Gegen Kannibalismus – Trog- oder Nippeltränken in der Ferkelaufzucht?

Beissendes Ferkel
Das Auftreten von Kannibalismus in der Schweinehaltung hat viele Ursachen. Auch der Fütterung wird ein maßgeblicher Einfluss zugeschrieben. Fütterungsmaßnahmen zur Vermeidung von Kannibalismus sind vielfältig. So gilt es die Ration zu optimieren und auf entsprechende Fütterungszeiten zu achten. Die ausreichende Wasserversorgung an bedienerfreundlichen Tränken wird oft außer Acht gelassen. Die Behauptung von „Kannibalismusexperten“, Trogtränken machen weniger Stress und sind somit tiergerechter, sollte deshalb in diesem praxisnahen Versuchsdurchgang auf Richtigkeit überprüft werden.

Versuchsdurchführung

Der Fütterungsversuch wurde am Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Schwarzenau mit 196 Ferkel durchgeführt. Es wurden folgende Versuchsgruppen gebildet:
  • Gruppe mit Nippeltränken
    • 4 Buchten mit schwanzkupierten Ferkeln
    • 4 Buchten mit unkupierten Ferkeln
  • Gruppe mit Trogtränken
    • 4 Buchten mit schwanzkupierten Ferkeln
    • 4 Buchten mit unkupierten Ferkeln
Ein Ferkel steht an einer Tränke

Ferkel an Nippeltränken

Ferkel stehen an Trogtränken

Ferkel an Trogtänken

Mehrere Ferkel stehen an einem Trog

Ferkel mit kupierten Schwänzen am Trog

Mehrere Ferkel stehen an einem Trog

Ferkel mit langen Schwänzen am Trog

Ergebnisse

Auswertung nach Form der Tränke

Grafik: Ergebnisse relativ zu den Buchten mit NippeltränkenZoombild vorhanden

Ergebnisse relativ zu den Buchten mit Nippeltränken

In nebenstehender Grafik sind die Ergebnisse relativ zu den Buchten mit Nippeltränken dargestellt. Mit 522 gegenüber 474 g wurde in den Buchten mit Nippeltränken höhere tägliche Zunahmen verzeichnet. Der Futterverzehr lag bei den Trogtränken um 19 g je Tier und Tag niedriger. Aufgrund der geringeren Leistung ergab sich in den Buchten mit Wasserschalen ein ungünstigerer Futteraufwand je kg Zuwachs. In der Gruppe mit Trogtränken erhöhten sich die Futterkosten somit um 3 Cent je kg Zuwachs bzw. um 0,66 Euro je aufgezogenes Ferkel. Der Verbiss an den Schwänzen war sogar bei den offenen Tränken stärker!
Zwischenfazit
Die verwendete Trogtränke war der Nippeltränke klar unterlegen. Der Kampf um den Platz an der „Waschschüssel“ bringt Stress, Kannibalismusprobleme, Minderleistungen inkl. Wasservergeudung.

Auswertung nach Schwanzlänge

Grafik: Ergebnisse relativ zu den Ferkeln mit unkupierten SchwänzenZoombild vorhanden

Ergebnisse relativ zu den Ferkeln mit unkupierten Schwänzen

Der Vergleich von Tieren mit kupierten und nicht kupierten Schwänzen geht aus nebenstehender Grafik hervor. Die Ergebnisse sind relativ zu den nicht kupierten Ferkeln dargestellt. Schwanzkupierte Tiere erzielten 18 g höhere tägliche Zunahmen. Die Futteraufnahme war mit 836 und 838 g je Tier und Tag fast identisch. Aufgrund der besseren Leistungen war bei den kupierten Tieren der Futteraufwand je kg Zuwachs etwas günstiger. In den Buchten mit nicht schwanzkupierten Ferkeln erhöhten sich die Futterkosten um 1 Cent je kg Zuwachs bzw. um 0,22 Euro je aufgezogenes Ferkel. Ein Verbiss an den Schwänzen bei den kupierten Ferkeln war nicht zu erkennen.
Zwischenfazit
Offene Schalentränken verhindern Kannibalismus auch nicht bzw. führen zu „Raufereien“. Sie verursachen einen höheren Zusatzwasserverbrauch.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

In einem Aufzuchttest für Ferkel mit kupierten und unkupierten Schwänzen jeweils an Nippel- oder Trogtränken wurden im Schnitt 500 g tägliche Zunahmen und ein Futteraufwand von 1,68 kg je kg Zuwachs erreicht. Erstaunlich war, dass die Tiere an den eingebauten Trogtränken zum Teil aggressiver waren als an den Nippeltränken. Tiere am Wassertrog erreichten 48 g weniger Zunahmen und hatten auch einen signifikant erhöhten Futteraufwand bzw. um 0,6 € je aufgezogenes Ferkel höhere Futterkosten als die Tiere am Nippel. Die Behauptung, offene Tränken sind besser als Nippeltränken und bremsen Kannibalismus, konnte in diesem Versuch nicht bestätigt werden. Weitere Versuchsdurchgänge sollten mehr Klarheit bringen. Das Ziel ist aber nicht, alle im Markt vorhandenen Tränkesysteme Zug um Zug zu überprüfen. lletztendlich muss der Landwirt die für seine Betriebssituation passende Wasserlösung finden und die Technik auch in Schuss halten.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. H. Lindermayer
Projektbearbeitung: Dr. W. Preißinger; G. Propstmeier
Laufzeit: Juli 2013 bis März 2014

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