Streuobst als Betriebszweig – erfolgreich starten mit Erfahrungen aus der Praxis

Christian und Leon Schättler, Foto: Schättler’s Landbrennerei
Der Start in ein neues Betriebsfeld ist mit vielen Fragen verbunden. Das Praxis-Netzwerk Streuobst der LfL bietet Interessierten wertvollen Austausch mit erfahrenen Streuobstbetrieben und -experten. Christian Schättler von Schättler’s Landbrennerei im Landkreis Kitzingen ist einer davon. Im Interview berichtet er von der Motivation, den elterlichen Betrieb in einen Streuobstbetrieb umzubauen und gibt Tipps für den wirtschaftlichen Erfolg mit Streuobstprodukten.
Das Praxis-Netzwerk Streuobst ist ein bayernweites Netz aus Betrieben und Experten im Streuobstbereich. Über das Praxis-Netzwerk Streuobst der LfL können sich Interessierte mit erfahrenen Streuobstbetrieben austauschen und ihre Fragen stellen. Interessierte an einem Termin für ein Praxis-Gespräch können sich bei der Betreuungsstelle an der LfL melden.
Streuobst als Betriebskonzept – für diesen Weg haben sich Christian und Leon Schättler aus Geesdorf (Lkr. Kitzingen) entschieden. Seit 2019 gestalten die Brüder den Hof der Familie um und haben die ehemaligen Ackerflächen in Streuobstbestände verwandelt. Auf rund 20 Hektar gedeiht nun eine Vielzahl verschiedener Mostobstsorten. Aus der Ernte werden in Schättler‘s Landbrennerei hochwertige Weine, Brände, Liköre, Säfte und Essige hergestellt. Dafür haben die Brüder die bereits bestehende Brennerei des Großvaters übernommen und in moderne Technik für die Herstellung der neu erschlossenen Produktgruppen investiert. Seit Start des Praxis-Netzwerks Streuobst im letzten Jahr sind die Schättlers dabei und ermöglichen Interessierten einen Einblick in ihre Erfahrungen und den Arbeitsalltag auf ihrem Streuobstbetrieb.
Interview mit Christian Schättler von Schättler’s Landbrennerei
Christian, du hast zusammen mit deinem Bruder den elterlichen Nebenerwerbshof zu einem Streuobstbetrieb umgebaut. Das ist ein mutiger Schritt. Woher kommt eure Leidenschaft für Streuobst und was hat euch dazu bewegt, euren Plan umzusetzen?
Zum einen haben schon unsere Großeltern und Eltern Mitte der 90er die ersten Streuobstbäume zum Schutz des Ortolans gepflanzt. Streuobst war also einfach in unserem Bewusstsein. Wir haben immer mitgearbeitet und dadurch die Natur schätzen und kennen gelernt. Und irgendwann nach Ausbildung und Studium hat sich dann die Frage gestellt, welchen Beitrag wir zu einer Welt leisten können, in der wir in Zukunft leben wollen. Welche Möglichkeiten haben wir, etwas umzusetzen und aufzubauen? Und nachdem wir aus einem landwirtschaftlichen Betrieb stammen und Streuobst etwas ist, auf das wir Lust haben und das uns etwas gibt, haben wir uns dazu entschlossen, den Plan umzusetzen und neue Flächen anzupflanzen.
Was waren die größten Herausforderungen in den Anfangsjahren?
Am Anfang stellt man sich natürlich einige Grundfragen. Das fängt beim richtigen Pflanzmaterial und den Sorten an und der Frage: Wie will ich das Obst vermarkten? Direkt als Tafelobst oder will ich es weiterverarbeiten? Eine Herausforderung war auch eine sinnvolle und effiziente Pflanzung, besonders weil wir mehrere Hektar auf einmal gepflanzt haben.
Wie seid ihr die Herausforderungen angegangen und welche Lösungen habt ihr gefunden?
Man arbeitet sich da Schritt für Schritt rein. Wenn man das Problem benannt hat, kann man Lösungen finden. Wir haben dann zum Beispiel verschiedene Baumschulen kontaktiert oder Vermarktungswege gesucht, die zu unserem Betriebskonzept passen. Und da sind wir dabei geblieben, wo wir mit der Brennerei ursprünglich herkommen: Wir wollen alles weiterverarbeiten und unsere eigenen Produkte entwickeln.
Du hast BWL studiert und einige Jahre im Einkauf gearbeitet, dein Bruder Leon ist gelernter Elektriker. Wie sieht die Arbeitsteilung auf eurem Betrieb aus?
Unser Alltag sieht relativ ähnlich aus. Jeder von uns macht das, was gerade anfällt. Und wenn ich mal mehr im Büro mache, dann ist Leon eben zur Bodenbearbeitung draußen.
Was macht dir die meiste Freude an eurem Streuobstbetrieb?
Wenn ich auf den Flächen stehe und sehe, wie die Bäume wachsen und wie sich in vier, fünf Jahren die eigene Arbeit entwickeln kann – das macht definitiv immer wieder Freude.
Streuobstbestände sind Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. Was ist euer Kompromiss zwischen naturschutzfördernder und ertragsfördernder Bewirtschaftung der Bestände?
Unsere Streuobstbäume stehen zum Großteil auf Ackerflächen, die wir mit Blüh- und Wiesenmischungen eingesät haben. Da entwickelt sich ein Lebensraum für Insekten, Hasen und andere Wildtiere. Die Baumstreifen halten wir mit Krümler und Fräse frei, damit der Baum optimale Wachstumsbedingungen und keinen Konkurrenzdruck durch die Gräser hat. Als Kompromiss würde ich das gar nicht bezeichnen, weil der offene Boden noch mehr Vielfalt auf die Fläche bringt. Das Gras bietet Deckung und der freigehaltene Streifen die Möglichkeit, Wärme zu tanken. Und das Ziel ist natürlich, in Zukunft mit großen Bäumen noch mehr Biodiversität auf der Fläche zu haben und für die Baumentwicklung ist es unabdingbar die Baumscheibe freizuhalten. In verschiedenen Versuchen haben wir deutliche Effekte auf das Wachstum der Bäume festgestellt.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Streuobstbetriebs?
Da sind zwei Dinge besonders wichtig. Einerseits eine Vermarktung des Obstes, bei der man angemessene, gute Preise erzielen kann. Zum anderen ist die Mechanisierung – etwa bei der Ernte – einer der wichtigsten Hebel, um den Aufwand an Arbeitsstunden zu reduzieren und Streuobst wirtschaftlich zu gestalten.
Welchen Rat gibst du Betrieben, die sich ein Streuobst-Standbein aufbauen möchten, mit auf den Weg?
Informiert euch und tauscht euch mit anderen Streuobstbetrieben aus. Dazu ist das Praxis-Netzwerk Streuobst super und total unkompliziert. Ruft einfach an, schaut euch einen Betrieb vor Ort an und lasst euch inspirieren. Und dann geht es ums Loslegen und den ersten Baum zu pflanzen. Auf dem Weg wird es natürlich immer Herausforderungen geben und dann ist es das Schöne, ein Netzwerk im Hintergrund zu haben und zu wissen, dass man nicht alles selbst neu entwickeln muss.