Fischereiliche Hege in Baggerseen

Blick auf einen See
Besonders in Regionen ohne natürliche Standgewässer sind Baggerseen bedeutende Bestandteile der Landschaft, an denen aber eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen aufeinander treffen. Hier gilt es sowohl die Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes, der Fischerei sowie der Freizeitnutzung in ausgewogenem Maß zu berücksichtigen.

Baggerseen als Lebensraum

Blick auf einen See

Foto: W. Völkel

Baggerseen sind von Grundwasser gespeiste künstliche Gewässer, die durch den Abbau von Sand und Kies entstehen.
Neu geschaffen, weisen sie meist steil abfallende, unbewachsene Ufer auf. Sie sind zunächst nährstoffarm, ohne Sedimentablagerung und das klare, sauerstoffreiche Wasser ist auch im Sommer vergleichsweise kühl. Der natürliche Alterungsprozess führt zu einem grundlegenden Wandel des Lebensraums. Durch Sedimentationsprozesse wird der Gewässergrund abgedichtet und der Wasseraustausch zwischen See- und Grundwasser verringert. Der Nährstoffgehalt des Gewässers nimmt zu. Sichttiefe, Sauerstoffgehalt und Wassertemperatur unterliegen zunehmend starken jahreszeitlichen Schwankungen.
Die spezifischen Nährstoff-, Sediment- und Temperaturverhältnisse in „jungen“ und „alten“ Baggerseen bilden die Grundlage für sehr unterschiedliche Pflanzen- und Tierlebensgemeinschaften.

Was trägt die Fischerei zu einer guten Entwicklung bei?

Besonders in Regionen ohne natürliche Standgewässer sind Baggerseen bedeutende Bestandteile der Landschaft, an denen aber eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen aufeinander treffen. Hier gilt es sowohl die Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes, der Fischerei sowie der Freizeitnutzung in ausgewogenem Maß zu berücksichtigen.
Das vorliegende Faltblatt soll dazu dienen, die Bedeutung der fischereilichen Hege in Baggerseen insbesondere vor dem Hintergrund des Biotop- und Artenschutzes zu verdeutlichen.
Rechtliche Grundlagen
Das Bayerische Fischereigesetz verpflichtet gemäß Artikel 1 zur Ausübung der Fischerei
  • entsprechend dem gesetzlichen Hegeziel (Art. 1 Abs. 2 BayFiG).
    Zur Erfüllung seiner Hegeverpflichtung hat der Fischereiausübungsberechtigte einen der Größe, Beschaffenheit und Ertragsfähigkeit des Gewässers angepassten, artenreichen und gesunden Fischbestand zu erhalten bzw. zu fördern sowie standortgerechte Lebensgemeinschaften zu pflegen und zu sichern.
  • entsprechend dem Leitbild der Nachhaltigkeit (Art. 1 Abs. 3 BayFiG). Um die Nachhaltigkeit der Fischerei zu gewährleisten, sind die Regeln der guten fachlichen Praxis, die die Anforderungen des Naturschutzgesetzes umfassen, einzuhalten.
Die in der Ausführungsverordnung (AVBayFiG) festgelegten fischartspezifischen Fangbeschränkungen dienen der Einhaltung der Hegeverpflichtung und dem Gebot der Nachhaltigkeit. Eine Fischereiausübung, die sich an den festgelegten Schonmaßen und -zeiten orientiert, berücksichtigt Erfordernisse der Fischbiologie und der Bestandsregulierung ebenso wie die Vorgaben des Arten- und Biotopschutzes.
Eine nachhaltige Fischerei liegt im öffentlichen Interesse und ist als Kulturgut zu erhalten und zu fördern (Art. 1 Abs. 4 BayFiG).
Baggersee mit Sandstrand
Grundsätzlich besteht an jedem Gewässer, in dem die Fischereiausübung möglich ist, auch ein Fischereirecht. Dieses Fischereirecht und mit ihm die gesetzliche Hegeverpflichtung bestehen unabhängig vom Willen der Beteiligten. Auf das Recht kann nicht verzichtet werden, es kann lediglich einer anderen Person übertragen (z. B. einem Verein verpachtet) werden. Auch staatliche Behörden können das Fischereirecht nicht beseitigen.
Die Ausübung des Fischereirechts kann nur ausnahmsweise beschränkt oder ausgeschlossen werden. Das kann nach Art. 18 Abs. 2 BayFiG der Fall sein, wenn ein neu zu schaffendes geschlossenes Gewässer (z. B. ein Baggersee) von geringer Größe als Ausgleichs-, Ersatz- oder Artenschutzmaßnahme ausschließlich Zwecken des Naturschutzes zu dienen bestimmt wird und es sich nicht um ein Überschwemmungsgebiet handelt. Derartige Gewässer dürfen eine Fläche von maximal 3.000 m² umfassen. Eine Beschränkung des Fischereirechts ist in Ausnahmefällen auch nach Vorschriften des Naturschutzrechts möglich, wenn damit nach § 15 BNatSchG eine Ersatzmaßnahme (Wiederherstellung der beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts) geschaffen werden soll oder auf der Grundlage des § 23 BNatSchG eine Schutzgebietsverordnung erlassen wird.
In Verfahren zur Beschränkung oder Ausschluss eines bestehenden Fischereirechts sind Belange der Fischerei betroffen. Daher sind neben den betroffenen Grundeigentümern und Fischereirechtsinhabern die zuständigen Fischereifachstellen (Fachberatung für Fischerei, Institut für Fischerei) als Sachverständige einzuschalten (siehe auch VwVFiR Nr. 30.2).
Das Bayerische Naturschutzgesetz verpflichtet gemäß Art. 3 Abs. 1 bei Maßnahmen des Naturschuzes und der Landschaftspflege die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.

Fischfang

Angler steht an einem Baggersee
Das Fischereirecht ist untrennbar mit der Verpflichtung zur fischereilichen Hege verbunden (Art. 1 Abs. 2 BayFiG). Der Fischereiausübungsberechtigte (häufig ein Fischereiverein als Pächter des Fischereirechts) ist also Kraft des Gesetzes verpflichtet, sich
  • um den Erhalt und die Förderung eines ausgewogenen und dem Gewässer angepassten Fischbestands und
  • um die im und am Gewässer lebende Tier- und Pflanzenwelt zu kümmern.
Der Fischfang wird nachhaltig ausgeübt, d. h. ebenso wichtig wie die Nutzung der Fischbestände ist auch deren Schutz. Damit wird eine Überfischung oder Unterfischung einzelner Arten vermieden.
Der hegegerechte Fischfang ist ein zentrales Element, um Fehlentwicklungen des Fischbestandes, z. B. schlechten Ernährungszustand oder Parasitierung, entgegenzuwirken bzw. zu regulieren.
Um dies gewährleisten zu können, ist eine fortwährende Beobachtung und Bewertung der Fischbestände unerlässlich. Das bedeutet mehr als eine jährlich ein- bis zweimalig durchgeführte Fischbestandserhebung, z. B. durch Netzfischerei.
Zusätzlich zur Angelfischerei, deren Intensität für jedes Gewässer individuell über die Ausgabe von Erlaubnisscheinen nach den Verwaltungsvorschriften zum Fischereigesetz von der zuständigen Fachberatung für Fischerei geregelt wird (Art. 29 BayFiG), kann bei größeren Baggerseen der Einsatz von Stellnetzen, Reusen oder Elektrofischfanggeräten hilfreich oder erforderlich sein. Die Wahl der im Einzelfall zu verwendenden Fischereigeräte und -methoden ist am jeweiligen Fischbestand und Gewässerzustand (z.B. Wassertiefe, Uferstruktur, Bewuchs) auszurichten.
Durch das Führen einer lückenlosen Fangstatistik unter Angabe der gefangenen Fische und des Fischereiaufwandes (Fangtage inklusive „Schneidertage“) wird die Fischbestandsentwicklung und der Erfolg von Besatzmaßnahmen hinreichend genau eingeschätzt. Das ist grundlegende Voraussetzung, um die Hegeverpflichtung gemäß Bayerischem Fischereigesetz erfüllen zu können.

Fischbesatz

Eimer voll mit Fischen

Foto: Landesfischereiverband Bayern e.V.

Baggerseen würden ohne kontrollierte Besatzmaßnahmen, infolge der Einschleppung von Fischlaich durch Wasservögel oder Einbringen von Einzelfischen aus Gartenteichen oder Aquarien, gestörte Fischlebensgemeinschaften ausbilden. Die unkontrollierte Besiedelung resultiert meist in artenarmen, stark schwankenden Fischbeständen was weder fischereilich noch naturschutzfachlich wünschenswert ist.
Ein der Hegeverpflichtung entsprechender Fischbesatz trägt dazu bei, einen gesunden, artenreichen Fischbestand herbeizuführen.
Folgende Punkte sollten grundsätzlich berücksichtigt werden:

Der richtige Fisch in das richtige Gewässer

Es dürfen nur solche Fischarten besetzt werden, die unter den gegebenen gewässertypischen Verhältnissen artgerechte Lebensbedingungen finden. Die Menge der zu besetzenden Fische ist abhängig vom Angebot der artspezifischen Habitatstrukturen und der vorhandenen Naturnahrung. Es sind gesunde Fische geeigneter Herkunft zu besetzen. Bei Baggerseen, die im Überflutungsbereich von natürlichen Gewässern liegen, darf das Hegeziel in den umgebenden Gewässern nicht gefährdet werden.

Besatzfische, so jung wie möglich, so groß wie nötig

Grundsätzlich sollten möglichst junge Fische besetzt werden. Bei verstärktem Fraßdruck durch Kormorane sind Besatzzeitpunkt und Fischgröße so zu wählen, dass der Fischbesatz nicht zum Großteil dem Vogelfraß zum Opfer fällt und seine ursprüngliche Funktion im Rahmen der fischereilichen Hege verliert.

Biotop- und Artenschutz

Im Rahmen der fischereilichen Hege ist der Fischereiausübungsberechtigte gesetzlich verpflichtet, seine Bewirtschaftung so auszurichten, dass Biotope geschützt werden.
Seitens der Angelfischerei besteht ein elementares Interesse an einer naturnahen und vielfältigen Ufer- und Gewässerstruktur, da sich diese nicht nur positiv auf den Fischbestand auswirkt, sondern darüber hinaus den Freizeit- und Erholungswert beim Aufenthalt am Gewässer erheblich steigert.
So können z. B. lebensraumverbessernde Maßnahmen, wie die Schaffung von Flachwasserbereichen, von Fischereivereinen durchgeführt werden.
Baggersee

Foto: Landesfischereiverband Bayern e.V.

Baggerseen bieten verschiedensten - teilweise in Bayern bestandsgefährdeten - Fischarten einen wertvollen Lebensraum. Gleiches gilt für die dem Fischereirecht unterliegenden, einheimischen Muschelarten und den Edelkrebs. Die fischereiliche Hege liefert hier einen bedeutenden Beitrag zum Fischartenschutz. Von besonderem naturschutzfachlichen Wert sind in diesem Zusammenhang z.B. Bitterling, Karausche und Schleie (siehe „Typische Fischarten in Baggerseen“).
Der Schutz anderer heimischer Organismengruppen (z. B. Vögel, Amphibien) stellt als weiterer Bestandteil der Hegepflicht eine Selbstverständlichkeit dar. Sofern erforderlich, ist hierbei eine räumliche bzw. zeitliche Einschränkung der Fischereiausübung in Betracht zu ziehen.
Die rechtmäßige Ausübung der Fischerei beeinträchtigt die Ökologie eines Baggersees keinesfalls. Sie sorgt im Gegenteil für eine dem Gewässer angepasste, artenreiche Flora und Fauna.

Typische Fischarten in Baggerseen

Neben dem Bitterling, der Brachse und dem Hecht, zählen auch die Karausche, der Karfpen, die Rotfeder, Schleie und Zander zu den typischen Fischarten in bayersichen Baggerseen.
Bitterling im Wasser schwimmend

Bitterling

Brachse im Wasser schwimmend

Brachse

Hecht im Wasser schwimmend

Hecht

Karausche im Wasser schwimmend

Karausche

Karpfen im Wasser schwimmend

Karpfen

Rotfeder im Wasser schwimmend

Rotfeder

Schleie im Wasser schwimmend

Schleie

Zander imWasser schwimmend

Zander

Mehrere Fischbilder

Übersicht typische Fischarten im Baggersee

Ansprechpartner

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Fachberatung der Bezirke:

Übersicht Fischereifachberater der Bezirke