Forschungs- und Innovationsprojekt
Effizienz der Biogasverwertung

Foto BHKW
Eine möglichst hohe Stromeinspeisung ist nicht mehr alleiniger Garant für den profitablen Betrieb von Biogasanlagen in der Landwirtschaft. Die Anlagenbetreiber stehen vor der Herausforderung, innerhalb der gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept für die Verwertung und Vermarktung des erzeugten Biogases zu finden. Die Schlagworte lauten Direktvermarktung, Flexibilisierung und Systemintegration. Die Vielfalt der Optionen ist groß und das unternehmerische Risiko hat zugenommen. Zusätzlich werden die gesetzlichen Vorgaben für Anlagen im Geltungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zukünftig einen höheren technischen Aufwand notwendig machen.

Zielsetzung

Während das Verhalten der Wirkungsgrade und Schadstoffemissionen von Biogas-BHKW im Dauerbetrieb unter Volllast mittlerweile gut abgebildet wurde, besteht Forschungsbedarf hinsichtlich der Anpassung der BHKW-Technik an einen flexiblen Betrieb. Im vorliegenden Projekt wurde daher den folgenden Fragen zur Biogasverwertung nachgegangen:
  • Wie wirken sich unterschiedliche Lastniveaus auf den el. Wirkungsgrad und die Abgasemissionen von Biogas-Aggregaten verschiedener Bauweise aus?
  • Wie wirksam sind die von verschiedenen Herstellern angebotenen modernen Technologien zur Steigerung des el. Wirkungsgrades der Motoren?
  • Lassen sich Zusammenhänge zwischen den Emissionen und dem el. Wirkungsgrad ableiten?
  • Wie stark erhöht ein dauerhafter Intervall-/Start-Stopp-Betrieb den Verschleiß des Motors und gegebenenfalls der Abgasbehandlungseinrichtung?
  • Sind Mikrogasturbinen für die Praxis im Biogassektor einsetzbar und besitzen die-se Vorteile für eine flexible Fahrweise?
  • Wie ist die Wirksamkeit und Tauglichkeit verschiedener Abgasreinigungstechno-logien für Biogasmotoren bei wechselnder Last?
  • Welche Anforderungen kommen durch die TA Luft 2017 auf die BHKW-Aggregate zu und wie kann diesen begegnet werden?

Methodik

Moderne Biogas bzw. Klärgas betriebene Hubkolbenmotoren und Mikrogasturbinen wurden vor Ort mittels mobiler Messtechnik auf Wirkungsgrad und Emissionen unter Voll- und Teillast untersucht. Dabei werden auch Technologien zur Abgasreinigung mit berücksichtigt.
Der el. Wirkungsgrad der Aggregate wurde in Anlehnung an die DIN 3046-1 (ohne Kraftstoffkorrektur) ermittelt. Die verwendete mobile Abgas-Messtechnik erlaubte die Erfassung der Emissionen von Kohlenmonoxid (CO), Stickoxiden (NOx) und Kohlenwasserstoffen („Total Hydrocarbons“ - THC). Die THC-Fraktion enthält neben dem Hauptbestandteil Methan weitere Verbindungen, vor allem Ethen und Formaldehyd (Die Zusammensetzung konnte mit der verwendeten Messtechnik nicht analysiert werden). Der Methanschlupf wurde näherungsweise aus der Kohlenwasserstoffkonzentration im Abgas und dem Methangehalt im Brenngas berechnet bzw. mittels eines sogenannten „Methan-Cutters“ durch Differenzmessung bestimmt.
Die Aggregate wurden vor Ort in verschiedenen Lastzuständen jeweils über die Dauer einer Stunde gemessen. In Einzelfällen wurde auch das Verhalten während des Abschaltens und Wiederanfahrens untersucht. Durch wiederholte Messungen in etwa halbjährlichem Abstand wurde das Alterungsverhalten der Aggregate abgebildet.

Ergebnisse

Die höchsten el. Wirkungsgrade unter Volllast von bis zu 43 % zeigten der Gas-Otto-Motor mit BlueRail-Zündverfahren sowie der Zündstrahlmotor im Leistungsbereich um Pel = 250 kW. Unter Teillast ging der el. Wirkungsgrad in allen Fällen, jedoch von Aggregat zu Aggregat unterschiedlich stark zurück: bei 80 % Last um 0,9 bis 2,6 Prozentpunkte, bei 60 % Last um 2,5 bis 6,1 Prozentpunkte. Der anteilige Eigenstrombedarf nahm unter Teillast zu.

Gemessene Konzentrationen CO, NOx und THC im Abgas

Abb. 1: Gemessene Konzentrationen von CO, NOx und THC im Abgas eines 530 kW Gas-Otto-Motors (ohne Abgasbehandlung) unter Voll- und Teillast
Der Lambdawert (ʎ) war ein Schlüsselfaktor für das Abgasverhalten der Kolbenmotoren, anhand dessen die untersuchten Aggregate in zwei Kategorien unterteilt werden konnten: Motoren, die auf Volllast bei ʎ-Werten unter 1,5 betrieben wurden, zeigten höhere NOx-Konzentrationen im unbehandelten Abgas bei relativ niedrigen THC-Konzentrationen. Unter Teillast wurde ʎ angehoben, woraufhin der Stickoxid (NOx)-Wert sank, die Kohlenwasserstoff (THC)-Konzentration und damit auch der Methanschlupf jedoch deutlich anstiegen. (Beispiel siehe Abb. 1)
An Motoren im Magerbetrieb bei ʎ > 1,5 wurden unter Volllast deutlich geringere NOx-Emissionen gemessen bei gleichzeitig sehr hohem Methanschlupf. Unter Teillast wurde der ʎ-Wert leicht abgesenkt, so dass die NOx-Konzentration im Abgas mehr oder weniger gleich blieb und der Methanschlupf nur geringfügig zunahm. (Beispiel siehe Abb. 2).

Gemessene Konzentrationen von CO, NOx und THC im Abgas

Abb. 2: Gemessene Konzentrationen von CO, NOx und THC im Abgas eines 360 kW Gas-Otto-Motors (mit Oxidationskatalysator) unter Voll- und Teillast
Wurden Oxidationskatalysatoren eingesetzt, so waren diese für Kohlenmonoxid (CO) sehr wirksam, nicht jedoch für Methan. Um den Methanschlupf aus dem Abgas zu eliminieren, ist eine thermische Nachverbrennungseinheit erforderlich. Die im vorliegenden Projekt untersuchte thermische Nachverbrennungseinheit an einem 549 kW Gas-Otto-Motor erzielte eine Reduktionsleistung für THC/Methan von bis zu 99,5 %. Die Mikrogasturbinen wiesen ohne Abgasbehandlung sehr geringe Abgasemissionen auf, die gemessenen el. Wirkungsgrade erreichten jedoch nur maximal 23 bis 26 %.
Insgesamt wurde bei Anlagen mit einem hohen Methanschlupf tendenziell ein höherer el. Wirkungsgrad gemessen. In der Regel war dies darauf zurückzuführen, dass die effizienteren BHKW-Motoren mit einer hohen Verdichtung arbeiteten. Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob es ökologisch sinnvoller ist, bei höherem Methanschlupf effizienter Strom zu produzieren oder den Methanschlupf auf Kosten des el. Wirkungsgrades möglichst gering zu halten.
Für Kolbenmotoren würden die erwarteten strengeren Grenzwerte der zu novellierenden TA Luft erheblich höhere Anforderungen an die Motor- und Abgasbehandlungstechnik stellen. Zur Begrenzung der CO-Emissionen könnte auf eine Abgasbehandlung nicht mehr verzichtet werden. Innermotorische Maßnahmen zur Begrenzung der NOx-Emissionen limitieren hierbei den el. Wirkungsgrad. Daher könnte bei Motoren mit geringem Luftüberschuss die selektive katalytische Reduktion (SCR-Kat) ins Spiel kommen. (Vgl. Abb. 3)

Mittlere gemessene NOx- und THC-Konzentration im Abgas

Abb. 3: Mittlere gemessene NOx- und THC-Konzentration (verschiedene Laststufen) im Abgas der acht Motoren, klassifiziert nach ʎ-Werten vor dem Hintergrund der zu erwartenden Grenzwerte nach TA Luft 2017.
Die beim Herunter- und Wieder-Hochfahren von BHKW auftretenden Emissionsspitzen, sind für das gesamte Emissionsgeschehen eines BHKW nicht ausschlaggebend, da diese Betriebsphasen zeitlich eng begrenzt sind und ein geringes Abgasvolumen ausgestoßen wird. Im Falle einer Abgasreinigung mit Oxi-Kat dürften längere Stillstandszeiten sowie das wiederholte Aufheizen und Abkühlen die Lebensdauer des Katalysators jedoch tendenziell verkürzen. Genaue Aussagen über den Alterungsprozess der Aggregate aufgrund der Flexibilisierung konnten über den kurzen Zeitraum nicht getroffen werden.

Ausblick

Aus den Ergebnissen ist klar ersichtlich, dass sich sowohl der el. Wirkungsgrad als auch die Abgaszusammensetzung der BHKW-Aggregate unter Teillast gegenüber Volllast deutlich veränderten. Die große Streubreite der Werte deutet darauf hin, dass einzelne Motoren bereits auf einen möglichst hohen Wirkungsgrad auch unter Teillast getrimmt wurden. Der Rückgang des el. Wirkungsgrades – ob durch Alterung des Motors oder durch länger anhaltenden Teillastbetrieb – führt zu einem höheren Bedarf an Biogas und damit an Einsatzstoffen. Dies führt zu einer größeren Umweltbelastung bei gleichem Stromertrag.
Die Messergebnisse zeigen einen Zielkonflikt zwischen einer Minimierung der Methanemissionen aus dem Motorschlupf und einer Maximierung des el. Wirkungsgrades auf. Zudem stellt die Begrenzung der Stickoxid-Emissionen für diejenigen Motoren mit geringem Methanschlupf eine große Herausforderung dar. Es stellt sich die Frage, ob eine weitere Verschärfung der Abgasgrenzwerte unter dem Strich ökologisch und ökonomisch effizient („ökoeffizient“) ist. Dies sollte anhand von Ökobilanzen modelliert und an Fallbeispielen validiert werden.

Im Rahmen der TA Luft sollten die Auswirkungen der Motoreinstellung und einer flexiblen Fahrweise auf den Alterungsprozess der Abgasbehandlung (Oxidationskatalysatoren) untersucht werden. Bei Motoren mit hohen NOx-Emissionen könnte in naher Zukunft die SCR-Technologie (selektive katalytische Reaktion) eine Rolle spielen. Detaillierte technische und ökonomische Untersuchungen dieser Technologie sind erforderlich, um Empfehlungen zur Anwendung ableiten zu können.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Mathias Effenberger
Projektbearbeiter: Simon Tappen
Laufzeit: 2012-2016
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bzw. Wirtschaft & Medien, Energie & Technologie
Förderkennzeichen: BE/14/14