Soja-Netzwerk
Soja-Lehrfahrt 2018 in Baden-Württemberg

grüne Sojahülsen

Soja: kein Nischenprodukt mehr? – Wertschöpfung mit Innovation in Baden-Württemberg

Ende August führte die zweitägige Lehrfahrt entlang von fünf Stationen, die beispielhaft zeigten wie innovatives Engagement der Sojalandwirte in enger Zusammenarbeit mit angewandter Forschung, verarbeitender Industrie und Züchtungsbemühungen eine Soja-Wertschöpfungskette (WSK) in Baden-Württemberg entstehen ließ.

Tag 1, 29. August 2018

Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Augustenberg

Die Sojalehrfahrt begann mit einem Feldtag bei der Außenstelle des LTZ in Rheinstetten-Forchheim. Das LTZ hat seit 2007 seinen Sitz in Karlsruhe mit Außenstellen in Rheinstetten, Emmendingen und Donaueschingen. Das LTZ beschäftigt sich mit Fragen des Pflanzenbaus, der Pflanzengesundheit und der Produktqualität. Zu den Hauptarbeitsfeldern gehören: Acker- und Pflanzenbau, ökologischer Landbau, Obstbau, Biodiversität, Pflanzengesundheit, Wasserschutz, Laboruntersuchungen von Saatgut, Pflanzen, Futtermitteln, Boden und Düngemitteln sowie Saatgutanerkennung und Wissenstransfer. Da das LTZ bereits seit vielen Jahren Versuche und andere Aktivitäten im Sojabereich durchführt, wurden bei diesem Feldtag einige dieser Versuche in Form von Vorträgen und einer anschließenden Feldbegehung vorgestellt.

Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg Externer Link

Vorträge zu aktuellen Projekten und Feldbesichtigung

Reduzierte Bodenbearbeitung
Zunächst startete Benedikt Paeßens mit Ergebnissen zur reduzierten Bodenbearbeitung bei Sojabohnen aus den Jahren 2015 bis 2017. Die Ergebnisse stammen vor allem aus einem Versuch auf dem Stifterhof im Kraichgau und wurden im Rahmen des Projektes FixVorSaat Soja, das von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördert wird, gewonnen. Seine Ergebnisse zeigen, dass sowohl Strip-Till als auch Mulchsaat durchaus als Aussaatmethoden für den Sojaanbau geeignet sind. Direktsaat in gewalzten Roggen hingegen eignet sich nur für Gebiete mit ausreichend Sommerniederschlägen. Außerdem berichtete er, dass bei Strip-Till und Mulchsaat vor der Saat kein Glyphosat eingesetzt werden muss, da der Glyphosatverzicht weder zu einem geringeren Ertrag führt noch die Verunkrautung erhöht.
Ergebnisse zu Stickstoffdüngung und Impfmitteln
Im Anschluss stellte Julia Bader die Ergebnisse ihrer Masterarbeit zur Stickstoffdüngung bei Sojabohnen vor, die im vergangenen Jahr am LTZ durchgeführt wurde und deren Versuch auch in diesem Jahr an der Außenstelle Rheinstetten-Forchheim seinen Platz hat. Ihre Daten aus dem Jahr 2017 zeigen deutlich, dass selbst eine hohe Stickstoffdüngung keine positiven Auswirkungen auf den Ertrag haben und dass hierdurch sogar eher die Stickstofffixierung leidet.
Nach einer kurzen Pause mit angeregten Gesprächen stellte Dr. Kurt Möller die Ergebnisse aus den Impfmittelversuchen vor. Es zeigt sich, dass wirksame Impfmittel nicht immer an jedem Ort den gleichen Effekt auf den Ertrag haben, aber dennoch hochwirtschaftlich sind, da die wirksamen Impfmittel immer einen positiven Einfluss auf den Ertrag haben.

Nähere Informationen zu den Impfmitteln Externer Link

Unkrautregulierung in Sojabohnen
Jannis Machleb stellte danach kurz sein Projekt zur mechanischen Unkrautregulierung bei Sojabohnen und anderen Kulturen im konventionellen Anbau vor. Die Versuche werden in diesem Jahr zum ersten Mal durchgeführt, weshalb noch keine Ergebnisse vorgestellt werden konnten. Das Projekt soll durch den Verzicht auf Herbizide zur Steigerung der Agrarbiodiversität beitragen und wird vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert. Abschließend wurden die Teilnehmenden über die Sojaversuche des LTZ in Rheinstetten-Forchheim geführt. Es wurden die Versuche zum Hackprojekt, zur Prüfung der Impfmittel und zur Stickstoffdüngung besichtigt. Im Anschluss daran bestaunten die Teilnehmenden im Schaugarten eine Parzelle mit Erdnusssorten aus Zypern, die das LTZ aus Interesse an der Wachstumseignung in unseren Breitengraden testweise angebaut hatte und die in diesem heißen Jahr besonders gut wuchsen.

Besichtigung der Ebert Mühle

Die Verwendung von Sojabohnen als Futter ist für Schweine, Geflügel und Pferde erst nach einer thermischen Aufbereitung möglich, da die Trypsin-Inhibitoren für Monogastrier inaktiviert werden müssen. Die Ebert Mühle mit Hauptsitz in Dielheim produziert hauptsächlich Pferdefutter unter dem Markennamen St Hippolyt.
Im Rahmen der Exkursion wurde der Standort Zeutern (Lutz Mühle) besichtigt. Hier wurde 2016 eine neue Entbitterungsanlage eingeweiht, diese arbeitet wie die kleinere Anlage in Dielheim, nur im größeren Maßstab und automatisch rund um die Uhr. Bernd Ebert führte durch die drei-stöckige Anlage und bannte durch seine Begeisterung für Lebensmittelmikrobiologie und Anlagenbau seine Zuhörer. Die Bohnen werden angeliefert und erst in einem warmen, saurem Milieu zum Keimen gebracht, anschließend werden die Bohnen in einem Kaskaden System auf eine Kerntemperatur von 105 Grad erhitzt, um die Bitterstoffe, zu denen auch Trypsin-Inhibitoren gehören, zu denaturieren. Diese Temperatur behalten die Bohnen einige Zeit im Silo, um danach weiter verarbeitet zu werden. Bernd Ebert legt bei seiner Anlage besonderen Wert auf die Wärmerückgewinnung und ein ausgeklügeltes System reinigt die gesamte Abluft. So wird die Umgebung der Anlage geschont und die Anlage kann mit sehr wenig Energieaufwand betrieben werden. In Zukunft möchten das Kraichgau Raiffeisen Zentrum und die Ebert Mühle auch Bio Ware aufbereiten.

Der Biobetrieb Leis

Der Biobetrieb Leis ist ein Mischbetrieb mit diversen Ackerbaukulturen, Gemüse, Obstsorten und Hühnerhaltung. Regionalität und Nachhaltigkeit ist dem Landwirt Heiko Leis sehr wichtig. So werden die angebauten Sojabohnen als Futter für seine Hühner verwendet und im Selbstbedienungsladen (Automaten) gibt es 24 Stunden hofeigene Bio-Eier, Bio-Eier-Nudeln und Leindotter-Öl zu kaufen. Auf Bestellung gibt es hofeigene Bio-Hähnchen und Suppenhühner. Auf zwei Flächen, jeweils mit einem mobilen Stall, werden die Hühner in kleinen Herden gehalten. Herr Leis ist überzeugt, dass eine ökologische Produktionsweise der richtige Weg für ihn ist. Der Betrieb ist im zweiten Umstellungsjahr und entsprechend hoch ist daher der Arbeitsaufwand der letzten zwei Jahre. Im Fokus steht der Humusaufbau. Hierfür sollen die Felder möglichst ganzjährig und mit vielen unterschiedlichen Kulturen bestellt werden. Heiko Leis strebt ein aktives Bodenleben an um u.a. langfristig stabile Erträge zu ermöglichen. Für den Sojaanbau hat Herr Leis ein sehr intensives Kulturmanagementprogramm zur Förderung der Bestandsentwicklung und zur Unkrautkontrolle durchgeführt. Die mechanische Unkrautbekämpfung erfolgte mittels Striegel, Hacke und abschließend mit der Handhacke und war damit äußerst erfolgreich. Dennoch ist in diesem heiß, trocknen Sommer kein hoher Sojaertrag zu erwarten.

Tag 2, 30. August 2018

Der mobile Sojatoaster

Dank mobiler Sojatoaster können auch Landwirte in Regionen weit entfernt von stationären Aufbereitungsanlagen ihre Soja ohne großen Aufwand weiter verarbeiten. Jürgen Möhler (Agritec; ICNC Bearbeitung) hat 2013 mit seinem Bruder Rainer Möhler (Landwirt) den ersten mobilen Sojatoaster gebaut. Der Toaster kommt aus Italien von der Firma Mecmar, die zusätzliche Ausrüstung zur mobilen Anlage wurde von Herrn Möhler entwickelt und gebaut. Die Idee dazu wurde aus der Not heraus geboren. Es sollte erst eine stationäre Anlage geben, doch eine Baugenehmigung war nicht zu erwarten und so entstand der Plan, den Toaster auf einem Tieflader zu installieren. Mittlerweile verfügt Herr Möhler über einen großen Kundenkreis und fährt mit seiner Anlage von September bis Mai von Hof zu Hof. Sein Betrieb liegt nordöstlich von Dielheim und zum Kundenkreis gehören Betriebe weit nördlich von Baden-Württemberg.
Wie funktioniert's?
Die Anlage wird mit Gas befeuert und die Bohnen werden mit Heißluft auf ca. 110 Grad erhitzt, diese Temperatur wird für einige Zeit im Silo gehalten, damit auch der Kern der Bohnen ausreichend wärmebehandelt ist. Bei den Feineinstellungen hat Jürgen Möhler viel dazu gelernt; es wurden auch schon mehrere Proben gezogen und analysiert. Häufig werden die Sojabohnen direkt vom Feld getoastet, d.h. ungereinigt, andere Partien müssen zwischengelagert werden. Der mobile Toaster hat einen Durchsatz von 2,5 t Sojabohnen pro Stunde. Eine größere Anlage mit einer Kapazität von 5 t/h ist gerade in der Entwicklung. Die intensive Betreuung des Toasters und die weiten Fahrtkosten bewirken hohe Lohnkosten, aber mit mehr Durchsatz könnten diese gesenkt werden.

Pflanzenzucht Oberlimpurg (PZO)

Das Unternehmen wurde 1908 gegründet: Züchtung, Vermehrung und Vertrieb sind die Aufgaben des PZO, welche Gesellschafter der IG Pflanzenzucht sind. In erster Linie werden „besondere Kulturen“, wie die alten Getreidesorten Dinkel und Emmer oder spezielle Winterweizen und Winterbraugerste, gezüchtet. Herr Stark vom PZO stellte die Höhen und Tiefen der Sojazüchtung in einem Vortrag anschaulich dar. Die Züchtung ist langwierig, aber trotzdem schneller als bei Getreidekulturen. Dennoch sind die Entwicklungskosten sehr hoch. Wichtig um gewinnbringend zu wirtschaften ist, dass ausreichend Material zur weiteren Züchtung und zur Vermehrung produziert werden kann. Das Anbaujahr 2018 war in dieser Hinsicht schwierig. Die frühe Ernte war aufgrund der trockenen und heißen Witterung nicht so ertragreich wie die letzten Jahre. Dennoch ist Herr Stark zuversichtlich, dass in naher Zukunft das PZO gute, neue Sorten auf den Markt bringen kann.

I.G. Pflanzenzucht

Im Anschluss stelllte Herr Manuel Weigel die I.G. Pflanzenzucht vor. Die I.G. (Interessensgemeinschaft) umfasst 11 Gesellschafter, welche neue Sorten auf den Markt bringen und regional vertreiben. Die Sojabohne wurde vor etwa 10 Jahren ins Programm aufgenommen. Das Spektrum reicht von sehr frühen Sorten wie Abelina und Melanie über Amandine, Regina bis hin zu den späteren Sorten Lissabon, Amadea und Silvia PZO.
Diese Exkursion war die fünfte und letzte Sojalehrfahrt im Rahmen des Projekts Soja-Netzwerk und wurde vom LTZ-Augustenberg organisiert. Ab 2019 werden Veranstaltungen dieser Art vom Sojaförderring fortgeführt.

Sojaförderring Externer Link

Quellennachweis:
Text (gekürzt): Benedikt Paeßens, Anne Reutlinger, Martina Mayus (alle LTZ)
Bilder: Sylvia Tschigg (LfL)