.
  • Die Kombination von Maissilage und Weizen führt zu hohen Gehalten an leicht löslichen Kohlenhydraten in der Ration. Dementsprechend steigt das Risiko, dass die Grenzwerte für die Gehalte an Stärke und Zucker von 250 g/kg TM überschritten werden und dementsprechend azidotische Bedingungen begünstigt werden.
  • Bei der Planung von Rationen mit hohen Anteilen guter Maissilage und dementsprechend hohen Gehalten an fermentierbarer Stärke kann durch Einbeziehung von Futtermitteln wie Körnermais oder Melasseschnitzeln statt zu hohen Weizenanteilen gegengesteuert werden.

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