Wie schmeckt Eberfleisch?

mehrere Schweine in einem Stall von hinten zu sehen

Ergebnisse einer Verkostung von Fleischproben aus einem Fütterungsversuch mit Jungebern

Ein besonderer Aspekt bei der Mast von Jungebern ist der typische und unerwünschte Geschlechtsgeruch im Schlachtkörper. Verursacht wird dieser durch zahlreiche Substanzen, vor allem durch das Sexualhormon Androstenon sowie durch Skatol, eine Substanz, die beim Abbau der Aminosäure Tryptophan im Dickdarm entsteht.
Fleischkonsumenten können sehr empfindlich reagieren, wenn ihnen Eberfleisch angeboten wird. Wie sensibel Verbraucher gegenüber Eberfleisch sein können, sollte eine Eberfleischverkostung, an der sich zahlreiche Beschäftigte des Lehr-, Versuchs- und Fachzentrums für Schweinehaltung Schwarzenau beteiligten, zeigen.

Durchführung der Fleischverkostung

Eine Person riecht an einem Stück Fleisch
Nach einem Fütterungsversuch mit Jungebern, Kastraten und weiblichen Tieren wurde am 1. Schlachttermin nach der Riechprobe ein Teilstück aus dem Bauch eines geruchauffälligen Ebers sowie eines Kastraten entnommen und bis zur Verkostung tiefgefroren. Der Schlachtkörper des Ebers konnte vermarktet werden. Als Kontrollprobe diente ein Bauchfleischstück eines nicht im Versuch stehenden weiblichen Tieres.
Zur Verkostung wurden die drei Fleischproben ohne Gewürz mit einem Plattenkontaktgrill außerhalb des Testraumes erhitzt. Die Fleischproben wurden nach folgender Reihenfolge serviert: Weibliches Tier vor Kastrat vor Eber. Die Reihenfolge war den Probanden nicht bekannt.
Die Probanden wurden gebeten, ihr Geschlecht und Alter anzugeben. An der Verkostung nahmen 10 Damen und 18 Herren im Alter zwischen 14 und 62 Jahren teil.
Die Beurteilung der Fleischproben erfolgte nach folgendem Schema:
Bewertungsschema nach Ristic, 1983 ergänzt
PunkteGeruchGeschmack/AromaSaftigkeitZartheitGesamteindruck
6sehr angenehmausgezeichnetsehr saftigsehr zartausgezeichnet
5angenehmsehr gutsaftigzartsehr gut
4etwas angenehmgutetwas saftigetwas zartgut
3etwas übelbefriedigendetwas trockenetwas zähbefriedigend
2übelausreichendtrockenzähausreichend
1sehr übelwenig ausreichendsehr trockensehr zähunbefriedigend

Ergebnisse

Beim Merkmal Geruch wurden die Fleischproben stets in der Reihenfolge weibliches Tier vor Kastrat vor Eber eingestuft. Im Mittel erhielt das Eberfleisch 2,8, das Kastratenfleisch 4,0 und das Fleisch vom weiblichen Tier 4,8 Punkte. Mit durchschnittlich 2,9 und 2,7 Punkten lag beim Eberfleisch die Bewertungen von Damen und Herren nicht weit auseinander. Beim Kastratenfleisch wurde beim Geruch das volle Spektrum von „sehr angenehm“ bis „sehr übel“ ausgeschöpft. Auch beim Eberfleisch lagen die Meinungen zwischen „angenehm“ und „sehr übel“ weit auseinander.

Bei den Kriterien Geschmack und Aroma erfogte ebenfalls die Einstufung der Fleischproben in der Reihenfolge weibliches Tier vor Kastrat vor Eber. Im Mittel erhielt das Eberfleisch 3,1, das Kastratenfleisch 3,8 und das Fleisch vom weiblichen Tier 4,4 Punkte. Damen und jüngere Probanden bewerteten diese Merkmale beim Eberfleisch etwas schlechter als Herren und ältere Probanden.

Bei den Parametern Saftigkeit und Zartheit gab das Eberfleisch die „rote Laterne“ ab. Im Mittel landete es hier auf Platz 2 nach dem Kastratenfleisch und vor dem Fleisch des weiblichen Tieres. Im Merkmal Saftigkeit erhielt das Eberfleisch von allen Teilnehmern 3,8, das Kastratenfleisch 4,5 und das Fleisch vom weiblichen Tier 3,7 Punkte.
Bei der Zartheit lag das Eberfleisch bei älteren Probanden sogar in der Präferenz ganz vorn. Im Mittel aller Teilnehmer landete es mit 3,9 Punkten auf Platz 2 nach dem Fleisch des Kastraten mit 4,1 und vor dem des weiblichen Tieres mit 3,4 Punkten.

Bei der Bewertung des Gesamteindrucks schlägt natürlich auch die Bewertung des Geruchs durch. Hier landeten die Eberfleischproben bei allen Probandengruppen auf den 3. Platz. Im Mittel wurde das Eberfleisch mit 3,1, das Kastratenfleisch mit 4,0 und das Fleisch vom weiblichen Tier mit 4,3 Punkten bewertet. Damen und jüngere Probanden bewerteten diesen Parameter beim Eberfleisch schlechter als Herren und ältere Probanden.

Kaufentscheidung

Die Probandinnen und Probanden wurden auch gefragt, welches Stück sie an der Fleischtheke bevorzugen würden. Die Damen bevorzugten zu 60 Prozent das Fleisch des Kastraten und zu 40 Prozent das des weiblichen Tieres. Bei den männlichen Probanden war es umgekehrt. 61 Prozent bevorzugten das Fleisch des weiblichen Tieres und nur 28 Prozent das des Kastraten. Immerhin 11 Prozent der Männer votierten für das Eberfleisch.
Insgesamt hätten beim Einkaufen 54 Prozent der Teilnehmer das Fleisch des weiblichen Tieres und 39 Prozent das „Kastratenfleisch“ genommen. Nur sieben Prozent, ausschließlich Männer über 40 Jahre, hätten zum Eberfleisch gegriffen.

Fazit

Mit Ausnahme der Parameter Saftigkeit und Zartheit lag im Mittel das Fleisch des weiblichen Tieres vorn. Auf den Plätzen zwei und drei folgte das Fleisch des Kastraten und das des Ebers. Bei der Zartheit und Saftigkeit punktete der Kastrat. Eberfleisch wurde bei den Kriterien Geruch, Geschmack und Aroma und sowie beim Gesamteindruck „abgestraft“. Punkten konnte es bei den Merkmalen Saftigkeit und Zartheit. Alle teilnehmenden Damen und auch die meisten Herren würden das getestete Eberfleisch an der Ladentheke liegen lassen.