Forschungs- und Innovationsprojekt
Kreuzungszüchtung mit der Landsorte Tettnanger

Die Landsorte Tettnanger mit ihrem feinwürzigen Hopfenaroma ist nach wie vor bei Brauern sehr gefragt. Dennoch wird für die Pflanzer der Anbau dieser alten Sorte schwieriger. Die Kreuzungszüchtung ist die einzige Option, die Schwachstellen des "Tettnangers" zu verbessern. Mit der finanziellen Unterstützung Baden-Württembergs wurde 2011 in einem Projekt mit der Weiterentwicklung des "Tettnangers" begonnen. Durch das Projekt ist eine fruchtbare Kooperation zwischen Bayern und Baden-Württemberg im Bereich der Hopfenzüchtung entstanden. Es kam zu einer Stärkung des Hopfenbaus in Tettnang und zur Entwicklung vielversprechender Hopfenstämme. Ende 2020 wurde das Projekt abgeschlossen.

Zielsetzung

Pinsel auf BlüteZoombild vorhanden

Bestäubung einer weiblichen Hopfenblüte

Zielsetzung dieses Züchtungsprogrammes ist es, die Landsorte Tettnanger in ihrem Ertragspotenzial und ihrer Pilzresistenz deutlich zu verbessern. Zugleich soll jedoch die Aromaausprägung der Neuzüchtungen möglichst dem ursprünglichen Tettnanger entsprechen. Durch eine bessere Klimaanpassung soll das Problem der Frühblüte im Zusammenhang mit den höheren Temperaturen gelöst werden. Außerdem wird von einer modernen Sorte optimierte Nährstoffeffizienz verlangt, die im Kontext der neuen Düngeverordnung von größter Bedeutung ist.

Methode

Durch reine Auslesezüchtung innerhalb der natürlich vorhandenen Variabilität der Tettnanger Landsorte sind die gesetzten Züchtungsziele nicht zu realisieren. Daher muss versucht werden, diese Ziele durch gezielte Kreuzung von Tettnanger mit vorselektierten männlichen Aromalinien zu erreichen, die breite Krankheitsresistenz und aufgrund ihrer Verwandtschaft gute agronomische Leistungen mitbringen.
Durch minimalen Pflanzenschutzmitteleinsatz und reduzierte Stickstoffgaben bei den Anbauprüfungen (Sämlings- und Stammesprüfung) in unseren Zuchtgärten wird seit Jahren schon auf die robustesten, widerstandsfähigsten und nährstoffeffizientesten Hopfen hin selektiert.

Ergebnis

Sämlingsprüfung

Der Züchter begutachtet jeden Sämling. Aus Tausenden werden nur die vielversprechendsten Sämlinge ausgewählt und im nächsten Jahr im Zuchtgarten geprüft.Zoombild vorhanden

Der Züchter begutachtet jeden Sämling. Aus Tausenden werden nur die vielversprechendsten Sämlinge ausgewählt und im nächsten Jahr im Zuchtgarten geprüft.

Seit 2010 wurden 41 gezielte Kreuzungen durchgeführt, wobei über 41.800 Sämlinge entstanden. Nach umfangreichen Vorselektionen im Gewächshaus, in der Vegetationshalle und im Labor wurden 1.600 weibliche Sämlinge im Zuchtgarten in Hüll als Einzelpflanzen über drei Jahre geprüft. 112 gesunde, vielversprechende Sämlinge aus 20 Kreuzungen wurden beerntet und deren Doldeninhaltstoffe chemisch analysiert. Durch minimalen Pflanzenschutzmitteleinsatz und reduzierte Stickstoffgaben bei der Sämlingsprüfung in unseren Zuchtgärten wurden nur die robustesten, widerstandsfähigsten und nährstoffeffizientesten Hopfen für die nachfolgende Stammesprüfung ausgewählt.

Stammesprüfung

Zwischen 2015 und 2019 wurden elf aussichtsreiche Sämlinge jeweils über 4 Jahre in zwei Wiederholungen an zwei Standorten in der Hallertau angebaut. Neun davon wurden auch im Versuchsgut Straß, Tettnang, geprüft. Alle Zuchtstämme aus den Stammesprüfungen 2015, 2016 und 2017 konnten aus unterschiedlichen Gründen (Frühblüte, zu geringe/schwankende Alphasäuregehalte, Peronospora– bzw. Welkeanfälligkeit, …) weder in der Hallertau noch in Straß überzeugen. Daher werden bzw. wurden sie gerodet.
2019 wurden fünf weitere Zuchtstämme in der Hallertau und die drei vielversprechendsten 2020 auch in Straß in die Stammesprüfung aufgenommen. Erste Ergebnisse von den drei Standorten liegen nun zum Projektende vor. Große Erwartungen werden aktuell in zwei Neuzüchtungen gesetzt. Mit ihrem fein geprägten Aroma und leicht erhöhten Bittersäuregehalten sowie mit ihren positiven agronomischen Eigenschaften kommen diese beiden Zuchtstämme den gesetzten Zuchtzielen nahe. Zuverlässige Aussagen zu Wüchsigkeit, Ertrag, Resistenzen, Inhaltsstoffen und Aroma stehen erst in 2 bis 3 Jahren zur Verfügung.
Weitere fünf Sämlinge wurden nach der Sämlingsernte 2019 als Kandidaten für die neuen Stammesprüfungen 2020 und 2021 ausgewählt.

Ausblick

Auch wenn die bislang entwickelten Aromahopfen nicht das notwendige Potenzial für eine Praxisanbauprüfung und spätere Markteinführung aufweisen, so besitzen sie doch erhöhte Klimatoleranz, gravierend optimierte Nährstoffeffizienz sowie verbesserte Widerstandsfähigkeit gegenüber den hopfentypischen Krankheiten. Damit stellen diese neu entwickelten weiblichen wie auch männlichen Hopfen mit Tettnanger Background eine wertvolle genetische Ressource dar, die wir erhalten und künftig in Kreuzungen zur Entwicklung feiner, zukunftsfähiger Aromasorten nutzen werden.
Auch wenn die Förderung des Projekts zum 31.12.2020 endete, so sollen doch die vielversprechendsten Tettnanger Nachkommen, die bereits in der Stammesprüfung stehen, mit eigenen Mitteln zu Ende geprüft werden, wenn auch mit geringerem Aufwand.

Fruchtbare Züchtungskooperation zwischen Bayern und Baden-Württemberg

Besonders hervorzuheben ist, dass durch dieses Projekt zwischen Bayern und Baden-Württemberg im Bereich Züchtung eine fruchtbare Kooperation entstanden ist. Seit 2010 wurden insgesamt 20 erfolgversprechende Zuchtstämme aus den laufenden Züchtungsprogrammen der LfL-Hopfenforschung am Versuchsgut Straß getestet. Davon wurden mittlerweile acht als neue Hüller Aromasorten und einer als neue Hochalphasorte zugelassen. Fünf aussichtsreiche Kandidaten stehen noch im Reihenversuchsanbau. Straß hat sich als aussagekräftiger Prüfstandort bei der Entwicklung neuer Hopfensorten für die Tettnanger Hopfenbauregion bewährt und die Tettnanger Hopfenpflanzer setzten zunehmend auf die Hüller Zuchtsorten. Dies belegen die Anbauzahlen aus dem Jahr 2020. Während der Anteil der Landsorten in den letzten 10 Jahren zurückging, haben die Hüller Zuchtsorten an Bedeutung gewonnen. Schon auf über 600 ha werden Hüller Zuchtsorten (301 ha Aroma und 302 ha Hochalphasorten) angebaut. Dies entspricht einem Flächenanteil von 40,8 %.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. E. Seigner, A. Lutz
Projektbearbeitung: A. Lutz, J. Kneidl, D. Ismann und Züchtungsteam (alle IPZ 5c); Dr. K. Kammhuber, C. Petzina, B. Wyschkon, M. Hainzlmaier und S. Weihrauch (alle IPZ 5d)
Laufzeit: 01.05.2011 - 31.12.2020
Förderung: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg; Hopfenpflanzerverband Tettnang; Erzeugergemeinschaft Hopfen HVG e.G.; Gesellschaft für Hopfenforschung e.V. (2011-2014)
Projektpartner: Hopfenversuchsgut Straß des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums (LTZ), Baden-Württemberg,