Untersuchung von Böden auf PFAS und TFA
Wohl kaum eine andere Gruppe von Schadstoffen wird derzeit mehr thematisiert und kontrovers diskutiert als die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Dabei handelt es sich um mehr als 10.000 kurz- oder langkettige Kohlenwasserstoffe, an denen mehrere ("poly-") oder alle Wasserstoffatome ("per-") durch Fluoratome ersetzt sind. PFAS sind gekennzeichnet durch Langlebigkeit oder werden zu stabilen Endprodukten abgebaut. Sie werden deshalb auch als "Ewigkeitschemikalien" bezeichnet. Auch Trifluoressigsäure (TFA) rückt immer mehr in den Fokus von Behörden und Institutionen. Diese Stoffe sind ebenfalls persistent und mobil, weshalb sie künftig als relevant eingestuft werden könnten.
Vielfältiger Einsatz von PFAS
Aufgrund ihrer hohen Stabilität und ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften werden sie in vielen verschiedenen Industrie- und Konsumprodukten, unter anderem in Beschichtungen wie Teflon, Imprägniermitteln, bestimmten Feuerlöschschäumen, in der Galvanik oder in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Während der Herstellung und der Anwendung werden PFAS in die Umwelt freigesetzt, sind mittlerweile weltweit (ubiquitär) verbreitet und reichern sich in der Umwelt an.
Aufnahme ins Messprorgamm der BDF
Da insbesondere PFAS toxikologisch bedenklich sind, von angebauten Nutzpflanzen aufgenommen und in der Nahrungskette oder im Nutztier angereichert werden können, hat sich die LfL entschlossen, diese künftig ins Messprogramm für die Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) für Landwirtschaft in Bayern aufzunehmen.
Eine erste Probenahme fand im Frühjahr (März-April) 2025 auf 6 BDF statt. Je BDF wurden hierbei mittels eines Nmin-Bohrers 10-15 Bohreinstiche vom Ober- und Unterboden gezogen und zu je einer Bodenmischprobe vereint. Für den Unterboden wurde ein Nmin-Bohrer mit kleinerem Bohrdurchmesser verwendet. Bei der Probenahme ist auf besondere Sorgfalt zu achten: es sollten keine kunststoffhaltige Bekleidung, gummierte Arbeitshandschuhe oder möglicherweise PFAS-beschichtete Outdoorbekleidung (wegen möglicher Imprägniermittel) getragen werden. Manchmal wird Polytetrafluorethylen (PTFE = Teflon) als Material für die Schlaghaube des Hammers verwendet. Um zu verhindern, dass dieser Abrieb vom Schlaghammer ins Bohrloch und den Bohrkern gelangt, ist es von Vorteil um den Bohrer eine Manschette aus Baumwollmaterial oder Ähnlichem anzubringen. In der Praxis haben wir dafür ein ausgedientes Küchenhandtuch verwendet, das ausschließlich aus Leinen oder Baumwolle bestand. Zur Sammlung und Mischung der Einzeleinstiche wurden Edelstahleimer und -schäufelchen benutzt und die Bodenproben anschließend in Polypropylen (PP)-Beutel gefüllt. Die Probenahme orientierte sich hierbei an den Empfehlungen des Fachbeirats Bodenuntersuchungen (FBU) am Umweltbundesamt zur Bestimmung niedriger PFAS-Gehalte in Böden
Empfehlungen des FBU zum methodischen Vorgehen bei der Bestimmung von niedrigen PFAS-Gehalten in Böden (externe PDF-Datei)
Zusammenarbeit mit anderen Instituten bei der Analyse
Die noch am Feld sofort gekühlten Bodenproben (Kühlbox!) werden bis zur Probenaufbereitung und Untersuchung bei -18°C tiefgefroren aufbewahrt. Als Blindwert wird eine reine Quarzsandprobe mitgemessen. Die Untersuchungen konnten erfreulicherweise in Kooperation mit dem bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) realisiert werden, das PFAS-Hintergrundwerte im Boden für Bayern ableiten möchte. Die Probenaufbereitung erfolgt am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) in Schmallenberg. Anschließend werden die aufbereiteten Bodenproben von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin untersucht, wo insgesamt 46 PFAS-Einzelstoffe/-Substanzen bestimmt werden.
LfU-Projekt "PFAS-Hintergrundwerte Boden"
Auswahl der Flächen
Für die Auswahl der sechs Dauerbeobachtungsflächen der LfL wurden ausschließlich solche Flächen gewählt, bei denen aufgrund bestimmter Kriterien PFAS am wahrscheinlichsten in messbar hohen Konzentrationen im Boden vorkommen sollten. Das sind laut der erhobenen Schlagdaten Nachweise für eine ein- oder mehrmalige Klärschlammaufbringung, die Nähe zu potenziellen PFAS-Emittenten wie beispielsweise Produktionsstandorte für PFAS (z.B. Chemiepark Gendorf), Erdölraffineriestandorte und (Militär-) Flugplätze sowie eine nachgewiesene Anwendung fluorhaltiger Pflanzenschutzmittel. Bei den ausgewählten BDF handelt es sich ausschließlich um Ackerflächen konventionell wirtschaftender Betriebe.
Weitere Informationen zum Boden-Dauerbeobachtungsprogramm
Welche Stoffe werden untersucht?
Unter den Messparametern befinden sich neben den prominentesten Vertretern der PFAS, Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonat (PFOS) zwei weitere: Perfluornonansäure (PFNA) und Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS). Diese vier sogenannten EFSA-PFAS wurden von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in eine Expositionsschätzung und gesundheitliche Bewertung einbezogen und daraus eine wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge durch Lebensmittel abgeleitet.
Die Bodenproben sollen zusätzlich noch auf eine Reihe weiterer ultrakurz-, kurz- und langkettiger PFAS, PFAS-Ersatzstoffe und PFAS-Vorläufersubstanzen (Präkursoren) untersucht werden. Zu diesen zählen z.B. ADONA (Ammoniumsalz der Perfluoro-4,8-dioxa-3H-nonansäure (DONA)), Capstone A+B, PFBA (Perfluorbutansäure), PFOSA (Perfluoroctansulfonamid) oder Fluortelomerverbindungen wie 6:2- und 8:2-FTS. Diese Stoffe sollen sowohl im Wasser-Boden-Eluat (Verhältnis 2:1) als auch im Boden selbst (Feststoffgehalte mittels Extraktion durch ein organisches Lösungsmittel) bestimmt werden. Der Großteil der unzähligen Vorläuferverbindungen von PFAS soll hierbei mittels des „Total Organic Precursor Assay“ (TOP-Assay-Methode) gemessen werden.
UBA-Texte 04/2024
Eintragspfade
Bestimmte Pflanzenschutzmittel enthalten fluorierte Methylgruppen (C-CF3). In Deutschland handelt es sich derzeit um 28 Wirkstoffe, die vorzugsweise zur Verwendung auf Ackerflächen zugelassen sind. Diese können beim Abbau zur persistenten Trifluoressigsäure (TFA), dem vollständig fluorierten Essigsäureabkömmling, metabolisiert werden. Allerdings variiert das TFA-Bildungspotenzial zwischen den einzelnen Wirkstoffen sehr stark.
Nur ein geringer Teil der Messbefunde an TFA in der Umwelt stammt jedoch von Pflanzenschutzmitteln. Der weitaus größere Teil wird aus den Kälte-, Isolier- und Treibmitteln auf Basis von Fluor- und Fluorchlorkohlenwasserstoffe, z.B. HFKW, FCKW und besonders Hydrofluorolefinen (Olefine = ungesättigte Kohlenwasserstoffe), in der Atmosphäre gebildet. Im UBA-Hintergrundpapier zu TFA von November 2021 werden noch weitere Quellen, u. a. Biozide, Human- und Tierarzneimittel, für TFA in der Umwelt genannt.
Methodenentwicklung zur Charakterisierung und Quantifizierung von PFAS in Konsumgütern (Umweltbundesamt)
TFA: Auswirkungen auf die Umwelt
TFA wird in der Natur nur schwer abgebaut, ist also persistent, gut wasserlöslich und deshalb sehr mobil. In Böden wird TFA somit kaum zurückgehalten und schnell ins Grundwasser ausgewaschen oder mit dem Bodenwasser von Pflanzen aufgenommen.
Toxikologische Neubewertung von TFA
Aufgrund seiner geringen biologischen Aktivität wird TFA derzeit als nicht-relevanter Metabolit eingestuft. Die toxikologische Bewertung von Behörden und Instituten der europäischen Union (EFSA, ECHA) befindet sich im Umbruch, auch weil relevante Studien dazu derzeit noch fehlen. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Metabolit künftig als relevant eingestuft wird. Danach könnten nur noch PSM-Wirkstoffe zugelassenen werden, bei denen TFA im Grundwasser den Grenzwert von 0,1 µg/l nicht überschreitet.
TFA wurde noch vor Kurzem nicht zu den PFAS gezählt. Da es auch aus PFAS freigesetzt werden kann, wird das inzwischen anders gesehen. Wie andere PFAS, ist TFA nun Bestandteil aktueller Messkampagnen u.a. der des bayerischen Landesamtes für Umwelt (Gewässermonitoring, Depositionsmessungen, Ermittlung von Hintergrundwerten im Boden). Daher soll TFA künftig auch bei unserem Bodenmonitoring untersucht werden.
Ergebnisse
Mit ersten Ergebnissen ist nicht vor Ende 2025/Anfang 2026 zu rechnen. Es ist geplant, 2026 weitere BDF in LfL-Eigenregie auf PFAS zu beproben und von einem geeigneten Untersuchungslabor analysieren zu lassen. Aus Kostengründen können jedoch leider nicht alle BDF regelmäßig auf PFAS untersucht werden. Nachdem sich abzeichnet, dass für PFAS künftig auch Regelungen im geplanten Bodenüberwachungsgesetz der EU (EU-Richtlinie) enthalten sein werden, sollen sie fester Messparameter unseres Boden-Dauerbeobachtungsprogramms werden.