Vergleich Braunvieh/Fleckvieh Teil 1: Aufzucht von Fresserkälbern - Auch mit Braunvieh sind hohe Leistungen zu erreichen

Fleckvieh- und Braunvieh-Fresser im Stall

In Bayern steht in der Rindermast die Mast von männlichen Fleckviehrindern im Vordergrund. Auf Grund der relativ großen Bedeutung der Rasse Braunvieh in der Milchviehhaltung in Bayern stehen neben Fleckviehkälbern auch männliche Braunviehkälber für die Mast zur Verfügung. Vergleichende Untersuchungen zur Wachstumsleistung und zur notwendigen Intensität in der Fresseraufzucht sind jedoch nicht verfügbar.

Deshalb werden an der LfL Bayern drei Fütterungsversuche durchgeführt, die sich mit dem Rassevergleich beschäftigen. In einem ersten Versuch wurde die Energie- und Nährstoffversorgung in der Aufzucht von Fresserkälbern der Rassen Fleckvieh und Braunvieh über unterschiedliche Einsatzmengen an Milchaustauscher (MAT) variiert.

Versuchsaufbau

Tierauswahl

Der Fütterungsversuch wurde an der Versuchsstation Karolinenfeld der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) mit 74 männlichen Kälbern der Rassen Braunvieh und Fleckvieh über einen Zeitraum von insgesamt 14 Wochen hinweg durchgeführt. Zu Versuchsbeginn hatten die 37 Braunviehkälber ein Gewicht von 76 +/- 7 kg bei einem Alter von 35 +/- 10 Tagen. Die 37 Fleckviehkälber hatten ein mittleres Gewicht von 82 +/- 4 kg bei einem Alter von 44 +/- 11 Tagen. Die Kälber wurden unter Berücksichtigung von Rasse, Lebendmasse und Alter gleichmäßig auf zwei Versuchsgruppen mit je 37 Tieren aufgeteilt. Ein Teil der Tiere (21 je Versuchsgruppe) war getrennt nach Versuchsgruppe in 2 Tiefstreubuchten in einem Warmstall untergebracht, die übrigen Tiere (16 je Versuchsgruppe) in 2 Tiefstreubuchten in einem Aussenklimastall.

Fütterung in den Versuchsgruppen

LiniendiagrammZoombild vorhanden

Abbildung 1: Tränkekurve der Fleckvieh- und Braunviehfresser

Während der Tränkephase wurde eine Trocken-TMR auf Basis Kraftfutter (55,7 %), Heu (30 %) und Melasse (14,3 %) verfüttert. In der Phase nach dem Absetzen wurde eine TMR mit Maissilage (durchschnittlich 65,2 %), Kraftfutter (29,8 %), Heu (3,5 %) und Melasse (1,9 %) verfüttert. Diese Ration wurde wöchentlich angepasst und orientierte sich an den Vorgaben der Gruber Tabellen in der Rindermast für Zuwachsraten von 1300 g/Tag. Während der Tränkephase wurde ein Kraftfutter mit 19 % XP/kg TM und 12,5 MJ ME/kg TM eingesetzt, nach dem Absetzen hatte das Kraftfutter XP- und ME-Konzentrationen von 22 % der TM und 12,1 MJ/kg TM.
Die Menge an verabreichter Tränke war für die beiden Versuchsgruppen gleich (Abbildung 1). Durch eine unterschiedliche MAT-Konzentration von 120 g MAT/Liter Wasser und 160 g MAT/Liter Wasser ergab sich für die Gruppen 120 und 160 g MAT/l ein Gesamtangebot von rund 26 und 35 kg MAT-Pulver je Tier. Es wurde ein Milchaustauscher mit 50 % Magermilchpulveranteil eingesetzt.

Datenerfassung

Von der TMR und den Einzelkomponenten der TMR wurden regelmäßig Proben gezogen und diese auf die Rohnährstoffgehalte nach Weender untersucht. Die Rohnährstoffgehalte und Energiegehalte der TMR wurden aus deren Zusammensetzung und den Gehalten in den Einzelkomponenten errechnet. Die Futteraufnahme wurde täglich je Futtergruppe erfasst, die Aufnahme an MAT wurde automatisch am Tränkeautomaten erfasst. Die Lebendmasse der Tiere wurde alle 2 Wochen festgestellt und daraus die Tageszunahmen errechnet.

Ergebnisse

Auswertung nach Fütterungsgruppe

Die zugeteilte Tränkemenge wurde in beiden Versuchsgruppen in den ersten beiden Wochen nicht ganz abgerufen, so dass sich für die Gruppen 120 g MAT/l und 160 g MAT/l eine Gesamt-MAT-Aufnahme- von 25 und 33 kg/Tier ergibt. Die Aufnahme an TMR lag während der Tränkephase in der Gruppe 120 g MAT/l nur unwesentlich über derjenigen in der Gruppe 160 g MAT/l (Tabelle 1). Durch die unterschiedliche Aufnahme an MAT ergaben sich jedoch etwas höhere Gesamtfutteraufnahmen und höhere Aufnahmen an XP und ME in der Gruppe 160 g MAT/l. Auch in der Phase nach dem Absetzen bis zum Versuchsende lag die tägliche TM-Aufnahme und damit die ME- und XP Aufnahme in der Gruppe 160 g MAT/l numerisch höher als in der Gruppe 120 g MAT/l. Mit etwas mehr als 3 kg war die tägliche Trockenmasseaufnahme im Mittel des gesamten Versuches vergleichbar hoch wie in früheren Untersuchungen.
Tabelle 1: Mittlere tägliche Futter-, Rohprotein- und Energieaufnahme in den Versuchsabschnitten
Versuchsgruppe 120g MAT/lVersuchsgruppe 160 g MAT/l
Tränkeperiode
TM-Aufnahme (kg/Tag)1,721,80
MAT-Aufnahme (kg TM/Tag)0,570,75
XP-Aufnahme, g/Tag330352
ME-Aufnahme, MJ/Tag22,424,3
Nach Absetzen
TM-Aufnahme (kg/Tag)4,054,16
XP-Aufnahme, g/Tag580595
ME-Aufnahme, MJ/Tag46,147,4
Gesamt
TM-Aufnahme (kg/Tag)3,053,15
MAT-Aufnahme (kg TM/Tag)0,250,32
XP-Aufnahme, g/Tag473491
ME-Aufnahme, MJ/Tag36,037,5
Das Gewicht der Kälber in der Gruppe 120 g MAT/l lag zum Ende der Tränkeperiode mit 121 kg deutlich niedriger als in der Gruppe 160 g MAT/l mit 127 kg (Tabelle 2). Beim Fleckvieh betrug die Differenz zwischen den Gewichten in den beiden Versuchsgruppen am Ende der Tränkeperiode 7 kg, beim Braunvieh 5 kg. Trotz der einheitlichen Versorgung nach dem Absetzen blieben diese Gewichtsdifferenzen bis zum Versuchsende bestehen. Die täglichen Zunahmen lagen über den gesamten Versuchszeitraum im Mittel der Gruppe 160 g MAT/l um 90 g höher als in der Gruppe 120 g/l. Diese Differenzen sind vor allem auf die Unterschiede in den täglichen Zunahmen während der Tränkeperiode zurückzuführen. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen mit variierendem MAT-Einsatz in der Fresseraufzucht konnten die Kälber in der Gruppe 120 g MAT/l die niedrigere Versorgung über die Tränke nicht vollständig durch eine höhere Futteraufnahme kompensieren.

Auswertung nach Rasse

LiniendiagrammZoombild vorhanden

Abbildung 2: Gewichte von Braunvieh- und Fleckviehkälbern im Versuchsverlauf

Über den gesamten Versuchszeitraum hinweg lagen die mittleren Zunahmen bei den Fleckviehkälbern etwa 90 g/Tag über den Zunahmen der Braunviehkälber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Braunviehkälber von Versuchsbeginn an leichter (siehe Abbildung 2) und auch etwa 1 Woche jünger waren, als die Fleckviehkälber. In der Praxis werden häufig Bedenken wegen größerer Schwierigkeiten (Tränke- und Futteraufnahme, Krankheitsanfälligkeit) bei der Aufzucht von Fresserkälbern der Rasse Braunvieh im Vergleich zu Fleckvieh geäußert. Bei den Braunviehkälbern in vorliegendem Versuch konnten keine negativen Beobachtungen gemacht werden, die solche Bedenken stützen und auch die Leistung lag besonders bei erhöhtem MAT-Aufwand in einem sehr guten Bereich.
Tabelle 2: Entwicklung der Lebendmasse und der täglichen Zunahmen in den Versuchsgruppen
Fleckvieh
120 g MAT/l
Braunvieh
120 g MAT/l
Fleckvieh
160 g MAT/l
Braunvieh
160 g MAT/l
Lebendmasse (kg)
Beginn83±4a76±7b82±4a76±7b
Absetzen126±11ab116±14c133±9a121±9bc
Ende207±16ab192±21c215±15a200±12bc
Tägliche Zunahmen (g)
Tränkeperiode1025±182b937±193b1208±190a1061±138b
Nach Absetzen1447±1481371±1641465±1441416±122
Gesamt1267±130ab1185±154b1355±138a1264±96ab

a,b,c) Angaben mit Hochbuchstaben unterscheiden sich bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p<0,05 (5 %) signifikant.
± Standardabweichung, im Bereich liegen 68 % der Werte

Wirtschaftliche Betrachtung

Ob unter diesen guten Bedingungen die Aufzucht von Fresserkälbern mit einer der beiden Rassen aus ökonomischer Sicht Vorteile erwarten lässt, ist erst zu klären, wenn auch nach Rasse getrennte Futteraufnahmedaten vorliegen. Solche Zahlen sollen in einem weiteren Versuch erhoben werden. An den Anfangs- und Endgewichten gemessen ist zu erwarten, dass die Differenz zwischen Zukaufs- und Verkaufspreis bei beiden Rassen in etwa gleich sein wird.
Anders sieht es bei der Frage nach der Höhe des MAT-Einsatzes aus. Setzt man Kosten in Höhe von 180 €/dt MAT an, bedeutet eine Steigerung der MAT-Aufwandmenge von 25 auf 33 kg Mehrkosten von 14 €/Tier. Bei Endgewichten von 200 und 208 kg in den Gruppen 120 und 160 g MAT/l müssten dementsprechend je kg Mehrgewicht 1,8 € erzielt werden, üblich sind dagegen Zuschläge von etwa 1 € je kg. In Übereinstimmung mit früheren Untersuchungen ist damit eine erhöhte MAT-Aufwandmenge nicht zu empfehlen.

Projektinformation
Projektleiter: Dr. T. Ettle
Projektbearbeiter: A. Obermaier, P. Edelmann
Laufzeit: August 2015 bis August 2016