Forschungs- und Innovationsprojekt
Mikrobiologische Prozessoptimierung in der Biogastechnologie

Fluoreszenzen

Diagnostik der mikrobiellen Populationen und Identifizierung von Schlüsselorganismen in Biogasfermentern

Mit der Biogasproduktion aus erneuerbaren Rohstoffen können Treibhausgasemissionen und der Einsatz fossiler Energiequellen verringert werden. Das energiereiche Methan wird im Biogasprozess von einer sehr innig und effizient kooperierenden Gemeinschaft von Mikroorganismen produziert.
Diese häufig noch als „black-box“ betrachtete Biozönose wird zu unterschiedlichen Prozesszuständen genauer untersucht, um die Abläufe im Biogasprozess besser zu verstehen, zu bewerten und dadurch besser steuern zu können.
Die aus den Untersuchungen entwickelten mikro- und molekularbiologischen Frühwarnsysteme zeigen schneller eine Prozessversäuerung an als konventionelle Parameter. Damit können Störungen früher erkannt und Gegenmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden, um einem Prozesszusammenbruch mit eventuell gravierenden ökonomischen und ggf. ökologischen Konsequenzen vorzubeugen.

Zielsetzung

  • Identifizierung von charakteristischen Populationen für unterschiedliche Betriebsbedingungen und Vergleich mit chemisch-physikalischen Parametern, um Ansprüche der jeweils betrachteten Biozönose bzw. Gilde ableiten zu können
  • Quantifizierung der identifizierten, charakteristischen Populationen (DNA)
  • Bestimmung ihrer Aktivität auf Transkriptionsebene (mRNA bzw. cDNA)
  • Identifizierung von Biomarkern aus den qualitativen und quantitativen Daten
  • Entwicklung von Frühwarnsystemen, um Prozessdefizite frühestmöglich feststellen und ihnen gegensteuern zu können

Methode

Die mikrobiologisch-diagnostische Analytik wird an der Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (AQU 1c) durchgeführt. In einer institutionellen Zusammenarbeit erfolgen Fermenterbetrieb und Bereitstellung von Fermenterproben in verschiedenen Betriebsvarianten und Aktivitätszuständen durch ILT 2a und ILT 2c. Es werden für Bayern typische Substrate, verschiedene Biogasanlagen (Labormaßstab und Praxisanlagen) und unterschiedliche Prozesszustände untersucht.

Die molekularbiologischen Untersuchungen umfassen derzeit die

  • Verwendung von funktionellen Primersystemen für methanogene Archaeen (mcrA/mrtA) und acidogene, acetogene und syntrophe fettsäureoxidierende (AASF) Bakterien (fhs-Gen)
  • Identifizierung von charakteristischen Populationen mittels Direkt-PCR-Klonierung und anschließender Sequenzierung
  • Quantifizierung dieser Populationen mittels quantitativer Echtzeit-PCR (qPCR)
  • Bestimmung der Aktivität der jeweils betrachteten Biozönose über RNA-Extraktion und die Quantifizierung ihrer Transkripte (RT-qPCR, Analyse von cDNA bzw. mRNA)
  • Berechnung von Aktivitätsparametern wie des Metabolischen Quotienten (MQ) und des cDNA/DNA-Verhältnisses

Ergebnisse

Die molekularbiologischen und konventionellen Untersuchungen ergaben einen engen Zusammenhang zwischen dem produzierten Methan (Methanproduktivität) und der Konzentration von Methanogenen (spezifische 'Norm-' und aktuelle Aktivität) für verschiedene Prozesszustände. Mit diesen Daten wurde ein molekularbiologisches Frühwarnsystem (Metabolischer Quotient, MQ) entwickelt, das Stressmetabolismus (bis zu 1 Monat vor Versäuerung) anzeigt. Weiterhin gibt das cDNA/DNA-Verhältnis Auskunft über den aktuellen Aktivitätszustand der betrachteten Mikroorganismenpopulation.
Untersuchungen der Zusammensetzung der mikrobiellen Gesellschaft zeigen, dass sich die aktive (cDNA-Ebene) von der gesamt vorhandenen (DNA-Ebene) Population z.B. bei Prozessstörungen deutlich unterscheiden kann. Die Untersuchung der aktiven Population ist zur Bewertung des aktuellen Zustands der Biozönose wichtig. In den Analysen wurden auch bislang unbekannte methanogene Archaeen und AASF-Bakterien identifiziert. Es wird geprüft, ob sich auch diese als Indikatororganismen eignen.
In einer aktuellen Untersuchung wurden ein mesophiler und ein thermophiler Hydrolysefermenter auf die bakterielle Population (rrs, Bacteria) und die AASF-Bakterien (fhs) hin untersucht. Unter beiden Temperaturbedingungen wurden mit beiden Analysesystemen Vertreter der Familien Ruminococcaceae und Lachnospiraceae in beträchtlicher Konzentration gefunden. Diese Organismen spielen offenbar eine zentrale Rolle in den Abschnitten Hydrolyse/Acidogenese und Acetogenese/Fettsäureoxidation der anaeroben Vergärung.
Im mesophilen Prozess waren weiterhin Vertreter der Bacteroidetes und im thermophilen Prozess Vertreter der Synergistaceae sowie Clostridiales Family III Inc. Sed./ Syntrophomonadaceae stark vertreten. Ob diese als Indikatororganismen eingesetzt werden können, wird derzeit geprüft.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Michael Lebuhn
Projektbearbeitung: Bernhard Munk, Elena Madge-Pimentel
Laufzeit: 01.01.2008 – 30.09.2014
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: K/08/06