Allgemeine Produktionstechnik
Belüftung und Trocknung

Wiesenschwingelbestand
Die meisten Gräser-Arten tendieren zu einer erhöhten Ausfallneigung der Körner, um deshalb die Ernteverluste zu verringern, werden die Körner mit einen höheren Feuchtegehalten gedroschen. Zur Sicherung der Lagerfähigkeit und den Erhalt der Keimfähigkeit, ist daher eine Trocknung und ggf. bei erhöhten Besatz mit Fremdbestandteilen eine Reinigung notwendig.

Verfahrensschritte nach der Ernte

Nach der Ernte müssen die Grassamen zügig entladen werden, da die Saatgutatmung bzw. Erwärmung zu Gewichts- und Keimfähigkeitsverlusten führt. Abhängig ist dieser Vorgang von der Saatguttemperatur sowie dem Feuchtigkeitsgehalt. Spätestens vier bis fünf Stunden nach der Ernte erfolgt die Saatgutbelüftung, eine Lagerung über Nacht ist daher zu vermeiden. Idealerweise wird feuchtes bzw. erhitztes Saatgut mit kalter Luft behandelt. Aber auch hohe Lufttemperaturen von 30 °C ermöglichen eine Temperaturminderung durch Verdunstungskälte im Stapel von 10 bis 15 °C. Hohe Außentemperaturen sind somit kein Grund die Belüftung zu unterlassen. Die Temperatur im Stapel muss dabei mit einem Stechthermometer ständig überprüft werden, abhängig von der Feuchte darf die Schütthöhe des Saatgutes definierte Höhen nicht überschreiten.

Richtwerte für Schütthöhen und Flächenbedarf für vorgereinigte Rohware von Weidelgräsern, Schwingelarten und Knaulgras auf ganzflächig belüftbaren Anlagen
Feuchtebereich in %bis 3536 - 4041 bis 43über 43
Radiallüfter    
Schütthöhe, m1,51,00,80,5
Flächenbedarf, qm/t2,23,34,26,6
     
Axiallüfter    
Schütthöhe, m0,50,40,40,3
Flächenbedarf, qm/t6,68,28,210,0

Belüftung und Trocknung

Circa 5 bis 10 m3 Luft / m3 Saatgut pro Stunde sind als Luftwechselrate anzustreben. Damit die Belüftung gleichmäßig erfolgt und es zu keiner Bildung von Kondenswasser kommt, wird eine regelmäßige Durchmischung des Stapels empfohlen. Die Trocknung hat entscheidenden Einfluss auf die Saatgutqualität und die Lagerfähigkeit. Ein optimales Management wird in diesem Bereich genauso benötigt wie im Pflanzenbau. Vor der Einlagerung der Grassamen in die Trocknung muss eine Grobreinigung durchgeführt werden, feuchte Pflanzenteile erhöhen den Zeitbedarf und fördern die Schimmelbildung. Schon das äußere Aussehen der Samen verdeutlicht, dass die Trocknung von Grassamen mit der Trocknung von Getreide oder Mais nicht vergleichbar ist. Grassamen können um mehr als die Hälfte leichter sein als Getreide. Der Unterschied in den Raumgewichten offenbart, dass bei der Trocknung pro Volumeneinheit weniger Wasser entzogen werden muss.
Die einzelnen Arten sind aber auch in ihrer Trocknung sehr unterschiedlich, der Prozess hängt von Korngröße, Spelzenanteil, Verschmutzung, statischem Druck und dem hygroskopischen Verhalten ab. Grassamen geben im Vergleich zu Getreide die Feuchtigkeit leichter ab, verursacht wird dies durch die geringere Größe und dem Aufbau des Samenkorns. Der maximale Feuchtigkeitsgehalt zur Lagerung von Grassamen liegt bei 14 %.
Der Satztrockner mit Flachbehältern bietet sich als Bauart für die Trocknung an. Das Saatgut ruht im Behälter und wird von der Trocknungsluft durchströmt. Zur Systematik der Satztrockner gehören Flachsilotrockner, Einzelzellen der Belüftungstrocknung und Wagentrockner. Wichtig ist bei allen die genaue Einhaltung der Schütthöhe und der Trocknungstemperatur. Das Saatgut sollte möglichst sorgsam bei Temperaturen zwischen 30 und 35 °C getrocknet werden, die Eingangstemperatur darf 40 °C nicht überschreiten. Die Trocknung von Grassamen benötigt eine spezielle Umrüstung:
  • Der Bereich zwischen Trockner und Ventilator ist mit einer einstellbaren Luftdrosselklappe zu versehen, so dass ein „Sprudeln“ des Grassamens an der Oberfläche damit vermieden wird.
  • Die Temperatur der Warmluft ist vor dem Eintritt in den Trockner mit Thermometern zu messen.
  • Belüftungskanäle und Lochböden müssen auf Grassamen abgestimmt werden. Verlässlich sind dazu folgende Einstellungen: Schlitzbreiten im Bereich 20 bis 30 mm, versetzte Teilung und 0,9 mm Schlitztiefe, Nasenbleche mit der Teilung 20 und Düsenböden mit 0,9 mm Schlitztiefe. Der Vordruck in der Luftkammer sollte bei 2 bis 3,5 mbar liegen.
  • Für die einzelnen Arten sind verschiedene Schütthöhen zu beachten.
  • Ein U-Rohr-Manometer misst den Widerstand in den Grassamen. Je größer das Samenkorn, umso geringer ist der Widerstand gegen die durchströmende Luft. Kleine Körner weisen somit einen größeren Widerstand auf. Wird bei unterschiedlichen Korngrößen der gleiche Ventilator eingesetzt, muss dies bei den Schütthöhen berücksichtigt werden.
  • Als Bereich für die Luftgeschwindigkeit pro m² Belüftungsgrundfläche haben sich 0,25 bis 0,30 m/s bewährt.
  • Der Lochboden sollte bei extrem feinen Sämereien mit einem durchlässigem Gewebe (z.B. Draht) abgedeckt sein.

Berechnungen

Folgendes Beispiel nach BÜCHNER soll eine Trocknung veranschaulichen:
8 m3 Grassamen werden auf einer Grundfläche mit 10 m2 und einer Schütthöhe von 0,8 m getrocknet.
Das Luftvolumen V berechnet sich aus der Luftgeschwindigkeit und der Grundfläche:
V = 0,25 m/s * 10 m2 = 2,5 m3/s = 9.000 m3/h.
Dieses Luftvolumen sollte bei einem statischen Widerstand von ca. 12 mbar vorhanden sein, eine genaue Regelung der Einstellungen ist notwendig.
Die notwendige Antriebsleistung N des Ventilators errechnet sich aus Luftvolumen V, Gesamtdruck P und dem Wirkungsgrad n. Statischer Druck und dynamischer Druck ergeben zusammen den Gesamtdruck.

Beispiel Ventilatorleistung
Annahmen, KürzelEinheit
Statischer Druck, Pstat12 mbar
Dynamischer Druck, Pdyn1,6 mbar
Gesamtdruck, Pges13,6 mbar (bei Rohrleitung mit 500 mm Querschnitt)
Luftvolumen, V3 m³/s
Wirkungsgrad Ventilator, n0,78
Arbeitsleistung N = (V * Pges)/(n * 10,2) = (3 * 13,6)/(0,78 * 10,2) = 5,12 KW
Die Antriebsleistung des Ventilators zur Trocknung sollte daher mindestens 5,12 KW betragen.
Die Kalkulation des Wasserentzuges W hängt von der Feuchte zu Beginn der Trocknung, dem Gewicht des Feuchtgutes und der Feuchte nach der Trocknung ab. Als Beispiel dient erneut die Trocknung von 8 m3 Grassamen mit einem Schüttgewicht von 280 kg/m3.
Beispiel Wasserentzug
Annahmen, KürzelEinheit
Feuchte vor der Trocknung, U128 %
Feuchte nach der Trocknung, U213 %
Gewicht des Feuchtegutes, Gf2.240 kg
Wasserentzug W = Gf * (U1 - U2)/(100 - U2 ) = 2.240 * (28-13)/(100 - 13) = 386,20 kg Wasser
Ein üblicher Wert für den spezifischen Wärmebedarf pro kg verdunstetes Wasser sind 1,4 kW/h. Nach der Trocknung ist das Saatgut erneut mit Kaltluft zu kühlen.
Literatur
  • Autorenkollektiv. (1989). Empfehlungen zur Saatgutproduktion Gräser. In R. Richter, Handbuch Saatgut Vermehrung (S. 93). Bergen/Dumme: AgriMedia.
  • Autorenkollektiv. (2008). Handbuch Saatgutaufbereitung. Clenze: Agrimedia.
  • Büchner, A. (1990). Trocknung von Sonderfrüchten. In Autorenkollektiv, Mähdruschernte von Sonderfrüchten (S. 132-148). Darmstadt: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.
  • Eichhorn, H. (1962). Trocknung von Futterpflanzensämereien. In Bauernblatt/Landpost (S. 1896-1899).
  • Lütke-Entrup, N. (1986). Saatgutproduktion bei Gräsern. In J. Oehmichen, Pflanzenproduktion Band 2: Produktionstechnik (S. 566-574). Berlin & Hamburg: Paul Parey.
  • Richter, R. (2002). Hinweise zur Vermehrung von Gräsern. In G. Erbe, Handbuch Saatgut Vermehrung (S. 75-96). Bergen/Dumme: Agrimedia.
  • Schöberlein, W. (1988). Technische Lösungsvarianten für die Trocknung und Aufbereitung von Grassaatgutrohware in der DDR. In 30. Fachtagung des Ausschusses für Gräser, Klee und Zwischenfrüchte (S. 177-191). Frankfurt am Main: Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V.
  • Schöberlein, W. (2000). Saatguterzeugung der Kleearten und Gräser. In N. Lütke-Entrup, & J. Oehmichen, Lehrbuch des Pflanzenbaues (S. 670-691). Gelsenkirchen-Buer: Th.Mann.