Forschungs- und Innovationsprojekt
GeFluTo: Nutzbarmachung von Resistenzquellen gegen Flugbrand
GeFluTo: Nutzbarmachung von Resistenzquellen gegen Flugbrand zur Verbesserung der Immunität in Sommergerste für den ökologischen Landbau
Flugbrand erschwert die Erzeugung von ökologisch erzeugtem, qualitativ hochwertigem Saatgut. Auf ökologisch bewirtschafteten Flächen sind samenbürtige Krankheiten, vor allem der Flugbrand, schwierig zu bekämpfen, da die synthetisch chemische Beizung im ökologischen Landbau nicht möglich ist. Der Züchtung von flugbrandresistenten Sorten kommt daher eine besondere Bedeutung zu, ihre Selektion ist jedoch sehr zeitaufwendig.
Herausforderung und Zielsetzung
Samenbürtige Krankheiten spielen seit Einführung der chemischen Beizung eine untergeordnete Rolle. Mit dem Anstieg der ökologisch bewirtschafteten Flächen nehmen diese, vor allem der Flugbrand (Ustilago nuda) (Abbildung 1), wieder an Bedeutung zu, da die chemische Beizung im Ökologischen Landbau untersagt ist. Vor allem in der Erzeugung von ökologisch, qualitativ hochwertigem Saatgut stellt der Flugbrand eine Herausforderung dar, da ein Vermehrungsbestand bei mehr als drei Brandähren auf 150 m² aberkannt wird. Resistente Sorten sind daher von besonderer Bedeutung. Die Selektion auf flugbrandresistente Sorten ist jedoch auf Grund der Notwendigkeit von zwei Aufwüchsen bis zum Auftreten der Symptome sehr zeitaufwendig. Ziel dieses Projektes war es deshalb, verschiedene Resistenzquellen genetisch zu separieren, molekulare Marker zu entwickeln und diese für eine gezielte und frühzeitige Resistenzzüchtung nutzbar zu machen.
Methode
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden ausgewählte Donoren und deren Kreuzungsnachkommen mit spezifischen molekularen Markern und einem Hochdurchsatz Marker Chip getestet, sowie nach der künstlichen Infektion (Abbildung 2) auf phänotypische Ausprägung von Brandähren untersucht. Des Weiteren wurde eine qPCR (quantitative PCR) als Nachweisverfahren des komplizierten Infektionsverlaufs des Pilzes in der Pflanze etabliert, um den Resistenztyp besser einordnen und charakterisieren zu können. Zudem wurden neue molekulare Marker entwickelt, welche eine frühzeitige und effiziente Selektion ermöglichen können. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Kreuzungspopulationen erstellt, eine Auswahl wurde nach der künstlichen Infektion auf die phänotypische Ausprägung von Flugbrandähren untersucht.
In den Untersuchungen wurden folgende wissenschaftlichen und technischen Arbeitsziele angestrebt:
- Erhaltung und Nutzung von Biodiversität in Form eines Genotypenspektrums mit weiter genetischer Spannbreite
- Züchterische Weiterentwicklung von Getreide für die Bedingungen des ökologischen Landbaus
- Beitrag zur nachhaltigen Erzeugung und Bereitstellung ökologisch erzeugter Sommergerste
- Umweltschonende Ressourcennutzung durch die Vermeidung von chemisch-synthetischem Pflanzenschutz
- Entwicklung von Züchtungszielen und –konzepten für den ökologischen Landbau
- Optimierung der Züchtungsstrategien durch molekulare Marker
- Verbesserung der Eigenschaften ökologisch erzeugter Braugerste insbesondere im Hinblick auf Krankheitsresistenz, Unkrautunterdrückung, Stresstoleranz und Malzqualität
- Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Pflanzenzüchtung durch die Bereitstellung effizienter Züchtungsverfahren
- Verbesserung der Qualität ökologisch erzeugter Produkte
Ergebnisse
Resistenztests
Im Rahmen des Projektes sind verschiedene Resistenztests im Feld und im Gewächshaus durchgeführt worden. Im Gewächshaus wurde ein Donorensortiment, bestehend aus 82 Genotypen, in zwei Wiederholungen getestet. Außerdem wurden in zwei Wiederholungen fünf verschiedene doppelhaploide Populationen aus Kreuzungen einer anfälligen Sorte mit diversen Resistenzdonoren im Gewächshaus geprüft. Die statistische Auswertung der Daten hat gezeigt, dass sich jeweils signifikante Unterschiede zwischen den Wiederholungen ergeben. Die auf dieser Datenbasis ermittelte Heritabilität beträgt 59%. Feldversuche wurden von der Cultivari Getreidezüchtungsforschung in Darzau durchgeführt, in denen ebenfalls einige Donoren und verschiedene Stämme zu testen waren. In diesen Versuchen konnte man beobachten, dass einige Resistenzen nicht mehr vollständig wirksam sind und von virulenten Flugbrandrassen durchbrochen wurden. Außerdem hat sich das Resistenzgen Un8 als rezessiv gezeigt. Alle Ergebnisse zeigen, dass eine hohe Genotyp-Umwelt-Interaktion für das Merkmal besteht, was die unterschiedlichen Ausprägungen einiger Genotypen im Gewächshaus und im Feldversuch erklärt. Deutlich zeigte sich in den Gewächshausversuchen zusätzlich, dass während der künstlichen Infektion (BBCH 59) optimale Bedingungen (Temperatur 23 – 25°C, Luftfeuchte > 80%) nötig sind, um eine erfolgreiche und reproduzierbare Infektion zu erreichen.
Genomweite Assoziationsstudie
Es wurden 82 Genotypen mit einem Hochdurchsatz System aus 50.000 Markern (50K Illumina infinium Chip) getestet und eine genomweite Assoziationsstudie (GWAS) durchgeführt. In dieser konnten 10 signifikante Marker ermittelt werden, die mit Flugbrandtoleranz assoziiert sind. In einer weiterführenden Untersuchung haben sich die vier Marker „JHI-Hv50k-2016-215304“, „JHI-Hv50k-2016-215315“, „JHI-Hv50k-2016-215320“ und „SCRI_RS_187742“ als geeignet erwiesen und wurden an einem Set von 120 Genotypen validiert. Aus der Auswertung der phänotypischen Boniturdaten und genotypischen Markerdaten in der GWAS resultieren folgende Ergebnisse: Für den Marker „JHI-Hv50k-2016-215304“ ergeben sich Übereinstimmungen von 73%, die Ausfälle betragen 3% und die Nichtübereinstimmung liegt bei 24%. Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich für den Marker „JHI-Hv50k-2016-215315“. Für den dritten Marker auf Chromosom 3H „JHI-Hv50k-2016-215320“ liegt die Übereinstimmung von phänotypischen und genotypischen Daten bei 70%, die Ausfälle betragen 7% und die Nichtübereinstimmung liegt bei 23%. Der Marker „SCRI_RS_187742“ mit unbekannter Lokalisierung zeigt Übereinstimmungen von Genotyp und Phänotyp von 65% und eine Nichtübereinstimmung von 35%. Aus der Tabelle 1 lassen sich die Positionen der jeweiligen Marker und die erklärte phänotypische Varianz entnehmen. Es ist davon auszugehen, dass die Marker des Chromosoms 3H das Resistenzgen Un6 repräsentieren, da das Gen in einer Publikation von Menzies et al. (2010) dort lokalisiert wurde. Dieses Resistenzgen kommt beispielsweise in der Sorte Steffi und in den neuen Sorten Odilia und Tolstefix vor.
Tabelle 1:Marker | Chromosom | Position (bp) | R2 (%) |
---|
JHI-Hv50k-2016-215304 | 3H | 667628646 | 30,1 |
JHI-Hv50k-2016-215315 | 3H | 667708907 | 23,9 |
JHI-Hv50k-2016-215320 | 3H | 667717687 | 23,3 |
SCRI_RS_187742 | U | 0 | 21,3 |
Validierte Marker aus der GWAS mit Angabe des Chromosoms (Chr.), der Position und der erklärten phänotypischen Varianz (R2). (U: unbekannte Position)
Quellen
Menzies JG, Steffenson BJ, Kleinhofs A (2010) A resistance gene to Ustilago nuda in barley is located on chromosome 3H. Can J Plant Pathol 32:247–251
Untersuchung des Infektionsverlaufs und qPCR
Im Projekt ist es gelungen, die qPCR als aussagekräftige Nachweismethode zu etablieren. Zusätzlich wurde die genannte Methode auch zur gezielten Untersuchung des Infektionsverlaufs genutzt. Dazu wurden 10 Linien mit unterschiedlichen Resistenzquellen infiziert und jeweils drei Nodien und zwei Blätter in drei Wiederholungen untersucht. Die Ergebnisse bestätigen, dass sich der Pilz vorwiegend in den Nodien der Pflanze befindet und über diese ausbreitet. In den Blättern lässt sich nur zu einem sehr geringen Teil pilzliche Ziel-DNA nachweisen.
Fazit:
Das Projekt bestätigt, dass Flugbrandtoleranz im Braugerstenanbau in Zukunft an Relevanz gewinnen wird und die Notwendigkeit besteht, besser angepasste Sorten vorwiegend für den ökologischen Landbau bereitzustellen. Der starke Umwelteinfluss erschwert die Selektion auf Flugbrandtoleranz erheblich und unterstreicht damit die Vorteile der entwickelten molekularen Marker, die an der LfL und von der privaten Pflanzenzüchtung im Rahmen ihrer Gerstenzuchtprogramme eingesetzt werden können. Außerdem konnten mithilfe des Projektes geeignete Kreuzungspartner identifiziert werden, die ebenfalls Berücksichtigung bei der Entwicklung neuer Sorten finden werden.
Projektinformationen:
Projektleitung: Dr. Markus Herz, Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste/IPZ 2b
Projektbearbeitung: Annika Ebbighausen, Magdalena Hanusch, Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste/IPZ 2b
Genehmigte Laufzeit: 01.04.2017 – 31.05.2021
Projektpartner: Cultivari gGmbH Darzau
Finanzierung: BÖLN- Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft
Förderkennzeichen: 2815OE063