Ergänzende Fachinformationen
Nährstoffentzüge bei der Grassamenproduktion
In der Düngeverordnung von 1996 werden in §5 Nährstoffvergleiche für alle landwirtschaftlichen Betriebe mit mehr als 10 ha Fläche verbindlich vorgeschrieben. Während für die ‘großen‘ landwirtschaftlichen Kulturen Faustzahlen für den Nährstoffentzug vorliegen und zwischen Bund und Ländern abgestimmt sind, fehlten diese für den Grassamenanbau im Bundesgebiet nahezu völlig. Deshalb hat der Fachbereich Agrarwirtschaft der Universität Gesamthochschule Paderborn in Zusammenarbeit mit der Deutschen Saatveredelung (DSV) Untersuchungen zum Nährstoffgehalt von Samen und Stroh bei den wichtigsten Grasarten durchgeführt. Diese Untersuchungsreihen wurden mit Daten der LFL zusammengeführt. Die unabhängig voneinander gewonnen Daten bestätigen die Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit der daraus abgeleiteten Empfehlungen für die Berechnung der Nährstoffvergleiche.
Material und Methoden
In den Jahren 1997 und 1998 wurden in den Kreisen Soest und Paderborn je 2-4 Vermehrungsschläge der Grasarten Deutsches Weidelgras (n=8), Einjähriges Weidelgras (1997 n=4, 1998 n=2), Welsches Weidelgras (1998 n=2), Rotschwingel (n=8) und Wiesenrispe (n=8) ausgewählt. Die Vermehrungsschläge befanden sich auf mittleren bis schweren Böden der Bodentypen Pseudogley, Parabraunerde, Braunerde und Rendzina aus Löß bzw. über Kalkstein.
Auf diesen Schlägen wurde kurz vor dem Druschtermin der Gräser der Gesamtaufwuchs nach der Quadratmetermethode in 5 bzw. 6 Wiederholungen gemessen. Unmittelbar nach der Ernte wurde eine Strohprobe entnommen, 1998 wurde zusätzlich auf 8m² in 6 Wiederholungen der Strohertrag bestimmt. Die Grassamenerntemenge wurde bei der Anlieferung der Rohware bei der DSV erwogen. Nach Trocknung auf 89% TS wurde die Rohware gereinigt und das Gewicht der reinen Samen ermittelt. Die Proben des Strohs und der reinen Samen wurden auf ihren Gesamtgehalt an Stickstoff, Phosphat und Kali untersucht. 1997 wurden der Ertrag bzw. die Nährstoffgehalte durch Witterungsereignisse nicht nenneswert beeinflußt.
1998 waren die Erntebedingungen aufgrund langanhaltender Niederschläge äußerst problematisch, vielfach traten erhebliche Samenverluste durch Ausfall vor der Ernte auf.
Von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft wurden je 10 Grassaatgutproben der Arten Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Wiesenschwingel und Knaulgras aus dem Erntejahr 1997 auf Nährstoffgehalte untersucht und wegen des aktuellen Beratungsbedarfes zu ersten Düngeempfehlungen genutzt. So wurden 1998 diese Werte im Datenbestand des PC-Programmes "LKP-Nährstoffvergleich" aufgenommen.
Erträge
Die Gesamtaufwüchse der einzelnen Arten schwanken relativ stark innerhalb der Jahre und vor allem auch zwischen den Jahren. (Tab. 1). Die Ursachen liegen in der unterschiedlichen Qualität der Standorte sowie in der jeweiligen Produktionstechnik bzw. Jahreswitterung begründet.
Ein Großteil des Aufwuchses wird nicht geerntet, nur etwa 70 % des Aufwuchses (Ausnahme Rotschwingel 47 %) erscheinen im Strohschwad bzw. in der Rohware. Der Rest verbleibt als Stoppel auf der Fläche. Die unterschiedliche Schnitthöhe bei der Bestimmung der Gesamtmasse durch Handernte (2 cm ) und die Schnitthöhe der Mähdrescher (5-7cm) ist neben Lager die Hauptursache für den hohen Stoppelanteil.
Die enormen Ernteschwierigkeiten in Westfalen im Jahr 1998 werden auch an den Erntemengen deutlich. Mit Ausnahme des Deutschen und Einjährigen Weidelgrases, die fast normale Erträge erreichten, betrugen die Erträge von Rotschwingel und Wiesenrispe im Mittel weniger als die Hälfte gegenüber dem Vorjahr, in dem ‚normale‘ Erträge erreicht wurden. Von besonders stark geschädigten Flächen wurden nur etwa 20% eines mittleren Ertrages geerntet. Deshalb wird auf die Berechnung von Entzügen durch die in der Praxis geernteten Mengen verzichtet, statt dessen werden beipielhaft die Entzüge mit Hilfe ‚durchschnittlicher‘ Erträge berechnet.
Tabelle 1: Gesamtaufwuchs, Strohanfall sowie Brutto- und Nettoerträge der Grasarten 1997 und 1998 in Westfalen (in Klammer die Spanne der Werte)
Art | Jahr | Gesamtaufwuchs (dt/ha TM) | Stroh im Schwad (dt/ha TM) | Bruttoertrag1) (dt/ha) | Nettoertrag1) (dt/ha) |
---|
Deutsches Weidelgras | 1997 n = 4
1998 n = 4 | 51,5 (49-54)
92,4 (83-106) | n.b.
52,9 (40-61) | 11,11 (9,2-12,8)
10,24 (9,9-10,7) | 9,4 (8,3-10,0)
8,4 (6,7-9,5) |
Einjähriges Weidelgras | 1997 n = 4
1998 n = 2 | 51,0 (40-62)
80,8 (77-85) | n.b
31,8 (25-39) | 23,5 (13,7-29,2)
22,3 (21,6-22,9) | 21,1 (12,3-25,4)
19,2 (18,4-19,9) |
Welsches Weidelgras | 1998 n = 2 | 72 (71-73) | 47 (38-56) | 8,1 (7,7-8,5) | 6,3 (6,3-6,3) |
Rotschwingel | 1997 n = 4
1998 n = 4 | 43,2 (39-49)
66,6 (52-80) | n.b
31,8 (25-39) | 9,2 (8,1-11,3)
4,2 (2,1-7,5) | 7,8 (6,7-9,7)
3,0 (1,4-5,2) |
Wiesenrispe | 1997 n = 4
1998 n = 4 | 42,6 (38-46)
59 (47-72) | n.b
27,1 (26-54) | 10,5 (9,1-14,5)
4,9 (2,8-6,3) | 6,9 (6,4-7,6)
3,0 (1,8-5,0) |
1) bei 89%TM
Nährstoffgehalte
Die Nährstoffgehalte des Strohs und Erntegutes sind in den Tabellen 2 bis 4 aufgeführt. Vor allem die Stickstoffgehalte schwanken sehr stark innerhalb der Arten, deutlich weniger zwischen den Arten, so daß eine Mittelwertbildung über alle untersuchten Arten gerechtfertigt erscheint.
Die Ergebnisse der Analysen auf den Nährstoffgehalt der Samen aus Westfalen stimmen ideal mit den Ergebnissen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirschaft (LfL) überein. Hier wurden jeweils 10 Saatgutproben aus der Ernte 1997 von Deutschem Weidelgras, Wiesenrispe, Knaulgras und Wiesenschwingel untersucht. Die Unterschiede innerhalb einer Art und zwischen den Arten und Jahren sind wesentlich größer als zwischen Westfalen und Bayern. Im Mittel aller untersuchten Grasarten (Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Knaulgras und Wiesenschwingel) liegen die Werte aus Bayern im gleichen Bereich wie in Westfalen. Die unabhängig voneinander gewonnen Daten bestätigen damit die Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit der daraus abgeleiteten Empfehlungen für die Berechnung der Nährstoffvergleiche.
Tabelle 2: Nährstoffgehalte (Mittelwerte, Minima und Maxima) in den reinen Samen verschiedener Grasarten (11% Feuchte) (Westfalen, 1997 und 1998)
Art | N-Gehalt (kg/100kg) | P2O5-Gehalt (kg/100kg) | K2O-Gehalt (kg/100kg) |
---|
Deutsches Weidelgras | 2,01 | 0,60 | 0,63 |
n = 8 | (1,70-2,14) | (0,50-0,71) | (0,45-0,74) |
Einjahriges Weidelgras | 1,91 | 0,62 | 0,54 |
n = 6 | (160-2,30) | (0,51-0,55) | (0,51-0,74) |
Welsches Weidelgras | 2,15 | 0,53 | 0,64 |
n = 2 | (1,84-2,30) | (0,51-0,55) | (0,60-0,68) |
Rotschwingel | 2,38 | 0,66 | 0,46 |
n = 8 | (1,87-2,92) | (0,53-0,75) | (0,34-0,58) |
Wiesenrispe | 2,28 | 0,62 | 0,30 |
n = 8 | (1,58-2,87) | (0,53-0,69) | (0,24-0,37) |
Mittel der Grasarten | 2,15 | 0,60 | 0,52 |
Tabelle 3: Nährstoffgehalte (Mittelwerte, Minima und Maxima) von reinen Samen verschiedener Grasarten aus Bayern der Ernte 1997 (11% TS)
Art | N-Gehalt (kg/100 kg) | P2O5-Gehalt (kg/100 kg) | K2O-Gehalt (kg/100kg) |
---|
Deutsches Weidelgras | 2,03 | 0,68 | 0,59 |
n = 10 | (1,75-2,26) | (0,59-0,71) | (0,37-0,68) |
Wiesenschwingel | 2,13 | 0,67 | 0,67 |
n = 10 | (1,97-2,34) | (0,57-0,71) | (0,44-0,64) |
Knaulgras | 2,61 | 0,78 | 0,50 |
n = 10 | (2,42-2,99) | (0,67-0,90) | (0,38-0,59) |
Wiesenrispe | 2,03 | 0,67 | 0,40 |
n = 10 | (1,83-2,27) | (0,57-0,83) | (0,29-0,61) |
Mittel der Grasarten | 2,20 | 0,70 | 0,51 |
Auch für die bayerische Praxis und Beratung kann daher für die geprüften Grasarten folgender einheitlicher Entzugswert für die reinen Samen empfohlen werden:
Samen:
2,2 kg Stickstoff (N)/dt Grassamen,
0,65 kg Phosphat (P2O5)/dt Grassamen,
0,5 kg Kali (K2O)/dt Grassamen.
Tabelle 4: Mittlere Nährstoffgehalte im Grassamenstroh in Westfalen (20% Feuchte; Versuchszeitraum 1997 - 1998)
Art | N-Gehalt (kg/100 kg) | P2O5-Gehalt (kg/100 kg) | K2O-Gehalt (kg/100kg) |
---|
Deutsches Weidelgras | 0,72 | 0,39 | 1,80 |
n = 8 | (0,56-0,94) | (0,22-0,53) | (1,39-2,18) |
Einjähriges Weidelgras | 0,89 | 0,25 | 1,29 |
n = 5 | (0,56-1,02) | (0,12-0,33) | (0,67-1,51) |
Welsches Weidelgras | 1,01 | 0,48 | 1,92 |
n = 2 | (0,93-1,08) | (0,42-0,53) | (1,58-2,26) |
Rotschwingel | 0,84 | 0,25 | 1,17 |
n = 8 | (0,46-1,22) | (0,12-0,37) | (1,04-1,44) |
Wiesenrispe | 1,34 | 0,41 | 1,83 |
n = 8 | (1,02-1,78) | (0,27-0,51) | (1,10-2,17) |
Mittel der Grasarten | 0,96 | 0,37 | 1,61 |
Die Mittelwerte der Nährstoffgehalte lagen 1997 bei 0,74% N, 0,23% P2O5 und 1,42 % K2O, 1998 dagegen bei 1,09% N, 0,43% P2O5 und 1,62% K2O (ohne Welsches Weidelgras). Die relativ großen Schwankungen der Nährstoffgehalte im Stroh zwischen den Jahren sind vor allem mit den Witterungsbedingungen vor der Ernte zu erklären. 1997 fand die Ernte zum Zeitpunkt der optimalen Reife statt, somit war das Stroh gut abgereift und nur wenig Zwiewuchs vorhanden, 1998 war die Ernte verzögert und teilweise lagerten die Bestände, dadurch fand der Wiederaustrieb bereits vor dem Drusch statt und war aufgrund der feuchten Witterung wesentlich stärker. Je jünger Pflanzengewebe ist, desto mehr Nährstoffe enthält es. Allein aufgrund dieser Zusammenhänge müssen also bei stärkerem Zwiewuchs eher die höheren Gehalte angenommen werden. Die Abweichungen bleiben aber bei Verwendung der mittleren Gehalte im Bereich von +/- 5 kg N/ha je Nährstoff, sind also vernachlässigbar. Deshalb können im Mittel der Jahre für die geprüften Grasarten für die Entzugsberechnung folgende Richtwerte angenommen werden.
Stroh:
1,0 kg Stickstoff(N)/dt Stroh,
0,4 kg Phosphat (P2O5)/dt Stroh,
1,6 kg Kali (K2O)/dt Stroh.
Diese Werte stellen die Entzugswerte für Grassamenstroh auf eine echte Datenbasis, da bis jetzt für Bayern hierfür die Werte "Heu Wiese 1. Schnitt abgeblüht" herangezogen wurden.
Berechnungsbeispiele für den Export von Nährstoffen im Grassamenbau
Für die Berechnung des Nährstoffexportes mit dem Reinigungsabgang wurden die Nährstoffgehalte der gereingten Samen unterstellt. Erste Analysen des Abgangs ergaben nur geringe Differenzen zu den ‚reinen Samen‘, eine Abweichung, die sich bei 300 kg/ha Abfall auf weniger als 1 kg/ha je Nährstoff hochrechnen läßt. Die Nährstoffexporte mit dem ganzen Erntegut (reine Samen incl. Abgang) sind gemessen an den Nährstoffmengen, die in der gesamten gebildeten Biomasse enthalten sind, gering. Mit Ausnahme des Einjährigen Weidelgrases, bei dem Erträge über 20 dt/ha möglich sind, werden bei Erträgen um und unter 1000 kg/ha nur 20-25 kg/ha N und weniger als 10 kg/ha an Phosphat und Kali abgefahren. Nur wenn auch das Stroh geborgen wird, steigen die Entzüge deutlich.
Tabelle 6: Nährstoffentzüge im Grassamenbau mit Samen und Stroh bei mittleren Erträgen (20 % Feuchte)
| N-Entzug (kg/ha) | P2O5 % Entzug (kg/ha) | K2O-Entzug (kg/ha) |
---|
30 dt/ha | 30 | 12 | 48 |
40 dt/ha | 40 | 16 | 64 |
50 dt/ha | 50 | 20 | 80 |
60 dt/ha | 60 | 24 | 96 |
70 dt/ha | 70 | 28 | 112 |
Deshalb erscheint es gerechtfertigt für alle Grasarten einheitliche Nährstoffgehalte anzunehmen, ohne daß dadurch Abweichungen über 5 kg/ha bei den berechneten Nährstoffexporten mit den Samen bzw. mit dem Grassamenstroh auftreten. In Kombination mit den gedüngten Nährstoffmengen sind somit die vorgeschriebenen Nährstoffvergleiche von Import und Export ohne Probleme möglich.
Literatur
Quelle:
Schule und Beratung 6/99
Autoren:
Dr. Franz-Ferdinand Gröblinghoff,
Prof. Dr. Norbert Lütke Entrup
Fachbereich Agrarwirtschaft
Universität-GH Paderborn
Lübecker Ring 2
59494 Soest