Forschungs- und Innovationsprojekt
Verteilung und Erblichkeiten der Abgangsursachen bayerischer Fleckvieh- und Braunviehkühe

Hornlose Fleckvieh-Mutterkuh mit Kalb

Die züchterische Bearbeitung der funktionalen Merkmale erfordert neue, standardisierte und leicht erreichbare Informationsquellen. Die Ursachen, die zum Abgang von Milchkühen führen, werden vom Landwirt eigenständig festgelegt und dann routinemäßig durch das LKV Bayern e.V. im Rahmen der Milchleistungsprüfung erfasst. Diese Daten wurden im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Tierzucht der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ausgewertet.

Ziele

Ziel der vom Institut für Tierzucht betreuten Masterarbeit war es, ein genaues Bild über die Verteilung, die zeitliche Entwicklung, die Ursachen und die Bedeutung dieser Abgangsgründe bei Braunvieh- und Fleckviehkühen in Bayern zu erhalten. Zudem sollten wichtige Einflussfaktoren ermittelt und Heritabilitäten für wichtige Abgangsursachen (Unfruchtbarkeit, Stoffwechselprobleme, Eutererkrankungen, Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen) geschätzt werden.

Material und Methoden

Um Unterschiede in den Abgangsgründen unter unterschiedlichen Standortbedingungen zu analysieren, wurde der Fleckviehdatensatz in zwei Agrarstrukturgebiete geteilt: Zum einen in das Ackerbaugebiet in Mittel- und Oberfranken, zum anderen in das Grünlandgebiet im Alpenvorraum. Nach den Plausibilitätsprüfungen standen bei Braunvieh 543.786 Tiere, bei Fleckvieh im Grünlandgebiet (GRL) 501.965 und bei Fleckvieh im Ackerbaugebiet (ACK) 693.590 Tiere für die Erstkalbejahre 1990 bis 2012 für die Analyse zur Verfügung.
Zur Betrachtung betriebswirtschaftlicher Auswirkungen der Abgänge wurde die Kennzahl „verlorene produktive Monate“ genutzt. Dabei werden die Abgangsursachen anhand des Abgangszeitpunktes gewichtet. Abgänge in frühen Laktationen führen zu einem kürzeren produktiven Leben des Tieres und somit zu einem größeren Verlust an produktiver Lebenszeit.

Ergebnisse

Zwischen den Rassen und Gebieten zeigen sich geringe Unterschiede in der Verteilung der Abgangsursachen. Abgänge wegen Unfruchtbarkeit, „sonstigen Gründen“, Eutererkrankungen, „geringer Leistung“ und „Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen“ sind in allen Datensätzen am häufigsten. Der phänotypische Trend der Abgänge in der ersten Laktation zeigt nur für das Merkmal Eutererkrankungen eine leicht steigende Tendenz im Verlauf der Kalbejahre. Abgänge wegen Unfruchtbarkeit und „sonstigen Gründen“ sind für den Großteil der „verlorenen produktiven Monate“ bei allen Gruppen verantwortlich. In der Betrachtung der Abgangsursachen und Zeitpunkte innerhalb der Laktation, lassen sich für einzelne Abgangsursachen in allen Gruppen gleiche spezifische Abgangszeitpunkte feststellen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen der ersten und höheren Laktationen. Abgänge wegen Stoffwechselproblemen treten dabei besonders häufig am Anfang der Laktation, Abgänge wegen Unfruchtbarkeit besonders häufig gegen Ende der Laktation auf.
Nach intensiven Voruntersuchungen wurde ein GLM (generalized linear model) für die Analysen mit SAS gewählt und mit Hilfe von Varianzanalysen ein geeignetes Modell zur Heritabilitätsschätzung für die wichtigsten Abgangsursachen, wie
  • Unfruchtbarkeit
  • Stoffwechselprobleme
  • Eutererkrankungen
  • Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen
entwickelt.
Als wichtigste Einflussgrößen erwiesen sich das Erstkalbealter, „die relative Leistung in der ersten Laktation“ die „Veränderung der Herdengröße im Abgangsjahr“ , sowie der Betrieb und die Interaktion von Kalbejahr und Kalbesaison.
Dabei ist der Betriebseffekt in allen Gruppen, für alle Abgangsursachen und Zeitabschnitte hoch signifikant (p<0,0001). Die Leistungsklasse erklärt den größten Anteil der Varianz, ist jedoch nicht in allen Modellen signifikant.
Die berechneten Erblichkeiten liegen im erwarteten Bereich für funktionale Merkmale. Die Heritabilitäten in der Tabelle beziehen sich auf Abgänge innerhalb der ersten drei Laktationen. Bei der Auswertung der Ergebnisse fielen hohe Heritabilitäten für Abgangsursachen mit niedrigen Inzidenzen, insbesondere für Abgänge aufgrund von Stoffwechselproblemen, in einzelnen Zeitabschnitten auf. Die Ursache hierfür konnte nicht abschließend geklärt werden.
Tabelle: Inzidenzen aller Abgangsursachen und Heritabilitäten wichtiger Abgangsursachen
AbgangsursacheBraunviehBraunviehFV ACKFV ACKFV GRLFV GRL
Anteil an allen Abgängen (in %)Heritabilität (in %)Anteil an allen Abgängen (in %)Heritabilität (in %)Anteil an allen Abgängen (in %)Heritabilität (in %)
Hohes Alter13,3-6,9-9,8-
Geringe Leistung10,0-10,9-12,1-
Unfruchtbarkeit26,72,524,42,625,32,3
Infektionskrankheiten1,1-0,8-0,5-
Stoffwechselprobleme1,90,62,70,61,70,7
Eutererkrankungen12,32,217,62,612,91,7
Schlechte Melkbarkeit1,2-2,1-2,5-
Klauen- und Glied-maßenerkrankungen12,54,893,910,54,3
Sonstige Gründe21,0-25,6-24,7-

Projektinformation
Projektleitung: Prof. Dr. Kay-Uwe Götz
Projektbearbeitung: Christine Anglhuber, Dr. Dieter Krogmeier
Laufzeit: 18.11.2019 bis 31.07.2020
Projektpartner: TU München, Lehrstuhl für Tierzucht