Haltungsformen in der Putenmast
Einfluss der Haltungsformen 1 bis 4 auf das Tierwohl, die biologischen Leistungsmerkmale und die Wirtschaftlichkeit bei der Mast von Putenhähnen
Seit 2019 gibt es die sogenannte Haltungsformkennzeichnung (zunächst 4-stufig, seit 1. Juli 2024 5-stufig) des Lebensmitteleinzelhandels speziell für Milch- und Molkereiprodukte sowie Fleisch und Fleischprodukte. Sie soll es Verbrauchern erleichtern, eine informierte Entscheidung beim Lebensmitteleinkauf zu treffen.Definiert wurden die Haltungsformen von der Initiative Tierwohl in Zusammenarbeit mit den Lebensmitteleinzelhändlern Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Marken-Discount, Penny und Rewe. Sie legen Mindestanforderungen für die Milchviehhaltung, sowie die Rinder-, Schweine-, Kaninchen-, Enten-, Puten- und Hähnchenmast fest.
Hintergrund und Problemstellung
Definition der Haltungsformen für die Mast von Putenhähnen

Die Umstellung auf höhere Haltungsformen bei Puten bietet mehrere Vorteile, die sowohl das Tierwohl als auch die wirtschaftliche Situation der Betriebe betreffen können:
- Verbessertes Tierwohl: Die Haltungsformen drei und vier bieten den Tieren mehr Platz, Bewegungsfreiheit und Zugang zum Außenbereich. Das höhere Platzangebot bietet den Tieren die Möglichkeit Rangkämpfen eher aus dem Weg zu gehen, was Verletzungen vorbeugen könnte.
- Marktvorteile: Verbraucher legen zunehmend Wert auf tiergerechtere Haltung. Produkte aus den Haltungsformen drei und vier könnten daher besser vermarktet werden und möglicherweise höhere Preise erzielen, was die Rentabilität der Betriebe steigern könnte.
- Betriebe, die auf höhere Haltungsformen umstellen, können ihr öffentliches Image verbessern und das Vertrauen der Verbraucher stärken.
Gleichzeitig bringt die Umstellung auf höhere Haltungsformen bei Puten verschiedene Herausforderungen mit sich:
- Investitionsbedarf: Die Umstellung erfordert oft erhebliche Investitionen in die Stallinfrastruktur, um den Anforderungen der Haltungsformen gerecht zu werden. Dazu gehören größere Stallflächen, Auslaufmöglichkeiten und geeignete Einrichtungen für die Tiere.
- Betriebswirtschaftliche Aspekte: Die höheren Kosten für die Umstellung können die Wirtschaftlichkeit des Betriebs beeinträchtigen. Zudem verteilen sich die Kosten des Stalles und der Tierbetreuung auf eine wesentlich geringere Tierzahl.
- Biosicherheit: Ein Zugang zum Auslauf erhöht die Keimbelastung, da sich Grasflächen nicht desinfizieren lassen und auch eine Krankheitsübertragung durch Wildvögel möglich ist. Insbesondere ist dies im Hinblick auf die aktuelle Vogelgrippe-Thematik kritisch zu betrachten.
- Marktzugang und -akzeptanz: Es besteht die Herausforderung, dass die Verbraucher die Produkte aus diesen Haltungsformen akzeptieren und bereit sind, höhere Preise zu zahlen. Eine umfassende Vermarktungsstrategie ist erforderlich, um das Bewusstsein für die Vorteile höherer Haltungsformen zu schärfen.
Zielsetzung
Material und Methoden
Beide Versuchsdurchgänge werden mit Tieren der Genetik B. U. T. 6 am Versuchs- und Bildungszentrum Geflügel, Staatsgut Kitzingen, durchgeführt. Die Tiere werden als Eintagsküken mit gekürztem Schnabel von einer Brüterei bezogen.
Nach einer 5-Wöchigen Aufzucht unter einheitlichen Bedingungen (7,9 Tiere/m², Picksteine zur Beschäftigung) wird der Stall in acht Abteile mit je 30 m² unterteilt. Somit ergeben sich pro Haltungsform zwei Abteile. Die Tieranzahl je Abteil variiert, sodass die vorgegebene Besatzdichte der jeweiligen Haltungsform zum Mastende eingehalten wird:
- Haltungsform 1: 75 Tiere pro Abteil, Besatzdichte 58 kg/m²
- Haltungsform 2: 68 Tiere pro Abteil, Besatzdichte 53 kg/m²
- Haltungsform 3: 73 Tiere pro Abteil + Außenklimabereich (Grundfläche 22,5 m²), Besatzdichte 41 kg/m² (Anrechnung von 50 % des Außenklimabereichs)
- Haltungsform 4: 37 Tiere pro Abteil + Außenklimabereich + Auslauf (Grundfläche 500 m²), Besatzdichte 21 kg/m² (Anrechnung von 50 % des Außenklimabereichs)
Ein weiterer Unterschied zwischen den Varianten ist das angebotene Beschäftigungsmaterial:
- Haltungsform 1: Pickstein
- Haltungsform 2: Pickstein
- Haltungsform 3: Pickstein, Luzerneballen, Heu, Stroh im Außenklimabereich, erhöhte Ebene
- Haltungsform 4: Pickstein, Luzerneballen, Heu, Stroh im Außenklimabereich, erhöhte Ebene, Strohballen
Zu jedem Futterphasenwechsel nach der 2., 5., 9., 13., 17. und 21. Lebenswoche werden die Tiere gewogen und die verbrauchten Wasser-, sowie Futtermengen je Abteil erfasst.
Auch Bonituren des Integumentzustands werden vorgenommen, um den körperlichen Zustand der Tiere zu beurteilen. Dazu zählen Beschädigungen am Gefieder, Verletzungen und andere Veränderungen (zum Beispiel Fußballenveränderungen).
Täglich werden Verletzungen sowie Abgänge erfasst, wobei Art und von der Verletzung betroffene Körperstelle beziehungsweise das Gewicht der verendeten Puten und die Abgangsursache dokumentiert werden. Auch der Verbrauch von Beschäftigungsmaterial wird aufgezeichnet.
Am Ende der Mast des jeweiligen Durchgangs werden von sechs Tieren je Abteil die Schlachtleistungsmerkmale erhoben. Dazu zählen Schlachtgewicht, Ausschlachtung, Gewicht der bedeutendsten Teilstücke (Brust, Keule, Flügel) und Organgewichte (Herz, Leber, Magen).
Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit werden der Zeitaufwand für die Tierbetreuung und andere Arbeitsvorgänge erfasst.
Ergebnisse

Projektinformation
Projektleitung Dr. Philipp Hofmann
Projektbearbeitung: Markus Stadelmann, Isabel Roth
Projektpartner: Bayerische Staatsgüter, Staatsgut Kitzingen
Laufzeit: 01.04.2024 bis 01.04.2026
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF)
Förderkennzeichen: L/a-7490-1/1384/6