Energie- und Nährstoffversorgung in der Jungebermast

Gruppe von Jungebern in einer Bucht

Aktuelle Ergebnisse zur Mast von Jungebern insbesondere mit üblichen Mastendgewichten und Genetiken liegen derzeit in Deutschland noch nicht ausreichend vor, um gesicherte Empfehlungen für die Fütterung ableiten zu können.

Aus bisherigen Untersuchungen und den Erfahrungen der Länder mit Ebermast lässt sich erkennen, dass unkastrierte Eber im Vergleich zu Kastraten ein höheres Proteinansatzvermögen, eine erheblich geringere Fettbildung und damit eine bessere Futterverwertung aufweisen. Der Fleischanteil ist stark erhöht und der Futteraufwand stark reduziert.
Nebenbei wird die Stickstoffverwertung verbessert und der Stickstoffaustrag reduziert. Bei den täglichen Zunahmen sind die Ergebnisse bisher sehr uneinheitlich. Sie betragen zwischen 750 und 900 g, so dass zunächst von einer mittleren Zuwachsrate von 800 g/Tag ausgegangen wird. Das Futteraufnahmevermögen ist bedeutend geringer als das von Kastraten oder Sauen. Dies hat Konsequenzen für die Energie- und Proteinversorgung sowie die Konzeption der Futterration.

Orientierung an vorhandenen Empfehlungen für Mastschweine mit sehr hohem Proteinansatz

Solange keine abweichenden, aktuellen Ergebnisse vorliegen, kann sich die Eberfütterung mit bayerischer Zuchtgrundlage an den vorhandenen Empfehlungen für Mastschweine mit sehr hohem Proteinansatz orientieren (siehe Tabelle).
Dort werden durchschnittliche Zunahmen von 800 g pro Tag sowie ca. 60 % Muskelfleisch unterstellt. Dem für die bedarfsgerechte Fütterung wichtigen höheren Muskelfleischanteil der unkastrierten Tiere wird damit Rechnung getragen. Bei vergleichbaren Tageszunahmen wie bei Kastraten oder weiblichen Tieren aber mehr Fleischansatz ergibt sich so für die Eber die Notwendigkeit einer höheren Aminosäureversorgung bzw. eines engeren Aminosäure-Energieverhältnises in der Ration. Die Eber schnellwachsender Herkünftemit weniger Spezialisierung auf höchsten Fleischansatz erreichen weit geringere Muskelfleischanteile.
Empfehlungen zur täglichen Energie- und Lysinversorgung vom Mastschweinen mit sehr hohem Proteinansatz (Basis 800 g tägliche Zunahmen)
Lebendmasse (kg)Tägliche Zunahmen (g)Energie (MJ ME)Lysin (g)
3070018,017,0
4076521,519,0
5083025,020,0
6085028,020,8
7087029,521,5
8086030,821,6
9083031,420,5
10077031,119,5
11070030,017,9
12061029,215,3

Geschlechtsgeruch im Schlachtkörper bzw. in den Verarbeitungsprodukten

Ein besonderer Aspekt der Mast männlicher unkastrierter Schweine ist der typische und unerwünschte Geschlechtsgeruch im Schlachtkörper bzw. in den Verarbeitungsprodukten. Dieser Geruch setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Leitsubstanzen sind das Hodensteroid Androstenon und das Stoffwechselprodukt Skatol. Während ersteres nur beim Eber auftritt, wird Skatol auch bei Sauen und im verminderten Umfang auch bei Kastraten gebildet.
Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Ebergeruch steigt mit zunehmendem Alter an. Es ist also wichtig, dass die Eber so jung als möglich an den Haken kommen. Mit dem Einsetzen der Pubertät ab der 12. Lebenswoche nimmt die Bildung der männlichen Geschlechtshormone und damit zwangsläufig auch des Geruchsstoffes Androstenon stark zu. Somit sind alle Fütterungsmaßnahmen, die auf ein schnelles und homogenes Wachstum der unkastrierten männlichen Mastschweine bei gleichem Endgewicht abzielen, ein Beitrag zur Verringerung von Ebergeruch. Ob sich zusätzlich ein niedrigeres Schlachtalter verbunden mit reduzierten Schlachtgewichten für Eber im Markt durchsetzten werden, ist derzeit noch offen; ebenso die künftige Klassifizierung von gemästeten Ebern.

Beeinflussung der Bildung von Skatol durch die Fütterung

Im Gegensatz zum Androstenon kann die Bildung von Skatol durch die Fütterung direkt beeinflusst werden. Skatol entsteht durch den mikrobiellen Abbau von Tryptophan im Dickdarm über Indol zu Skatol. Die Skatolbildung hat aber nichts mit der Höhe der Tryptophanversorgung und –verdauung im Magen und Dünndarm aus dem Futter zu tun Stehen für die Mikroorganismen im Dickdarm nicht genügend fermentierbare Kohlenhydrate zur Verfügung, wird freies Tryptophan nicht in bakterielle Biomasse eingebaut, sondern vermehrt zu Skatol umgewandelt und danach ins Fettgewebe der Schweine eingelagert bzw. mit dem Kot ausgeschieden. Dieser nachteilige Skatolbildungs- und Einlagerungsprozess kann durch Verfütterung sogenannter Präbiotika abgemildert werden. Die Zufuhr solcher „Mikroorganismennahrung“ wie Trockenschnitzel, Sojaschalen, Kleien, Bierhefe, Apfeltrester, Chicoree, Lupinen usw. führt durch eine hohe Wasserbindungsfähigkeit auch zur Erhöhung der Masse im Dickdarm, so dass zusätzlich ein gewisser Verdünnungseffekt eintritt, der Nahrungsbrei schneller ausgeschieden und weniger Skatol absorbiert wird. Somit kann der Einsatz von fermentierbaren Substanzen zum Ende der Mast zur Reduktion der Skatolgehalte beitragen. Grundsätzlich skatolmindernd wirken alle Maßnahmen, die die Darmgesundheit fördern und den Zellabbau darin vermindern. Dazu gehört auch die Verfütterung roher Kartoffelstärke mit besonderem Schutz der Darmepithelien über die dabei produzierte Buttersäure. Zusätzlich spielt die Hygiene im Stall eine wichtige Rolle für die Skatolgehalte im Schlachtkörperfett. So führen z.B. Verschmutzungen der Liegeflächen zur vermehrten Aufnahme und Speicherung von Skatol im Körpergewebe.
Die wirksamen Einsatzmengen der genannten Präbiotika liegen meist bei über 10% in der Tagesration. Man muss also mit Arbeitsmehraufwand und erheblichen Zusatzkosten zur Minderung des Skatolgeruchs rechnen und eventuelle Abreicherungen der Energiekonzentration des Mastfutters darüber hinaus ausgleichen. Und – es bleibt ja immer noch das Androstenon. Der Markt verlangt „absolute Geruchsfreiheit“ und einen „störungsfreien“ Verzehrsgenuss.

Mehr zum Thema

Ebermast - Inulingabe zur Verminderung des Skatolgehalts bei Flüssigfütterung

Gibt es Unterschiede in den Mast- und Schlachtleistungen zwischen Kastraten, Ebern und weiblichen Mastschweinen? Kann der Zusatzstoff "Inulin" den Ebergeruch minimieren? Welche Auswirkungen hat Inulin auf die Futteraufnahme und den Schlachtkörper? Diese und weitere Fragen zur Ebermast werden beantwortet. Mehr