Zuckerrüben in Not: "SBR" und Stolbur in Bayern auf dem Vormarsch

Die seit einigen Jahren in bayerischen Zuckerrüben-Anbaugebieten auftretende bakterielle Erkrankung "SBR" (Syndrome Basses Richesses = Syndrom der niedrigen Zuckergehalte) ist weiter auf dem Vormarsch. Seit Sommer 2023 hat sich die Situation in manchen Regionen nun teilweise deutlich verschärft: Neben dem SBR-Bakterium Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus scheint ein weiterer Erreger, das sogenannte Stolbur-Phytoplasma, ein zellwandloses Bakterium (Candidatus Phytoplasma solani), zusätzlich zu einer massiven Schädigung der Rüben und zu hohen Ertragsverlusten zu führen.

Neues Schadbild "Gummirüben"

Augenscheinliches Symptom eines Phytoplasma-Befalls sind neben gelben, verwelkten, absterbenden Blättern sogenannte "Gummirüben" – weiche, biegsame Rüben, die aufgrund ihrer Schädigung oft schlecht zu ernten und zu verarbeiten sind. Zwar ist der Zuckergehalt dieser Rüben nicht reduziert (zum Teil sogar erhöht), die Erträge gehen jedoch insgesamt stark zurück, und die Rüben sind kaum lagerfähig. Betroffen von dieser neuen Entwicklung sind derzeit vor allem Schläge im Raum Ochsenfurt/Unterfranken. Aber auch in weiter südlich gelegenen Anbauregionen nahe Ingolstadt wurden bereits vereinzelt Stolbur-Erreger nachgewiesen.
Auch aus anderen Bundesländern ist diese neue Erkrankung bereits bekannt, insbesondere aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, von wo dieses Jahr die ersten Berichte von massiven Schäden durch Stolbur-Befall an Rüben kamen. "Gummirüben" kennt man bereits seit einigen Jahren vor allem aus Südosteuropa.
Deutliche Welkesymptome in Stolbur-befallenem Rübenschlag (Foto: Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer)

Stolbur-Welke­symptome

"Gummirübe" mit biegsamer Rübenspitze in Stolbur-befallenem Rübenschlag (Foto: Matthias Strebel)

"Gummirübe" durch Stolbur-Befall

"SBR" weiter auf dem Vormarsch

Im Gegensatz dazu ist bei der schon seit einigen Jahren bekannten bakteriellen "SBR"-Krankheit der Rübe der Zuckergehalt deutlich reduziert, die Rübenkörper bleiben fest. Auch das Laub der Rüben wird zwar gelb, verwelkt jedoch nicht nennenswert. Dieses Krankheitsbild ist in Bayern bereits bekannt und in vielen Anbaugebieten weiter auf dem Vormarsch. Labor­ergebnisse lassen jedoch vermuten, dass erst das massive Auftreten des Stolbur-Erregers zu den derzeit teilweise dramatischen Schadbildern mit welken "Gummirüben" in nordbayerischen Zuckerrüben-Schlägen geführt hat.
Zuckerrüben mit deutlichen Schäden durch SBR- und Stolburbefall (Foto: Jan Nechwatal)

SBR- und Stolbur-Schad­symptome

Feld mit SBR-Befall

Feld mit SBR-Befall

Zikaden als Überträger sind schwer zu bekämpfen

Beide beteiligten Erreger werden durch die Schilf-Glasflügelzikade übertragen, die die Bakterien beim Saugen an den Pflanzen aufnehmen bzw. auch wieder in die Leitgewebe einbringen und so rasch zwischen den Pflanzen verbreiten kann. Dieser Übertragungsweg macht eine Bekämpfung der Krankheit besonders schwer. Zikaden schätzen warme und trockene Klimabedingungen und sind mit den üblichen Verfahren kaum bekämpfbar. Es wird derzeit mit Hochdruck an alternativen Möglichkeiten geforscht: So sollen Änderungen in der Fruchtfolge oder der Bodenbearbeitung die Zikade in ihrer Entwicklung stören und so ihre Zahl verringern.
Ein aktuelles Projekt am Institut für Pflanzenschutz der LfL widmet sich zusammen mit dem Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer e.V. solchen und anderen Themen, um den bayerischen Rübenanbauern angesichts dieser schweren Bedrohungen eine Perspektive bieten zu können.

Monitoring und Entwicklung von Verfahren zur Kontrolle von Schilf-Glasflügelzikaden und "SBR" im Zuckerrübenanbau

Zelte zur Zikadenerfassung

Zelte zur Zikadenerfassung

Ein Mann mit einem Insektenfangnetz auf einem Rübenfeld.

Zikadenfang