11. Produkttag Spargel der LfL 2019

Spargeldämme mit Folienabdeckung

Das Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte der LfL veranstaltete am 20. Februar 2019 den Produkttag Spargel im Landgasthof Vogelsang in Weichering. Bei der elften Auflage der mittlerweile traditionellen Veranstaltungsreihe ging es um das "Für und Wider der Folie im Spargelanbau", insbesondere unter dem Aspekt des Umweltschutzes und der Abfallentsorgung.

Rund 60 interessierte Spargelerzeuger und -vermarkter, Vertreter des Handels und der Verbände, der Abfallentsorgung im Gemüsebau sowie Berater diskutierten im Landgasthof Vogelsang in Weichering wieder aktuelle Fragen rund um den Spargelanbau und seine Vermarktung.

Inhalte des 11. Produkttages Spargel

Der elfte Produkttag Spargel setzte sich mit dem Folieneinsatz im Spargelanbau auseinander, "Für" und "Wider" wurden aus unterschchiedlichen Sichtwinkeln dargestellt und diskutiert. Die Entsorgung und Verwertung gebrauchter Folien im Gemüsebau warf dabei immer wieder aktuelle Fragen im Rahmen der Umweltschutzdiskussion auf.
Neben den unterschiedlichen Gesichtspunkten zum Folienanbau wurden am Nachmittag neue Vorschriften des seit 1. Januar 2019 gültigen Verpackungsgesetzes vorgestellt und Anmedlemodalitäten sowie mögliche Konsequenzen für direktvermarktende landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe diskutiert.
MR Günter Knüppel vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten begrüßte die Teilnehmer und Ehrengäste. Das Thema "Folienanbau" ist politisch hoch aktuell und wird von allen Seiten kritisch beäugt, betonte der Ministeriumsvertreter, man müse sich deshalb diesem Thema gemeinsam stellen.
Peter von der Grün, der gerade einmal zwei Wochen das Amt des Landrats im Kreis Neuburg-Schrobenhausen innehat, stellte sich den Veranstaltungsteilnehmern, insbesondere den Spargelerzeugern, vor und gab einen kurzen wirtschaftlichen Überblick über seinen Landkreis.

Für und Wider der Folie im Spargelanbau

... aus Sicht des Marktes

Dr. Sutor spannte mit seinem Einführungsreferat einen weiten Bogen von der Angebots- und Nachfrageentwicklung bei Spargel über die Auswirkungen des Folienanbaus auf Saisonalität und Regionalität bis zu den Konsequenzen für den Spargelmarkt.
Deutschlandweit wurde allein im Zeitraum 1994 bis 2007 der Einsatz von Schwarzfolien im Spargelanbau von 380 ha auf 12.570 ha (von 18.610) erhöht. Die Spargelerzeugung ist von 20.000 t im Jahr 1994 auf 140.000 t in 2017 angestiegen. Anführer dieser rasanten Entwicklung ist Bayern. Die bayerischen Spargelanbauer haben diese Marktchance radikal ergriffen. Seit 1990 ist die Anbaufläche um 600 Prozent, die Erntemenge fast um das doppelte gestiegen. Insgesamt wurde die Spargelproduktion in Bayern seit 1990 verzehnfacht, der Folienanbau hat dies ermöglicht.
Mittlerweile hat sich der Spargel zu einem saisonalen "Frischwaren-Massenprodukt" im Bereich der Supermärkte und Discounter entwickelt, so Marktexperte Sutor. Hauptkunden sind hier vornehmlich die Gastronomie und kleinere Gemeinschaftsverpflegungen. Mit einem Umsatzvolumen von rund 60 Mio. € ist Spargel - dank Folienanbau - mittlerweile die bedeutendste Gemüseart in Bayern. Ein erfolgreicher Spargelanbau ist ohne Folie also kaum möglich, jedoch muss der Folieneinsatz unbedingt mit umweltschonenden Maßnahmen kombiniert werden.
(Dr. Peter Sutor, LfL - Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte)

Ausführliche Präsentation "Für und Wider der Folie im Spargelanbau - aus Sicht des Marktes" pdf 2,8 MB

... aus Sicht des Erosionsschutzes

Oskar Kreß vom Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau an der LWG stellte die Präsentation von Erosionsexperten Robert Brandhuber, vor, insbesondere eine nötige und mögliche Vorsorge gegen Erosion und Abfluss beim Spargelanbau.
Spargelanbau findet in Bayern überwiegend auf Flächen mit geringer Hangneigung statt. Die mittlere Hangneigung aller Spargelfelder liegt knapp unter 3 %. Da die Spargeldämme lange Zeit mit Folien abgedeckt sind, muss die Wasserinfiltration zwischen den Dämmen stattfinden. Dort fehlt meist der Bewuchs und der Boden lagert dicht. Bei intensiven Regenereignissen kann Wasser abfließen, anstatt einzusickern - auch bei einem Gefälle unter 3 %. Insbesondere in den südbayerischen Anbaugebieten verursachen Wasseraustritte und Bodenabschwemmungen aus Spargelfeldern zumindest in Einzelfällen immer wieder Schäden bei Vorflutern oder ggf. Beeinträchtigungen von angrenzenden Flächen. Mit dem Klimawandel nimmt die Intensität von Starkregen immer weiter zu, deshalb besteht dringender Anpassungsbedarf.

Mit einer Reihe von Maßnahmen kann auch bei Verwendung von Folien wirksam Vorsorge betrieben werden:

  • keine neuen Spargelfelder in kritischen Lagen anlegen
  • ausgeprägt hängige Lagen mit langen Abflussbahnen oder Hangmulden mit Konzentration des Wasserabflusses vermeiden
  • Anlage der Spargelfelder quer zum Hang
  • am unteren Ende eines Spargelfeldes immer Grünstreifen als Puffer angelegen
  • Rückhaltemulden zur Verhinderung von Wasseaustritt
  • Infiltrationsvermögen mit guter Humus- und Kalkversorgung und dem Lockern von Bodenverdichtungen fördern
  • Einsaaten und Strohaufbringung können den Abfluss zwischen den Dämmen bremsen.
Der Spargelanbauer steht in der Verantwortung, durch geeigneten Maßnahmen Schaden vom Nachbarn und Schaden für das Produktimage abzuwenden.
(Robert Brandhuber, LfL - Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz)

Ausführliche Präsentation "Für und Wider der Folie im Spargelanbau - aus Sicht des Erosionsschutzes"

… aus Sicht der Abfallentsorgung: Ordnungsgemäßer und landschaftsverträglicher Folieneinsatz bei Spargel & Co

Angeregt zu seiner Referendararbeit wurde der Gartenbauwissenschaftler Klaehre durch die gesellschaftliche Kritik am Folienanbau: Folien verschandeln das Landschaftsbild und beeinträchtigen den Lebensraum „Acker“. Dem gegenüber, so Klaehre, steht der Wunsch der Verbraucher nach Obst und Gemüse aus der Region mit umweltfreundlichen kurzen Wegen und einer regionalen Wertschöpfung. Zudem soll die Ware frisch und vom Erzeuger "seines Vertrauens" sein und das möglichst das ganze Jahr über.
In Bayern ist der Einsatz von Folien in den Kulturen Spargel, Erdbeeren, Einlegegurken, Kürbis und Salat üblich. Die Folien ermöglichen das Angebot heimischer Erzeugnisse in hoher Qualität über einen langen Zeitraum und stärken so den regionalen Anbau. Mit der Veröffentlichung des Faltblattes - als Ergebnis seiner Arbeit - möchte Klaehre die gesellschaftliche Diskussion versachlichen und die Akzeptanz der heimischen Landwirtschaft in der Bevölkerung erhöhen, gleichzeitig den Erzeugern Empfehlungen für einen ordnungsgemäßen Folieneinsatz an Hand geben.
Die meisten Folien im Obst- und Gemüsebau sind aus Polyethylen (PE), die ohne Bodenkontakt problemlos recycelt werden können (durchsichtige Thermofolie, Lochfolie, Tunnelfolie). Problematisch ist dagegen die Verwertung von Folien mit Bodenkontakt wie (schwarze) Mulchfolien oder Taschenfolien.
Alternativ zur PE-Folie können biologisch abbaubare Mulchfolien aus Nachwachsenden Rohstoffen (wie Maisstärke, Milchsäure, Pflanzenöle oder Naturkautschuk), insbesondere beim Anbau von Kürbis, Zuckermais und Zucchini eingesetzt werden. Sie können in den Acker eingearbeitet werden, Bergung und Recycling entfallen, sie sind jedoch teurer. Abschließend stellte der Gartenbaureferendar fest, dass es letztendlich keine Alternativen für schwarz-weiße Taschenfolien gibt, auch organischer Mulch ist kein Ersatz. Also muss eine Erhöhung der Recyclingquote angestrebt werden, der Gesellschaftskritik muss man sich stellen und entgegenkommen.

Zum ordnungsgemäßen und landschaftsverträglichen Umgang mit PE-Folien zählt Klaehre:

  • Folien abdecken bzw- einbetten (evtl. Folien mit Naturfarbtönen verwenden)
  • Folien vollends bergen und zum Entsorger (Recycler) bringen
  • Möglichst spät mit Folien abdecken (Schläge mit leichteren Böden?)
  • Laufwege begrünen
  • Blühstreifen am Ackerrand parallel zu den Dämmen ansäen.
Nicht zuletzt fordert der Referent, den Erzeuger-Verbraucher-Dialog zu intensivieren, um eine von allen Seiten akzeptierte regionale Erzeugung von Obst und Gemüse in Bayern zu erreichen.
(Daniel Pascal Klaehre, LWG/Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen)

Faltblatt "Empfehlungen zum ordnungsgemäßen und landschaftsverträglichen Folieneinsatz im Gemüse- und Obstbau" (externe PDF-Datei, LWG) Externer Link

… aus Sicht der Abfallentsorgung: Welche Anforderungen gelten für recyclebare Folien

Geschäftsführer Fischer des Abfallverwertungs-Unternehmens Gigler in Schrobenhausen stellte die Marktsituation (national und international) sowie Entsorgungsverfahren und -wege des Folienrecyclings dar. 2018 wurden 560 t landwirtschaftliche Folien an vom Unternehmen Gigler angenommen, davon 120 t als gemischte Siedlungsabfälle über Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Der Rest sollte stofflich verwertet werden, aufgrund der starken Verschmutzung dieser Folien gibt es aber für mehr als ein Viertel davon derzeit keine Abnehmer. Die Folienverwertung über den asiatischen Markt ist stark rückläufig, große Mengen von landwirtschaftlichen und Verpackungsfolien verbleiben in Europa. Die Abnehmer von recycelbaren Folien bevorzugen sauberste Qualitäten, die Abgabe von landwirtschaftlichen Folien wird dadurch immer schwieriger. Gegen eine energetische Verwertung über Müllverbrennungsanlagen spricht die außerordentliche Länge der Folienbahnen, ggf. auch der hohe Heizwert, für den die Anlagen nicht konstruiert sind, und der Mineralienanteil (bei Folien mit Sandtaschen zwischen 50 und 80 Prozent). Bedingungen für ein hochwertiges Recycling sind saubere Folien, die möglichst frei von organischem Materiel, Mineralien, Farben, Ölen und am besten ganz ohne Sandtaschen sind.

Der Landwirt kann aus Sicht des Foilenrecyclers für eine möglichst hohe Folienverwertungsrate folgendes beitragen:

  • Kauf von hochwertigen, langlebigen Folien, die recyclebar sind
  • Verlängerung der Nutzungszeit der Folien durch behutsames Handling
  • keine lange Lagerung von Altfolien, insbesondere nicht unter Sonneneinstrahlung
  • Abgabe von monofraktionierten und sauberen Altfolien und
  • ständige Suche nach Abnehmern von Altfolien.

… aus Sicht eines Spargelerzeugers

Spargelerzeuger Schulz-Marquardt baut von seinem 4 ha Betrieb auf 0,5 ha Spargel an, die er von Anfang an biologisch bewirtschaftet. Er hat sich - trotz der unbesstrittenen Vorteile des Folienanbaus - gegen die Folie entschieden. "Folie ist ein Erfolgsmodell - woran messe ich den Erfolg?"
Unterschiedliche Erntemengen bei Kälte und Hitze spielen in seinem (kleinen) Betrieb keine Rolle. Schlechte Stimmung bei Saisonarbeitskräften in Regenperioden kennt er nicht, da nur ein lokaler Helfer angestellt wird, der bei jedem Wetter am Betrieb beschäftigt werden kann. Die Ursachen für geringere Erträge (ohn Folie) sieht Schulz-Marquardt heute eher in der Kulturführung. Den meisten Erntespargel sticht er selbst, so dass auch die ggf. höheren Anforderungen im folienlosen Anbau an die Spargelstecher bei ihm keine Rolle spielen. Seine Kollegen haben dieses Problem durch intensive Schulung und Selektion der Arbeitskräfte gelöst, so der Ohne-Folie-Spargelerzeuger. Erntebeginn ist bei dem Abensberger 10 bis 14 Tage später. Der erste Spargel brachte früher gutes Geld, heute nur noch mit mehr Aufwand. Er sieht lso keinen Zwang, "mitzumachen". Schulz-Marquardt bezeichnet seine Witschaftsweise als "seinen Weg":
Bleichspargel vermarktet er im Erzeuger-Verbraucher-Direktverkehr nach Dicke sortiert, blaue und weiße Stangen gemeinsam zum gleichen Preis. Beim Anbau achtet er auf Begrünung, zurückhaltenden Pflanzenschutz, Nestbehandlung von Hähnchen, Gleichgewicht der Nährstoffe und Bodenbelebung. Rost ist allerdings auch bei ihm Thema.
Wenn er sich auch selbst als "Exoten" im Spargelanbau bezeichnet, so hat er eines mit seinen "konventionellen" Kollegen gemeinsam: Nach der Saison dürfen sich alle erholen.
(Manfred Schulz-Marquardt, Spargelerzeuger "ohne Folie" aus Abensberg)

Ausführliche Präsentation "Ausführliche Präsentation "Für und Wider der Folie im Spargelanbau - aus Sicht eines Spargelerzeugers" pdf 3,1 MB

Handeln gefordert – neue Vorschriften nach dem Verpackungsgesetz

Seit 1. Januar 2019 gilt das neue Verpackungsgesetz (VerpackG), nachdem jeder Inverkehrbringer von Verpackungen vom Gesetzgeber verpflichtet wird, sich an der Entsorgung der Verpackungen ihrer Produkte, die in Privathaushalten anfallen, zu beteiligen. Mitmachen müssen alle, die aus der Produktion Einnahmen erzielen - unabhängig von der Menge.
Dr. Elisabeth Seemer von Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz berät mit ihrem Team vor allem Einkommensalternativen wie Direktvermarktung, Hofgastronomie oder Landtourismus. Mit dem neuen VerpackG sollen höhere Recyclingquoten für Wertstoffe erreicht werden und durch rechtskonformes Verhalten mehr Transparenz und Fairness.
Bei der neu geschaffenen Zentralen Stelle Verpackungsregister (Stiftung) muss sich jeder Hersteller (bis 01.01.2019) im Verpackungsregister LUCID registrieren
lassen, diese ist aus Transparenzgründen im Internet für jedermann einsehbar (nur Namen, keine Mengen). Nach erfolgter Registrierung schließt der Hersteller (Direktvermarkter) einen Entsorgungsvertrag mit einem Entsorger seiner Wahl ab (Kostenvergleich!). Nach Vertragsabschluss mit einem Entsorger („Duales System“) muss an das Verpackungsregister gemeldet werden, welche (Verpackungs-)Materialarten und Mengen für den Verkauf an den Endverbraucher verwendet werden. Dabei können sich die Betriebe an den Vorjahreswerten orientieren. Wichtig ist, dass die Meldung an das Verpackungsregister mit der an das Duale System übereinstimmt.
(Dr. Elisabeth Seemer, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz)

Ausführliche Präsentation "Handeln gefordert – neue Vorschriften nach dem Verpackungsgesetz" pdf 853 KB

Zusammenfassung und Schlusswort

Der hohe Durchsetzungsgrad der Folie im Spargelanbau zeigt, dass es viele Argumente dafür gibt. Die Folie hat die Massenproduktion ermöglicht und führt eindeutig zur Arbeitserleichterung.
Dennoch muss man überlegen, wie positives Umweltempfinden mit dem Folienanbau zu vereinbaren ist. Anstelle des "Immer mehr" sollte man sich auf das beschränken, was man hat, dies dient auch der Imageverbesserung. Recycling ist verdammt schwierig, trotzdem sollten alle Möglichkeiten, die Folien optimal zu verwerten, ausgeschöpft werden, fasst Dr. Sutor abschließend zusammen.
(Dr. Peter Sutor, LfL - Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte)