Wie vermeidet man Virusbefall im Pflanzkartoffelanbau?

Kartoffelstaude mit Virusbefall
Die wichtigsten Maßnahmen zur Virusabwehr sind eine verhaltene Stickstoffdüngung, die Beseitigung von Infektionsquellen innerhalb und außerhalb des Vermehrungsschlages sowie große Pflanzkartoffelschläge. Insektizide können nur ein kleiner Baustein bei der Bekämpfung nicht persistenter Viren sein.
Viruskranke Kartoffelpflanzen lassen in ihrer Ertragsleistung und Knollenqualität nach. Besondere wirtschaftliche Bedeutung haben bei uns das Kartoffelblattvirus (PLRV) und die verschiedenen Stämme des Kartoffel-Y-Virus (PVY).
Beide Viruskrankheiten werden durch Blattläuse übertragen. Aus diesem Grunde ist es nicht verwunderlich, dass in blattlausreichen Jahren die Virusausbreitung besonders hoch ist. Vor allem Kartoffelvermehrer müssen erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen, wenn der Virusgehalt die festgelegten Normen für Pflanzgut überschreitet.

Virusübertragung

Infizierte Kartoffelstauden stellen während der gesamten Vegetationsperiode Infektionsquellen für die Läuse dar. Die Aufnahme des Blattrollvirus erfolgt aus den Siebröhren der Blätter (Leitungsbahnen). Erst nach einer längeren Zirkulationszeit, während der das Virus in der Laus vom Darm zur Speicheldrüse wandert, ist eine erneute Abgabe möglich. Man geht davon aus, dass zwischen Aufnahme und erfolgreicher Weitergabe an gesunde Pflanzen 2-3 Tage liegen. Ganz anders ist die Übertragungsweise bei dem nicht zirkulativen (nicht persistenten) Y-Virus. Hier genügt ein kurzer Probestich an erkrankten Kartoffelpflanzen, um die Viruspartikel aufzunehmen. Das am Mundstachel der Blattlaus anhaltende Virus kann bei erneutem Einstechen ebenso schnell wieder abgegeben werden. In der Regel sind für die Aufnahme und anschließende erfolgreiche Weitergabe jeweils nicht mehr als 30 Sekunden Saugzeit oder Probestechen notwendig. Daraus ergibt sich, dass Infektionen mit dem Kartoffelblattrollvirus durch Insektizidspritzungen weitgehend unterbunden werden können. Hingegen ist bei dem kurzfristig übertragenen Y-Virus selbst bei einem lückenlosen Insektizidschutz eine Übertragung möglich, da die Infektion erfolgt, bevor die Laus abgetötet wird.

Erfolg durch Bündelung von Maßnahmen

Eine erfolgreiche Abwehrstrategie ist nur durch Bündelung von Maßnahmen möglich. Der sicherste Weg ist der Anbau einer wenig anfälligen Sorte. Dieser Punkt soll jedoch nur am Rande erwähnt werden, da die Sortenwahl weitgehend vom Markt abhängt, und somit der Landwirt kaum Auswahlmöglichkeiten hat. Weitere wichtige Maßnahmen sind:

Zurückhaltende Stickstoffdüngung

Hohe N-Gaben führen zu einem erhöhten Anteil freier Aminosäuren (Bausteine für Proteine) in den Siebröhren der Blätter. Diese Aminosäuren bilden für Läuse nicht nur einen erheblichen Probestechen- und Siedlungsanreiz, sondern erhöhen auch deren Vermehrungsraten. Darüber hinaus hat eine gesteigerte Nachkommenproduktion gleichzeitig eine stärkere Virusausbreitung von Pflanze zu Pflanze durch ungeflügelte Läuse zur Folge. Hinzu kommt, dass die Virusvermehrung in der Pflanze bei reichlicher N-Versorgung erleichtert ist.
Hingegen wird bei verhaltener N-Düngung die Knollenbildung beschleunigt, was wiederum zu einer schnelleren Abreife führt. Dadurch ist der Zeitraum, in dem die Pflanzen infiziert werden können kürzer. Auch ist die Bereinigung der Bestände von viruskranken Pflanzen bei geringer N-Düngung leichter durchführbar. (Stickstoff fördert die Maskierung der Symptome). Die Stickstoffversorgung hat somit eine eminent wichtige Bedeutung auf das Infektionsgeschehen. Aus diesem Grunde muss im Bereich Pflanzkartoffelproduktion das Düngungsniveau deutlich niedriger liegen als in anderen Verwertungsrichtungen. Da die optimale N-Düngung von einer Vielzahl von Faktoren abhängt (Bodenart, Vorfrucht, organische Düngermenge u. a.) kann hier nur auf die regional zuständige Beratung verwiesen werden.

Reduzierung der Infektionsmöglichkeiten für Läuse

Dazu gehört zum einen die Vermeidung von Kartoffeldurchwuchs in Getreide und Stillegungsflächen, da diese Pflanzen frühzeitig Infektionsquellen für Vektoren darstellen. Der Einsatz von virusfreiem Pflanzgut in allen Verwertungsrichtungen, die weiträumige Trennung von Konsum- und Vermehrungsschlägen und eine rechtzeitige Bereinigung (sobald Virussymptome zu erkennen sind) verringert das Risiko der Virusaufnahme und Weiterverbreitung durch Läuse. Neben kranken Kartoffelpflanzen sind auch Unkräuter Träger des Y-Virus. Nach neueren Untersuchungen können Weißer Gänsefuß, Acker-Gänsedistel, Taubnessel, Hirtentäschel, Sonnwend-Wolfsmilch, Stiefmütterchen, Storchschnabel u. a. in hohem Maße infiziert sein. Aus diesem Grunde kommt auch der Unkrautbekämpfung eine nicht unerhebliche Bedeutung bei der Virusabwehr zu. Auch müssen bei der routinemäßigen Begehung der Pflanzkartoffelbestände zur Selektion kranker Kartoffelpflanzen gleichzeitig auch diese Unkräuter entfernt werden.

Große Schläge sind weniger gefährdet

Läuse sind flugträge, deshalb werden im Frühjahr die Schlagränder stärker besiedelt als das Schlaginnere. Je kleiner der Schlag umso überproportionaler kommen deshalb die Randeffekte zum Tragen. Auf keinem Fall sollte sich die Vermehrungsfläche am Rande eines Konsumschlages befinden.

Frühzeitige Krautabtötung

Dadurch kann die Abwanderung des Virus von den grünen Pflanzenteilen in die Knollen verhindert werden. Wichtig ist jedoch, dass es zu keinem Wiederaustrieb kommt, da junge Blätter von Blattläusen besonders stark beflogen werden.

Insektizidspritzungen

Die am Anfang aufgezeigten Besonderheiten bei der Übertragung nicht persistenter Viren haben zur Folge, dass Insektizidspritzungen nur einen unbefriedigenden Schutz vor PVY-Infektionen bieten können. Die Erfolgsaussichten sind am größten, wenn die Behandlungen frühzeitig in der Saison stattfinden (Zuflug der ersten Läuse), und der Infektionsdruck auf Grund einer geringen Anzahl viruskranker Pflanzen innerhalb und außerhalb des Kartoffelbestandes niedrig ist. In Übersicht 1 ist eine Insektizidstrategie gegen Virosen aufgezeigt. Zum Zeitpunkt des Frühjahrsfluges kommt es darauf an, die Ansiedlung von Läusen in den Vermehrungsbeständen zu verhindern. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass als Y-Überträger nicht nur die auf Kartoffeln siedelnden Blattläuse in Frage kommen, sondern auch eine ganze Reihe anderer Arten, die auf Kartoffelpflanzen nur Probestiche durchführen und anschließend die Pflanzen wieder verlassen. Nach den vorliegenden Erfahrungen haben Pyrethroide (Ripcord) eine repellente (abschreckende) Wirkung auf Blattläuse. Ab dem Zeitpunkt, nach dem vermehrt ungeflügelte Läuse auftreten, ist hingegen der Einsatz systemischer Insektizide sinnvoll. Da diese Präparate in der Pflanze transportierbar sind, ist auch die Abtötung versteckt sitzender Läuse gegeben. Die dritte kritische Periode für die Virusausbreitung ist der Sommerflug der Blattläuse. In dieser Phase kommt es zum einen darauf an, die Läusepopulation niedrig zu halten und zum anderen, die Abwanderung virusbeladener Läuse zu verhindern. Dieses Ziel ist am besten durch den Einsatz von Tankmischungen mit einem systemischen Präparat und einem Kontaktmittel (jeweils halbe Aufwandmenge) zu erreichen. Damit beugt man auch der Resistenzgefahr vor.

Fazit

Weil die Kartoffelviren nicht direkt bekämpft werden können, muss man versuchen die Krankheit auf indirektem Wege einzugrenzen. Dies bedeutet, dass alle Faktoren, die dem Virus abträglich sind, gefördert werden sollten. Darüber hinaus sind Infektionsquellen frühzeitig zu beseitigen. Bei nicht persistenten Viren, wie dem Kartoffelvirus Y, ist durch den alleinigen Einsatz von Insektiziden wenig zu erreichen.