Einfluss des Pflegezustandes von Liegeboxen auf das Liegeverhalten bei Milchkühen

Bei der Laufstallhaltung von Milchkühen ist der Liegeboxenlaufstall das am weitesten verbreitete Haltungssystem, bei dem der Landwirt sich schon bei der Planung für Hoch- oder Tiefboxen entscheiden muss. Tiefboxen mit losen Schüttungen oder feste Stroh-Mist-Matratzen gelten allgemein als die tiergerechtesten Liegeboxen. Als Auflagen für Hochboxen gibt es inzwischen eine Vielzahl von Produkten, die sich in Weichheit, Haltbarkeit und Investitionsbedarf teilweise erheblich unterscheiden.

Zielsetzung

Die Frage, welche Boxenausführung für den einzelnen Betrieb geeignet ist, wird hauptsächlich durch die Faktoren Arbeit- und Investitionsaufwand entschieden. Die Stroh-Mist-Matratze erfordert einen relativ hohen und vor allem kontinuierlichen Arbeitsaufwand, hat aber die geringeren Investitionskosten. Hochboxen mit komfortablen Liegepolstern dagegen sind teuer, benötigen jedoch weniger Pflege. Bei der Entscheidung für Tiefboxen wird der Pflegeaufwand häufig nicht berücksichtigt. Oft fehlt die Zeit und die Motivation die Boxen zu pflegen.
Die im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführten Untersuchungen sollten darüber Aufschluss geben, inwieweit sich der Pflegezustand der Tiefboxen auf das Liegeverhalten und somit auf den Komfort und das Wohlbefinden der Tiere auswirken. Gleichzeit sollte ein Vergleich zu Hochboxen Aufschluss darüber geben, ob diese den schlecht gepflegten Tiefboxen gegenüber zu bevorzugen sind.

Methode

SchemazeichnungZoombild vorhanden

Aufbau einer Stroh-Mist-Matratze

Der Versuch wurde im Milchviehstall der Versuchsstation Grub durchgeführt, in dem sich 20 Hochboxen mit den Komfortmatten der Firma KRAIBURG "KEW-Plus" und 30 Tiefboxen mit gut etablierten Stroh-Mist-Matratzen befanden. Der Versuch wurde in drei Phasen gegliedert, in denen sich die Tiefboxen in optimalem, mittlerem und schlechtem Zustand befanden.
Die 1. Phase stellte die Ausgangssituation des Versuches dar. Die Tiefboxen waren in einem optimal gepflegten Zustand mit einer intakten Matratze und einer sauberen Schicht frischen Stroh obenauf. Die Matratze war überall gleichmäßig dick und entsprach in etwa der Stärke der Streuschwelle.
Küche im StallZoombild vorhanden

Kühe beim Untersuchen

Für die 2. Phase wurden die Tiefboxen 4 Wochen lang nicht eingestreut. Die Stärke der Matratze war anschließend deutlich reduziert und ungleichmäßig. Es bildete sich eine deutliche Kuhle, vor allem in der hinteren Hälfte der Liegefläche. Die Liegefläche war hart und uneben, aber noch griffig.

Da der Untergrund der vormals sehr guten Matratze sich nur ungenügend selbst auflöste, wurde für die 3. Phase von Hand der hintere Teil der Liegefläche so weit ausgeräumt, bis eine Betonfläche von 60x60 cm zum Vorschein kam. Ebenso wurde der hintere Matratzenrand so weit reduziert, dass die Differenz zur Oberkante der Streuschwelle gut 20 cm betrug.
Mit Hilfe digitaler Videotechnik wurden die Belegung der Boxen, Aufsteh- und Abliegevorgänge, Liegepositionen und Liegedauern sowie das Stehen in den Boxen erfasst.

Ergebnisse

SäulendiagrammZoombild vorhanden

relative Belegung

Je schlechter der Pflegezustand der Tiefboxen, desto deutlicher wechselten die Kühe zu den Hochboxen. Die Belegung der Tiefboxen reduzierte von 36,1 % in der 1. Phase auf weniger als die Hälfte (15,3 %).
SäulendiagrammZoombild vorhanden

Gesamtliegedauer pro Tag

Die Gesamtliegedauer verringerte sich von 13,2 auf 10,8 Stunden pro Kuh und Tag. Das Defizit durch die verminderte Nutzung der Tiefboxen konnte nicht durch der stärkere Belegung der Hochboxen ausgeglichen werden, da den 50 Tieren nur 20 Hochboxen zur Verfügung standen.
Das Untersuchen und Betreten der jeweiligen Liegebox dauerte bei den Tiefboxen erheblich länger als bei den Hochboxen und verlängerte sich mit Verschlechterung des Pflegezustandes. Umgekehrt waren die Werte für die Abliegevorbereitung. Diese lagen bei den Tiefboxen im Sekundenbereich, während sich bei den Hochboxen Dauern im Minutenbereich zeigten. Der Abliegevorgang selbst dauerte bei beiden Boxenarten etwa 3-4 Sekunden.
Die durchschnittlichen Liegephasendauern zeigten deutliche Unterschiede zwischen den Hoch- und Tiefboxen. Die Hochboxen wiesen, selbst im Vergleich zu optimal gestalteten Tiefboxen, signifikant längere Liegeperioden auf, die in allen drei Phasen relativ konstant blieben (88-91 Min.). Die Werte der Tiefboxen verringerten sich dagegen drastisch von 72 Min. in der 1. Phase zur 3. Phase, wo die Liegephasen am Tag nur noch 46 Min. und in der Nacht 67 Min. dauerten.
Die Dauer der Aufstehphase war bei beiden Boxentypen in etwa gleich. Jedoch kam es bei den Tiefboxen in der 3. Phase sehr häufig zum Ausrutschen mit den Vorder- und Hintergliedmaßen infolge des glatten Betonbodens mit nur geringer Strohauflage. Bei den Hochboxen rutschen 8-11 % der Tiere in allen drei Phasen aus.
Nach dem Aufstehen verließen die Kühe die Tiefboxen sofort, während bei den Hochboxen die Tiere noch über eine Minute in der Box stehenblieben. Das Verlassen der Box dauerte jedoch mit Verschlechterung des Pflegezustandes und damit relativ höheren Streuschwelle länger.
Zusammenfassung der Ergebnisse in einer Tabelle
Zusammenfassung der Ergebnisse
 PflegezustandTiefboxenHochboxengesamt
Boxenbelegung1 optimal
2 mittel
3 schlecht
36,1 %
32,1 %
15,3 %
18,6 %
17,9 %
29,6 %
 
Gesamtliegezeit
Stunden
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
  13,2
12,0
10,8
Untersuchen der Box (sec)1 optimal
2 mittel
3 schlecht
17,44
15,54
27,10
5,36
3,92
3,82
 
Betreten der Box (sec)1 optimal
2 mittel
3 schlecht
4,10
5,48
9,80
1,88
1,38
1,52
 
Abliegevorbereitung
(sec)
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
4,26
5,30
6,66
56,52
57,54
86,04
 
Liegephasendauer Tag/Nacht
(min)
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
72,27 / 72,91
72,67 / 89,87
45,88 / 67,30
88,83 / 88,10
89,68 / 91,73
89,14 / 91,51
 
Stehen in der Box vor dem Verlassen
(sec)
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
3,74
3,70
10,16
102,94
77,44
86,72
 
Verlassen der Box
(sec)
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
2,82
3,96
4,98
1,84
1,48
1,66
 
Ausrutschen beim Aufstehen (%)
vorn / hinten
1 optimal
2 mittel
3 schlecht
0 / 0
0 / 0
13,2 / 18,4
0 / 8
0 / 11
0 / 11
 
Projektinformation
Projektleitung: Prof. Dr. K. Reiter
Projektbearbeitung: M. Abriel
Laufzeit: 2005/2006
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

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