Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2021 – Krankheiten und Schädlinge im Gartenbau

Die Arbeitsgruppe IPS 3d beschäftigt sich neben in ihrer Versuchsarbeit zur Schließung von Indikationslücken im Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau mit aktuellen Schaderregerproblemen im Gartenbaubereich und erarbeitet dabei Pflanzenschutzmaßnahmen und -strategien auf Basis konventioneller und alternativer Verfahren.

Apfelwicklerverwirrung mit CheckMate®Puffer®

Grundlagen

Der Apfelwickler zählt zu den wichtigsten Schaderregern in Apfelanbau, sowohl im Bereich Streuobst, als auch im Tafelobstanbau. Bei der Verwirrungsmethode wird der Sexuallockstoff des Apfelwicklerweibchens zur Flugzeit des Apfelwicklermännchens in der Obstanlage ausgebracht, damit kann eine Paarung zumindest reduziert werden, da das Männchen das Falterweibchen nicht mehr findet. Die Eiablage zur Bildung der ersten Faltergeneration kann damit verhindert werden. Eine Möglichkeit ist, den Lockstoff in Form von Dispensern in der Anlage zu verteilen. Dies ist sehr zeitaufwendig, es müssen ca. 500 Dispenser pro Hektar im oberen Drittel der Bäume aufgehängt werden. Die Dispenser müssen nach der Flugsaison im Herbst wieder eingesammelt werden, um den Plastikmüll aus der Anlage zu entfernen. Eine neuere Methode kann das Aufhängen von Puffern sein. Dabei werden abhängig von der Obstanlage 2 bis 3 Puffer je Hektar über den Baumkronen angebracht. Diese Puffer stoßen den Lockstoff nur abends zur Flugzeit des Apfelwicklermännchens aus.

Versuchsdurchführung

2020 und 2021 wurde der Versuch in einer 1,5 ha großen Apfelanlage angelegt, davon sind 0,5 ha Spalieräpfel (Sorten: ‚Golden Delicious‘ und ‚Elstar‘, Unterlage: M9, Pflanzjahr 2009) und 1,0 ha Streuobst (Unterlage: starkwachsend, Sorten: Bittenfelder Sämling, Wiltshire, Rheinischer Bohnapfel, Pflanzjahr: ca. 1960). Es wurden 3 Puffer der Firma Suterra® an Holzlatten angebracht und anhand eines Lageplanes aufgestellt. Um die Puffer effizient im Bestand zu verteilen wurde ein Lageplan mit Höhenlinien, Hauptwindrichtung und Umgebungsstrukturen an die Firma Suterra® geschickt, die anhand der Topografie die optimalen Standorte ermittelte. Die Puffertechnik wurde durch die Firma von 2020 auf 2021 geändert. Die neuen Modelle sind leichter, was das Aufhängen in größere Höhen (ca. 10 m) erleichtert und die Aussprühlöcher verkleben nicht mehr. Leider gab es 2021 technische Probleme bei zwei der drei aufgehängten Puffer. Es wurde weniger als die Hälfe des notwendigen Pheromons ausgebracht, was leider erst am Ende des Versuches festgestellt wurde. Dadurch sind die Ergebnisse 2021 nicht auswertbar, da die Pheromonwolke sicher nicht ausreichend war. 2020 waren die Ergebnisse auswertbar, trotz geringem Schaderregerauftreten. Die unbehandelte Parzelle (Sorte: Nicoter, Unterlage M9) befindet sich etwa 500 m westlich von der ‚verwirrten‘ Fläche.
ein ca 30 cm großer quaderförmiger Behälter ist an einer Holzlatte auf einer Höhe von 3 m befestigt. Unter dem Behälter befindet sich ein kleiner Apfelbaum.

Puffer Spalier 2020

Puffer 2021: ein ca 30 cm langer, zylindrischer Behälter ist mit einem Eisenhaken am Außenbereich einer Laubbaumkrone befestigt.

Puffer 2021

Puffer Streuobst Puffer gekennzeichnet: ein gelber Kreis markiert den Puffer, d.h. ein ca. 30 cm langer, zylindrischer Behälter ist einer Höhe von 8 m am Außenbereich einer Laubkrone besfestigt.

Puffer Streuobst Puffer gekennzeichnet

Zur Kontrolle wurden Apfelwicklerlockstofffallen (diese enthalten ebenfalls den weiblichen Sexuallockstoff und eine Klebetafel) in den Parzellen aufgehängt, um zu kontrollieren, ob der Pheromonausstoß der Puffer ausreicht. Wenn in den Fallen viele männliche Falter gefangen werden, ist der Ausstoß der Puffer nicht ausreichend. Insgesamt wurden in der Parzelle Spalierobst 8, im Streuobst 2 und in den unbehandelte Nicoter 31 Apfelwicklermännchen gefangen. Damit deutet sich 2020 eine gute Wirkung der Pufferverwirrung an.

Diagramm der Anzahl von Apfelwicklermännchen in den Pheromonfallen

 Anzahl Äpfel ohne ApfelwicklerbefallAnzahl Äpfel mit ApfelwicklerbefallApfelwicklerbefall in %
unbehandelt749708,5
Spalierobst (Elstar)1063433,9
Streuobst724
536,8
StreuobstAnzahl Äpfel ohne ApfelwicklerbefallAnzahl Äpfel mit ApfelwicklerbefallApfelwicklerbefall in %
Wiltshire337297,9
Rheinischer Bohnapfel387245,8
2020 war der Befallsdruck durch den Apfelwickler sehr gering. Es wurden keine weiteren Behandlungen (z.B. mit Granuloseviren oder chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel) gegen den Apfelwickler durchgeführt.

Ergebnis

Es konnte eine leichte Befallsreduzierung in der Parzelle mit dem Spalierobst erreicht werden. Beim Streuobst war der Einfluss der Sorte größer als die der Verwirrung. Diese Ergebnisse konnten 2021 aufgrund der technischen Probleme bei der Puffertechnik nicht wiederholt werden.

Gegenspieler von gartenbaulich relevanten Baumwanzen in Bayern

Im Rahmen des Projekts "PENTAdetect" wurden verschiedene Untersuchungen in Bezug auf heimische und nicht-heimische Baumwanzen durchgeführt, die in ihrer Bedeutung als Schädlinge derzeit zunehmen. Die vier am stärksten beobachteten Arten dabei waren die beiden heimischen Arten Grüne Stinkwanze und Rotbeinige Baumwanze sowie die beiden gebietsfremden Arten Grüne Reiswanze und Marmorierte Baumwanze. Letztere steht aufgrund ihres hohen Schadpotenzials besonders im Fokus der Forschungen. Unter anderem wurde untersucht, wie stark die genannten Wanzen von Gegenspielern im Freiland kontrolliert werden.
Rückenansicht einer Marmorierten Baumwanze. Sie erreichen eine Größe von bis zu 1,7 cm

Rückenansicht einer Marmorierten Baumwanze.

Bauchansicht einer Marmorierten Baumwanze (oben) und einer heimischen Grauen Gartenwanze (unten). Nur die Graue Gartenwanze besitzt einen Dorn auf ihrem Bauch, der in Richtung Kopf gerichtet ist. Foto: Dr. Olaf Zimmermann, LTZ Augustenberg

Bauchansicht einer Marmorierten Baumwanze (oben) und einer heimischen Grauen Gartenwanze (unten).

Ziele

Gegenspieler werden als Bekämpfungsoption aufgrund eines gestiegenen Umweltbewusstseins der Gesellschaft zunehmend wichtiger. Bei der Suche nach Gegenspielern der Baumwanzen kann man auf Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zurückgreifen. So ist in Bezug auf die ursprünglich aus Ostasien stammende Marmorierte Baumwanze bekannt, dass heimische Gegenspieler meist nur eine geringe Wirkung gegen sie haben und zwei aus dem natürlichen Verbreitungsgebiet stammenden Schlupfwespen (Samuraiwespe und Trissolcus mitsukurii) eine hohe Wirkung haben. Nach diesen beiden Arten wurde 2021 in Bayern gesucht, da sie bereits in Deutschland oder in Nachbarländern nachgewiesen wurden. Diese beiden Arten sind Ei-Parasitoide, was bedeutet, dass sie ihre Eier in die Eier ihres Wirtes ablegen und so die Populationsgröße des Wirtes reduzieren. Wie stark die beiden heimischen Arten Rotbeinige Baumwanze und Grüne Stinkwanze durch Gegenspieler unterdrückt werden ist noch wenig erforscht. Ein zweites Ziel der Untersuchungen war es somit zu ermitteln, welche Wirkung Gegenspieler auf die Wanzen im Freiland in Bayern haben. Da das Eistadium von Wanzen als das sensibelste gegenüber Antagonisten gilt, wurde sich hierauf in den Untersuchungen konzentriert.

Methode

Eigelege einer Marmorierten Baumwanze auf der Unterseite eines RobinienblattesZoombild vorhanden

Eigelege einer Marmorierten Baumwanze auf der Unterseite eines Robinienblattes

Eistadien der oben genannten vier Baumwanzen wurden während der Vegetationsperiode 2021 gesucht. Da die beiden gebietsfremden Arten Marmorierte Baumwanze und Grüne Reiswanze im südlichen Bayern vor allem im Großraum München vorkommen, wurde das Monitoring schwerpunktmäßig dort durchgeführt. Dafür wurden drei Standorte im Stadtgebiet von München gewählt, um wöchentlich nach Eigelegen zu suchen. Die Standorte wurden nach der dortigen Populationsgröße der Marmorierten Baumwanze ausgesucht. Eigelege der beiden heimischen Wanzen Grüne Stinkwanze und Rotbeinige Baumwanze wurden ebenso an diesen Standorten gesucht. Zusätzlich wurden vor allem Eigelege der beiden heimischen Arten im Versuchsgelände der LfL gesucht. Eigelege von Baumwanzen können vor allem auf der Unterseite von Blättern gefunden werden. Gefundene Eigelege wurden für 4 Wochen in einem Klimaschrank gehalten, um zu sehen, welche und wie viele Ei-Parasitoide schlüpfen. Durch Gegenspieler geschädigte Eier wurden in die Klassen prädatiert (gefressen) und durch Schlupfwespen parasitiert eingeteilt.

Ergebnis

Aufgrund der nasskalten Witterung konnten 2021 nur relativ wenige Eigelege gefunden werden. Mit Abstand am häufigsten wurden Eigelege der Marmorierten Baumwanze gefunden, die auch im städtischen Gebiet Münchens bereits sehr häufig ist. Die Grüne Reiswanze wurde 2021 nicht im Freiland gefunden, was verdeutlicht, dass diese Art in der Fläche Bayerns eher noch selten ist

Übersicht über den Anteil prädatierter Eier der Marmorierten Baumwanze, Grünen Stinkwanze und der Rotbeinigen Baumwanze

Eigelege der Marmorierten Baumwanze wurden nur zu sehr geringen Anteilen von Gegenspielern beeinflusst. Nur 2 bis 3 Prozent der Eier dieser Art wurden von Gegenspielern jeweils prädatiert und parasitiert. Eier der Grünen Stinkwanze und der Rotbeinigen Baumwanze wurden zwar zu deutlich höheren Anteilen von heimischen Schlupfwespen parasitiert, jedoch erlaubt die geringe Stichprobengröße keine weiteren Rückschlüsse. Aus den parasitierten Eigelegen der heimischen Wanzen sind heimische Ei-Parasitoide geschlüpft. Die beiden gebietsfremden Gegenspieler der Marmorierten Baumwanze Samuraiwespe und Trissolcus mitsukurii konnten nicht gefunden werden.

Übersicht über den Anteil parasitierter Eier der Marmorierten Baumwanze, Grünen Stinkwanze und der Rotbeinigen Baumwanze

Diskussion und Ausblick

Der geringe Anteil parasitierter und sterilisierter Eier der Marmorierten Baumwanze deckt sich mit Versuchen zu Gegenspielern der Marmorierten Baumwanze aus dem europäischen Ausland. Die Suche nach Gegenspielern soll 2022 fortgeführt werden und die Suche nach den beiden nicht heimischen Gegenspielern intensiviert werden. Dazu steht unter anderem ein Insektensauger zur Verfügung, mit dem man gezielt an "Hotspots" der Marmorierten Baumwanze nach den beiden Gegenspielern suchen kann. Ein Fund einer der beiden Arten würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine der beiden Arten als Nützling zukünftig in der Landwirtschaft zur Regulierung der Marmorierten Baumwanze zugelassen wird.

Bekämpfung von Sclerotinia sclerotiorum an Zierpflanzen unter Glas mit biologischen Präparaten

Nicht nur in ackerbaulichen Kulturen ist Sclerotinia sclerotiorum eine schwierig zu bekämpfende Krankheit, sondern auch im Zierpflanzenbau müssen Gärtner sie erstnehmen. Die Weißstängligkeit, die durch Sclerotinia sclerotiorum hervorgerufen wird, tritt zunehmend in feucht-warmen Frühjahren mit hoher Luftfeuchtigkeit auf. Dabei können die Dauersporen (Sklerotien) bereits bei ca. 6-10 °C im Boden keimen und auf die Stängel der Wirtspflanzen übersiedeln. Zunächst färben sich die Bereiche an den Pflanzen hellgrün bis gelblich über bräunlich, allerdings ohne scharfkantige Abgrenzung, bis zum Schluss ein weißliches Pilzmyzel die befallenen Stellen überzieht. Die erkrankte Pflanze stirbt komplett ab.
Deshalb erfolgte ein Versuch zur Bekämpfung von Sclerotinia scl. an der Kultur Lobelia erinus bei zwei Sorten 'True Blue Africo' und 'Curacao White/Blue Mix').
Aufgeschnitte Sklerotie (Überdauerungsorgan)

Aufgeschnitte Sklerotie (Überdauerungsorgan)

befallenen Pflanze

Sclerotinia-Befall an 'True Blue Africo' in der Kontrollvariante

Es sollte dabei insbesondere geprüft werden, ob die verwendeten biologischen Präparate und das konventionelle Standardmittel, alle präventiv eingesetzt, den Krankheitsbefall im gleichen Maße verhindern können. Der Befall mit dem Schadpilz setzte bei der Sorte 'True Blue Africo' nach einer einmaligen künstlichen Infizierung gemächlich ein. Im Gegensatz dazu konnte bei 'Curacao White/Blue Mix' trotz wiederholter Infizierung kein aussagekräftiger Befall mit Sclerotinia sclerotiorum erzielt werden, sodass die rechnerischen Wirkungsgrade bei dieser Lobeliensorte relativiert werden müssen.

Sclerotinia-Befall an <i>Lobelia erinus</i> 'True Blue Africo'

Lobelia erinus 'True Blue Africo'
Das Vergleichspräparat Switch (1,0 kg/ha) hatte bei dieser Sorte eine deutlich bessere Wirkung als die biologischen Prüfglieder, besonders in der zweiten Hälfte des Versuchs. Unter den alternativen Mitteln wirkte insgesamt betrachtet Taegro (370 g/ha) am besten. Die anderen Versuchsglieder Botector, Vacciplant und Serifel (100 g/ha) lagen bzgl. ihrer Wirkung dicht beieinander.

Wirkungsgrad der Mittel nach Abbott bei 'True Blue Africo'

Lobelia erinus 'Curacao White/Blue Mix'
Aufgrund des sehr geringen Befalls mit Sclerotinia sclerotiorum bei dieser Sorte am Ende des Versuchs kann keine vernünftige Aussage über die Wirkung der Mittel getroffen werden.

Sclerotinia-Befall an <i>Lobelia erinus</i> 'Curacao White/Blue Mix

Die Kulturverträglichkeit war bei allen Prüfgliedern und beiden Lobelia-Sorten gegeben.
Wichtiger Hinweis zur Zulassung (Stand März 2022)
Das Mittel Botector ist derzeit in Deutschland für den Anwendungsbereich Zierpflanzenbau nicht zugelassen.
Das Produkt Vacciplant ist zur Zeit in Deutschland generell nicht zugelassen.