Bayerische Eiweißinitiative
Leguminosenanbau auf ökologischen Vorrangflächen - Striegeln statt Herbizide?

Ab 2018 ist der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln beim Anbau von Körnerleguminosen auf ökologischen Vorrangflächen nicht mehr möglich. Da Körnerleguminosen einen hohen Anspruch an eine effiziente Unkrautregulierung besitzen, wurde seitens der LfL kalkuliert, ob eine mechanische Unkrautregulierung lohnend sein könnte.

Änderung der Greening-Vorgaben

Erde

Hackelemente in Sojabohnen (Foto: A. Kögel, LVÖ)

Im Jahr 2017 waren die Zwischenfrüchte die am flächenmäßig bedeutendste Kultur zur Erfüllung der 5 % ökologischen Vorrangfläche (ÖVF). An zweiter Stelle reihten sich gleich die Leguminosen ein. Wenn ab dem 1.1.2018 auf ÖVF keine chemischen Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden dürfen, könnte sich dies bald ändern. Was bedeutet das für die Praxis? Sollen Leguminosen als ÖVF angemeldet werden, so muss der Anbau ohne chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatz und ohne Beizen erfolgen. Während kleinkörnige Leguminosen wie Klee und Luzerne in der Regel mit einem Schröpfschnitt zur Unkrautregulierung angebaut werden können, sind für eine wirtschaftliche Produktion von großkörnigen Leguminosen direkte Maßnahmen zur Unkrautregulierung unverzichtbar. Für konventionelle Betriebe stellt sich die Frage, ob der Anbau von Leguminosen auf ÖVF mit einer mechanischen Unkrautregulierung erfolgreich umsetzbar ist. Falls ja, könnten diese die Faktorerhöhung von 0,7 auf 1,0 bei ÖVF-Leguminosen als Vorteil nutzen. Die folgende Darstellung der Verfahren einer mechanischen Unkrautregulierung in Körnerleguminosen, deren Kosten, sowie die Risiken können bei der Entscheidungsfindung helfen.

Mechanische Unkrautregulierung in Erbse, Ackerbohne und Soja

Die Standardwerkzeuge für die mechanische Unkrautregulierung sind der Striegel und das Hackgerät. Für eine gute Unkrautwirkung sollte
  • der Boden bei der Bearbeitung locker, schüttfähig und nicht zu grobklutig sein
  • das Wetter trocken, sonnig und windig sein, sodasst freigelegte Unkräuter schnell vertrocknen
  • die vorige Bodenbearbeitung und Aussaat sorgfältig mit dem Ziel eines ebenen und rückverfestigten Ackers möglichst ohne sichtbare Fahrspuren erfolgen.
Die Auswahl von Flächen mit einem relativ niedrigen Unkrautdruck ohne Wurzelunkräuter, eine nicht zu geringe Saatstärke und Sorten mit einer zügigen Jugendentwicklung und raschen Bestandesschluss unterstützen den Erfolg der mechanischen Unkrautbekämpfung. Wenn es gut läuft, können durchaus Bekämpfungsleistungen wie beim Herbizideinsatz erzielt werden.

Verfahren: Striegeln

Wirkprinzip
Die Wirkung des Striegels beruht auf dem Verschütten und Freilegen kleiner Unkräuter im Fädchen- bis Keimblattstadium auf der gesamten Fläche. Daher ist der Einsatz auch an keimenden und auflaufenden Unkräutern auszurichten. Der Erfolg wird neben den Bodenverhältnissen und Witterungsbedingungen über die Fahrgeschwindigkeit, den Strichabstand und die Einstellung der Zinken beeinflusst. Um Kulturpflanzenverluste bzw. –schäden bei mehrfachen oder aggressiven Striegeleinsatz auszugleichen, sollte die Saatstärke leicht (+10 %) erhöht werden. Die notwendige Einsatzintensität und –häufigkeit ist von den Standortverhältnissen und der Jahreswitterung abhängig.
Einsatzzeitpunkt
Eine erste Möglichkeit ist das Blindstriegeln im Vorauflauf der Kultur. Um die Kulturpflanze nicht zu schädigen, muss das Saatgut ausreichend und gleichmäßig tief abgelegt sowie auf eine präzise Tiefenführung des Striegels geachtet werden. Sobald die Leguminosen einen Keimtrieb entwickeln, sollte nicht mehr gestriegelt werden. Ackerbohnen und Erbsen können während des Auflaufens bei Bedarf vorsichtig gestriegelt werden, bei Soja wird besser bis zum ersten Laubblattpaar abgewartet. Bei Erbsen und bei Ackerbohnen können bis zum Reihenschluss zwei bis drei Striegelbehandlungen durchgeführt werden. In der Soja kann bis zum vierten Laubblattpaar gut ein- bis zweimal gestriegelt werden. Danach ist die Kultur gegenüber dem Striegel zu empfindlich.

Verfahren: Hacken

Wirkprinzip
Hackgeräte greifen mit unterschiedlichen Werkzeugen mehr oder weniger intensiv in die Bodenoberfläche ein und bewirken dadurch ein direktes Entwurzeln, Abschneiden oder Verschütten der Unkräuter. Insbesondere mit schneidenden Werkzeugen wie Gänsefuß- und Flügelscharen können daher auch große und relativ weit entwickelte Unkräuter noch effektiv bekämpft werden. Hackgeräte arbeiten primär im Zwischenreihenbereich. In die Reihe arbeiten sie indirekt gegebenenfalls mit Zusatzwerkzeugen wie Flachhäufler über ein Verschütten der Unkräuter. Bei einem frühen Einsatz werden die Kulturpflanzen durch Schutzbleche vor Schäden gesichert. Ein Eingriff in die Reihe kann auch durch die Verwendung von anderen Zusatzwerkzeugen wie der Fingerhacke erfolgen. Auch eine Kombination von Hacke und Striegel ist häufig erfolgreich. Die Intensität der Unkrautwirkung wird vorwiegend durch die Art der Werkzeuge und die Werkzeugkombination bestimmt. Zusätzlich dazu haben Fahrgeschwindigkeit und Arbeitstiefe einen Effekt (z.B. Schüttwirkung) auf die Unkrautbekämpfung.
Einsatzzeitpunkt
Ackerbohnen und Soja sind bis zum Reihenschluss zum Hacken gut geeignet, insbesondere beim Anbau in weiter Reihe (35 bis 50 cm). Die exakte Geräteführung zur Kulturpflanzenreihe ist beim Hacken unverzichtbar. Eine GPS-gestützte Saat- und Hackgerätesteuerung mit Verschieberahmen ermöglichen zusätzlich höhere Fahrgeschwindigkeiten bzw. Flächenleistungen.

Wie rechnen sich die Verfahren?

Die ökonomische Bewertung von mechanischen Maßnahmen zur Unkrautregulierung bei Leguminosen unterstützt bei der Beantwortung folgender Fragen:

  • Wie hoch ist die Kostendifferenz zwischen dem Verfahren Leguminosen mit chemischer und mechanischer Unkrautregulierung?
  • Wie stellen sich die Kosten von Leguminosen-ÖVF im Vergleich zu alternativen ÖVF wie Brache und Zwischenfrüchten dar? Dabei wird unterstellt, dass der Betrieb bereits Leguminosen in der Fruchtfolge hat.
  • Wie unterscheidet sich der Arbeitszeitbedarf der Verfahren?

Verfahrensvergleich: Chemischer Pflanzenschutz oder mechanische Unkrautregulierung?

Für die ökonomische Bewertung wurde der Verfahrensvergleich gewählt. Basis für das chemische Verfahren ist eine mittlere Pflanzenschutzintensität. Auch bei den mechanischen Verfahren wurde von einer mittleren Intensität ausgegangen. Bei Ackerbohnen und Erbsen in Drillsaat wurde mit zweimaligem Striegeleinsatz und etwas höherer Saatstärke kalkuliert. Bei Soja wurden nach Einzelkornsaat zweimal Striegel und zweimal Hacke eingeplant. Die Verfahrenskosten sind in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Verfahrensvergleich: Chemischer Pflanzenschutz - mechanische Unkrautregulierung bei Soja, Erbsen und Ackerbohnen.
Kultur/VerfahrenSojabohne
chemisch
Sojabohne
mechanisch
Erbse
chemisch
Erbse
mechanisch
Ackerbohne
chemisch
Ackerbohne
mechanisch
SähverfahrenDrillsaatEinzelkornsaatDrillsaatDrillsaatDrillsaatDrillsaat
 60 Kö/m²60 Kö/m²75 Kö/m²80 Kö/m²40 Kö/m²45 Kö/m²
Kosten Saatgut232 €/ha232 €/ha141 €/ha147 €/ha152 €/ha171 €/ha
Kosten Pflanzenschutzmittel122 €/ha 131 €/ha 143 €/ha 
Kreiselegge+Drillsaat34 €/ha 34 €/ha34 €/ha34 €/ha34 €/ha
Walzen12 €/ha12 €/ha    
Kreiselegge 29 €/ha    
Einzelkornsaat MR/LU 40 €/ha    
Pflanzenschutzüberfahrten7 €/ha 8 €/ha 10 €/ha 
Striegel MR/LU, 2x 42 €/ha 42 €/ha 42 €/ha
Hacke MR/LU, 2x 109 €/ha    
Variable Maschinenkosten für Saat und Pflanzenschutz53 €/ha232 €/ha42 €/ha76 €/ha44 €/ha76 €/ha
Kostendifferenz mechanisch-chemisch + 58 €/ha - 91 €/ha - 91 €/ha
Differenz Arbeitszeitbedarf mechanisch-chemisch - 0,4 Akh/ha - 0,4 Akh/ha - 0,5 Akh/ha
Quelle: IBA 5a. Berechnungsgrundlage: IBA-Deckungsbeiträge, 2012-2016, Schlaggröße 2 ha, incl. Mwst. Pflanzenschutz: mittlere Intensität. MR= Maschinenring, LU=Lohnunternehmer.

Aus Tabelle 1 zeigt sich folgendes:

  • Die Kosten für das mechanische Verfahren kosten bei Erbse und Ackerbohne mit Striegel sind ca. 90 €/ha weniger, als eine chemische Unkrautbekämpfung.
  • Im Sojaanbau verteuert sich das Verfahren aufgrund des Hackeinsatzes um knapp 60 €/ha gegenüber dem Herbizideinsatz. Der Deckungsbeitrag Soja-ÖVF verringert sich damit im Vergleich zum Standard um ca. 60 €/ha (bei gleichem Ertrag).
  • Der Arbeitsaufwand reduziert sich in den Beispielen durch die überbetriebliche mechanische Unkrautregulierung um 0,4-0,5 Akh/ha.

Wie rechnen sich Alternativen mit ÖVF-Flächen?

Wie sind die Leguminosen-ÖVF im Vergleich zu Brache und Zwischenfrucht zu bewerten? Abbildung 1 stellt die Kosten pro Hektar ÖVF für Brache, Zwischenfrucht und Leguminosen-ÖVF in Abhängigkeit vom möglichen Ertragsrückgang der Leguminosen gegenüber dem Standardanbau mit chemischer Unkrautregulierung dar. Unterstellt wird, dass die Leguminose weiterhin angebaut werden soll. Die Frage, ob sich der Leguminosenanbau für den Betrieb grundsätzlich rechnet, wird an dieser Stelle nicht behandelt. Der Gewichtungsfaktor für Leguminosen wurde zum 1.1.2018 von 0,7 auf 1,0 angehoben und ist in der Berechnung berücksichtigt. Aufgrund des geringeren Gewichtungsfaktors von Zwischenfrüchten (0,3) muss im Vergleich ein Anbau von 3,33 ha berücksichtigt werden. Der Vergleich zeigt folgendes:
  • Erbsen und Ackerbohnen auf ÖVF einen Ertragsrückgang von ca. 5 dt/ha gegenüber einem konventionellen Anbau kompensieren können und sich wesentlich kostengünstiger darstellen als die Alternativen Brache oder Zwischenfruchtanbau.
  • Das Verfahren Soja-ÖVF verursacht in dieser Kalkulation höhere Kosten als der konventionelle Soja-Anbau. Bei einem Ertragsrückgang von 5-6 bzw. 8-9 dt/ha fallen ähnliche Kosten wie bei Brache- bzw. Zwischenfrucht-ÖVF an.
  • Für den Zwischenfruchtanbau ist im Vergleich zu Leguminosen, aufgrund des höheren Flächenbedarfs, deutlich mehr Arbeitszeit einzuplanen.
Für die individuelle Planung sind die Kosten sowie das Risiko mechanischer Verfahren betriebsindividuell anzupassen bzw. abzuschätzen. Die Möglichkeit der KULAP-Förderung B45 „Vielgliedrige Fruchtfolge“ bei 10 % Ackerflächenanteil großkörnigen Leguminosen mit 120 €/Hektar sollte dabei mit bedacht werden. Neu seit 2018 ist zudem die Möglichkeit, Körnerleguminosen-Getreide-Gemenge ohne chemischen Pflanzenschutz als ÖVF anerkennen zu lassen.
Abbildung 1: Kosten ökologischer Vorrangflächen im Vergleich

Abbildung 1: Kosten ökologischer Vorrangflächen im Vergleich

Zusammenfassung und Empfehlungen

Die Kalkulationen zeigen, dass Leguminosen auch ohne chemischen Pflanzenschutzmittel erfolgreich angebaut werden können. Dabei ist auf eine standortgerechte und effektive Unkrautbekämpfung mit dem Einsatz von Striegel und Hackgerät zu achten. Ökonomisch betrachtet sind Ackerbohnen und Futtererbsen dabei sicherer als der Soja-Anbau, da relative Ertragsrückgänge gegenüber eine konventionellen Produktion mit den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln noch bis zu einen Verlust von 5-6 dt/ha kompensiert werden.
Beim Sojaanbau sollte allerdings nichts schief gehen. Voraussetzung hierfür sind eine Anbaufläche mit einem geringen Unkrautdruck, die frei von problematischen Wurzelunkräuter sind. Dies gilt sowohl für die chemische, als auch für die rein mechanische Unkrautbekämpfung. Die eigentliche Herausforderung ist der professionelle Einsatz von Striegel und Hacke. Hierfür ist die Kooperation mit einem benachbarten Ökobetrieb, der über die Maschinen sowie eine langjährige Erfahrung verfügt unverzichtbar. Einzelne Versuche haben bereits bewiesen, dass die standortspezifische Ertragsleistung bei rein mechanischer Unkrautbekämpfung nicht geringer sein muss, als beim Einsatz von Herbiziden. Die positiven Nebeneffekte der mechanischen Unkrautregulierung und der nicht vorhandene Herbizidstress für die Kultur sind dabei nicht zu vernachlässigen.

Fazit

Wenn eine Zusammenarbeit mit einen benachbarten Ökobetrieb möglich ist, der die mechanische Unkrautbekämpfung übernimmt und beherrscht, ist der Anbau von Leguminosen auf ÖVF durchaus umsetzbar, und ein aktiver Beitrag für einen umweltfreundlichen Pflanzenbau.
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