Forschungs- und Innovationsprojekt
Untersuchungen zur tiergerechten Kaninchenmast

Die Haltungsbedingungen von Kaninchen haben sich innerhalb der letzten 20 Jahre rasant entwickelt. Dabei wurde von extensiver Haltung von Kleinbeständen zu intensiven Haltungsbedingungen übergegangen. Untersuchungen zur Optimierung der Haltungsbedingungen in Käfig sowie auch bei der Bodenhaltung dienen der Erarbeitung einer Beratungsempfehlung zur tiergerechten Kaninchenmast unter besonderen Berücksichtigung von Verhalten, Tierschutz, Wirtschaftlichkeit und Gesundheit der Tiere.

1. Einleitung und Zielsetzung

Die Kaninchenhaltung hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte intensiv entwickelt. Das meist verbreitete Haltungsverfahren in der kommerziellen Kaninchenmast ist die konventionelle Käfighaltung, die sich vor allem aus arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Gründen durchgesetzt hat. Die intensive Käfighaltung von Mastkaninchen wird von Seiten des Tierschutzes zunehmend kritisch betrachtet. Die Ansprüche der Kaninchen hinsichtlich Stallklima, Beleuchtung, Fläche und Bodenart stellen die Basis für die Gestaltung der Haltungsbedingungen dar. Das Verhalten wird maßgeblich vom Haltungsverfahren bestimmt und kann zur Bewertung der Tiergerechtheit herangezogen werden. Die wichtigsten Faktoren, die das Verhalten beeinflussen, sind Platzangebot je Tier, Strukturierung (Funktionsbereiche, Einrichtungselemente) und die Bodengestaltung. Die Hauptprobleme bei der konventionellen Käfighaltung stellen vor allem die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, die Bodengestaltung, insbesondere Drahtgitter, und die mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten dar (BESSEI, 2005).
Durch eine Vergrößerung der Fläche pro Tier können die Bewegungsmöglichkeiten der Kaninchen verbessert werden. Mit einer Erhöhung der Gruppengröße nimmt jedoch auch die Anzahl von aggressiven Auseinandersetzungen, die zu Verletzungen führen, insbesondere bei den männlichen Tieren mit Beginn der Geschlechtsreife, zu. Daraus ergibt sich die Frage, bei welcher Fläche und Gruppengröße und bei welchen Strukturierungen aggressionsbedingte Schäden minimiert und eine reizreiche Umwelt geschaffen werden kann. Dabei soll ein Kompromiss zwischen Bewegungsfreiheit und aggressionsbedingten Schäden angestrebt werden.
Die durchgeführten Untersuchungen sollen zur Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen und der Tiergesundheit bei der Kaninchenmast beitragen. Die Erkenntnisse sollen in Veröffentlichungen und auf Tagungen verbreitet und in die Diskussion um neue Haltungsvorschriften für Mastkaninchen einbezogen werden.
Das Forschungsprojekt "Tiergerechte Haltung von Mastkaninchen" wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz und vom Ministerium für Landwirtschaft und Forsten finanziell unterstützt. Das Forschungsprojekt wurde in enger Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart-Hohenheim Fachgebiet Nutztierethologie und Kleintierzucht durchgeführt.

2. Versuchstiere, Material und Methoden

Genauere Informationen zu Versuchstiere, Material und Methoden

Die Durchführung der Versuche erfolgte im Kaninchenzucht- und Maststall des Lehr-, Versuchs- und Fachzentrums für Geflügel und Kleintierhaltung in Kitzingen. In vier Versuchen wurden insgesamt 1349 ZIKA-Hybridkaninchen in verschiedenen Haltungssystemen untergebracht. Die Beurteilung der Haltungsvarianten erfolgte anhand ethologischer, physiologischer und klinischer Parameter, sowie der Mastleistung.

2.1 Versuchstiere

Kennzeichnung der Tiere mittels Ohrmarken mit TranspondernZoombild vorhanden

Abb. 1: Kennzeichnung der Tiere mittels Ohrmarken mit Transpondern

Die eingestallten Mastkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. domestica) waren ZIKA-Hybridkaninchen. Die Tiere wurden in einer konventionellen Käfighaltung geboren und aufgezogen. Im Alter von 27 bis 34 Lebenstagen wurden sie abgesetzt und auf dem Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum in Kitzingen in verschiedenen Haltungsvarianten zufällig verteilt. Die Kennzeichnung der Tiere mittels Ohrmarken mit Transpondern erfolgte im Versuch 1 und 2 bei der Einstallung und im Versuch 3 und 4 zwei Wochen nach der Einstallung bei der zweiten Wiegung. Die Ohrmarken mit Transpondern wurden in die linke Ohrmuschel angebracht (Abb. 1).

2.2 Haltungsverfahren

Käfig mit erhöhter EbeneZoombild vorhanden

Abb. 2: Käfig mit erhöhter Ebene

Käfighaltung
Abmessungen und Einrichtungselemente der Käfiganlage

Grundanlage (Tiefe x Breite x Höhe): 70 cm x 50 cm x 60 cm
verfügbare Grundfläche: 3300 cm²
Zwischendeck (Erhöhte Ebene): 50 cm x 30 cm, 1500 cm²

Bodengestaltung (Grundfläche und erhöhte Ebene):
vollperforierter Kunststoffboden (Versuch 1 - 4)
Bodenhaltung
Abmessungen und Einrichtungselemente der Bodenabteile
· Grundanlage (Tiefe x Breite x Höhe): 200 cm x 125 cm x 123 cm, nach oben offen
· verfügbare Grundfläche: 24200 cm²
· Erhöhte Ebenen: 6400 cm² (2x 80 cm x 40 cm)

Bodengestaltung: vollperforierter Kunststoffboden, MIK – Mastrost Trapper

Bodenhaltung mit vollperforiertem Kunststoffboden, rechts teilperforiert, 40 % der Grundfläche eingestreut

Abb. 3: Bodenhaltung mit vollperforiertem Kunststoffboden, rechts teilperforiert, 40 % der Grundfläche eingestreut

Die Grundfläche der Bodenabteile mit Stroheinstreu wurde in zwei Funktionsbereiche gegliedert, in vollperforierten und in eingestreuten Bereich (40% der verfügbaren Grundfläche).

2.3 Wasserversorgung und Fütterung

Die Wasserversorgung und Fütterung erfolgte über den gesamten Versuchszeitraum ad libitum. Die Wasserversorgung wurde über das Tränksystem mit Nippeltränken aus Edelstahl gewährleistet. Je Käfigreihe war ein Wassertank (40 l) mit Schwimmer und einem Kunststoffnippelrohr mit Abdeckung der Kunststoffteile vorhanden. Für die Bodenabteile wurden ein Wassertank (110 l, Versuch 1 40 l) und ein Kunststoffnippelrohr eingerichtet. Je Käfig waren 2 und je Bodenabteil 6 - 7 Edelstahlnippel vorhanden. Zum Trinkwasser wurden in den Versuchen 3 und 4 modifizierte organische Säuren bei einer Dosierung von 1 l Muskator pH-control/1000 l Trinkwasser vorgemischt.

Für die Fütterung wurden Futterautomaten aus verzinktem Blech mit den Böden mit speziellen Langlochschlitzen verwendet. Je Käfig stand den Tieren ein Futterautomat (innenliegend) und je Bodenabteil vier Futterautomaten (innenliegend) zur Verfügung. Die Fressplatzbreite je Futterautomat betrug 18 cm und die Fassungsvermögen 4 kg (Käfighaltung) bzw. 5,5 kg (Bodenhaltung). Das Tier-Fressplatz-Verhältnis betrug im ersten Versuch in beiden Haltungsverfahren 1 : 4 und in Versuchen 2 bis 4 1 : 4 in der Käfighaltung und 1:6 in der Bodenhaltung.

2.4 Strukturierung und Beschäftigungsmöglichkeiten

In den durchgeführten Versuchen wurden verschiedene Strukturierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten getestet. Diese waren bei den Versuchen unterschiedlich. Zur Strukturierung waren in den Käfigen (außer 12 Käfige im Versuch 2) und in den Bodenabteilen erhöhte Ebenen vorhanden. Diese waren 25 cm hoch angebracht und ermöglichten den Tieren die dritte Dimension zu nutzen und konnten darüber hinaus als Unterschlupf benutzt werden. Die Strohraufen wurden in Versuchen 3 und 4 eingesetzt. Das Stroh wurde den Tieren täglich zur Verfügung gestellt. Je Käfig bzw. Bodenabteil war eine Strohraufe vorhanden. Die Auswirkungen der Stroheinstreu wurden in Versuchen 1 bis 3 getestet. Nachgestreut wurde nach Bedarf.

2.5 Stallklima und Beleuchtung

Die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchte wurden kontinuierlich auf der Tierhöhe über den gesamten Versuchszeitraum mit elektronischen Hygrothermographen registriert.
Für die Stallbeleuchtung sorgte ein Lichtprogramm, das von 7:00 bis 23:00 Uhr gefahren wurde (Lichtrhythmus: 16 Std. Lichtphase, 8 Std. Dunkelphase). Zusätzlich zum Kunstlicht sorgte Tageslichteinfall für die Stallbeleuchtung.

2.6 Entmistung

Rundumkotband für die Entmistung in der BodenhaltungZoombild vorhanden

Abb. 6: Rundumkotband für die Entmistung in der Bodenhaltung

Die Entmistung erfolgte sowohl in der Käfig- als auch in der Bodenhaltung mithilfe eines Rundumkotbandes. Dieses hatte bei der Käfiganlage eine seitliche Urin-Abflussrinne.

In der Bodenhaltung wurde das Rundumkotband der Fa. Big Dutchman eingebaut und so die Entmistung auch in der Bodenhaltung automatisiert.

Der eingestreute Bereich der Bodenabteile mit Stroheinstreu wurde von Hand ausgemistet.

3 Ergebnisse

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden vier Versuche zur Beurteilung und Weiterentwicklung von Haltungsverfahren für Mastkaninchen durchgeführt. Für die Untersuchungen wurden 1349 ZIKA–Hybridkaninchen genutzt, welche im Alter von vier bis fünf Wochen abgesetzt und zufällig in die verschiedenen Haltungsvarianten eingestallt wurden. In den Käfigen wurden vier Tiere bei einer Besatzdichte von 1200 cm² und in den Bodenabteilen 24 Tiere bei einer Besatzdichte von 1270 cm² gehalten. Erhöhte Ebenen, Stroh als Einstreu bzw. in Strohraufen sowie Knabberhölzer wurden zur Strukturierung und als Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten.
Zur Beurteilung der Haltungsvarianten wurden das Verhalten, physiologische und klinische Parameter, die Verschmutzung der Tiere und die Mastleistungen erfasst. Die Daten wurden mittels Varianzanalyse und nichtparametrischer Tests ausgewertet.

Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen

3.1 Mast- und Schlachtleistung

Die Kaninchen erreichten in den vier Versuchen ein durchschnittliches Körpergewicht von 2950 g mit einem Alter von 87 Tagen. Die Zunahme lag im Mittel bei 33 g je Tier und Tag und die Futterverwertung bei 3,48. Im Versuch 1 erreichten die Tiere im Alter von 89 Lebenstagen eine durchschnittliche Körpermasse (KM) von 3054 g bei einer Futterverwertung (FV) von 3,47. Die größte Zunahme der KM mit durchschnittlich 3144 g erreichten die Tiere in der Bodenhaltung auf vollperforiertem Boden. Beim Futterverbrauch und bei der Futterverwertung wurden in den verschiedenen Haltungsverfahren keine Unterschiede festgestellt.
Im Versuch 2 erreichten die Tiere im Alter von 83 Lebenstagen bei einer FV von 3,40 eine durchschnittliche KM von 2644 g. Mit durchschnittlich 2785 g erreichten die Tiere in der Käfighaltung ohne erhöhte Ebene die größte KM . Es ergaben sich signifikante Unterschiede der Masttagszunahmen (MTZ) zwischen Käfighaltung ohne erhöhte Ebene und in der Bodenhaltung auf vollperforiertem Boden sowie in der Bodenhaltung mit Stroheinstreu. Die FV war in der Käfighaltung ohne erhöhte Ebene mit 3,33 am besten. Beim Futterverbrauch und bei der FV wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt.
Körpergewicht am Mastende bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)Zoombild vorhanden

Abb. 7: Körpergewicht (g) am Mastende bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)

Im Versuch 3 erreichten die Tiere im Alter von 87 Lebenstagen eine durchschnittliche KM von 3104 g bei einer Futterverwertung (FV) von 3,51. Die MTZ betrug 41 g/Tier und Tag.

Die Tiere in der Käfighaltung ohne Stroh erreichten mit 3187 g die größte KM und mit 43 g/Tier und Tag die größte MTZ (Abb. 7). Sie unterschieden sich signifikant von den Tieren in der Käfighaltung mit Strohraufe und in der Bodenhaltung mit Stroheinstreu.
Futterverwertung (kg/kg) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch3)Zoombild vorhanden

Abb. 8: Futterverwertung (kg/kg) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)

Die Tiere in der Käfighaltung ohne Strohraufe verzehrten täglich signifikant mehr Alleinfutter als die Tiere in der Käfighaltung mit Strohraufe und in der Bodenhaltung mit Stroheinstreu. Die FV war in der Käfighaltung ohne Stroh mit 3,49 am besten. In der Bodenhaltung mit Stroheinstreu war die FV mit 3,55 am schlechtesten. Die Unterschiede waren nicht signifikant (Abb. 8).
In den Gruppen mit Strohangebot nahmen die Kaninchen auch Stroh als Futter auf. Damit verringerte sich die Aufnahme von Mischfutter, was zu geringeren Masttagszunahmen führte.
Im Versuch 4 erreichten die Kaninchen im Alter von 89 Lebenstagen eine durchschnittliche Körpermasse von 3033 g bei einer durchschnittlichen Futterverwertung von 3,56. Die mittlere MTZ betrug 38g je Tag. Das Wachstum der Tiere wurde durch die Haltung, die Gruppenzusammensetzung und das Geschlecht nicht beeinflusst. Die Körpermasse und die Masttagszunahmen waren in den gemischtgeschlechtlichen Gruppen in der Bodenhaltung tendenziell geringer. Die Differenzen waren aber nicht abzusichern.
Anteil Rücken (%) am Schlachtkörper bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)Zoombild vorhanden

Abb. 9: Anteil Rücken (%) am Schlachtkörper bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)

Die Schlachtkörperzusammensetzung war nicht durch die Haltungsvarianten beeinflusst. Es zeigten sich tendenziell höhere Rücken- und Schenkelfleischanteile bei der Bodenhaltung (Abb. 9).
Die Mastendgewichte und täglichen Zunahmen differierten in den einzelnen Versuchen. Insgesamt konnte kein Effekt der Haltung (Käfig- zu Bodenhaltung) festgestellt werden. Die Kaninchen wiesen in der Käfig- als auch in der Bodenhaltung die gleichen Zunahmen auf. Bei den Versuchsgruppen mit Zugang zu Stroh über Strohraufen oder auf dem Boden hatten die Kaninchen geringere Zunahmen und geringere Mastendgewichte.

Die Haltung von Kaninchen in gemischtgeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Gruppen hatte keinen Einfluss auf die Körpermasse und die täglichen Zunahmen der Tiere.

Die Futterverwertung wurde durch die Haltung nicht beeinflusst. Auch bei der Haltung der Kaninchen in gemischtgeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Gruppen traten keine Differenzen auf.

Die Schlachtleistung wurde durch die Versuchsbedingungen nicht beeinflusst. Die Bodenhaltung hatte keinen negativen, eher einen tendenziell positiven Einfluss auf die Ausschlachtungsergebnisse.

3.2 Mortalität und Verletzungen

Mortalität (%) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)Zoombild vorhanden

Abb. 10: Mortalität (%) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)

Die Mortalität war in den Versuchen 1 und 2 hoch und lag über 20 %. Als wichtigste Erkrankungs- und Todesursachen wurden, unabhängig von der Haltungsvariante, vor allem Lungen- und Darmentzündungen diagnostiziert.
Die Verluste waren bei den Versuchen 3 und 4 niedriger. Im Versuch 3 lagen diese bei 0 – 3% (Abb. 10) und im Versuch 4 bei 6 – 15%.
Zwischen den getesteten Haltungsvarianten konnten hinsichtlich der Verluste keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die Mortalität wurde unabhängig von der Haltungsvariante durch den Einsatz von Kokzidiostatika beeinflusst. In den Versuchen 1 und 2 wurde das Futter ohne Kokzidiostatikum verabreicht. In Versuchen 3 und 4 erhielten die Tiere Absetzfutter, das in beiden Versuchen ein Kokzidiostatikum enthielt. Ausschließlich im Versuch 3 enthielt auch das Mastfutter ein Kokzidiostatikum, was 5 Tage vor dem Schlachten abgesetzt wurde.
Bei den klinischen Untersuchungen wurde die Auswirkung der Verletzungen auf den Gesundheitszustand bewertet. Dabei wurde der Anteil der Kaninchen mit Biss- und Kratzwunden erfasst. Verletzungen traten im Versuch 1 am häufigsten bei den Tieren in der Käfighaltung auf. In der Käfighaltung wiesen 23,8 % der Tiere Verletzungen auf. In der Bodenhaltung auf vollperforiertem Kunststoffboden waren 10,8 % und in der Bodenhaltung mit Stroheinstreu 6,2 % der Tiere verletzt. Geschlechtsspezifisch waren im Allgemeinen mehr männliche als weibliche Tiere verletzt. Im Versuch 1 traten in der Bodenhaltung auf vollperforiertem Kunststoffboden Biss- und Kratzverletzungen häufiger bei den weiblichen Tieren auf.

Zum Mastende wurden im Versuch 2 bei der Käfighaltung 25,7 % der Tiere und in der Bodenhaltung 26,7 % der Tiere mit Verletzungen diagnostiziert. Der größte Anteil verletzter Tiere wurde mit 32,6 % in der Käfighaltung ohne erhöhte Ebene und der kleinste Anteil mit 18,7 % verletzter Tiere in der Käfighaltung mit erhöhter Ebene festgestellt. In der Bodenhaltung auf vollperforiertem Kunststoffboden traten Verletzungen bei 30,0 % der Tiere und in der Bodenhaltung mit Stroheinstreu bei 23,4 % der Tiere auf. Der Einfluss der Haltungsvarianten und des Geschlechtes auf den Anteil der verletzten Tiere war nicht signifikant. Die Verletzungen waren meist oberflächlich und nicht problematisch.
Anteil verletzter Kaninchen (Gesamt, %) bei gemischt- und gleichgeschlechtlichen Gruppen der Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 4) Zoombild vorhanden

Abb. 11: Anteil verletzter Kaninchen (Gesamt, %) bei gemischt- und gleichgeschlechtlichen Gruppen der Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 4)

Im Versuch 4 wurden getrenntgeschlechtliche und gemischtgeschlechtliche Gruppen in der Käfig- sowie Bodenhaltung verglichen. In der folgenden Abbildung wurden die Verletzungen der männlichen und weiblichen Tiere der getrenntgeschlechtlichen Gruppen zusammengeführt. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen der Bodenhaltung (Abb. 11).
Anteil der Tiere mit Verletzungen nach Geschlecht und Haltung
  mlwblgesamt
Käfighaltunggetrenntgeschlechtlich18,7 %6,3 %12,5 %
Käfighaltunggemischtgeschlechtlich17,2 %7,8 %13,0 %
Bodenhaltunggetrenntgeschlechtlich29,4 %1,5 %15,5 %
Bodenhaltunggemischtgeschlechtlich63,7 %13,7 %38,2 %
Die Verletzungen waren bei den männlichen Tieren der gemischtgeschlechtlichen Versuchsgruppen in der Bodenhaltung signifikant häufiger als bei allen anderen Tieren.

Die Tiere in den männlichen Versuchsgruppen in der Bodenhaltung waren signifikant häufiger verletzt als die Tiere in den weiblichen Versuchsgruppen in der Käfig- und Bodenhaltung und die weiblichen Tiere in den gemischtgeschlechtlichen Versuchsgruppen in der Käfighaltung.

Die männlichen Tiere der männlichen und gemischtgeschlechtlichen Versuchsgruppen in der Käfighaltung und die weiblichen Tiere der gemischtgeschlechtlichen Versuchsgruppen in der Bodenhaltung waren signifikant häufiger verletzt als die Tiere aus den weiblichen Versuchsgruppen in der Bodenhaltung.

3.3 Ethologische Parameter

Häufigkeit von Lokomotionen (Anzahl je Stunde) bei Käfig-und Bodenhaltung Zoombild vorhanden

Abb. 12: Häufigkeit von Lokomotionen (Anzahl je Stunde) bei Käfig-und Bodenhaltung

Die Verhaltensuntersuchungen im Versuch 2 und 3 zeigten, dass intensive Bewegungen im Käfig nur eingeschränkt und selten ausgeführt wurden. Die meisten Bewegungsabläufe im Käfig bestanden nur aus zwei bis drei Sprüngen. In der Bodenhaltung wurden häufiger das Hoppeln und Rennen mit mehreren schnellen oder sehr schnellen aufeinanderfolgenden Sprüngen beobachtet. Im Versuch 2 wurden signifikant häufiger Lokomotionen in den Bodenhaltungen festgestellt.

Die erhöhte Ebene im Käfig und die Stroheinstreu in der Bodenhaltung hatten keinen Effekt auf die lokomotorische Aktivität der Tiere (Abb. 12).
Häufigkeit von Lokomotionen (je Tier und Stunde) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3) Zoombild vorhanden

Abb. 13: Häufigkeit von Lokomotionen (je Tier und Stunde) bei Käfig- und Bodenhaltung (Versuch 3)

Im Versuch 3 wurden Kaninchen in der Käfighaltung mit und ohne Strohraufen und in den Bodenhaltungen mit Strohraufen und mit Stroheinstreu gehalten.

Die Häufigkeit lokomotorischer Aktivitäten erhöhte sich in der Käfighaltung mit Strohraufen gegenüber der Käfighaltung ohne Strohraufen.

Zwischen der Käfighaltung ohne Strohraufen und den Bodenhaltungsvarianten bestanden signifikante Unterschiede (Abb.13).
Häufigkeit von Scharren und Nagen (je Tier und Stunde) an Haltungsobjekten (Versuch 2) Zoombild vorhanden

Abb. 14: Häufigkeit von Scharren und Nagen (je Tier und Stunde) an Haltungsobjekten (Versuch 2)

Den Tieren in der Bodenhaltung stand mehr Bewegungsfläche zur Verfügung. Weiterhin hatten diese mehr Bewegungsanreize durch die Artgenossen.

Scharren und Nagen überwiegend am Käfiggitter und am Kunststoffboden waren die am häufigsten zu beobachtenden Verhaltensabweichungen im Versuch 2. Die Verhaltensabweichungen an diesen Haltungsobjekten wurden häufiger in der Käfighaltung beobachtet. Die Häufigkeit von Scharren und Nagen war bei der Käfighaltung mit erhöhter Ebene geringer als in der Käfighaltung ohne erhöhte Ebene.

Insgesamt ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen allen Haltungsvarianten (Abb. 14).
Häufigkeit von Scharren und Nagen (je Tier und Stunde) an Haltungsobjekten (Versuch 3) Zoombild vorhanden

Abb. 15: Häufigkeit von Scharren und Nagen (je Tier und Stunde) an Haltungsobjekten (Versuch 3)

Im Versuch 3 wurden Kaninchen in der Käfighaltung mit und ohne Strohraufen und in den Bodenhaltungen mit Strohraufen und mit Stroheinstreu gehalten. Hier waren deutliche Effekte bei den Verhaltensabweichungen beobachtet worden.

Durch den Einsatz von Strohraufen wurden in der Käfighaltung die Häufigkeiten von Verhaltensabweichungen signifikant verringert.

In der Käfighaltung ohne erhöhte Ebene zeigten die Tiere Verhaltens- abweichungen signifikant häufiger als in den anderen Varianten (Abb. 15).
Scharren und Nagen an Artgenossen ist eine weitere zu beobachtende Verhaltensabweichung. Diese Verhaltensabweichungen traten selten auf und wurden nicht durch die Haltungsbedingungen beeinflusst.
Ein Einfluss der Haltungsbedingungen auf die Häufigkeit aggressiver Auseinandersetzungen sowie die Häufigkeit des Sexualverhaltens konnte nicht ermittelt werden. Diese Verhaltensweisen wurden nur selten beobachtet.
Die erhöhten Ebenen wurden von den Kaninchen intensiv für Lokomotionen, aber auch zum Ruhen genutzt. Über die Beobachtungszeiträume hielten sich im Mittel 30 bis 43 % der Kaninchen auf den erhöhten Ebenen auf. Zu den Ruheperioden waren die erhöhten Ebenen zu 80 bis 90 % besetzt.
Das Verhalten der Kaninchen wurde durch die Haltungsbedingungen beeinflusst. Die lokomotorischen Aktivitäten waren in der Bodenhaltung erhöht. Insbesondere intensive Bewegungen wie Sprünge und Hakenschlagen konnten häufiger beobachtet werden. Die erhöhten Ebenen wirkten sich sowohl in der Käfighaltung als auch in den Bodenhaltungen positiv aus. Sie wurden zum Ruhen und zur Bewegung intensiv genutzt. Der Raum wurde durch die erhöhten Ebenen strukturiert. Verhaltensabweichungen, insbesondere Scharren und Nagen an Haltungsobjekten waren in der Bodenhaltung weniger häufig als in der Käfighaltung zu beobachten. Strohraufen erhöhten die Beschäftigung mit Stroh und das Fressen von Stroh. In der Käfighaltung wurde die Häufigkeit von Verhaltensabweichungen bei den Kaninchen durch Strohraufen verringert. Die Strohraufen in der Bodenhaltung hatten den gleichen Effekt wie Stroh als Stroheinstreu. Die Häufigkeiten von Lokomotionen, Beschäftigung mit Stroh und Scharren und Nagen an Haltungsobjekten waren bei der Bodenhaltung mit Stroheinstreu und vollperforiertem Boden mit Strohraufe auf gleichem Niveau.

3.4 Computertomographische Knochenparameter

Corticalisfläche (CA, mm²) des Oberschenkelknochens (Messstelle: Mitte) bei Käfig- und Bodenhaltung Zoombild vorhanden

Abb. 16: Corticalisfläche (CA, mm²) des Oberschenkelknochens (Messstelle: Mitte) bei Käfig- und Bodenhaltung

Im Versuch 2 hatten Mastkaninchen aus der Bodenhaltung gegenüber der Käfighaltung an der proximalen Messstelle des Oberschenkelknochens einen höheren Corticalisinhalt (CC) und ein größeres Flächenträgheitsmoment (SSI-X). In der Mitte des Oberschenkelknochens konnten noch deutlichere Effekte ermittelt werden. Der Gesamtinhalt des Knochens, die Corticalisfläche und die verschiedenen Flächenträgheitsmomente wiesen bei Tieren aus der Bodenhaltung höhere Werte auf als bei den Kaninchen aus der Käfighaltung. Die Corticalisfläche war bei den Kaninchen Käfigen mit erhöhter Ebene größer als bei den Kaninchen in Käfigen ohne erhöhte Ebene. Diese Differenz ließ sich jedoch nicht absichern (Abb. 16).
Durch die intensive Lokomotion wurden die Knochenbildungsprozesse bei den Tieren stimuliert.

Die computertomographischen Auswertungen der Knochen zeigten, dass sich die Haltungsbedingungen auf die Knochenbildungsprozesse positiv auswirkten. In der Bodenhaltung wurden höhere Werte einzelner Knochenparameter gefunden. Die intensiven Bewegungen hatten Einfluss auf die Knochenbildungsprozesse. Die erhöhten Ebenen der Käfighaltung beeinflussten verschiede Knochenparameter, jedoch waren keine gesicherten Effekte gegenüber der Käfighaltung ohne erhöhte Ebenen festzustellen.

3.5 Blutparameter

Das weiße und rote Blutbild wurde zur Bewertung des Gesundheitszustandes und der Vitalität der Kaninchen erfasst. Zusätzlich wurden die Immunglobuline im Blut zur Bestimmung der Abwehrlage der Kaninchen analysiert.
Die Auswertungen zeigten, dass geringe Effekte der Haltungssysteme vorlagen. Die Tiere der Käfig- als auch der Bodenhaltung unterschieden sich bei einzelnen Blutparametern. Es wurden jedoch keine Größenordnungen erreicht, die auf eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes schließen lassen.

4 Schlussfolgerungen

Bei der kommerziellen Kaninchenmast ist die Käfighaltung das dominierende Haltungsverfahren, das vor allem arbeitswirtschaftliche und hygienische Vorteile bietet. Die intensive Käfighaltung von Mastkaninchen wird von Seiten des Tierschutzes kritisch betrachtet. Die Hauptprobleme bei der konventionellen Käfighaltung stellen vor allem die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, die Bodengestaltung und die mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten der Tiere dar.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden vier Versuche zur Beurteilung und Weiterentwicklung von Haltungsverfahren für Mastkaninchen durchgeführt. Zur Beurteilung der Haltungsvarianten wurden das Verhalten, physiologische und klinische Parameter, die Verschmutzung der Tiere und die Mastleistungen erfasst.

Der Vergleich der Käfighaltung mit der Bodenhaltung zeigte, dass die Bewegungsaktivität der Kaninchen in der Käfighaltung eingeschränkt war. Durch erhöhte Ebenen und Strohraufen in den Käfigen konnten die Bewegungsaktivitäten der Tiere erhöht und die Verhaltensabweichungen verringert werden.

Die in den Versuchen entwickelte Bodenhaltung stellt mit einer Gruppengröße von 24 Tieren bei einer Besatzdichte von 1270 cm² je Tier ein alternatives Haltungsverfahren für die Kaninchenmast dar. Die erhöhten Ebenen in den Bodenhaltungsabteilen wurden von den Tieren intensiv zum Ruhen und zur Bewegung genutzt und strukturierten den Raum. Ein teilperforierter Boden mit Stroheinstreu hatte einen positiven Einfluss auf die Bewegungsaktivität der Kaninchen. Jedoch können damit hygienische Probleme verbunden sein. Eine weitere Möglichkeit der Bodengestaltung stellt ein vollperforierter Boden dar. Dieser sollte zur Umweltanreicherung mit Beschäftigungsmöglichkeiten kombiniert werden. Beschäftigungsmöglichkeiten (Stroh in Strohraufen und Knabberhölzer) aktivierten die Tiere und reduzierten die Verhaltensabweichungen.

Die täglichen Zunahmen, die Mastendgewichte und die Ausschlachtungsergebnisse waren in der Käfig- und Bodenhaltung gleich. Das Fressen von Stroh aus Strohraufen und vom Boden führte zu geringeren Zunahmen und Mastendgewichten.

Die Mortalität und die Anzahl von Tieren mit Verletzungen waren in der Bodenhaltung nicht erhöht. Der Einsatz von Kokzidiostatika ist in der Mast notwendig, wird darauf verzichtet, steigen die Verluste bei den Kaninchen.

Eine getrenntgeschlechtliche Mast zeigte bei der Bodenhaltung positive Effekte. Die Anzahl verletzter Tiere war sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Tieren geringer. In Bodenhaltungen sollte die getrenntgeschlechtliche Mast angewendet werden.

Die Kaninchen der Bodenhaltungen wiesen bei einzelnen Knochenparametern erhöhte Werte auf. Die Knochenbildungsprozesse wurden durch die intensiven Bewegungen aktiviert. Die Blutuntersuchungen zeigten nur geringe Haltungseffekte.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass das neu entwickelte Bodenhaltungssystem für Mastkaninchen tiergerecht und praktikabel ist und der Einsatz in Praxisbetrieben getestet werden kann.
Projektinformationen
Projektleitung: Prof. K. Reiter, Dr. K. Damme
Projektbearbeitung: A. Toplak
Laufzeit: 2003 - 2006
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/04/15