Pressemitteilung - 19. Dezember 2016
Biodiversität in der Kulturlandschaft im Fokus eines LfL-Forschungsprojekts

Der Biodiversitäts-Verlust ist in den bayerischen Kulturlandschaften genauso dramatisch wie auf europäischer Ebene. Eine wissenschaftliche Messeinheit der Biodiversität ist der sogenannte Farmland-Bird-Index. Der Farmland-Bird-Index zeigt, dass die Bestände charakteristischer Vogelarten der landwirtschaftlichen Flur in den vergangenen 40 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgingen. Erst in den letzten zehn Jahren deutet sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau an. Bei der Diskussion über Biodiversität ist der Blick zurück auf den Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung der Menschen unverzichtbar. Die frühere Landwirtschaft hat durch die Nutzung eine hohe Biodiversität geschaffen, quasi als Nebenprodukt der räumlich und kulturhistorisch sehr differenzierten Nutzungsformen. Darauf kann die Landwirtschaft stolz sein, gleichzeitig trägt sie eine entsprechende Verantwortung für die Zukunft. Förderprogramme wie das bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) und das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) sind wirkungsvolle Instrumente, um die Artenvielfalt zu fördern. Durch die KULAP-Maßnahme B48 „Blühflächen an Waldrändern und in der Feldflur“ sind bayernweit in den intensiv genutzten Ackerbauregionen fast 10.000 Hektar an fünfjährigen Blühflächen entstanden. Die hohe ökologische Wertigkeit der fünfjährigen KULAP-Blühflächen auf blütenbestäubende Insekten, Vogelarten der Agrarlandschaft und Niederwild kann jeder sofort erkennen. Den Beweis dieser Biodiversitätsleistung unserer Landwirtschaft liefert das Forschungsprojekt „Faunistische Evaluierung von Blühflächen“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Die Spuren agrarischer Nutzung auf besten Böden in den sogenannten Gäulandschaften gehen bereits bis in die Jungsteinzeit zurück. Innerhalb der letzten 1.500 Jahre haben die Landschaften Mitteleuropas einen extremen Wandel erfahren. Menschen mit ihrer Landnutzung haben sich regelrecht in die bestehenden Urwälder gefressen. Am Anfang nutzten die Menschen Flächen entlang der Flusstäler bis hinein in die Mittelgebirgslandschaften und später auch Grenzertragsstandorte der Hochebenen. Großflächige Weidelandschaften machten sie allmählich wiesen- und ackerfähig. Diese regional sehr unterschiedliche Nutzung erzeugte ein Mosaik an Kulturlandschaftselementen und Landschaften beispielsweise Trockenrasen, Streuwiesen und Heidelandschaften.

Die Intensivierungswelle der Nachkriegszeit hat die Agrarstruktur stark verändert, seit den 80er Jahren ist eine starke Ausdifferenzierung der Landnutzung erkennbar. Neben dem Flächenverbrauch durch Siedlungen und Infrastruktur, der gestiegenen Freizeitnutzung und der Klimaveränderung ist die Landwirtschaft einer der Hauptverursacher des Artenrückganges. Bewirtschaftungseinschränkungen auf Flächen, die für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung zu nass, zu trocken, zu steinig oder zu steil sind, führten zur Verbuschung und Wiederbewaldung (Sukzession) und damit zum Verlust von Arten. Diese Grenzertragsstandorte sind in der Zwischenzeit Vorranggebiete für den Naturschutz, erfordern aber eine landwirt-schaftliche Bewirtschaftung, oft unter dem Begriff der Landschaftspflege. Ertragreiche Flächen wurden intensiver genutzt und dort ist bereits durch die hohe Produktion der Kulturarten oft kein Platz für Biodiversität; es kommt z.B. kein Licht an den Boden für Ackerwildkräuter, es gibt kein Durchkommen für Rebhühner. Zusätzlich werden über das hohe Nährstoffniveau und den gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Arten verdrängt.

Mit der staatlich verankerten Wildlebensraumberatung beschreitet Bayern seit dem Jahr 2015 einen neuen Weg. In jedem Regierungsbezirk steht ein Wildlebensraumberater als Ansprechpartner bereit. Ziel der Wildlebensraumberatung ist die Förderung der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft durch die fachkundige Beratung von Landwirten, Jägern, Jagdgenossen, Gemeinde- und Naturschutzvertretern. Gemeinsames Handeln schafft wertvolle, neue Lebensräume, diese bieten z.B. Feldhase, Rebhuhn und Goldammer sowie zahlreichen blütenbestäubenden Insekten wertvolle Nahrungs- und Rückzugsräume. Ein essentieller Erfolgsbaustein der Wildlebensraumberatung ist, dass KULAP-Maßnahmen und die Möglichkeiten, die das Greening bietet, praxisgerecht und maßgeschneidert an die Bedürfnisse des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes angepasst werden. Die Beratung ist zudem praxisbezogen und kostenfrei.
Insgesamt gilt es, das Potenzial der Landwirtschaft zur Steigerung der Biodiversität zu verwirklichen. Neben den erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind es oft die kleinen Dinge, die nachhaltig erfolgreich sind. Die LfL stellt dazu im Internet ausführliche Beratungsunterlagen bereit, wie beispielsweise Anbauanleitungen.