Forschungs- und Innovationsprojekt
Intensität in der Bullenmast mit Braunvieh (Brown Swiss) und Fleckvieh

Braunvieh- und Fleckviehfresser im Stall

Die derzeit in Deutschland gültigen Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Mastrinder sind über 20 Jahre alt und beschränken sich auf die Rassen Fleckvieh und Schwarzbunte. Auf Grund der relativ großen Bedeutung der Rasse Braunvieh in der Milchviehhaltung in Bayern stehen jedoch auch männliche Braunviehbullen für die Mast zur Verfügung.

Zielsetzung

Da zur Ausgestaltung der notwendigen Fütterungsintensität bei Braunviehbullen keine Informationen vorliegen und die Empfehlungen zur Versorgung insgesamt nicht aktuell sind, wurde an der LfL Bayern eine Reihe von drei Fütterungsversuchen durchgeführt, in denen die Mast- und Schlachtleistung von Mastbullen der Rassen Fleckvieh und Braunvieh vergleichend bei 2 Energieversorgungsstufen und teils bei Variation des Alters zur Schlachtung untersucht wurde. In vorliegendem Beitrag soll eine übergeordnete Betrachtung der Ergebnisse der drei Versuche durchgeführt werden.

Material und Methoden

Material und Rationsgestaltung

Es wurden Daten von 105 Fleckviehbullen (Alter. 159 Tage; Gewicht: 233 kg) und 104 Braunviehbullen (Alter: 153 Tage; Gewicht: 222 kg) in die Auswertung einbezogen. Die Bullen wurden unter Berücksichtigung von Rasse, Gewicht und Alter entsprechend der Energiekonzentration der Ration gleichmäßig auf die Gruppen „ME Norm“ und „ME Hoch“ aufgeteilt. Die Tiere wurden über Totale Mischrationen (TMR) versorgt. In Versuch 1 und 2 wurden eine Differenzierung des Energiegehaltes der Rationen zum einen über einen erhöhten Anteil an Pflanzenöl im Kraftfutteranteil der TMR „ME Hoch“, zum anderen durch eine Variation der Anteile an Stroh und teils auch Kraftfutter an den beiden TMR erreicht. In Versuch 3 wurden die Energiegehalte der Ration allein über eine starke Variation des Kraftfutteranteils (20 und 60 % der TM) an der TMR eingestellt. In Versuch 1 und 2 wurde eine dreiphasige Mast durchgeführt, in Versuch 3 wurde einphasig gefüttert. Die Kraftfuttermischungen wurden so gestaltet, dass die Rohproteingehalte der Rationen innerhalb eines Versuches vergleichbar waren. Im Mittel betrugen die Energiekonzentrationen der Rationen 11,5 und 12,1 MJ ME/kg TM, die XP-Gehalte 13,4 und 13,6 % der TM.
erfasste Daten
Die Bullen wurden im Turnus von vier Wochen sowie am Tag vor der Schlachtung mit einer im Stall installierten Viehwaage gewogen. Die Rückenfettdicke wurde in regelmäßigen Abständen mit einem Ultraschallgerät (Tringa Linear Vet, Esaote Europe BV, Maastricht, Niederlande) in Anlehnung an Staufenbiel (1992) gemessen. Die Futteraufnahme wurde täglich über Wiegetröge mit automatischer Tiererkennung erfasst.
An Mischproben der Maissilagen sowie an den Einzelproben der Kraftfuttermischungen, der Maiskornsilage und des Strohs wurden die Rohnährstoffgehalte nach Standardmethoden ermittelt. Aus den Analysenwerten wurden die Energiegehalte nach den derzeit gültigen Vorgaben (GfE, 2008; DLG, 2011) errechnet. Aus den Rohnährstoff- und Energiegehalten der Einzelkomponenten und der Zusammensetzung der TMR wurden die Rohnährstoff- und Energiegehalte der TMR ermittelt. Weitere Beschreibungen der einzelnen Versuche sind bei Ettle et al. (2017, 2018, 2019) dargestellt.
Schlachtung
Die Schlachtung erfolgte im LfL-eigenen Schlachthaus in Grub, wobei die Bullen in Versuch 1 bei einem einheitlichen mittleren Alter von 488 Tagen geschlachtet wurden. In Versuch 2 und 3 erfolgte die Schlachtung in 2 Untergruppen mit einem mittleren Schlachtalter von 448 und 481 sowie von 421 und 467 Tagen. Bei der Schlachtung wurde die Handelsklasseneinstufung der Schlachtkörper gemäß den gültigen rechtlichen Vorschriften vorgenommen.
Auswertung
Die Daten wurden für vorliegende Auswertung mit dem Statistikprogramm SAS mit einer zweifaktoriellen Varianzanalyse ausgewertet (ME-Konzentration, Rasse, ME-Konzentration x Rasse). In den Tabellen sind die LS-means und der gepoolte Standardfehler (s.e.) dargestellt.

Ergebnisse

Futter- und Nährstoffaufnahme

Es zeigte sich kein Effekt der Rasse auf die tägliche TM- Aufnahme und auf die tägliche Aufnahme an Energie und Nährstoffen (Tabelle 1). Auch die Energiekonzentration der Ration hatte keinen Einfluss auf die TM-Aufnahme. Die tägliche Aufnahme an aNDFom sank dagegen auf Grund der Rationsgestaltung mit steigendem ME-Gehalt der Ration ab, während die Aufnahme an XS+XZ gegenläufig anstieg. Obwohl die XP-Gehalte der Ration vergleichsweise konstant gehalten wurden, war der Effekt der Ration auf die tägliche XP-Aufnahme signifikant (p=0,022). Für die Versorgungslage mit XP sind diese Unterschiede zwischen den Gruppen jedoch von untergeordneter Bedeutung.
Tabelle 1: Einfluss von Rasse und Energiegehalt der Ration auf die Futter-, Energie- und Nährstoffaufnahme
Rasse:Fleckvieh Braunvieh s.e.p-Wert  
Energiekonzentration:NormHochNormHochEnergieRasseEnergie x Rasse
TM-Aufnahme, kg/Tag9,509,719,479,520,140,3380,4260,526
ME-Aufnahme, MJ/Tag1061151051132<0,0010,4010,585
XP-Aufnahme, g/Tag1228128612231258200,0220,4060,581
nXP-Aufnahme, g/Tag1399147813921447240,0060,4290,614
aNDFom-Aufnahme, g/Tag342230773396299578<0,0010,4900,722
XS+XZ-Aufnahme, g/Tag326338113240373290<0,0010,5700,760

Mastleistung

Bei vergleichbarem Alter zur Schlachtung lagen die Endgewichte der Fleckviehbullen um 37 kg über denen der Braunviehbullen (p<0,05), die täglichen Zunahmen um rund 120 g/Tier (Tabelle 2). Eine ähnliche Abstufung bei den täglichen Zunahmen zeigte sich in einer Untersuchung von Geuder et al. (2012), wobei die Braunviehbullen hier 20 Tage früher geschlachtet wurden als die Fleckviehbullen. In einer älteren Untersuchung von Alps (1984) lag die Differenz im täglichen Zuwachs zwischen Braunvieh und Fleckviehbullen bei ca. 60 g/Tier und Tag. Die höheren Rassenunterschiede in den neueren Versuchen könnten auf die stärkere Milchbetonung bei den Braunviehbullen neueren Genotyps zurückgeführt werden, bzw. auf den hohen Anteil an Brown-Swiss-Genetik. In Untersuchungen von Burgstaller (1984) lag der tägliche Zuwachs bei Deutsch-Braunvieh x Brown-Swiss-Bullen um etwa 110 g niedriger als bei Deutsch-Fleckviehbullen. Auf Grund der niedrigeren Zuwachsleistung bei vergleichbarer Futteraufnahme errechnet sich für die Braunviehbullen ein deutlich (p<0,001) höherer Aufwand an Futter und Energie je kg Zuwachs als bei den Fleckviehbullen. Über beide Rassen hinweg ergab sich kein Effekt der ME-Konzentration der Ration auf die Mastleistung. Bei differenzierter Betrachtung wurden die täglichen Zunahmen bei Fleckvieh durch Erhöhung der ME-Konzentration der Ration gesteigert (p<0,05), bei Braunvieh jedoch nicht.
Tabelle 2: Einfluss von Rasse und Energiegehalt der Ration auf die Mastleistungskriterien und den Futter- und Energieaufwand
Rasse:Fleckvieh Braunvieh s.e.p-Wert  
Energiekonzentration:NormHochNormHochEnergieRasseEnergie x Rasse
Anfangsalter, d15915915315310,932<0,0010,930
Schlachtalter, d46446646646540,9110,9110,720
Anfangsgewicht, kg23323222122330,804<0,0010,734
Stallendgewicht, kg75077272572490,262<0,0010,228
Zunahmen, g/Tag1701176616131609220,155<0,0010,110
TM-Aufnahme/Zuwachs, kg/kg5,605,525,895,940,070,868<0,0010,393
ME-Aufnahme/Zuwachs, MJ/kg62,465,765,570,51,0<0,001<0,0010,395

Schlachtleistung

Über beide Rassen hinweg zeigten sich nur relativ geringe Auswirkungen der Energiekonzentration der Ration auf relevante Schlachtleistungsmerkmale (Tabelle 3). Analog den Stallendgewichten stieg das Schlachtgewicht von Fleckviehbullen mit steigender Energiezufuhr jedoch an, nicht aber bei Braunviehbullen. Daraus lässt sich folgern, dass zur Maximierung von Zuwachsraten und Schlachtgewicht eine Steigerung der Energiekonzentration bis in den hohen erreichten Bereich von etwa 12 MJ ME/kg TM bei Fleckviehbullen sinnvoll sein könnte, bei Braunviehbullen jedoch nicht. Allerdings wirkte sich auch beim Braunvieh die Erhöhung der Energiekonzentration tendenziell positiv auf die Handelsklasseneinstufung aus (ME Norm, Tiere: R =26, O=27; ME Hoch, Tiere: U=1, R=28, O=22). Die den Verfettungsgrad widerspiegelnden Parameter (Nierenfett, Marmorierung, Rückenfettdicke und Handelsklasse Fett) stiegen mit der Energiekonzentration der Ration über beide Rassen hinweg an.
Die Ausschlachtung war bei den Fleckviehtieren besser als bei den Braunviehtieren, das gleiche gilt für die Handelsklasseneinstufung. Die Zahlen zur Länge der Schlachtkörperhälften, zum Keulenumfang und zur Rückenmuskelfläche untermauern die günstigere Konformation der Fleckviehbullen. Dies spiegelt sich letztendlich auch in der günstigeren Handelsklasseneinstufung der Fleckviehbullen wider. Das deckt sich mit Untersuchungen von Geuder et al. (2012). Die Nierenfettgewichte, die Fettklassifizierung und die Rückenfettdicke zur Schlachtung zeigen, dass die Braunviehtiere dagegen stärker zur Verfettung neigen als Fleckviehbullen.
Um zu klären, ob sich aus solchen Gründen ein unterschiedliches Alter zur Schlachtung für Fleck- oder Braunviehbullen empfiehlt, wurde dieses in den vorliegenden Untersuchungen in einem weiten Bereich von etwa 400 bis 500 Tagen gespreizt. Schlussfolgerungen auf ein optimales Schlachtalter lassen sich aus den bisherigen Auswertungen jedoch nicht ableiten.
Tabelle 3: Einfluss von Rasse und Energiegehalt der Ration auf Schlachtleistungskriterien
Rasse:Fleckvieh Braunvieh s.e.p-Wert  
Energiekonzentration:NormHochNormHochEnergieRasseEnergie x Rasse
Nüchterungsverluste, %3,803,633,583,540,130,4090,2090,607
Ausschlachtung, %58,158,956,756,70,20,053<0,0010,035
Schlachtgewicht, kg41843539239250,111<0,0010,135
Pistolengewicht, kg85,187,079,780,110,60,278<0,0010,496
Keulenumfang, cm12412512012010,348<0,0010,817
Rückenmuskelfläche
(8/9 Rippe), cm2
72,172,465,763,913,60,603<0,0010,440
Abschnitte, kg32,634,935,437,50,90,0110,0020,967
Nierenfett, kg16,617,719,520,80,60,032<0,0010,822
Marmorierung (1=wenig, 5=stark)2,572,872,702,880,100,0180,4880,565
Rückenfettdicke, mm21,923,622,524,20,70,0180,3730,942
Handelsklasse
(E=1 U=2)
2,312,223,513,410,070,200<0,0010,967
Handelsklasse Fett
(1= mager, 4= fett)
2,963,133,193,330,090,0740,0140,890
Hautgewicht, kg59,858,550,951,00,90,455<0,0010,437
Hälftenlänge, cm14114214514410,938<0,0010,466

Fleischqualität

Die Scherkraft, ein Maß für die Zartheit des Fleisches, lag in einem für Fleckvieh typischen Bereich und unterschied sich zwischen den Versuchsgruppen nicht (Tabelle 4). Auffällig sind die höheren Lager- und Kochverluste beim Fleckvieh im Vergleich zum Braunvieh. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch in den Untersuchungen von Geuder et al. (2012). Dies könnte sich durch den geringeren intramuskulären Fettgehalt bei Fleckvieh erklären lassen, bzw. die negative Korrelation von Fett- und Wassergehalt im Muskelfleisch. Ein anderer Erklärungsansatz ist, dass die Fleckviehbullen spätreifer sind, als die Braunviehbullen und dementsprechend bei gleichem Schlachtalter physiologisch jünger sind als die Braunviehbullen.. Die Energiekonzentration der Ration hatte keinen Einfluss auf die Lager- und Kochverluste, was sich mit den Ergebnissen von Steinwidder et al. (2006) deckt. Der intramuskuläre Fettgehalt stieg mit der Energiekonzentration innerhalb der Rasse an.
Tabelle 4: Einfluss von Rasse und Energiegehalt der Ration auf Fleischqualitätsparameter
Rasse:Fleckvieh Braunvieh s.e.p-Wert  
Energiekonzentration:NormHochNormHochEnergieRasseEnergie x Rasse
Scherkraft, N48,451,246,948,61,50,1900,1380,710
Lagerverluste, %3,472,213,612,420,10,153<0,0010,796
Kochverlust, %26,124,325,424,90,40,9000,0030,094
IMF, %3,333,443,494,110,20,0130,0290,125
Fleischfarbe
L* (Helligkeitswert)37,136,737,037,40,20,2150,8930,074
a* (Grün-Rotton)12,712,313,112,40,20,139<0,0010,373
b* (Blau-Gelbton)4,353,604,513,910,20,215<0,0010,692

Schlussfolgerungen

Insgesamt zeigt sich, dass auch Bullen der Rasse Braunvieh sehr hohe Zuwachsraten von über 1600 g/Tag erreichen können. Beim Energieaufwand für den Zuwachs und bei der Handelsklasseneinstufung schneiden sie ungünstiger ab als Fleckviehbullen. Aus den vorgestellten Daten lässt sich folgern, dass zur Maximierung von Zuwachsraten und Schlachtgewicht eine Steigerung der Energiekonzentration bis in den hohen erreichten Bereich von etwa 12 MJ ME/kg TM bei Fleckviehbullen sinnvoll sein könnte, bei Braunviehbullen jedoch nicht. Zur Verifizierung dieser Aussage sind weitere Untersuchungen zur Erhöhung der zugrunde liegenden Tierzahlen wünschenswert.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. T. Ettle
Projektbearbeitung: A. Obermaier, P. Edelmann
Laufzeit: 11/2015-12/2019