Forschungs- und Innovationsprojekt
Biodiversität im Einklang mit Hopfenbau

Die Förderung der Biodiversität ist auch in der Sonderkultur Hopfen von hoher Bedeutung. Die Hallertau ist durch den Hopfenanbau geprägt und weist eine kleinräumige Landschaftsstruktur auf. Diese bietet eine für viele Betrachter unerwartet große Vielfalt an Lebensräumen und Lebewesen. Durch den Themenpfad "Hopfen und Artenvielfalt" soll der Blick auf kleinere Strukturen im Umfeld der großen, prägenden Hopfengärten gerichtet werden, um die Reichhaltigkeit der Landschaft in den Fokus zu rücken.

Infotafeln im Freiland vor Hopfengärten und Magerrasen als Lebensraum für die Heidelerche am Themenpfad Biodiversität.

Infotafel zur Heidelerche am Themenpfad Biodiversität

Zielsetzung

Ziel des Projektes ist nicht, generell die Produktivität oder die produktiven Flächen zu beeinträchtigen. Hochwertige Hopfengärten, Acker- und Forstflächen sollen weiterhin durch die Landwirte gewinnbringend genutzt werden. Weniger produktive oder gar ungenutzte Flächen sollen dagegen aufgewertet werden, um einen Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität zu leisten. Insbesondere die Einbindung aller betroffenen Verbände bzw. Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz soll zur Akzeptanz des Vorhabens beitragen. Das Projekt beinhaltet speziell die Erstellung eines exemplarischen Konzepts und den Anstoß von Folgeprojekten.
Das zusammenhängende Gebiet der "Biodiversitätskulisse Eichelberg" bildet ein weitgehend geschlossenes Gewanne von 85 ha, das zum überwiegenden Teil von drei engagierten IGN-Betrieben bewirtschaftet wird. Davon sind 34 ha (40 %) Hopfenflächen, 28 ha (33 %) Ackerland, und der Rest verteilt sich auf Gehölzflächen, Grünland, Blühflächen, Eh-da-Flächen und Sonderstandorte.
In der Biodiversitätskulisse Eichelberg erfolgt die Identifikation und Einbindung von agrarökologischen Sonder­standorten und nutzbaren Kleinstrukturen für die Maßnahmen. Zu bewertende Faktoren werden festgelegt – vor allem Artengruppen (zum Beispiel Ackerwildkräuter, Heuschrecken, Tagfalter, Netzflügler, Brutvögel) –, auch mit Definition von "Flaggschiff-Arten" (zum Beispiel Heidelerche, Rebhuhn, Hopfenvogel) für die Öffentlichkeitsarbeit. Eine Bestandsaufnahme des Status Quo erfolgt über gezielte Kartierungen relevanter Arten oder Gruppen (zum Beispiel Rebhuhn, Netzflügler, Tagfalter). Der Katalog umfasst unter anderem den Verzicht auf die Nutzung marginaler, unproduktiver oder kritischer Flächen, die Nutzung bereits vorhandener, landschaftsprägender Kleinstrukturen zur gezielten ökologischen Aufwertung, die Schaffung von Pufferstreifen, von Saumstrukturen und von Blühstreifen und -flächen oder die Etablierung mehrjähriger Still­legungs­flächen.

Luftbildaufnahme über die 85 Hektar der Biodiversitätskulisse an der Ortschaft Eichelberg.

Überblick über die 85 ha der Biodiversitätskulisse Eichelberg
Kartendaten und Bilder Google, © 2023 GeoBasis-DE/BKG, GeoContent, Maxar Technologies

Methoden

Flaggschiff-Arten im Hopfen

Das Konzept der "flagship species" im Hopfen soll helfen, die Ziele und Erfolge der Biodiversitäts­förderung im Hopfen greifbar zu machen. Folgende Arten wurden ausgewählt, da sie selten vorkommen, ihren Lebensraum aber typischerweise unter anderem in und um Hopfenflächen der Hallertau finden – also Hopfen-spezifische Arten sind:
  • Heidelerche Lululla arborea: kommt bereits in der Gegend vor, soll weiter gefördert werden
  • Rebhuhn Perdix perdix
  • Feldsperling Passer montanus: brütet gerne an Hopfengerüsten
  • C-Falter/Hopfenvogel Nymphalis c-album
  • Hopfen-Taghaft Hemerobius humulinus
  • Ameisenlöwen Myrmeleon formicarius, Euroleon nostras

Schaffung vielfältiger Lebensräume, Gezielte Förderung einzelner Arten

Um biologische Vielfalt zu fördern, müssen vielfältige Lebens- und Rückzugsräume zur Verfügung stehen, die den unterschiedlichen Ansprüchen verschiedener Arten gerecht werden. Verteilt über die Biodiversitätskulisse werden diverse Strukturen geschaffen:
  • Lesesteinhaufen (zum Beispiel für Reptilien)
  • Sandhaufen (zum Beispiel für Sandlaufkäfer, Wildbienen, Ameisenlöwen)
  • Totholzhaufen (zum Beispiel für Wildbienen, Reptilien)
  • Feldgehölz (Vögel, Niederwild)
  • Benjeshecke (Totholzhecke, zum Beispiel für Vögel, Reptilien und Amphibien)
  • Blühstreifen (zum Beispiel für bestäubende Insekten)
  • Schmetterlingsflieder Buddleja davidii als Nahrungsbrennpunkt für Schmetterlinge, Wildbienen, Schwebfliegen etc.
  • Brennnesselranken (für Raupen von Edelfaltern, Raubmilben, weitere Nützlinge)
  • Rohboden-/Brachflächen (zum Beispiel für Bodenbrüter wie die Heidelerche)
  • Weinstöcke im Hopfengarten (für Raubmilben und weitere Nützlinge)
  • Wilder Wein am Rand/Ranken von Hopfengärten (für Raubmilben und weitere Nützlinge; auch Nahrungsquelle für Honigbienen, Hummeln und viele Vogelarten)
  • Nistkästen speziell für bestimmte Vogelarten: Feldspatz (kleine Fluglöcher)
  • Untersaaten in den Fahrgassen im Hopfen
Ackerfläche mit Rohboden.

Rohboden

Brachfläche vor Wald.

Brache

Sandhaufen vor Wald.

Sandhaufen

Totholzhaufen vor Hopfengarten.

Totholzhaufen

Blühfläche zwischen Hopfengärten.

Blühfläche

Brennnesselranken zwischen zwei Hopfengärten.

Brennnesselranken

Biologische Spinnmilbenbekämpfung durch Nützlingsförderung

Ein wichtiger Teilbereich des Projekts betrifft zudem die Schaffung und Etablierung von neuen Aufenthalts- und Überwinterungs­räumen für Nützlinge wie Raubmilben. Zur Bewertung der Frage, inwieweit die Nützlingsförderung einen Beitrag zur biologischen Spinnmilben­bekämpfung liefern kann, wurden vier Hopfengärten der Kulisse Eichelberg jeweils etwa zur Hälfte geteilt – in einen konventionell mit Akarizideinsatz bewirtschafteten Teil und einen Teil ohne Akarizid, aber mit Nützlingen. Die Entwicklung des Spinnmilben­befalls in diesen Flächen wird alljährlich beobachtet und kontrolliert.

Ergebnisse

Themenpfad Hopfen und Artenvielfalt

Luftbild der Flächen für den Themenpfad Hopfen und Artenvielfalt mit Legende.Zoombild vorhanden

Übersichtsplan Themen­pfad Hopfen und Arten­vielfalt mit Legende
Kartendaten und Bilder Google, © 2023 GeoBasis-DE/BKG, Geo­Content, Maxar Tech­nologies

Beispielhaft soll für das zusammenhängende Gebiet der "Biodiversitätskulisse Eichelberg" gezeigt werden, welche biologische Vielfalt dort bereits herrscht, aber vor allem, wie sich die Biodiversität durch einzelne, einfache Maßnahmen gezielt verbessern lässt. Dabei wird darauf geachtet, dass die Maßnahmen die wirtschaftliche Produktivität nicht schmälern, indem keine landwirtschaftlich genutzten Flächen beeinträchtigt werden. Seit 2018 laufen Vorarbeiten zu diesem Projekt, von 2021 bis 2025 läuft die praktische Umsetzung in und um die Hopfengärten in der Bio­diversitäts­kulisse Eichelberg.
Lesesteinhaufen als Beispiel für "unordentliche" Landschaftselemente vor einem Hopfengarten.Zoombild vorhanden

Lesestein­haufen als Beispiel für "un­ordentliche" Land­schafts­elemente

Bei Eichelberg wurde 2023 ein Themenpfad von zwei Kilometern Länge mit 15 Informationstafeln angelegt. Der Themenpfad soll Besuchern die Vielfalt der heimischen Natur in der durch intensiven Hopfenbau geprägten Landschaft nahe bringen. Auf den Informationstafeln entlang des Wegs werden Spaziergängern die Bewohner der Biodiversitätskulisse vorgestellt und es werden einige Maßnahmen erläutert. Diese anschauliche Information soll bei den Besuchern die Wahrnehmung der Umgebung schärfen und die Akzeptanz für die Maßnahmen erhöhen. Einige Elemente wie Totholzhaufen und Brennnessel­ranken werden oft als "unordentlich" eingestuft. Die Darstellung des Nutzens solcher "optischer Störfaktoren" für die Artenvielfalt wird auf Schautafeln erklärt, und die davon profitierenden Arten werden vorgestellt. Daneben sollen die Verbundenheit und der verantwortungsvolle Umgang der Landwirte mit der Natur verdeutlicht werden.
Bewusst wurden einige Elemente abseits des Themenpfad angelegt, um eine Störung empfindlicher Tiere zu verhindern.
Infotafel für den Lehrpfad mit Insekten auf Blättern.Zoombild vorhanden

Beispiel einer Infotafel für den Lehrpfad

Der Themenpfad wurde von der LfL-Arbeitsgruppe "Ökologische Fragen des Hopfenbaus" (IPZ 5e) zusammen mit der Interessensgemeinschaft Qualitätshopfen Niederlauterbach (IGN), dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), dem AELF Ingolstadt-Pfaffenhofen und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm konzipiert und über Fördermittel der Erzeugergemeinschaft Hopfen HVG e.G. finanziert.

Unterschiede zwischen Teilbereichen mit Akarizdeinsatz und mit gezielter Förderung und Ausbringung von Nützlingen

Luftbildaufnahme von Hopfengärten der Biodiversitätskulisse Eichelberg.Zoombild vorhanden

Hopfengärten der Bio­diversitäts­kulisse Eichel­berg mit Nützlings­förderung und -einsatz im Vergleich zur koventioneller Praxis mit Akariziden
Kartendaten und Bilder Google, © 2023 GeoBasis-DE/BKG, Geo­Content, Maxar Tech­nologies

Vier der Hopfengärten der Biodiversitätskulisse Eichelberg (Sorten: Hallertauer Tradition – HTR, Herkules – HKS, Hallerteuer Taurus – HTU) wurden zu Beginn der Saison 2021 in je zwei Hälften geteilt. Eine der beiden Hälften wurde für Nützlingsförderung und -einsatz verwendet, die jeweils andere wurde weiterhin nach koventioneller Praxis mit Akariziden behandelt.
Nach den drei Projektjahren 2021 bis 2023 war in den beiden HTR-Gärten in keinem Fall ein Unterschied im Spinnmilben­befall zwischen den beiden Varianten zu verzeichnen. Bei HKS und HTU war 2021 und 2023 im Bereich mit Nützlingsförderung, verglichen zum Bereich mit Akarizid­behandlung, ebenfalls kein Schaden erkennbar. Lediglich 2022, in einem Jahr mit starkem Spinnmilben­druck, verzeichnete die HKS-Nützlingsparzelle 45 % Verlust an Alpha-Ertrag, und der Nützlingsbereich bei HTU wurde Ende Juli vorsichtshalber überspritzt, da sich hier ebenfalls ein Spinn­milben­schaden abzeichnete.

Logos der beteiligten Organisationen.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Florian Weihrauch, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung
Hopfenforschungszentrum, Arbeitsgruppe IPZ 5e
Projektbearbeitung: Dr. Florian Weihrauch, Dr. Inka Lusebrink, Maria Obermaier
Kooperation unter anderem mit IGN, AELF PAF, LBV, TUM
Laufzeit: 03/2018 bis 02/2026
Projektförderung: Erzeugergemeinschaft Hopfen HVG e.G.