Praxisinformationen
Jahresbericht über die Ermittlung von Erzeugungs- und Qualitätsparametern sowie der Zuchtwertschätzung beim Schwein

Großes Gebäude in der LandschaftZoombild vorhanden

Neuer Versuchs- und Prüfstall des Forschungs- und Prüfzentrums Schwein in Schwarzenau. Foto: BaySG

In den Prüfstationen für Schweine in Grub und Schwarzenau werden unter standardisierten Bedingungen Erzeugungs- und Qualitätsmerkmale von Nachkommen aus der Herdbuchzucht und der künstlichen Besamung ermittelt, die im Rahmen der Zuchtwertschätzung die Grundlage für die spätere Selektionsentscheidung bilden.

Im Jahr 2024 wurden in den Prüfstationen 4.520 Tiere eingestallt, bei welchen neben den klassischen Prüfmerkmalen auch das Safthaltevermögen im Kotelett, der Intramuskuläre Fettgehalt, Zitzenmängel und Hilfsschleimbeutel an den Extremitäten routinemäßig erfasst werden. Zudem wurden 100 Tiere im Rahmen von Versuchen geprüft. Projekte zur Haltung nicht kupierter Tiere sind zudem ein wichtiger Teil der Arbeit der Prüfstationen. Zusätzlich zur klassischen Stationsprüfung wird das Datenpotential in Praxisbetrieben mit bayerischen Hybridsauen konsequent weiter erschlossen. Durch das Programm "BayernGO" der Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w. V. (EGZH) werden seit dem Jahr 2020 die Leistungen von Bestandssauen und deren Nachkommen in eigenremontierenden Ferkelerzeugerbetrieben des LKV Bayern e.V. erfasst und in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt. Dies erweitert insbesondere die Anzahl von Reinzuchtleistungen erheblich.

Auf Basis dieses europaweit einzigartigen Datenpools in den organisierten Ferkelerzeugerbetrieben ist es so gelungen, den Zuchtfortschritt bei der Vitalität der Ferkel und der Homogenität des Wurfes deutlich zu steigern. Beides, die hervorragende Merkmalserhebung in den Prüfstationen und die konsequente Nutzung von Felddaten, sind in Verbindung mit der genomischen Zuchtwertschätzung die Garanten für die hervorragende züchterische Entwicklung der in Bayern gezüchteten Rassen Piétrain, Duroc, Deutsche Landrasse und Deutsches Edelschwein.

Leistungsprüfungen und Zuchtwertschätzung beim Schwein in Bayern: Jahresbericht (LfL-Information)

Der vorliegende Bericht enthält neben den Stationsergebnissen noch Zusatzauswertungen, vor allem hinsichtlich der Fleischbeschaffenheit, die Ergebnisse der Feldprüfungen sowie die aktuellen genetischen Trends anhand der Entwicklung der Zuchtwerte der letzten 10 Jahre. Zudem gibt er einen Überblick über aktuelle Forschungsaktivitäten im Bereich der Schweinezucht.

Das Prüfungsjahr 2024

Das Jahr 2024 war für die Ferkelerzeuger ein ökonomisch gutes Jahr. Die Energie- und Futterkosten waren im Vergleich zum Jahr 2023 weiter rückläufig, was bei einem Ringferkelpreis von über 80 € zu positiven Unternehmergewinnen führte. In der Schweinemast war mit einem Schlachtschweinepreis von über 2,00 €/ kg Schlachtgewicht ebenso ein positives Betriebsergebnis zu erzielen.
Zum Stichtag 11/2024 hielten in Bayern 1.270 Betriebe (-1,6 Prozent zum Vorjahr) etwa 162.000 Zuchtsauen. Der Zuchtsauenbestand erhöhte sich somit im Vergleich zum Vorjahr geringfügig (+3,2 Prozent). Die Betriebe mit Schweinemast verringerten sich auf 2.800 Betriebe (-4,8 Prozent), der Bestand an Mastschweinen auf 1,14 Mio. Tiere (-2,6 Prozent). Auch für das Jahr 2025 sind ordentliche ökonomische Betriebsergebnisse zu erwarten, so dass eine deutliche Verringerung der Schweinehalter und Schweinebestände im laufenden Jahr nicht zu erwarten ist.
Für die bestmögliche Qualität der bayerischen Tiere ist die Zucht maßgeblich mitverantwortlich. Um hier weiter den Anforderungen der Landwirte und der Gesellschaft gerecht zu werden, wurden im Jahr 2024 zahlreiche Maßnahmen getroffen.

Einweihung und Inbetriebnahme des neuen Forschungs- und Prüfzentrums (FPZ) für Schweine in Schwarzenau

Als eine der wichtigsten Maßnahmen ist sicherlich die Einweihung und Inbetriebnahme des neuen Versuchsschlachthauses am Versuchs- und Bildungszentrum Schwarzenau der Bayerischen Staatsgüter (BaySG) zu nennen. Zudem wurde der Neubau des Prüfstalles des Forschungs- und Prüfzentrums (FPZ) für Schweine in Schwarzenau begonnen. Die stationäre Prüfung wird somit auch in Zukunft neben der Partnerschaft mit dem LKV Bayern e.V. den wesentlichen Faktor für die bayerische Schweinzucht darstellen.

Die Ergebnisse zu dem Projekt HeriSINS zum Thema Entzündungs- und Nekrosesyndrom beim Schwein werden 2025 vorliegen

Die Erhöhung des Anteils von Schweinen mit intaktem Ringelschwanz ist gesellschaftspolitisch gewünscht und wird daher in der Zuchtarbeit verstärkt in den Fokus genommen. In den Prüfstationen Grub und Schwarzenau werden bereits seit Mitte des Jahres 2021 grundsätzlich Tiere mit intaktem Ringelschwanz eingestallt. Im Jahr 2023 begann ein vom StMELF gefördertes Projekt (HeriSINS) zum Thema Entzündungs- und Nekrosesyndrom beim Schwein (SINS), in welchem an nicht kupierten Tieren SINS-Merkmale erhoben und deren Zusammenhang für das Auftreten von Schwanzverletzungen untersucht werden. Ergebnisse dazu werden Mitte 2025 vorliegen.

Projekte im Rahmen der Stations- bzw. Feldprüfung und Zuchtwertschätzung

Im Jahr 2024 wurden wichtige Aufgaben zur Stärkung der bayerischen Schweinezucht auf den Weg gebracht. Hierzu zählen besonders die Projekte, welche wichtige Grundlagen für künftige Neuausrichtungen der Zuchtziele bei den Vater- und Mutterrassen liefern können.
Die züchterische Verbesserung der Effizienz, die Verringerung des Auftretens von Technopathien und Anomalien, die Ermittlung des Tierverhaltens oder die Zucht auf geringe Ferkelverluste bei homogenen Würfen sind Beispiele für Schwerpunkte der bayerischen Zucht. Neben dem Erhalt der ökomischen Wettbewerbsfähigkeit sind daher die Sicherung einer hervorragenden Fleischqualität, die weitere Verbesserung von Gesundheitsmerkmalen und insbesondere von Tierwohl- und Verhaltensaspekten wichtige Bausteine in den bayerischen Zuchtprogrammen. So ist sowohl bei den Mutter- als auch bei den Vaterrassen die Resistenzzucht gegenüber den E. Coli F18- und F4-Bakterien im Blickfeld der Zuchtarbeit.

Das Vaterrassenmodell zur Förderung der bayerischen Piétrainzucht wurde fortgeführt

Auch wurde von der Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w.V. (EGZH) das sog. Vaterrassenmodell zur Förderung der bayerischen Piétrainzucht fortgeführt. So wurden im Rahmen des Vaterrassen-Modells im Jahr 2024 umfangreich Nachzuchtsauen und Eberkandidaten genotypisiert. Zudem werden für das bayerische Zuchtprogramm besonders interessante Anpaarungen gefördert.
Über eine Anpassung des Zuchtziels der Vaterrassen wurden bereits im Jahr 2023 intensive Diskussionen geführt. Hintergrund ist die Forderung der Märkte, den Zu-nahmen mehr Gewicht zu geben. Auch das vermehrte Angebot wuchsstarker Endstufengenetik in Bayern spielt hier eine Rolle. Von der EGZH wurde daher im Jahr 2024 die Zuchtzielanpassung bei den Vaterrassen umgesetzt.
Seit dem Jahr 2023 wird ein Selektionsindex für „Vitalität paternal“ geschätzt. Dieser beinhaltet Zuchtwerte für die Anzahl lebend geborener, tot geborener und zu leicht geborener Ferkel. Um die Sicherheit dieser Zuchtwerte zu erhöhen ist eine stetig gute Erfassung der Merkmale in den Ringbetrieben eine wichtige Voraussetzung. Daher ist es das Ziel, gemeinsam mit den LKV-Ringberatern noch mehr Überzeugungsarbeit für die Erfassung dieser Merkmale zu leisten. Es können allerdings nur sorten-reine Würfe in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt werden.
Tabelle: Kennzahlen zur Erfassung von Fruchtbarkeitsmerkmalen in Ferkelerzeugerbetrieben
MerkmalFerkelerzeuger
Würfe gesamt40.180
Lebendgeborene Ferkel je Wurf13,8
Anteil der Würfe mit Angabe zur Anzahl totgeborener Ferkel73,8 %
Anteil der Würfe mit totgeborenen Ferkeln59,4 %
Gesamt geborene Ferkel je Wurf15,1
Totgeborene Ferkel je Wurf1,37
Anteil totgeborener Ferkel an den gesamt geborenen Ferkeln8,4 %
Anteil der Würfe mit Angabe zur Anzahl zu leicht geborener Ferkel28,2 %
Anteil der Würfe mit zu leicht geborenen Ferkeln26,3 %
Zu leicht geborene Ferkel je Wurf0,62
Anteil zu leicht geborener Ferkel an den lebendgeborenen Ferkeln4,1 %
Um die Erfassung paternaler Fruchtbarkeitsmerkale noch weiter zur verbessern wurde ein Projekt durchgeführt, in welchem die Kennzeichnung der Ferkel mit einer elektronischen Ohrmarke kurz nach der Geburt in Kombination mit einer Ferkel-waage erprobt wurde. Dies ermöglicht eine exakte Zuordnung der Abstammung und eine genaue Erfassung der Geburtsgewichte der Ferkel. Dies könnte die Erfassung des Merkmals „Wurfhomogenität“ bei ausgewählten Prüfbetrieben deutlich verbessern.

Erblichkeit von SINS-Merkmalen beim Schwein (HeriSINS)

Im Rahmen des Projekts „Erblichkeit von SINS-Merkmalen beim Schwein (HeriSINS)“ wurden zum Stand Mai 2025 etwa 445 Betriebsbesuche durchgeführt, 3.609 Würfe auf SINS bonitiert und 43.482 Saugferkelbonituren vollzogen. Zudem wurden etwa 6.716 Bonituren in den Quarantänestationen und etwa 6.561 Bonituren in den Prüfstationen durchgeführt. Es konnte eine Vielzahl von SINS-Zeichen beobachtet werden. Diese können – müssen aber nicht – alle gleichzeitig auftreten. Manche Gesetzmäßigkeiten aus der Literatur lassen sich wiederfinden. Insgesamt zeigte sich zum Zeitpunkt der Geburt eine niedrige Prävalenz der Merkmale.

Durchführung eines Vergleichs unterschiedlicher Wachstumseber bei Duroc-Genetic

Für die Erzeugung von Schweinefleisch besonders hoher Qualität bedarf es einer gezielten Auswahl der Genetik. Frühere Untersuchungen des Instituts für Tierzucht zeigten, dass Nachkommen von Duroc-Ebern aus bayerischer Herkunft eine besonders gute Fleischqualität aufweisen und gegenüber anderen Genetikanbietern in diesen Merkmalen im Vorteil sind. Der Intramuskuläre Fettgehalt betrug 1,96 Prozent und der Tropfsaftverlust lag bei nur 2,58 Prozent. Die bayerische Züchtervereinigung EGZH ist bestrebt, die Duroc-Zucht weiter auszubauen. Zu diesem Zweck kooperiert die EGZH mit dem Zuchtunternehmen DNA Genetics, einem der führenden Genetik-Anbieter in Nordamerika mit einem Standort in Spanien. DNA Genetics beschreibt, dass Ihr Duroc-Eber mit dem Markennamen DNA L600 über eine außergewöhnliche Marmorierung, Farbe und pH-Werte verfügt und somit deren Nachkommen hervorragende Fleischqualitätsmerkmale erreichen.

https://dnaswinegenetics.com/terminal-line/ Externer Link

Gegenstand des im Jahr 2024 begonnen Projekts ist daher, das Potential des DNA Duroc L600 für ein bayerisches Qualitätsprogramm für Schweinefleisch und dessen Einsatzmöglichkeiten im bayerischen Zuchtprogramm für die Rasse Duroc zu eruieren.
Zur Information für die bayerische Landeszucht werden regelmäßig Vergleiche mit in Bayern eingesetzten Endstufenebern durchgeführt. Seit etwa 4 Jahren werden Endstufeneber des Zuchtunternehmens Topigs Norsvin der Linie TN Tempo angeboten, welche im Jahr 2019 von Topigs eingeführt wurde. Zur Einschätzung der Eigenschaften wurden Eber der Linie TN Tempo gegenüber Piétrain-Ebern aus dem Zuchtprogramm der EGZH Bayern mit EGZH-Label „Turbo“ einem Herkunftsvergleich unterzogen.

Abschluss des Projektes "BayernGO"

In der Mutterrassenzucht wurde die Umsetzung der Genomischen Selektion bei der Remontierung der Sauenbestände der Landrasse fortgesetzt. Dabei steigt zunehmend die Nachfrage nach Tieren, die eine Resistenz gegen die Ödemkrankheit aufweisen, deutlich an. Sowohl die bayerischen Besamungsstationen für die Eigenremontierer in Bayern, als auch nichtbayerische Kunden nutzen den aktuell nur in Bayern veröffentlichten Resistenzstatus der Sauen und Eber.
Aufgrund der starken Verbreitung der bayerischen Landrassegenetik in Bayern wurde das von der EU geförderte Innovationsprojekt zur Nutzung der Typisierung auch bei Eigenremontierern von der EGZH als „BayernGO“ abgeschlossen und es erfolgte eine Nachförderung durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus. Diese Förderung setzt die Erhebung von Verhaltens- und Gesundheitsmerkmalen im Hinblick auf künftig abzusehende Haltungsbedingungen voraus.

Ansprechpartner
Dr. Rudolf Eisenreich
Institut für Tierzucht
Hans-Loher-Str. 32
Ruhstorf a.d. Rott
Tel.: 08161 8640-7180
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@LfL.bayern.de

Porträtfoto:

Dr. Rudolf Eisenreich

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