Forschungs- und Innovationsprojekt
Züchterische Optimierung der Aminosäurezusammensetzung von Wintergerste

Wintergerstenparzellen auf dem Feld

Verbesserung der Proteinverwertung in der Schweinemast durch züchterische Optimierung der Aminosäurezusammensetzung von Wintergerste

Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, züchterisch zu einer verbesserten Aminosäurezusammensetzung von Wintergerste beizutragen und somit langfristig die Nährstoffeffizienz in der Schweinehaltung zu erhöhen.
Im Zuge der Novellierung der Düngegesetzgebung haben sich die Vorgaben im Bereich des Nährstoffmanagements deutlich verschärft. Für schweinehaltende Betriebe geht es unter anderem darum, Stickstoff- und Phosphor-reduzierte Fütterungskonzepte weiterzuentwickeln. Nährstoffkreisläufe in der landwirtschaftlichen Tierhaltung sollen durch eine bedarfsgerechtere Versorgung der Tiere geschlossen werden.

Leitfaden

In Bayern wird fast die gesamte geerntete Wintergerstenmenge über die Tierproduktion veredelt und stellt sowohl in der Ferkelerzeugung als auch der Schweinemast einen bedeutenden Anteil der Futterrationen dar. Im Bereich der tragenden Sauen ist die Wintergerste sogar häufig die wichtigste Futterkomponente überhaupt. Außerdem erfolgt über die Wintergerste eine merkliche Versorgung der Tiere mit Rohfaser.

Eine Optimierung der Futterrationen in Bezug auf die Aminosäurezusammensetzung und eine Reduktion der Rohproteingehalte der Rationen in der Schweinehaltung hat potenziell viele Vorteile:

  • Ersatz teurer oder importierter Eiweißfuttermittel
  • Reduktion der Ausscheidung überschüssigen Proteins und damit einhergehend Stoff-wechselentlastung der Tiere
  • Reduktion der Ammoniakemissionen aus der Schweinehaltung
Die bedarfsgerechte Versorgung der Tiere hat somit das Potenzial, die Schweinehaltung nachhaltiger, kosteneffizienter sowie tier- und umweltschonender zu gestalten. Neue Sorten mit verbesserter Eiweißqualität können dies unterstützen. So kann die Pflanzenzüchtung auch einen wichtigen Beitrag zur Gesamtbetrachtung der Nährstoffflüsse in der Landwirtschaft leisten. Genaue Informationen über die Aminosäurequalität und -konzentration unterschiedlicher Wintergerstensorten liegen bisher kaum vor. In den vergangenen Jahren hat die Analytik jedoch große Fortschritte gemacht. Die Untersuchungskosten konnten verringert und die Probenlaufzeit verkürzt werden. Damit ist es möglich, ein größeres Wintergerstensortiment auf den Gehalt an Aminosäuren zu untersuchen. Da in der Düngeverordnung neben Stickstoff auch Phosphor reglementiert wird, ist auch er ein weiterer Schwerpunkt des Projektes.

Methode

Zunächst wurden Kornproben aus den bayerischen Landessortenversuchen der Ernte 2017 auf ihre Aminosäurezusammensetzung und den Phosphor-Gehalt untersucht, um festzustellen, ob es überhaupt Sortenunterschiede bei diesen Merkmalen gibt.
Darüber hinaus wurde ein genetisch vielfältiges Sortiment aus 80 modernen und älteren Sorten aus verschiedenen Ländern zusammengestellt. Dieses Sortiment wurde zwei Jahre unter verschiedenen Stickstoff-Düngungsstufen im Gewächshaus und im Freiland getestet.
Für die Gewächshausversuche wurde dabei die „Moving Fields Anlage“ der LfL genutzt. Es handelt sich dabei um eine vollautomatisierte Gewächshausanlage, die es ermöglicht, Versuche unter kontrollierten Umweltbedingungen durchzuführen und dabei die Wachstumsdynamik oberirdisch und unterirdisch mittels Bildaufnahmen festzuhalten. Insgesamt können 390 kleine Pflanzenbestände automatisch durch das Gewächshaus zu Messstationen (Wiegen/Bewässern) und Beobachtungskammern für Bildaufnahmen transportiert werden.
Das Wintergerstensortiment wurde mit Hilfe eines Hochdurchsatz-Verfahrens genetisch analysiert. Diese genetischen Daten wurden mit allen erfassten Merkmalen wie beispielsweise den Inhaltsstoffen in Verbindung gebracht. Anhand dieser Analyse können genetische Marker identifiziert werden, die eine gezielte Selektion auf die jeweiligen Merkmale ermöglichen. So wird die Futterqualität neben dem Ertrag zu einem wichtigen neuen Zuchtziel für Gerste.

Ergebnisse

Sowohl die Ergebnisse aus den Kornproben der Landessortenversuche als auch die umfangreichen Versuche mit 80 Sorten in zweijährigen Feld- und Gewächshausversuchen zeigten, dass eine Sortenvariation bezüglich wertgebender Merkmale wie beispielsweise der Lysinkonzentration oder dem Phosphorgehalt vorhanden war. Die Unterschiede zwischen den Sorten waren insgesamt zwar eher gering und nicht immer statistisch nachweisbar, jedoch war das gefundene Sortenranking über die verschiedenen Experimente hinweg in sich schlüssig und reproduzierbar.
Bei reduzierter Stickstoffdüngung war der Rohproteingehalt im Korn im Vergleich zur optimal gedüngten Variante erwartungsgemäß niedriger, während die Konzentrationen an den untersuchten essentiellen Aminosäuren (Lysin, Methionin, Threonin, Tryptophan) entsprechend höher waren. Zudem führte die reduzierte Stickstoffdüngung lediglich zu einer leichten Verringerung der Kornerträge, während sich die Eiweißqualität dagegen deutlich verbesserte.
Im Projekt konnten Sorten identifiziert werden, die bezüglich der Futterqualität besser abschnitten als andere und gleichzeitig ertraglich über dem Durchschnitt lagen. Bei den zweizeiligen Sorten sind hier z.B. Matros und Frigg zu nennen, die in Abhängigkeit der Düngungsstufe für die Merkmale Lysinkonzentration, Phosphorgehalt, Rohproteingehalt, Lysinertrag sowie Kornertrag überdurchschnittlich abschnitten. Die in Bayern sehr bedeutsame zweizeilige Futtergerste Sandra lag dagegen in allen Versuchen von den Inhaltsstoffen her eher im Mittelfeld. Bei den mehrzeiligen Sorten fielen über mehrere Merkmale betrachtet beispielsweise die Sorten KWS Higgins, Joker und SY Galileoo positiv auf. Die Abbildung zeigt die relative Merkmalsausprägung interessanter Parameter beispielhaft an sechs zweizeiligen und sechs mehrzeiligen Sorten unter optimaler Stickstoffversorgung.
In der genetischen Analyse der 80 Wintergerstensorten konnten Genomregionen identifiziert werden, die für die Futterqualität und den Kornertrag relevant waren. Dabei gab es Regionen, die lediglich auf ein einzelnes Merkmal einen Effekt hatten und solche, die mehrere Merkmale in die gewünschte Richtung beeinflussten. Letztere sind für den Einsatz zur Marker- gestützten Selektion im Züchtungsgang besonders interessant. Um diese sogenannten molekularen Marker in Züchtungsprogrammen routinemäßig einsetzen zu können, müssen ihre Effekte jedoch zunächst in einem erweiterten Sortenpanel bestätigt werden und die Marker so verändert werden, dass sie für die Anwendung in den eigenen Laboren und denen der Pflanzenzüchter geeignet sind.

Bewertung und Fazit

Die aus dem Projekt erzielten Ergebnisse sind vielversprechend. Für wertgebende Parameter der Futterqualität konnte eine deutliche Sortenvariation festgestellt werden. So gab es beispielsweise Sorten mit erhöhter Lysinkonzentration und überdurchschnittlichem Kornertrag bei gleichzeitig niedrigem Phosphorgehalt.
Um festzustellen, ob die hier gefundenen Sortenunterschiede eine praktische Relevanz in Bezug auf Schweinerationen haben, wurden Standardrationen für Mastschweine unter Verwendung der jeweils niedrigsten vs. höchsten Gehalte an Rohprotein und Phosphor berechnet. Der Reduktion des Rohproteingehalts in Mastrationen kommt nämlich im Hinblick auf die Emissionen (z.B. Ammoniak) in der Schweinehaltung eine bedeutsame Rolle zu. Tatsächlich könnten hier im Idealfall etwa 8 g Rohprotein pro kg Futter eingespart werden. Dies würde laut Reglement der TA-Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) zur Verbesse-rung der Klassifikation bezüglich des Fütterungsverfahrens um eine Stufe führen, und so beispielsweise von einem stark N-/P-reduzierten zu einem sehr stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren. Im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben (Düngeverordnung, TA-Luft) konnten im vorliegenden Forschungsprojekt also insgesamt sehr wertvolle und auch praxisrelevante Ergebnisse erzielt werden.
Abstract in English
Knowledge was gained about the possibility to optimize amino acid composition of winter barley by breeding and thus to increase nutrient efficiency in pig farming. Grain samples from official variety trials were examined for feed quality traits. Furthermore, a winter barley collection consisting of 80 varieties of different origin was tested in field- and greenhouse under different nitrogen fertilization levels and examined for amino acid composition. Experiments were carried out in an automated greenhouse that allows to perform experiments under controlled environmental conditions and to record growth dynamics above and below ground using automated imaging. Analysis of grain samples allowed to quantify variation between varieties as well as between the effects of N fertilization on forage quality. Differences between varieties were observed in the range of up to 10% for lysine concentration and as much as 60% for phosphorus content. Influence of genotype and nitrogen fertilization respectively on protein quality was reproducible across the experiments. Several winter barley varieties could be identified showing the desired range of values for several traits.
A genome-wide association study using the 50k iSelect SNP chip yielded numerous marker-trait associations with significant effects on forage quality as well as grain yield. Most of the significant markers were located on chromosomes 5H and 6H, a smaller number on chromosomes 1H and 7H. There were markers that only had an effect on a single trait and those that simultaneously influenced several traits in the desired direction.
The collected phenotypic and genetic data form a solid basis to breed for improved forage quality in winter barley, to reduce fertilizer and nutrient leaching and to optimize the nutrient cycle in pig feeding from field to barn. After an evaluation of the marker- information marker assisted selection for protein quality is expected to be applied successfully in breeding programmes.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. M. Herz (Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste / IPZ 2b)
Projektbearbeitung: Dr. J Groth (IPZ 2b), Dr. W.K. Vahl (IPZ 2b)
Genehmigte Laufzeit: 01.06.2018 – 31.01.2022
Projektpartner: Dr. S. Schneider/Dr. R. Puntigam (Tierernährung, ITE 2b),
Dr. G. Schweizer (Genomanalyse, Genquellen und molekulare Pflanzenzüchtung / IPZ 1b)
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Fördernummer: A/18/10

Kontakt
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