Ferkelaufzucht und Mast mit unterschiedlich reduzierten Gehalten an Rohprotein bei Flüssigfütterung

Ferkel am Trog

Aufgrund der sich zunehmend verschärfenden Umwelt- und Düngegesetzgebung und der von den Bettrieben vorzulegenden Stoffstrombilanz ist es wichtig, die Stickstoffausscheidungen durch die Tiere möglichst gering zu halten. In Versuchen mit Mastschweinen zeigten sich bei abgesenkten Rohproteingehalten beziehungsweise Eiweißfutteranteilen keine oder nur geringe negative Effekte auf die Mastleistungen. Erst bei einer Stickstoffreduzierung, die unterhalb einer „sehr stark N- und P-Reduzierung nach DLG-Vorgaben (DLG, 2019) lag, wurde in Schwarzenauer Fütterungsversuchen ein signifikanten Rückgang der Mastleistung bei nahezu unveränderten Schlachtkörpermerkmalen ermittelt.

Auf die geänderten Rahmenbedingungen durch die Düngegesetzgebung hat mittlerweile auch die Mineralfutterindustrie reagiert und bietet entsprechende Mineralfuttermittel für die Ferkelaufzucht und Mast an. Bei Einsatzraten von vier Prozent (Ferkelaufzucht) beziehungsweise 3 Prozent (Mast) sind Lysingehalte von mehr als 13 Prozent (Ferkelaufzucht) beziehungsweise 14 Prozent (Mast) im Mineralfutter in der Praxis verbreitet.
In einem Versuch mit Ferkeln und Mastschweinen wurden unterschiedliche Stickstoffreduzierungen im Futter durch den Einsatz von Mineralfuttertypen mit unterschiedlichen Aminosäuregehalten verglichen. Die entsprechenden Fütterungskonzepte wurden vom Absetzen bis zum Schlachthaken geprüft.

Versuchsdurchführung

Der Versuch wurde am Staatsgut Schwarzenau der Bayerischen Staatsgüter durchgeführt. Dazu wurden 192 Tiere ausgewählt und auf 2 Versuchsgruppen in der Ferkelaufzucht aufgeteilt. Nach der Aufzucht wurden die Versuchstiere ins analog aufgebaute Mastabteil eingestallt und der Versuch in der Mastphase fortgesetzt. Zwischen der letzten Wiegung der Tiere in der Ferkelaufzucht und der ersten Wiegung in der Mast lagen aus arbeitsorganisatorischen Gründen fünf Tage.
Die Tiere wurden sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast in 16 Buchten zu je 12 Tieren auf Kunststoff- beziehungsweise Betonspalten ohne Einstreu gehalten.
  • Ferkelaufzucht
    • A, Kontrolle: Mineralfutter (Einsatzrate 4 Prozent) mit 11 Prozent Lysin
    • B, Testgruppe: Mineralfutter (Einsatzrate 4 Prozent) mit 13 Prozent Lysin
  • Schweinemast
    • A, Kontrolle: Mineralfutter (Einsatzrate 3 Prozent) mit 12 Prozent Lysin
    • B, Testgruppe: Mineralfutter (Einsatzrate 3 Prozent) mit 14 Prozent Lysin
Die Versuchsrationen basierten auf Getreide, Sojaextraktionsschrot mit 44 Prozent Rohprotein und den entsprechenden Mineralfuttermitteln. Die Ferkelaufzucht gliederte sich in zwei und die Mast in drei Fütterungsphasen.

Eingesetzte Versuchsrationen

Die Zusammensetzungen der eingesetzten Ferkelaufzucht- und Mastfutter sind in nachfolgenden Tabellen dargestellt.
Zusammensetzung der Ferkelaufzuchtfutter (Angaben in Prozent)
  Ferkelaufzuchtfutter I KontrolleFerkelaufzuchtfutter I Testgruppe Ferkelaufzuchtfutter II KontrolleFerkelaufzuchtfutter II Testgruppe
Weizen50505050
Gerste2427,52831,5
Sojaextraktionsschrot 2016,51612,5
Mineralfutter4444
Fumarsäure1111
Sojaöl1111
Zusammensetzung der Mastfutter (Angaben in Prozent)
 Anfangsmast, KontrolleAnfangsmast, TestgruppeMittelmast, KontrolleMittelmast, TestgruppeEndmast, KontrolleEndmast, Testgruppe
Weizen51,55951,5605564
Gerste302535293730
Sojaextraktionsschrot15,51310,5853
Mineralfutter333333

Ergebnisse

Ferkelaufzucht

Tägliche Zunahmen, Lebendmasseentwicklung
Die täglichen Zunahmen lagen im Mittel mit rund 500 Gramm in der Kontroll- und knapp 490 Gramm in der Testgruppe auf einem durchschnittlichen Niveau. Die Unterschiede waren in den beiden Aufzuchtabschnitten und in der gesamten der Ferkelaufzucht statistisch nicht signifikant. Die Lebendmasseentwicklung während der Ferkelaufzucht verdeutlicht nebenstehende Abbildung
Futterverbrauch und Futteraufwand
In der Ferkelaufzucht war in Gruppe B der Futterverbrauch niedriger. Mit Ausnahme von Phase 2 waren die Unterschiede statistisch signifikant. In der gesamten Aufzucht wurden in Gruppe A knapp 810 und in Gruppe B etwa 740 Gramm Futter pro Tier und Tag verbraucht. Die gegenüberliegende Abbildung zeigt den Futterverbrauch in den einzelnen Wochen. Durch den niedrigeren Futterverbrauch in Gruppe B bei einer vergleichbaren Leistung, ergab sich in Gruppe B in den beiden Fütterungsabschnitten und im Versuchsmittel ein günstigerer Futteraufwand pro Kilogramm Zuwachs. Die Unterschiede waren statistisch signifikant. In der gesamten Aufzucht lag der Futteraufwand pro Kilogramm Zuwachs in Gruppe A bei 1,62 und in Gruppe B bei 1,51 Kilogramm.

Mast

Tägliche Zunahmen, Lebendmasseentwicklung
Bedingt durch den 5-tägigen Abstand zur der letzten Wiegung im Ferkelbereich und Umstellung auf eine größere Waage mit anderer Messgenauigkeit gaben sich um 3,9 Kilogramm (Gruppe A) beziehungsweise. 3,0 Kilogramm (Gruppe B) höhere Lebendmassen bei der Umstallung ins Mastabteil. Der Unterschied zwischen den Tieren von Gruppe A und B nach Abschluss der Ferkelaufzucht vergrößerte sich somit um 0,9 auf 1,4 Kilogramm.
Die täglichen Zunahmen bewegten sich im Mittel der Mast mit 820 in der Kontroll- und 793 Gramm in der Testgruppe auf einem eher niedrigen Niveau. Die Unterschiede waren signifikant. Dies beruhte vor allem auf den signifikanten Unterschieden in der Anfangsmast mit 755 Gramm Tageszunahmen in Gruppe A und 713 Gramm in Gruppe B. In der Mittelmast wurden mit rund 1070 g in beiden Gruppen nahezu identische Tageszunahmen erzielt. Auch in der Endmast wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden. In dieser Phase wurden in Gruppe A rund 700 Gramm und in Gruppe B knapp 680 Gramm erreicht.
Nebenstehende Abbildung zeigt die Lebendmasseentwicklung während der Mast bis zum ersten Schlachttermin.
Tägliche Zunahmen, Lebendmasseentwicklung
Der Futterverbrauch während der Mast ist in nebenstehender Abbildung dargestellt. Im ersten Mastabschnitt war, wie auch in der Ferkelaufzucht, der Futterverbrauch pro Tier und Tag in Gruppe B signifikant niedriger. In diesem Mastabschnitt ergaben sich 1,58 Kilogramm in Gruppe A und 1,43 Kilogramm in Gruppe B. Somit war der Futterverbrauch der Tiere von Gruppe B vom Absetzen bis zu Beginn der Mittelmast durchgängig niedriger.
In den folgenden Mastabschnitten und in der gesamten Mast war kein Effekt auf den Futterverbrauch mehr zu beobachten. In der Mittelmast lag dieser bei 2,3 Kilogramm und in der Endmast zwischen 3,0 und 3,1 Kilogramm. Im Mittel der gesamten Mast verbrauchten die Tiere von Gruppe A 2,4 Kilogramm und die von Gruppe B 2,3 Kilogramm Futter pro Tag.
Der Futteraufwand pro Kilogramm Zuwachs wurde durch die Art der Fütterung in allen Mastabschnitten und in der gesamten Mast nicht signifikant beeinflusst. Im Mittel der Mast lag der Futteraufwand pro Kilogramm Zuwachs in beiden Gruppen exakt bei 2,89 Kilogramm.

Lebendmasseentwicklung und Futterverbrauch während des gesamten Versuchs

Lebendmasseentwicklung vom Absetzen bis zum Schlachthaken
Die Lebendmasseentwicklung während des gesamten Versuchszeitraums geht aus nebenstehender Abbildung hervor
Futterverbrauch in den einzelnen Versuchswochen vom Absetzen bis zur Schlachtung
Der Futterverbrauch in den einzelnen Versuchswochen vom Absetzen bis zur Schlachtung ist in nebenstehender Grafik dargestellt.

Schlachtkörperbeurteilung

Beim bezahlungsrelevanten Schlachtkörperparameter Muskelfleischanteil war mit mittleren Werten von 60,5 beziehungsweise 60,5 Prozent kein Effekt der Fütterung zu erkennen. Dies traf auch für die Mehrzahl der untersuchten Schlachtkörpermerkmale zu. Einzig bei der Ausschlachtung wurde für die Gruppe B ein signifikant höherer Wert (82,7 gegenüber 82,2 Prozent) ausgewiesen.

Stickstoff- und Phosphorsaldierung

Sowohl die Stickstoff- als auch die Phosphorausscheidungen waren in Gruppe B während des gesamten Versuchszeitraums (Ferkelaufzucht und Mast) um rund 15 Prozent niedriger. Die verminderten Phosphorausscheidungen sind auf den geringeren Anteil an Sojaextraktionsschrot in den Rationen von Gruppe B zurückzuführen.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

In der Ferkelaufzucht zeigte der Einsatz von Mineralfutter mit höheren Gehalten an Aminosäuren in Verbindung mit einem geringeren Anteil an Sojaextraktionsschrot in der Ration keinen Effekt auf die Tageszunahmen aber einen signifikant niedrigeren Futterverbrauch.

Nach Umstellung in die Mast wurden bis etwa 60 Kilogramm Lebendmasse signifikant niedrigere Tageszunahmen bei Umsetzung des Mineralfutterkonzepts mit höheren Gehalten an Aminosäuren festgestellt. In der Mittel- und Endmast zeigten sich diese signifikanten nicht mehr. Im Mittel der Mast waren die Tageszunahmen jedoch signifikant niedriger. Zu diskutieren ist der fast durchgängige und zum Teil signifikant niedrigere Futterverbrauch vom Absetzten bis etwa 60 Kilogramm Lebendmasse in dieser Gruppe.

Auf die Höhe des bezahlungsrelevanten Muskelfleischanteil zeigte sich kein Einfluss. Die Verteilung des Muskelfleischanteils war in beiden Versuchsgruppen vergleichbar, es ergaben sich demzufolge auch keine Auswirkungen auf den mittleren Auszahlungspreis pro Kilogramm Schlachtgewicht.

Die kalkulierten Ausscheidungen an Stickstoff und Phosphor reduzierten sich durch die Umsetzung des Mineralfutterkonzepts mit den höheren Gehalten an Aminosäuren um rund 15 Prozent. Darüber hinaus ergab sich eine Einsparung an Sojaextraktionsschrot von knapp 8 Kilogramm pro Tier während der Aufzucht und Mast. Diese Einsparung ist mit höheren Kosten für die Mineralfutter gegenzurechnen.