Hohe Gehalte an Rohfaser im Ferkelfutter mit und ohne energetischem Ausgleich: Auswirkungen auf die Futteraufnahme und Leistung

Ferkel an Abrufstationen

Die Bedeutung der Versorgung von Schweinen mit Faserstoffen hat Eingang in Beratung und Praxis gefunden und ist im DLG-Merkblatt 463 "Fütterung und Tierwohl beim Schwein" dokumentiert (DLG, 2021). Gemäß diesem Merkblatt und weiterer Literaturstellen wirkt sich eine optimale Versorgung mit Faser positiv auf das Fressverhalten, das Sättigungsgefühl, die Verdauungs- und Stoffwechselvorgänge, die Mikrobiota im hinteren Verdauungstrakt sowie den Immunstatus aus. Während in früheren Publikationen der DLG für Ferkel ab 12 Kilogramm Lebendmasse 35 Gramm und für Ferkel ab 20 Kilogramm Lebendmasse nur 30 Gramm Rohfaser pro Kilogramm Futter empfohlen werden (DLG, 2008), werden im Merkblatt 463 ausschließlich Rohfasergehalte von mehr als 35 Gramm pro Kilogramm Futter angeführt. In Versuchen aus Schwarzenau wurden bereits vor Jahren höhere Rohfasergehalte im Ferkelfutter getestet und dabei positive Effekte auf die Aufzuchtleistung beschrieben.

Demgegenüber wird durch die Anwendung der Schätzgleichung zur Berechnung des Energiegehaltes von Futtermischungen verdeutlicht, dass sich der Gehalt an Rohfaser negativ auf die Energiedichte auswirkt. Zusätzlich konnte auch in weiteren Forschungsarbeiten die negative Auswirkung gesteigerter Rohfasermengen auf die Nährstoffverdaulichkeit nachgewiesen werden. In früheren Schwarzenauer Versuchen wurde bei Rohfasergehalten von etwa 50 Gramm pro Kilogramm Futter ein energetischer Ausgleich mit Futteröl durchgeführt, wodurch die Futterkosten erheblich anstiegen. In vorliegender Untersuchung sollte unter anderem. geprüft werden, ob sich die positiven Effekte eines hohen Rohfasergehaltes auch ohne energetischen Ausgleich nachweisen lassen.

Versuchsdurchführung

Der Versuch wurde am Ausbildungs- und Versuchszentrum des Staatsguts Schwarzenau durchgeführt. Dazu wurden 96 Absetzferkel nach Lebendmasse, Geschlecht und Abstammung gleichmäßig auf vier Behandlungsgruppen aufgeteilt. Die Fütterung erfolgte an Abrufstationen für das Einzeltier.
  • A: Kontrollgruppe, etwa 40 Gramm Rohfaser pro Kilogramm Futter
  • B: Fasergruppe 1, etwa 45 Gramm Rohfaser pro Kilogramm Futter (mehr Gerste, weniger Weizen)
  • C: Fasergruppe 2, etwa 50 Gramm Rohfaser pro Kilogramm Futter (mehr Gerste, weniger Weizen, plus Fasermix)
  • D: Fasergruppe 3, etwa 50 Gramm Rohfaser pro Kilogramm Futter (mehr Gerste, weniger Weizen, plus Fasermix, mehr Öl)
Die Ferkel wurden in 8 Buchten zu je 12 Tieren auf Kunststoffspalten ohne Einstreu gehalten. Sie waren zu Beginn des Versuches im Durchschnitt 27 Tage alt und wogen ca. 7,5 Kilogramm. Die Lebendmassen wurden wöchentlich am Einzeltier erfasst.

Die Versuchsrationen sind in nachfolgender Tabelle zusammengestellt:
  Phase 1Phase 1Phase 1Phase 1Phase 2Phase 2Phase 2Phase 2
Gruppe AGruppe BGruppe CGruppe DGruppe AGruppe BGruppe CGruppe D
Weizen%41,526,522,521,044,529,525,524,0
Gerste%30,045,045,045,030,045,045,045,0
Sojaextraktionsschrot%22,022,022,022,019,019,019,019,0
Mineralfutter%4,04,04,04,04,04,04,04,0
FasermixProzent004,04,0004,04,0
Sojaöl%1,51,51,53,01,51,51,53,0
Säurezusatz%1,01,01,01,01,01,01,01,0

Ergebnisse

Futteranalysen

In der nachfolgenden Tabelle sind die ermittelten Gehalte an umsetzbarer Energie sowie analysierte Gehalte ausgewählter Nährstoffgehalte der Versuchsrationen zusammengestellt.
  Phase 1Phase 1Phase 1Phase 1Phase 2Phase 2Phase 2Phase 2
Gruppe AGruppe BGruppe CGruppe DGruppe AGruppe BGruppe CGruppe D
Umsetzbare EnergieMJ13,213,012,712,913,213,112,713,1
Rohfaserg3947535340425148
aNDFomg111134136138115121145135
ADFomg5264736954586966
Rohproteing164164161159148149154153
Lysing13,313,612,913,112,212,312,411,8
Kalziumg7,57,87,97,66,96,97,37,1
Phosphorg4,84,94,64,64,54,44,74,4

Aufzuchtleistungen

In der Nachfolgenden Tabelle sind die Aufzuchtleistungen sowie drei Futter- und Energieeffizienz dargestellt.
  Gruppe AGruppe BGruppe CGruppe D
Tageszunahmen, gPhase 1323338366357
Tageszunahmen, gPhase 2726729704731
Tageszunahmen, ggesamt498508513159
Futterabruf, gPhase 1458450481471
Futterabruf, gPhase 21040104010531064
Futterabruf, ggesamt711707730729
Futteraufwand, kg/kgPhase 11,421,341,321,31
Futteraufwand, kg/kgPhase 21,441,421,501,46
Futteraufwand, kg/kggesamt1,431,391,431,40
Aufwand an ME, MJ/kgPhase 118,817,416,816,9
Aufwand an ME, MJ/kgPhase 219,018,619,119,1
Aufwand an ME, MJ/kgPhase 318,918,118,218,2
Tageszunahmen
In beiden Fütterungsphasen sowie im Versuchsmittel konnte kein signifikanter Einfluss der Rohfasererhöhung auf die Tageszunahmen festgestellt werden, wenngleich auch in Phase 1 unmittelbar nach dem Absetzten in den Gruppen B, C und D im Vergleich zur Gruppe A durchgehend numerisch höhere tägliche Zunahmen festgestellt werden konnten.
Futterabruf und Futteraufwand pro Kilogramm Zuwachs
Hinsichtlich des Futterabrufs gab es ebenfalls keine signifikanten Unterschiede, sowohl in den beiden Fütterungsphasen, als auch über den gesamten Versuchszeitraum. Demgegenüber zeigten sich signifikante Unterschiede beim Futteraufwand pro kg Zuwachs in den einzelnen Fütterungsphasen. So war der Futteraufwand in Phase I in den Gruppen B, C und D signifikant niedriger als in Gruppe A. Der höhere Rohfasergehalt im Futter dieser Gruppen hatte scheinbar insbesondere im Zeitraum nach dem Absetzten eine positive Wirkung auf die Verdauungsvorgänge und führte zu einer verbesserten Futtereffizienz. Im weiteren Versuchsverlauf (Phase 2) zeigte sich in Gruppe C der höchste Futteraufwand. Die Unterschiede zu den Gruppen A und B konnten statistisch abgesichert werden. Im Versuchsmittel ließ sich kein Effekt der Rohfasererhöhung auf den Futteraufwand pro kg Zuwachs feststellen.
Aufwand an umsetzbarerer Energie pro Kilogramm Zuwachs
Der Aufwand an umsetzbarere Energie pro Kilogramm Zuwachs war in den Gruppen B, C und D signifikant niedriger als in Gruppe A und deckte sich damit sehr gut mit den Werten des Futteraufwands. Etwas anders war es hingegen in Phase 2. Hier zeigte sich kein signifikanter Effekt. Im Versuchsmittel war der Aufwand an umsetzbarerer Energie pro kg Zuwachs in Gruppe A signifikant höher als in den Gruppen B, C und D. Zwischen den Gruppen C und D konnten bei allen berücksichtigten Parametern weder in den einzelnen Fütterungsphasen noch im Mittel des Versuchs statistisch absicherbare Unterschiede festgestellt werden. Daraus lässt sich ableiten, dass ein energetischer Ausgleich mit Öl bei Rohfasergehalten von 5 Prozent nicht notwendig ist. Dieser Umstand kann vielleicht darin begründet sein, dass der verwendete Fasermix einen gesteigerten Anteil an löslicher Faser aufwies (Apfeltrester und Trockenschnitzel) dessen Fermentierbarkeit größere Energiemengen freisetzte.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Im Versuch zeigten sich keine negativen Effekte des gesteigerten Rohfasereinsatzes auf die Tageszunahmen und den Futterabruf. Numerisch höhere Tageszunahmen waren jedoch in der Fütterungsphase 1. nach dem Absetzten der Ferkel festzustellen. Die Rohfasererhöhung wirkte sich insbesondere bei jüngeren Ferkeln (Phase 1) positiv auf den Futteraufwand beziehungsweise den Aufwand an umsetzbarer Energie pro Kilogramm Zuwachs aus. Dies zeigte sich unabhängig von der Höhe des Einsatzes (4,5 beziehungsweise 5,0 Prozent) oder der Anwendung des energetischen Ausgleichs mittels Öl. Die Erhöhung des Fasergehaltes ist somit vor allem in der Phase um das Absetzen empfehlenswert. Zusätzlich kann auf einen energetischen Ausgleich mit Futteröl nicht nur in Zeiten hoher Futtermittelpreise verzichtet werden.