Getreide GPS – Sortenberatung Grünroggen
Grünroggen als Zwischenfrucht mit Biogaspotential
Seit Jahren wird an alternativen Energiepflanzen geforscht, damit die Substratproduktion nicht nur auf einer bzw. wenigen Kulturen basiert, sondern ein breites Spektrum angeboten werden kann. Getreide, geerntet als Ganzpflanzensilage (Getreide-GPS), hat sich dabei bereits als wertvolles Fruchtfolgeglied etabliert.
Hintergrund
Hinsichtlich der Getreide-GPS Nutzung als Biogassubstrat sind die Kulturen Wintertriticale und Winterroggen besonders in den Fokus gerückt. Bestimmte Winterroggensorten eignen sich dabei auch zum Anbau als Winterzwischenfrucht. Die größten Unterschiede dieser als Grünroggen oder Grünschnittroggen bezeichneten Sorten gegenüber herkömmlichen Roggensorten liegen dabei in dem früher einsetzenden Massenwachstum und der damit verbundenen stärkeren Jugendentwicklung sowie der größeren Wuchslänge. Durch diese Eigenschaften steht bereits zeitig im Frühjahr hohes Biomassepotential zur Verfügung. Da eine geringere Standfestigkeit und ein niedrigerer Kornertrag ebenso zu den Merkmalen des Grünroggens zählen, sollte dieser nach dem starken Jugendwachstum als Ganzpflanzensilage geerntet werden. Die Ernte erfolgt im Pflanzenstadium des Ährenschiebens, also meist Ende April bis Anfang Mai. Demzufolge räumt Grünroggen sehr früh das Feld und beeinträchtigt damit den nachfolgenden Hauptfruchtanbau nur wenig. So erreicht beispielsweise Silomais nach Grünroggen im Mittel 80 % des Ertrages gegenüber Mais in Hauptfruchtstellung. Mit einem Potential von 50 – 80 dt TM/ha kann der Grünroggen diese Ertragseinbußen nicht nur ausgleichen, sondern sogar ein Ertragsplus erzeugen. Durch die noch niedrigen Trockensubstanz (TS) – Gehalte im Frühjahr kann Grünroggen nicht aus dem Stand geerntet werden, sondern muss zuvor angewelkt werden. Aufgrund dieses Ernteverfahrens und den Saat- und Erntezeitpunkten zählt Grünroggen zur Gruppe der Zwischenfrüchte.
Aus pflanzenbaulicher Sicht ist der Anbau von Grünroggen mit vielfältigen Vorteilen verbunden. So werden Nährstoffe beispielsweise bereits vor der Winterruhe aus dem Boden aufgenommen. Der Nährstoffentzug verstärkt sich gleich zu Beginn der Vegetation im Frühjahr nochmal deutlich, wodurch einer Nährstoffauswaschung entgegengewirkt wird. Ebenfalls vor der Winterruhe entsteht eine ganzheitliche Bodenbedeckung durch das Getreide. Dadurch können vor allem in Wintern mit starkem Bodenfrost im hängigem Gelände Bodenerosionen vermieden werden.
Neben diesen pflanzenbaulichen Vorteilen ist für die Wirtschaftlichkeit der effiziente Anbau des Getreides von zentraler Bedeutung. Als ökonomische Größe gilt im Biogasbereich der flächenbezogene Methanertrag. Dabei spielt der Trockenmasse (TM) - Ertrag und die spezifische Methanausbeute eine entscheidende Rolle. Versuche an der LfL haben gezeigt, dass die spezifischen Methausausbeuten der unterschiedlichen Getreidearten und -sorten keine signifikanten Unterschiede aufweisen. Im Gegensatz dazu ist der TM-Ertrag über die Arten- und Sortenwahl sowie den Erntezeitpunkt beeinflussbar. Ackerbauliche Maßnahmen sollten somit darauf ausgerichtet sein, das Leistungspotential von Getreide in Gänze auszuschöpfen. Eine wichtige Stellschraube dabei ist die Sortenwahl.
Seit einigen Jahren werden deshalb die neuesten Grünroggensorten der Pflanzenzüchter durch das Bundessortenamt zentral getestet und zum Anbau in Deutschland zugelassen. Auch die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) führt diese Wertprüfungen durch.
Material und Methoden
Der Umfang der getesteten Sorten in den Wertprüfungen wird anhand der Neuanträge und Zurückziehungen durch das Bundessortenamt festgelegt. Zudem ist ein Anbau von Anhangssorten neben den Wertprüfungsgliedern möglich. Diese Anhangssorten werden bei den Sortenversuchen mit Grünroggen bundesweit einheitlich festgelegt. Im Versuchsjahr 2019/2020 wurden keine neuen Sorten zur Prüfung angemeldet, sodass sich die Prüfung einzig auf das Anhangssortiment beschränkt hat und somit einen Landesortenversuch darstellt.
Die Sortenprüfung fand in der Vegetationszeit 2019/2020 an elf Standorten im gesamten Bundesgebiet statt. Am einzigen bayerischen Versuchsstandort Pulling wurden zehn verschiedene, bereits zugelassene Grünroggensorten untersucht. Es handelt sich dabei ausschließlich um Populationssorten.
Hinsichtlich der Anbaubedingungen ist Grünroggen dem herkömmlichen Winterroggen gleich zu setzen. Er zeigt sich anspruchslos, auch wenn sich kalte und schneereiche Lagen sowie Standorte mit langer Winterruhe negativ auf das Wachstum auswirken. Der optimale Aussaattermin liegt Mitte bis Ende September, sodass noch vor der Winterruhe die Bestockung beginnt und sich zwei bis fünf Seitentriebe ausbilden. Die Saatdichte beträgt 450 Körner/m². Die Gesamtmenge der Stickstoffdüngung liegt bei 40 – 80 kg N/ha und wird im Gegensatz zu herkömmlichen Roggensorten meist in nur einer Gabe zu Vegetationsbeginn ausgebracht. Dabei liegt der Fokus auf der Anregung der Bestockung und der Stärkung der Blatt- und Stängelmassebildung. Bei der Höhe der Düngegabe ist unbedingt auf die Standfestigkeit zu achten. Ein Wachstumsregler ist in der Regel nicht notwendig, kann aber, zum Beispiel bei sehr milden, wüchsigen Wintern, zur Anwendung kommen. Durch das früh einsetzende Längenwachstum und die hohe Konkurrenzkraft ist ein Herbizideinsatz meist nicht notwendig. Aufgrund der frühen Nutzung des Grünroggens kann auf den Einsatz von Fungiziden verzichtet werden, wobei ein Pilzbefall auch in einem höheren Maß als bei der Körnernutzung toleriert werden kann, da ein geringer Befall den Gärprozess nicht behindert.
Zur Besonderheit des Grünschnittroggens zählt die im Vergleich zu herkömmlichem Getreide-GPS Anbau frühe Ernte. Diese findet zur Mitte des Ährenschiebens, also meist Ende April bis Anfang Mai, statt. In diesem Zeitraum beträgt der TS – Gehalt rund 16% - 20%, weshalb Grünroggen nicht aus dem Stand geerntet werden kann. Um einen silierfähigen Zustand der Biomasse zu erreichen und nicht unnötiges Wasser zu transportieren, sollte der TS – Gehalt mindestens einen Wert von 28% aufweisen. Unterhalb dieses Werts entsteht viel Sickersaft, welcher unbedingt immer aufgefangen werden muss, um Umweltschäden zu vermeiden. Zudem wird im Silo die Aktivität der Milchsäurebakterien eingeschränkt. Die durch den hohen Wassergehalt geförderten Clostridien bilden Buttersäure, woraus hohe Verluste resultieren und die Silage schließlich verdirbt. In der Praxis wird daher der Grünroggen abgemäht und in einem Schwad angewelkt. Nach ca. einem Tag kann das Erntegut aufgenommen, gehäckselt und einsiliert werden.
Ergebnisse
Am bayerischen Standort Pulling konnte im Jahr 2020 ein Ertragsunterschied in Bezug auf die Trockenmasse zwischen den zehn getesteten Sorten von 23 dt TM/ha ermittelt werden. Dabei zeichnen sich unter den Resultaten der einzelnen Sorten auch klare signifikante Differenzen ab. Dadurch wird deutlich, dass für den praktizierenden Landwirt eine Ertragssteigerung durch eine standortangepasste Sortenwahl möglich ist. Neben dem Ertrag wurden bei den Versuchen auch eine Reihe weiterer Bonituren gemessen und anschließend statistisch verrechnet.
Die Ergebnisse der einjährigen und mehrjährigen Verrechnung können den unten angegebenen Tabellen entnommen werden. Im Jahr 2020 wurden diese erstmals veröffentlicht. Ein jährlicher Bericht im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt ist ab 2021 geplant.
Weiterführende Informationen