Forschungs- und Innovationsprojekt
Gezielter Einsatz von Duroc-Genetik zur Erzeugung von Mastendprodukten für Fleischqualitätsprogramme

Ferkel im Stall

Foto: Dr. R. Eisenreich

Potenzial eines gezielten Einsatzes von Duroc-Genetik zur Erzeugung von Mastendprodukten für die Vermarktung in einem bayerischen Qualitätsprogramm für Schweinefleisch

Für die Erzeugung von Schweinefleisch besonders hoher Qualität bedarf es einer gezielten Auswahl der Genetik. Frühere Untersuchungen des Instituts für Tierzucht zeigten, dass Nachkommen von Duroc-Ebern aus bayerischer Herkunft besonders gute Fleischqualität aufweisen und gegenüber anderen Genetikanbietern in diesen Merkmalen Vorteile aufweisen. Der Intramuskuläre Fettgehalt betrug 1,96 % und der Tropfsaftverlust lag bei nur 2,58 %.

Hintergrund und Fragestellung

Die bayerische Züchtervereinigung EGZH ist bestrebt, die Duroc-Zucht weiter auszubauen. Zu diesem Zweck kooperiert die EGZH mit dem Zuchtunternehmen DNA Genetics, einem der führenden Genetik-Anbieter in Nordamerika mit einem Standort in Spanien. DNA Genetics beschreibt, dass Ihr Duroc-Eber mit dem Markennamen DNA L600 über eine außergewöhnliche Marmorierung, Farbe und pH-Werte verfügt und somit deren Nachkommen hervorragende Fleischqualitätsmerkmale erreichen.

Ziele

Gegenstand dieses Projekts war daher das Potential des DNA Duroc L600 für ein bayerisches Qualitätsprogramm für Schweinefleisch und dessen Einsatzmöglichkeiten im bayerischen Zuchtprogramm für die Rasse Duroc zu eruieren.

Material und Methode

Ausgewählte DNA L600 Eber

Für einen möglichen züchterischen Einsatz in der bayerischen Duroc-Population wurden 3 Duroc Eber L600 der Herkunft DNA von Spanien importiert und in die Besamungsstation Bayern-Genetik eingestallt (siehe Tabelle 1 sowie Abbildungen 1 und 2).
Tabelle 1: Eingesetzte DNA L600 Duroc-Eber mit der Herkunft Spanien
NameHerdbuchnummer
Esdur 405 28 69022
Esdur 505 28 69023
Esdur 605 28 69024
Schwein

Abbildung 1: DNA L600-Eber Esdur 4, Foto: Bayern-Genetik

Schwein

Abbildung 2: DNA L600-Eber Esdur 6, Foto: Bayern-Genetik

Prüfbetrieb, Organisation der Anpaarungen und Prüfferkel

Auf einem ausgewählten Ferkelerzeugerbetrieb mit Mast (40 DL-Sauen) werden alle 5 Wochen etwa 10 Sauen belegt. Die 3 Projekteber wurden an vier aufeinanderfolgenden Belegungsterminen an je 2 bis 3 Sauen angepaart. Der genetische Anteil des Vaters (Endstufenebers) beträgt bei den Endprodukten 50 %. Daher sollte für eine gezielte Anpaarung für die Erzeugung von Endprodukten mit möglichst guter Fleischbeschaffenheit auch die Sauenseite berücksichtigt werden. Durch die genomische Zuchtwertschätzung ist es möglich, bei der Deutschen Landrasse die Einschätzung der Zuchtwerte und deren Sicherheit zu erhöhen. Daher wurden im Rahmen des Projekts alle Sauen des Prüfbetriebes genotypisiert.
Für die Einschätzung der Vererbungsschwerpunkte der DNA L600-Eber und um deren Einsatzfähigkeit für die Erzeugung von qualitativ hochwertigem Schweinefleisch zur ermitteln, wurden die Eber mit Nachkommen in der Prüfstation Grub geprüft. Auf Grund der neuen Herkunft der Genetik und zur besseren Einschätzung der Vererbungsleistung war es Ziel, einen Eber mit mind. 18 Nachkommen (Kreuzungstiere aus DNA-Duroc x Deut-sche Landrasse) zu prüfen (Anmerkung: Eber aus der bayerischen Population werden mit 13 - 16 Tieren geprüft). Von jedem Versuchseber wurden je Durchgang von 2 bis 3 Würfen jeweils 2 Ferkel (1 weibliches Tier, 1 Kastrat, nicht kupiert) für die Prüfung auf Station genutzt.
Neben der Ermittlung der Erzeugungs- und Qualitätsparameter wurden die Tiere zu unterschiedlichen Zeit-punkten auf Entzündungs- und Nekrosesyndrome (SINS-Merkmale) und auf das Auftreten von Ohr- und Schwanzverletzungen bonitiert. Die Tiere im Versuchsbetrieb wurden nicht kupiert.

Ergebnisse

Erzeugungs- und Qualitätsparameter in der Prüfstation Grub

Die Ergebnisse der Nachkommen der DNA L600-Eber in der Prüfstation Grub (Kreuzungstiere aus DNA L600 x Deutsche Landrasse) sind in Tabelle 2 dargestellt. Im Gewichtsbereich von 30 bis 125 kg waren die täglichen Zunahmen mit im Mittel 1.112 g und der Futterverbrauch je kg Zuwachs mit im Mittel 2,44 kg auf einem guten Niveau. Der Eber Esdur 6 zeigte mit 1.062 g die niedrigsten tägliche Zunahmen bei seinen Nachkommen. Bei den Fleischqualitätsmerkmalen gab es nur geringe Unterschiede zwischen den eingesetzten Ebern. Der pH1-Wert im Kotelett war mit im Mittel 6,48 sehr gut, wie auch der Tropfsaftverlust mit im Mittel 2,00 % niedrig und somit sehr unauffällig. Der Gehalt an Intramuskulärem Fett (IMF) unterschied sich zwischen den Herkünften mit im Mittel 1,78 % nur geringfügig. Den höchsten Wert erzielten dabei mit 1,88 % die Nachkommen des Ebers Esdur 4.
Tabelle 2: Anzahl der eingestallten Prüftiere in der Prüfstation Grub und Ergebnisse zur Mastleistung und Fleischqualität je Eber und im Mittel aller Eber
DNA L600 EberAnzahl Prüftiere eingestalltTägliche Zunahme (g)Futterverbrauch je kg ZuwachspH1 KotelettTropfsaftverlust (%)Intramuskulärer Fettgehalt (%)
Esdur 4201.1492,476,451,941,88
Esdur 5181.1252,446,512,051,81
Esdur 6221.0622,426,492,001,66
Mittel1.1122,446,482,001,78
Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der Schlachtleistungsmerkmale. Die Länge des Schlachtkörpers war mit im Mittel 104,7 cm sehr einheitlich. Die niedrigste Rückenmuskelfläche wiesen mit 46,4 cm2 die Nachkommen des Ebers Esdur 6 auf. Die Ausschlachtung betrug im Mittel 79,1 %. Entscheidend bei der konventionellen Vermarktung ist in Bayern der klassifizierte Fleischanteil (FOM). Dieser betrug im Mittel aller DNA L600-Nachkommen 56,6 %. Dabei zeigten die Nachkommen des Ebers Esdur 5 mit 58,0 % den weitaus besten Fleischanteil. Neben dem Fleischanteil im Schlachtkörper ist auch der Bauchfleischanteil ein wichtiger Parameter für die Vermarktungsfähigkeit der Teilstücke bei den Schlachtunternehmen und Metzgerbetrieben. Auch hier zeigten die Esdur 5-Nachkommen mit 56,5 % den besten Wert.
Tabelle 3: Ergebnisse zu den Merkmalen des Schlachtkörperwertes je Eber und im Mittel aller Eber
DNA L600 EberSchlachtkörperlänge (cm)Rückenmuskelfläche (cm2)Ausschlachtung (%)Fleischanteil (FOM) (%)Fleischanteil (LPA) (%)Bauchfleischanteil (%)
Esdur 4104,847,579,255,756,153,9
Esdur 5104,647,778,858,058,456,5
Esdur 6104,646,479,456,257,655,6
Mittel104,747,279,156,657,455,3

Schwanz- und Ohrverletzungen bei den Prüftieren in der Prüfstation Grub nach dem System "HeriSINS"

Die Bewertung der Tiere hinsichtlich des Auftretens von Verletzungen/ Nekrosen nach dem System "HeriSINS" (s.u.) erfolgte bei den Nachkommen der Eber kurz nach der Geburt auf dem Versuchsbetrieb (n=365) und bei den Tieren, welche in die Prüfstation Grub eingestallt wurden (n=60), zusätzlich in der 7. Aufzuchtwoche sowie in der Mittelmast. Zur besseren Übersichtlichkeit wurde ein Gesamt-SINS-Score berechnet, welcher sich aus den aufsummierten Boniturnoten von Schwanz, Ohren, Zitzen und Kronsaum zusammensetzt. Ein hoher SINS-Score beschreibt somit ein häufigeres/ stärkeres Auftreten von SINS-Merkmalen (Entzündungen und Nekrosen). Hier zeigten die Nachkommen des Ebers Esdur 5 zu allen Bewertungszeitpunkten den niedrigsten SINS-Score (siehe Tabelle 4).

Untersuchungen zur Erblichkeit des Swine Inflammation and Necrosis Syndrome (HeriSINS)

Tabelle 4: Gesamt-SINS-Score von Saugferkeln des Versuchsbetriebes und bei den Prüftieren der Prüfstation Grub in der 7. Aufzuchtwoche und in der Mittelmast: aufsummierte Boniturnoten von Schwanz, Ohren, Zitzen, Kronsaum in Abhängigkeit der Herkunft
 Gesamt DNAEsdur 4Esdur 5Esdur 6
Saugferkelbonitur Versuchsbetrieb
Tierzahl (n)36512484157
Gesamt-SINS-Score (Saugferkel)1,872,131,451,90
Bonitur in der Aufzucht und Mittelmast
Tierzahl (n)60201822
Gesamt-SINS-Score in der 7. Aufzuchtwoche2,462,652,282,43
Gesamt-SINS-Score Mittelmast2,572,652,282,74

Ermittlung des Anteils der Tiere mit Ohren- und Schwanzverletzungen zu Beginn/ am Ende der Ferkelaufzucht und zum Mastende auf dem Versuchsbetrieb

Der Versuchsbetrieb verzichtet grundsätzlich auf das Kupieren der Schwänze, was die Voraussetzung für die Ermittlung von Schwanzverletzungen bei Tieren mit intaktem Ringelschwanz im Verlauf der Aufzucht- und Mastphase war. Die Ermittlung von Ohren- und Schwanzverletzungen wurde beim Absetzen der Tiere (Beginn Aufzucht im Flatdeck), zum Ende der Ferkelaufzucht und zu Mastende durchgeführt (siehe Tabelle 5 und 6). Zum Absetzzeitpunkt (mittleres Alter der Tiere 25 Tage) waren mit einem Anteil von 2,4 % der aufgezogenen Ferkel wenige Tiere mit Schwanzverletzungen (Wunden und Nekrosen) vorhanden. Deutlich häufiger traten zu diesem Zeitpunkt Ohrverletzungen (Ohrrandnekrosen) auf (11,9 % im Mittel). Dabei waren Nachkommen des Ebers Esdur 4 mit einem Anteil von 16,1 % besonders betroffen, gefolgt von den Esdur 6-Nachkommen (12,8 %). Während das Auftreten von Ohrverletzungen im folgenden Aufzucht- und Mastverlauf nahe gegen Null ging und die Verletzungen abheilten, zeichnete sich insbesondere im Bereich der Ferkelaufzucht im Flatdeck ein häufiges Auftreten von Schwanzverletzungen ab. Dabei wiesen 36,4 % der Ferkel (Bezugsbasis Anzahl auf-gezogener Ferkel) zum Ende der Aufzucht eine Schwanzverletzung auf (mittleres Alter der Tiere 78 Tage). Besonders betroffen waren auch hier Nachkommen des Ebers Esdur 4 mit einem Anteil von 47,5 %. Bei den Nachkommen des Ebers Esdur 6 hatten 34,6 % Schwanzverletzungen, 26,7 % bei Esdur 5. Gegen Mastende waren mit einem Anteil von 0,8 % betroffener Tiere fast alle Schwanzverletzungen vollständig verheilt.
Tabelle 5: Anteil der Tiere (in %) mit Ohrenverletzung auf dem Versuchsbetrieb (Bezugsbasis Anzahl aufgezogener Ferkel) zu Beginn und Ende der Ferkelaufzucht und zu Mastende in Abhängigkeit der Herkunft
 Esdur 4Esdur 5Esdur 6Gesamt
Anzahl aufgezogener Ferkel (n)118105156379
OhrOhrOhrOhr
Beginn Ferkelaufzucht16,15,712,811,9
Ende Ferkelaufzucht0,01,00,00,3
Mastende0,00,00,00,0
Tabelle 6: Anteil der Tiere (in %) mit Schwanzverletzung auf dem Versuchsbetrieb (Bezugsbasis Anzahl aufgezogener Ferkel) zu Beginn und Ende der Ferkelaufzucht und zu Mastende in Abhängigkeit der Herkunft
 Esdur 4Esdur 5Esdur 6Gesamt
Anzahl aufgezogener Ferkel (n)118105156379
SchwanzSchwanzSchwanzSchwanz
Beginn Ferkelaufzucht1,75,70,62,4
Ende Ferkelaufzucht47,526,734,636,4
Mastende0,81,00,60,8

Schlussfolgerungen

Die Fragestellung, inwieweit sich Duroc-Genetik der Herkunft DNA L600 zur Erzeugung von Mastendprodukten für die Vermarktung in einem bayerischen Qualitätsprogramm für Schweinefleisch eignet, ist durch einen Vergleich der Nachkommenleistungen anderer Duroc-Herkünfte und auch gegenüber Piétrain-Nachkommen zu bewerten (siehe Tabelle 7).
Der DNA L600 überzeugt dabei mit 1.112 g durch ein gutes Zunahmen-Niveau, welches das der bayerischen Duroc-Nachkommen (1.027 g) übertrifft. Auch im Merkmal Futterverbrauch je kg Zuwachs schneidet die Herkunft mit im Mittel 2,44 kg/ kg gut ab. Im Fleisch- und im Bauchfleischanteil haben die L 600 Nachkommen bessere Werte im Vergleich zu anderen Duroc-Herkünften, welche in den letzten Jahren in der Prüfstation Grub geprüft wurden. Im Vergleich zu den Nachkommen aus bayerischer Duroc-Zucht sind hier etwa 2 %-Punkte mehr zu erreichen. Hier sticht der Eber Esdur 5 besonders hervor.
Auch bei der Fleischqualität zeigt der DNA L600 mit einem Tropfsaftverlust von im Mittel nur 2,00 % sehr gute Werte, während jedoch der Gehalt an Intramuskulärem Fett (IMF) mit 1,78 % im unteren Bereich einzustufen ist und somit die Zielgröße von 2 % nicht erreicht.
Ein gezielter züchterischer Einsatz von Duroc-Ebern der Herkunft DNA im bayerischen Zuchtprogramm ist auf Grund der ermittelten Leistungen somit zu empfehlen. Hierbei ist insbesondere auf eine gezielte Anpaarung an Sauen mit einem hohen IMF-Zuchtwert zu achten.

Beim Vergleich der 3 eingesetzten DNA-Eber zeigten Nachkommen des Ebers Esdur 5 die geringsten Entzündungs- und Nekrosesymptome (SINS) sowohl bei den Ferkeln kurz nach der Geburt als auch bei den bewerteten Prüftieren in der Prüfstation Grub. Auch auf dem Versuchsbetrieb waren die Nachkommen von Esdur 5 am seltensten von Schwanz- und Ohrverletzungen betroffen. Der vorliegende Versuch legt nahe, dass der Eber Esdur 5 für die Haltung von unkupierten Tieren Vorteile aufweisen könnte.
Tabelle 7: Vergleich der Erzeugungs- und Qualitätsparameter der DNA L600-Nachkommen mit Nachkommen weiterer Herkünfte in der Prüfstation Grub
 DNA L600Bayerischer DurocHybrid DurocSpanischer Duroc Bavarian Pietrain (Turbo-Label)
Anzahl Prüftiere601105545515
Ausschlachtung (%)79,179,578,178,980,4
Futterverwertung2,442,502,372,602,42
Tägliche Zunahme (g)1.1121.0271.155932966
Fleischanteil (LPA) (%)57,455,055,053,560,9
Fleischanteil Bauch (%)55,353,854,052,459,6
Fleischfläche (cm2)47,248,247,547,459,6
Intramuskulärer Fettgehalt (%)1,781,961,751,971,37
Tropfsaftverlust (%)2,002,583,103,433,29

Eindrücke: Bewertung der Tiere kurz nach der Geburt auf SINS-Merkmale

Ferkelfüße

Kronsaum mit Nekrosen

Ferkelschwanz

Ferkel mit einer deutlichen Schwanzrötung an der Spitze

zwei Ferkel im Arm

Mastendprodukt einer Duroc-Kreuzung

Ansprechpartner:
Dr. Rudolf Eisenreich

Institut für Tierzucht
Hans-Loher-Str. 32
94099 Ruhstorf a.d. Rott
Tel.: 08161 8640-7180
E-Mail: Tierzucht@lfl.bayern.de

Projektinformationen
Projektleitung: Dr. Rudolf Eisenreich
Projektdurchführung: Dirk Reinhardt, Miriam Krafft, Dr. Dorothea Lösel
Projektlaufzeit: 01.09.2023 bis 31.05.2025