Pressemitteilung - 20. Oktober 2017
„Give peas a chance“ – Potenziale und Perspektiven für heimisches Eiweiß

In Anlehnung an das berühmte Zitat warb ein Experte der LfL-Jahrestagung für Erbsen als regionale Eiweißquelle in der menschlichen Ernährung. Heimisches Eiweiß bietet Potenziale und Perspektiven für die bayerische Landwirtschaft – genau diese Botschaft nahmen die gut 180 Besucher der Jahrestagung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gestern im Kloster Plankstetten mit. Im Rahmen der im Jahr 2011 gestarteten „Bayerischen Eiweißinitiative“ entstanden viele der dargestellten Ergebnisse, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Praxis die vorhanden Potenziale umsetzen kann. Doch es sind zweifelsfrei noch Herausforderungen zu meistern: Da ist beispielsweise die Ertragsunsicherheit bei Ackerbohnen ebenso ein Thema wie die Unkrautregulierung bei Sojabohnen. Oder die Testreihen für Kekse oder Nudeln aus Erbsenkomponenten, um den Geschmack der Verbraucher zu treffen. Die Referenten aus Forschung und Praxis, der verarbeitenden Industrie und von Verbänden zeigten praxisreife Lösungen und diskutierten die offenen Fragen. Darüber hinaus zeigte sich deutlich, dass die Perspektiven der heimischen Eiweißerzeugung von der Beteiligung aller Akteure in der Wertschöpfungskette abhängig sind. Am Milchmarkt spricht alles dafür, dass die Fütterung ohne Gentechnik und mit heimischen Eiweißkomponenten sich durchsetzt. Dieser Trend scheint auch auf den Markt für Rindfleisch auszustrahlen. Oder anders gesagt, wer in der Milcherzeugung auf eine Fütterung ohne Gentechnik setzt, sollte diese auch für die Vermarktung seines Rindfleischs nutzen und die Fütterung konsequent umstellen und dokumentieren.

Jakob Opperer, Präsident der LfL, eröffnete die traditionelle LfL-Jahrestagung, die sich an alle interessierten Landwirte, Beratungskräfte und Fachleute aus der Land-, Ernährungs- und Futtermittelwirtschaft richtet. In seinem Referat unterstrich der Amtschef des bayrischen Landwirtschaftsministeriums Hubert Bittlmayer, die Vorreiterrolle Bayerns im Hinblick auf eine heimische Eiweißversorgung und bezeichnete die LfL als Motor, der die Eiweißstrategie antreibt. Er wies auf die Aktivitäten und Erfolge der „Bayerischen Eiweißstrategie“ hin, vor allem auch durch die Beteiligung der Landwirtschaftsämter und der Landwirte. Die Erfolge zeigen sich unter anderem in einer deutlichen Flächenausweitung des Sojaanbaus sowie in einer Einsparung von Soja in der Fütterung um etwa ein Drittel in den letzten Jahren. Neben dem ökologischen Nutzen erfüllen heimische Eiweißprodukte gleichzeitig Verbraucherwünsche im Hinblick auf regionale Produkte ohne Gentechnik. Für die weitere Entwicklung sei unter anderem die Entwicklung von Wertschöpfungsketten mit allen beteiligten Akteuren entscheidend.

Eine weitere Reduktion des Importbedarfes an Eiweißfutter sei realistisch, bedürfe aber Anstrengungen im Futterbau, im Anbau und in der Bündelung von Leguminosen sowie in der Fütterung, so Dr. Robert Schätzl (LfL), der einen Überblick zum Eiweiß aus heimischer Erzeugung gab. Das Thema betreffe Landwirte sowie die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche ebenso wie Berater und Forscher. Insbesondere aufgrund der großen Nachfrage nach Produkten ohne Gentechnik stünden die Chancen für eine weitergehende Umstellung auf heimische Eiweißträger und Eiweißträger aus europäischer Erzeugung derzeit gut, so Schätzl weiter.

Erfahrungen im Leguminosenanbau aus der Sicht des Versuchswesens einerseits und der eines Praxisbetriebes andererseits stellten Alois Aigner (LfL) und Marc Büchner (AP „Elsteraue“ GmbH & Co. KG) dar. Alois Aigner präsentierte Ergebnisse der langjährigen Erbsen-, Ackerbohnen und Sojaversuche. Die deutliche Ertragsunsicherheit, insbesondere bei Ackerbohnen, sei auf die zu geringen Fruchtfolgeabstände und widrige Witterungsbedingungen zurückzuführen. Sojabohnen zeigten sich ertragsstabiler, wobei Alois Aigner als entscheidende Erfolgsfaktoren eine für den Standort angepasste Sorte, eine gelungene Saatgutimpfung und die Unkrautbekämpfung nannte.

Im Bereich der Tierernährung stellte Dr. Hubert Schuster (LfL) fest, dass unter Ausnutzung aller Potenziale der vorhandenen Eiweißfuttermittel in der Milchviehfütterung auf Import-Soja verzichtet werden könne. Dabei sei der wichtigste heimische Eiweißlieferant das wirtschaftseigene Futter, speziell das Grünfutter. Eine nährstoffeffiziente Schweinefütterung mit heimischen Eiweißträgern ist laut Dr. Wolfgang Preißinger (LfL) grundsätzlich möglich. Voraussetzung dafür sei die genaue Kenntnis der Inhaltsstoffe, die Futteruntersuchungen unumgänglich mache. Er betonte die Bedeutung einer abgestimmten Kombination aus freien Aminosäuren und heimischen Eiweißträgern. Sowohl Dr. Schuster als auch Dr. Preißinger verwiesen auf die Notwendigkeit, betriebsindividuelle Lösungen zu entwickeln und dabei neben der Effizienz die Wirtschaftlichkeit im Blick zu haben.

Zum Thema Wertschöpfungsketten von Produkten ohne Gentechnik äußerten sich Ludwig Huber (Genossenschaftsverband Bayern e. V.) im Bereich der Milchwirtschaft und Rolf Michelberger (Ulmer Fleisch) im Bereich der Fleischproduktion. Mit zunehmender Differenzierung von Milchprodukten bestehe die Chance auf eine höhere Wertschöpfung und damit höhere Milchauszahlungspreise, so Huber. Andererseits stiegen mit den Vorgaben zur Fütterung die Anforderungen an die Milcherfassung, die Verarbeitung und die Vermarktung der daraus hergestellten Produkte. Die Milcherzeugung ohne Einsatz von gentechnisch verändertem Futter zeige, wie schnell aus einer Produktion mit höheren Anforderungen letztendlich ein Standard werde, dem sich kein Anbieter von Milchprodukten mehr entziehen kann. Die Dominanz des deutschen Lebensmitteleinzelhandels (LEH) und der dort bestehende intensive Wettbewerb würden den Trend zu differenzierten Milchprodukten hoch halten. Nach der ersten Honorierung besonderer Auflagen, wie ohne Gentechnik oder mehr Tierwohl, durch Zuschläge werden die höheren Anforderungen zum Standard und eine langfristig höhere Wertschöpfung für Milcherzeuger und Molkereien ist nicht mehr zu erwarten. Inwiefern sich ein vergleichbarer Trend am Fleischmarkt im Bereich Schwein abzeichnen wird, ist offen.

Erfolge und Forschungsbedarf im Bereich Sojazüchtung, Leguminosenmüdigkeit sowie Erbsen in der Humanernährung zeigten vier Kurzpräsentationen. Das praxisbezogene Konzept des Beratungsprojektes „Grünland Bayern“, an dem die LfL, das Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e. V. (LKP) und das Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV) beteiligt sind, kann als ein gelungener Ansatz zur verbesserten Nutzung von Eiweiß vom Grünland betrachtet werden. Neben dem umfangreichen Vortragsprogramm bot die Tagung Gelegenheit zur Diskussion mit den Referenten und zum Austausch mit Berufskollegen.

Gruppenfoto

Die Referenten der LfL-Jahrestagung zum Thema Heimisches Eiweiß, von links: Dr. Michael Diepolder (LfL), Dr. Hubert Schuster (LfL), Dr. Wolfgang Preißinger (LfL), Alois Aigner (LfL), Marc Büchner (Agrarproduktion „Elsteraue“), Dr. Hubert Spiekers (LfL), Ulrich Keymer (LfL), Prof. Dr. Sascha Rohn (Universität Hamburg), Dr. Joachim Eder (LfL), Dr. Peer Urbatzka (LfL), Ludwig Huber (Genossenschaftsverband Bayern e.V.)

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Menschen in einem Raum, alle sitzen und blicken nach vorne

Blick ins Auditorium der LfL-Jahrestagung im Kloster Plankstetten

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