Rindermast
Eignung von Wagyu-Rindern und dessen Kreuzungen für die intensive Mast

Mutterkühe mit Kälbern Wagyu auf der Weide

"Kobe-Beef" und "Wagyu-Rinder"

Seit circa 10 Jahren hört und liest man immer wieder Berichte über "Wagyu-Rinder" und "Kobe-Fleisch". Bei der Suche im Internet nach Kobe-Fleisch stößt man sofort auf den Begriff "Wagyu Kobe Style Beef", das in Deutschland zu Preisen zwischen 80 und 200 Euro je kg angeboten wird. Diese Produkte stammen alle von Rinderzuchtherden, die auf japanischem Erbgut basieren, das Mitte der 1990er Jahre in die USA exportiert wurde und darauf eine eigene Wagyu Zucht aufbaute (Wagyu kommt aus dem Japanischen und bedeutet Wa = Japaner, Gyu = Rind). Japan ist aufgrund der geringen Fläche einer der weltweit größten Importeure von Rindfleisch, im Jahr 2013 wurden über 770.000 Tonnen importiert, die Hälfte davon aus den USA (zum Vergleich: Bayern produziert jährlich ca. 300.000 Tonnen Rindfleisch).
Auch in Bayern haben einige Zuchtbetriebe bereits mit Wagyu experimentiert. In einem Versuch wurde nun untersucht, wie sich diese japanischen Rinder und deren Kreuzungen im Vergleich zum Bayerischen Fleckvieh darstellen.

Das Projekt in Ereseried

Die Fullblood Herde

Anfang 2010 importierte Sepp Krätz die ersten Embryonen für den Aufbau einer eigenen Full-blood Wagyu-Herde. Die Übertragung der Embryonen erfolgte ab März 2010. Als Empfängertiere wurden Braunviehfärsen von Vertragsbetrieben genutzt, die Trächtigkeitsquote lag mit 65 Prozent in einem sehr guten Bereich und zwischen November 2010 und März 2011 wurden 27 männliche und 30 weibliche Kälber geboren. Diese reinrassigen Fullblood Tiere stellen die Grundlage für die weitere Zucht dar. Im Alter von 16 Wochen wurden die Fresser von den Vertragsbetrieben abgeholt und auf den Betrieb nach Eresried gebracht.

Die ersten gekörten Bullen und weiblichen Fullblood Tiere

BulleZoombild vorhanden

Wagyu Bulle AIZATZURUDOI

Von den männlichen Tieren wurden die Besten gekört. Einige Bullen wurden von Mutterkuhbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern, Nord-Rhein-Westfalen und Österreich gekauft und dürfen sich dort vermehren. Fünf Bullen aus unterschiedlichen Blutlinien werden inzwischen über die Besamungsstation Grub vertrieben und weltweit angeboten.
Die weiblichen Tiere bilden die Grundlage für die Wagyu-Fullblood Herde. Die besten 10 Kühe wurden 2012 für Embryotransfers genutzt, insgesamt wurden 150 Embryonen gewonnen. Bemerkenswert ist eine Färse, bei der 48 brauchbare Embryonen gespült wurden, die Kuh selber brachte 9 Monate später zwei lebhafte Zwillinge zur Welt.

Die zweite Generation

JungrinderZoombild vorhanden

Fullblood Wagyu Jungrinder

Im Jahr 2013 wurden insgesamt 50 reinrassige Wagyukälber geboren, davon 22 aus Embryotransfers. Dies sind die ersten Fullblood Tiere, die auf dem Betrieb Eresried gezüchtet wurden. Die erste Generation wurde in Kanada und den USA gezeugt und kamen als Embryonen nach Bayern. Die Tiere der zweiten Generation wurden in Eresried größtenteils aufgezogen und stehen ab Herbst 2014 zum Belegen an, teilweise sollen wieder Embryonen gewonnen werden.
Weil der Platz in den bestehenden Stallungen und Notunterkünften bald nicht mehr ausreichte, wurde nicht weit vom bestehenden Maststall entfernt ein neuer Stall geplant und gebaut.
Fullblood Wagyu Kälber aus der 3. Genearion im neuen Mutterkuhstall

Inzwischen haben mehrere Kühe zum zweiten Mal abgekalbt und die 3. Generation an reinrassigen Wagyurindern zur Welt gebracht

Das Kreuzungszuchtprogramm

Das Kreuzungszuchtprogramm

Parallel zu den Übertragungen der Embryonen wurden in oberbayerischen und schwäbischen Vertragsbetrieben Kalbinnen und Kühe mit zwei Bullen der Rasse Wagyu besamt. Die Mutterrassen waren Fleckvieh, Braunvieh und Schwarzbunte. Um die Ergebnisse besser vergleichen zu können wurden bei den Bullen in jede Bucht ein reinrassiger Fleckviehabsetzer zugekauft. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob sich eine bayerische Rasse für ein Kreuzungszuchtprogramm mit Wagyu besonders eignen würde und wie sich die Einkreuzung auf die Mast- und Schlachtleistung und insbesondere auf die Fleischqualität auswirken würde.
Tabelle 1: Anzahl Tiere für den Mastversuch
 Wagyu x FleckviehWagyu x BraunviehWagyu x SchwarzbuntFleckvieh reinWagyu Fullblood
Bullen1411266
Färsen14123  
Ochsen8    
Die Bullen und Färsen wurden im Stall Eresried auf Vollspaltenboden mit Gummiauflagen gemästet, die Fütterung der Masttiere erfolgte gemäß den Fütterungsempfehlungen des Institutes für Tierernährung. Wie in Bayern üblich bildete Maissilage die Grundlage, ergänzt durch je ein halbes kg Heu und Stroh je Tier und Tag. Das Kraftfutter bestand aus Gerste, Weizen und Körnermais, ergänzt mit Sojaschrot zur Eiweißversorgung und Mineralfutter.
Alle Bullen, Färsen und Ochsen wurden an der LfL in Grub geschlachtet, die Schlachtkörper nach den gesetzlichen Vorgaben zugeschnitten und in Handelsklassen eingestuft. Zur Untersuchung der Fleischqualität wurde 1 Tag nach der Schlachtung von jedem Schlachtkörper die 9. Rippe entnommen und ins Fleischlabor der Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen in Grub gebracht. Dort wurde der intramuskuläre Fettgehalt mit der NIR-Methode bestimmt und 13 Tage nach der Schlachtung die Zartheit mit Hilfe der Instronmethode ermittelt, wobei die Aufbereitung der Proben erfolgte im Kochverfahren erfolgte.

Mastleistung Bullen

SäulendiagrammZoombild vorhanden

Mastleistung Bullen

Im Schnitt war die Mastdauer der Fullblood Wagyus mit 980 Tagen fast doppelt so hoch wie die der reinen Fleckviehbullen, die Kreuzungstiere lagen mit 629 (WY X FV) bzw. 669 Tagen (WY x BV) auch deutlich niedriger. Die Mastendgewichte wurden im Schlachthaus Grub nach dem Transport ermittelt, die Schlachthofgewichte unmittelbar vor der Schlachtung. Zwischen den beiden Wiegungen liegen 24 Stunden Nüchterung im Wartestall. Bei beiden Werten waren die Fv-Bullen wegen der kürzeren Mastdauer leichter als die anderen Rassen, die sich nahezu gleichauf zeigten. Die Lebendtageszunahmen belegen die Überlegenheit in der Mastleistung der Zweinutzungsrasse Fleckvieh mit 1365 g pro Tag vor WY x FV (1144 g), WY x BV (1089 g), die reinrassigen Wagyubullen fallen mit 751 g deutlich ab.

Handelsklasseneinstufung

Die Schlachtkörper von Fleckvieh und Fleckviehkreuzungen wurden im Mittel in die Fleischigkeitsklasse R+ eingestuft, die der 5 Follblood Wagyubullen alle in die Handelsklasse R, die Braunviehkreuzungen lagen erwartungsgemäß leicht niedriger (durchschnittlich R-). Die Tiere der Rasse Fleckvieh wurden sehr jung geschlachtet und damit deren Wachstumskapazitäten nicht voll ausgenutzt. Eine längere Mastdauer hätte deren EUROP Bewertung verbessert bei leicht höherer Fettklasse.

Fleischqualität

SäulendiagrammZoombild vorhanden

Wagyu Fleischqualität Bullen

Gespannt wurden die Messwerte von intramuskulärem Fettgehalt und Zartheit aus dem Labor erwartet. Das Ziel der Zucht von Wagyus in Reinform wie auch von Kreuzungsprodukten ist die Erzeugung von Rindfleisch als Premium-Produkt, das auf dem Markt einen hohen Preis erzielen kann. Hierbei spielt vor allem die Marmorierung des Fleisches eine entscheidende Rolle, die mit dem Auge subjektiv erfasst wird. Im Labor wird der intramuskuläre Fettgehalt mit der NIR-Methoden objektiv ermittelt und somit die Ergebnisse besser vergleichbar gemacht. Marmorierung und intramuskulärer Fettgehalt werden wesentlich vom Gesamtverfettungsgrad bestimmt. Versuche der LfL zeigten, dass Tiere mit hoher Fettklasse einen höheren Nierenfettanteil und auch höheren intramuskulärem Fettgehalt aufwiesen. Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass dieses Merkmal aber auch deutlich von der Genetik beeinflusst wird. Mit 2,59 Prozent IMF wiesen die Fleckviehschlachtkörper die niedrigsten Gehalte auf (sicher auch bedingt durch die frühe Schlachtung). Die Kreuzungen lagen mit durchschnittlich 4,75 Prozent (WY x FV) und 6,88 Prozent (WY x BV) schon deutlich höher, wobei die Streuung sehr hoch ausfiel. Mit 9,7 Prozent intramuskulärem Fettgehalt wurde der höchste Wert bei einer Braunviehkreuzung gemessen. Die fünf Fullblood Wagyubullen wiesen im Schnitt 12,38 Prozent intramuskulärem Fettanteil auf, ohne dass die Schlachtkörper insgesamt zu stark verfettet waren, der niedrigste Wert lag mit 9,2 Prozent so hoch wie der höchste Wert bei allen anderen Schlachtkörpern.

Färsen und Ochsen

Die weiblichen Tiere wurden im Stall Eresried mit geringerer Intensität gemästet als die Bullen, das Schlachtalter lag mit durchschnittlich 27 bis 29 Monaten deutlich über denen der männlichen Tiere. Entsprechend hoch für Färsen fielen mit 650 bis 700 kg auch die mittleren Mastendgewichte aus, wobei die Bandbreite von 546 kg bis 736 kg recht groß war und die Schlachtgewichte stark streuten. Den schwersten Schlachtkörper brachte eine FV-Kreuzung mit 409 kg auf die Waage, zeigte dabei jedoch eine sehr starke Verfettung.
Die Marmorierung in den Anschnitt Flächen des Rückenmuskels war bei den Färsen sehr ausgeprägt. Die intramuskulären Fettgehalte(IMF) lagen bei den weiblichen BV- und SB-Kreuzungen sogar höher als die Fullblood Wagyu-Bullen. Alle Proben dieser Tiere wiesen Werte über 11 Prozent auf, den höchste Wert wurde von einer Kreuzung mit BV erzielt und lag bei 21,7 Prozent bei einem Schlachtgewicht von 374 kg und der Fettklasse 4. Zwischen Schlachtgewicht; Gesamtverfettung und IMF-Gehalt zeigte sich eine mittlere Korrelation, ein größerer Einfluss kommt von der Genetik. Die FV-Kreuzungen lagen im IMF-Gehalt deutlich unter den anderen beiden Varianten.
Die 8 Ochsen stammten alle aus Fleckviehkühen besamt mit 2 verschiedenen Wagyubullen. Sie wurden in einem Alter zwischen 24 und 27 Monaten geschlachtet mit Schlachtgewichten von 350 bis 434 kg bei Nettozunahmen von durchschnittlich 523 g je Tier und Tag. Die Bemuskelung der Ochsen war erwartungsgemäß schlechter als der Bullen und auch der Färsen, mit durchschnittlich 54 cm2 Muskelfläche im Anschnitt zwischen der 8. Und 9. Rippe war der Muskel um ca. 20 Prozent kleiner als bei den Bullen und 13 Prozent kleiner als bei den Färsen der FV-Kreuzungen.
Der intramuskuläre Fettgehalt der Ochsen lag zwischen 6,7 Prozent und 14 Prozent und damit deutlich niedriger als bei den Färsen aber höher als bei den Bullen mit der gleichen Genetik.

Marmorierung in Anschnittflächen des Rückenmuskels

KotelettflächenZoombild vorhanden

Marmorierung und IMF in den Kotelettflächen

Die Abbildung zeigt die Anschnitt Flächen des musculus longissimus dorsi von 4 unterschiedlichen Tieren. Die im Muskelfleisch eingelagerten Fettbestandteile sollen möglichst gleichmäßig verteilt sein und sind das entscheidende Qualitätsmerkmal des Fleisches in der Wagyurinderzucht. Bild a zeigt eine reinen Fleckviehbullen mit 3,54 Prozent, b einen Jungbullen Wagyu x Fleckvieh mit 7,30 Prozent intramuskulärem Fettanteil. Bild c ist vom Anschnitt eines Fullblood Wagyubullen, der im Rückenmuskel 15,2 Prozent IMF aufwies. Bild d stammte von einer Färse Wagyu x Braunvieh, die von allen Schlachtkörpern mit einem IMF-Gehalt von 21,7 Prozent den absolut höchsten Wert von allen bei diesem Versuch geschlachteten Tieren aufwies. Einige Schlachtkörper zeigten bei gewünschten hohen Fettgehalten im Muskel auch sehr viel Fett zwischen den Muskeln, was eher unerwünscht ist.
In der Zartheit, gemessen mit der Warner-Bratzler Schere im Labor nach dreizehn Tagen Reifung, schnitten die Fullblood Waguys mit durchschnittlich 44 N am besten ab, die reinen Fleckviehbullen wiesen trotz des geringsten Alters mit 56 N die höchsten Werte auf, die Kreuzungen lagen dazwischen. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Rassen als gering einzustufen.
Der entscheidende Faktor für die Zartheit ist die Fleischreifung. Wie in mehreren Untersuchungen nachgewiesen wurde, sinken die Scherkraftwerte unabhängig von der Rasse nach 14 Tagen auf circa zwei Drittel und nach 21 Tagen auf ungefähr die Hälfte des Ausgangswertes.

Fazit

Das Wagyu (=Japanisches Rind) wird in Japan in verschiedenen Gegenden und Linien gezüchtet. Die in Deutschland angebotenen Zuchttiere gehen auf Nachzuchten aus Nordamerika und Australien zurück, sind eher kleintahmig und weisen hervorragende Fleischqualitätsmerkmale auf. Die F1 Generation aus der Kreuzung Wagyu Bulle mit Fleckvieh-, Braunvieh- und Schwarzbuntkühen erzielten bei dem vorliegenden Versuch ansprechende Werte in den Merkmalen der Mast- und Schlachtleistung, konnten aber mit den reinrassigen Fleckviehbullen nicht mithalten. In dem Merkmal Intramuskulärer Fettgehalt zeigte die Einkreuzung mit Wagyu Bullen die erhoffte Wirkung, wobei die Werte bei den Braunviehkreuzungen deutlich über denen der Fleckviehkreuzungen lagen. Der Intramuskuläre Fettgehalt von knapp 7 Prozent bei den Jungbullen der Kreuzungen Wagyu x Fleckvieh ist für die Erzeugung von „Premium“ Fleisch noch nicht ausreichend, bei entsprechender Vermarktung und Nachfrage kann es jedoch als hochwertiges Produkt verkauft werden und unter Umständen einen höheren Preis erzielen.
Die Färsen und Ochsen waren den Bullen beim intramuskulärem Fettgehalt und der Marmorierung überlegen. Allerdings mit Abstrichen bei Tageszunahmen und Fleischfülle und zeigten durchgehend sehr starke Verfettung.
Ob die Produktion von Wagyu Fleisch sich auch rechnet, hängt hauptsächlich von der Vermarktung ab. Wenn die Schlachtkörper nicht als Premiumprodukt, sondern an den bayerischen Fleischhandel verkauft werden, ist ab der Fettklasse 4 mit deutlichen Preiseinbußen zu rechnen. Für die Direktvermarktung können die Kreuzungstiere eine lukrative Alternative darstellen, wenn die Käufer bereit sind, für das Fleisch mit höherem Fettgehalt und damit intensiverem Geschmack entsprechend mehr zu bezahlen. Außerdem muss neben der Vermarktung der wertvollen Teilstücke auch die Möglichkeit bestehen, die Verarbeitungsware gewinnbringend zu vermarkten. Der Handel mit dem Hochpreisprodukt „Wagyufleisch“ wird voraussichtlich nur einigen wenigen Spezialisten vorbehalten bleiben.

Ausführlicher Bericht: Mast- und Schlachtleistung, Schlachtkörperqualität und Fleischqualität von Wagyus und deren Kreuzungen (zum Ausdrucken) pdf 1,7 MB