Forschungs- und Innovationsprojekt
Aufbau einer kooperativen Direktvermarktung über Verkaufs­automaten am LfL-Standort Ruhstorf a.d.Rott – das "Kleeberger Kistl"

Außenansicht des Verkaufscontainers "Kleeberger Kistl".Zoombild vorhanden

Foto: Anna-Maria Saller

Flexible und kontaktlose Einkaufsmöglichkeiten werden immer beliebter, nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie. Das Vending, also der Verkauf von Waren über Verkaufsautomaten, ermöglicht eine zeitlich unabhängige und sichere Vermarktung ganz ohne Verkaufspersonal und erfreut sich auch unter Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern großer Beliebtheit.
Viele landwirtschaftliche Betriebe vermarkten ihre eigenen Produkte bereits über einen Verkaufsautomaten und ergänzen ihr Produktportfolio durch Zukäufe von Berufskollegen. Für diese Form der Direktvermarktung ist aber auch ein kooperativer Vermarktungsansatz denkbar. Derzeit stehen jedoch zu wenig Erfahrungswerte und Daten zum Aufbau und Betrieb einer kooperativen Direktvermarktung über Verkaufsautomaten zur Verfügung.

In den letzten Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten bei Verkaufsautomaten deutlich weiterentwickelt. Digitale Lösungen wie die Telemetrie ermöglichen eine Fernanalyse und Fernverwaltung des Verkaufsautomaten in Echtzeit und liefern dem Betreiber beispielsweise nicht nur nützliche Informationen zum Verkaufsverhalten und zum Warenbestand, sondern ermöglichen auch ein Störungsmanagement, wodurch Betriebs- und Serviceprozesse optimiert werden können. Bargeldlose Bezahlmodule ergänzen die Bezahlung mit Münzen oder Scheinen am Automaten und bedeuten für die Kundschaft noch mehr Flexibilität und Komfort. All diese Sonderausstattungen sind jedoch auch mit höheren Investitions- und laufenden Kosten für Betreiberinnen und Betreibern verbunden. Ob diese technischen Lösungen − insbesondere im Hinblick auf den gemeinschaftlichen Vermarktungsweg − einen Mehrwert für die Kooperationspartnerinnen und -partner bieten, soll im Rahmen des Projektes analysiert werden.

Zielsetzung

Im Rahmen des Projektes soll am LfL-Standort Ruhstorf eine kooperative Direktvermarktung mit Erzeugerinnen und Erzeugern aus der Region aufgebaut und wissenschaftlich begleitet werden. Es sollen Hürden und Lösungsansätze für eine kooperative Direktvermarktung mit Hilfe von Verkaufsautomaten erarbeitet werden.
Ziel ist außerdem die Praxisdatenerhebung zur Direktvermarktung mit Verkaufsautomaten mit besonderem Augenmerk auf den kooperativen Vertriebsweg mit digitalen und smarten Lösungen. Ergänzend dazu sollen Praxisdaten und Erfahrungswerte zur Direktvermarktung mit Vertrauenskasse gesammelt werden.
Technische Möglichkeiten wie die Telemetrie oder das bargeldlose Bezahlen sollen einem Praxistest unterzogen und der Mehrwert für die Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter ermittelt werden, insbesondere im Hinblick auf einen gemeinschaftlichen Betrieb eines Verkaufsautomaten.
Qualitative Befragungen von landwirtschaftlichen Betrieben mit und ohne aktive Automatenvermarktung sollen zusätzliche Einblicke in die Chancen und Risiken der smarten, flexiblen und kontaktlosen Direktvermarktung geben.
m Rahmen des Projektes sollen zu guter Letzt anhand einer Internetrecherche aktuelle Zahlen zum Umfang des landwirtschaftlichen Vendings in Bayern erhoben werden.

Methodik

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer mit dem LfL-Projektteam vor dem Verkaufscontainer Kleeberger KistlZoombild vorhanden

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer mit dem "Kleeberger Kistl"-Projektteam
Foto: Dr. Gerhard Dorfner

Am LfL-Standort in Ruhstorf wird gemeinsam mit landwirtschaftlichen Betrieben aus der Region eine kooperative Direktvermarktung über Verkaufsautomaten aufgebaut. Hierfür stellt die LfL einen Verkaufsautomaten inkl. Umhausung zur Verfügung. Der Verkaufsraum wird genügend Platz für einen weiteren Verkaufsbereich mit Vertrauenskasse bieten, über den die teilnehmenden direktvermarktende Betriebe Produkte vermarkten können, die beispielsweise zu groß für den Automaten und/oder nicht kühlpflichtig sind. Die LfL wird die landwirtschaftlichen Betriebe bei der Realisierung der kooperativen Vermarktung bis ins erste Jahr des laufenden Betriebs wissenschaftlich begleiten. Es werden Erfahrungswerte und Praxisdaten erhoben, die anderen interessierten, landwirtschaftlichen Betrieben in Form eines Leitfadens zur Verfügung gestellt werden sollen.
Des Weiteren wird eine Online-Umfrage von Betrieben mit und ohne aktive Automatenvermarktung durchgeführt werden. Anhand von Experteninterviews mit den bayerischen Pionier-Betrieben, die vor vielen Jahren erstmals ins landwirtschaftlichen Vending eingestiegen sind, sollen zusätzliche Erfahrungswerte gesammelt werden.
Die Bestandsaufnahme der in Bayern von Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern betriebenen Verkaufsautomaten wird anhand einer Internetrecherche erfolgen. Dabei sollen unter anderem auch Informationen zu den Produktgruppen gesammelt werden, die landwirtschaftliche Betriebe hauptsächlich über die Automaten vermarkten.

Ergebnisse

2. Erfolgreicher Start der kooperativen Vermarktung “Kleeberger Kistl“ im niederbayerischen Ruhstorf a.d.Rott

Am 19. Januar 2023 wurde das "Kleeberger Kistl", eine kooperative Vermarktung über Automaten und Vertrauenskasse, im niederbayerischen Ruhstorf a.d.Rott feierlich eröffnet. Insgesamt 15 Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter aus dem Rott- und Inntal konnten für die Kooperation gewonnen werden und liefern Waren vom Hof direkt zum Verkaufscontainer. Seit der Eröffnung können Verbraucherinnen und Verbraucher im "Kleeberger Kistl" viele Lebensmittel direkt von Erzeugern aus der Region einkaufen – und das rund um die Uhr und auf Wunsch auch bargeldlos.
Das "Kleeberger Kistl" ist ein individuell gestalteter, 18 Quadratmeter großer Verkaufscontainer, der im Gemeindeteil Kleeberg im niederbayerischen Markt Ruhstorf a.d.Rott an einer vielbefahrenen Kreisstraße aufgestellt wurde. In diesem "Kistl" befindet sich ein Verkaufsautomat mit technischer Vollausstattung, über den kühlpflichtige oder höherpreisige Produkte wie Wurstwaren, Käse oder Honig vermarktet werden. Große, nicht kühlpflichtige Produkte wie Kartoffeln, Zwiebeln, Säfte oder Mehle können die Kunden selbst aus Regalen und Truhen entnehmen. Das Besondere: Auch diese Einkäufe werden über den Automaten abgewickelt, sodass Kunden stets die Wechselgeldfunktion und das bargeldlose Bezahlen nutzen können. Um Diebstahl und Vandalismus zu verhindern, kommen Videokameras zum Einsatz. Dank Telemetrie ist eine Fernanalyse und -überwachung des Verkaufsautomaten und der Vertrauenskasse in Echtzeit möglich. Damit lässt sich nicht nur der Warenbestand jederzeit überprüfen, sondern es können auch nützliche Informationen zum Verkaufsverhalten gesammelt sowie Störungen direkt erkannt werden, wodurch Betriebs- und Serviceprozesse optimiert werden können. Die Familie Huber vom gegenüberliegenden Gasthaus Hölzlwimmer kümmert sich gemeinsam mit dem Projektteam der LfL um die Betreuung und Bestückung des Automaten, der Regale und Truhen.
Alle Produkte im "Kistl" stammen von landwirtschaftlichen Betrieben aus maximal 20 km Entfernung. Damit die Kunden sich einen besseren Eindruck von ihren Lebensmittelproduzenten machen können, wird im Container jeder an der Kooperation beteiligte Betrieb über ein Display vorgestellt.
Erfahrungswerte und Praxisdaten aus dem Aufbau der kooperativen Direktvermarktung am LfL-Standort in Ruhstorf werden voraussichtlich Anfang 2024 auf dieser Seite veröffentlicht.

Weiterführende Informationen zur Eröffnung des “Kleeberger Kistls“:

Außenansicht des Verkaufscontainers "Kleeberger Kistl" am Eröffnungstag mit roter Schleife.

Foto: Anna-Maria Saller

Alle an der Kooperation beteiligten Betriebe vor dem "Kleeberger Kistl".

Foto: Anna-Maria Saller

Alle an der Kooperation beteiligten Betriebe und das LfL-Projektteam vor dem "Kleeberger Kistl".

Foto: Anna-Maria Saller

Innenansicht des Verkaufscontainers mit Automat, Regalen und Truhen.

Foto: Anna-Maria Saller

Produkte im Verkaufsautomaten.

Foto: Anna-Maria Saller

Kontaktlose Bezahlung mit dem Smartphone am Automaten.

Foto: Anna-Maria Saller

Produktentnahme aus dem Ausgabeschacht des Automaten.

Foto: Anna-Maria Saller

Mit Produkten befüllte Regale und Truhen im Inneren des Verkaufscontainers.

Foto: Anna-Maria Saller

Einkauf von Mehl über die Vertrauenskasse.

Foto: Anna-Maria Saller

Kartoffeln und Zwiebeln werden im Container in Truhen gelagert.

Foto: Anna-Maria Saller

Regale mit Säften und einer Pfandrückgabestation auf Vertrauensbasis.

Foto: Anna-Maria Saller

Feierliche Eröffnung des Verkaufscontainers.

Foto: Anna-Maria Saller

Gäste und Redner in einem festlich dekoriertem Stadl.

Foto: Anna-Maria Saller

Projektteam vor dem Verkaufscontainer.

Foto: Anna-Maria Saller

Projektteam und Familie Huber vor dem Verkaufscontainer.

Foto: Anna-Maria Saller

3. Online-Umfrage und Experteninterviews

Ergebnisse aus der Online-Umfrage und den Experteninterviews werden im Frühjahr 2024 erwartet.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Sophia Goßner
Projektmitarbeiterinnen: Anna Wimmer, Karin Baumbach
Laufzeit: 01.01.2022 bis 31.12.2026
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Ansprechpartnerin bei Fragen zum Projekt
Dr. Sophia Goßner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft,
Institut für Agrarökonomie
Hans-Loher-Str. 32
94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4658
E-Mail: automat@LfL.bayern.de