Forschungs- und Innovationsprojekt
Klimaschutz- und Anpassungspotenziale in Mooren Bayerns (KliMoBay) – Teilprojekt 3: Bodeninformation und Klimaanpassung

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft entwickelt gemeinsam mit den Projektpartnern der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München im Verbundprojekt KliMoBay wesentliche Informationsgrundlagen für den Moorschutz in Bayern.

Messen der Torfmächtigkeit mit einer Messsonde

LfL-Mitarbeitende messen die Torfmächtigkeit mit einer Messsonde

Im Hinblick auf eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung wurden die Moore Bayerns nahezu flächendeckend entwässert. Mit der Entwässerung der Moorflächen kommt es im Torf zu Zersetzungs- und Degradationsprozessen. Diese führen einerseits zur Freisetzung enormer Mengen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2, andererseits schädigen sie die Ertragsfähigkeit der Böden dauerhaft, sodass eine pflanzen- oder futterbauliche Nutzung unmöglich werden kann.
Mehr als 110.000 ha Moorböden werden in Bayern landwirtschaftlich genutzt. Nach Einschätzung der LfL läuft ein Drittel dieser Fläche unmittelbar Gefahr, bei Aufrechterhaltung der bisherigen Bewirtschaftungsweise innerhalb dieser Generation nicht mehr für eine landwirtschaftliche Produktion nutzbar zu sein.
Durch Wiedervernässung der drainierten Moorböden lässt sich der Prozess der Torfzersetzung und Mineralisation aufhalten oder zumindest erheblich reduzieren. Moorschutz leistet somit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz! Mit dem „Masterplan Moore in Bayern“ sollen die Emissionen aus Moorböden bis 2050 um mehr als ein Drittel reduziert werden.

Das Projekt KliMoBay beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit drei inhaltlichen Schwerpunkten der Moornutzung und des Moorschutzes:

  • Schaffung raumbezogener Datengrundlagen zu Bodeneigenschaften, welche die Wiedervernässbarkeit von Moorstandorten beeinflussen
  • Abschätzung der Endlichkeit der entwässerungsbasierten Landwirtschaft auf Moorstandorten
  • Evaluierung von Chancen und Restriktionen für eine rasche Umsetzung von Wiedervernässungsmaßnahmen

Ziele

Das von der LfL bearbeitete Teilprojekt „Bodeninformation und Klimaanpassung“ des Verbundprojekts KliMoBay beschäftigt sich mit der Erarbeitung fachlicher Informationsgrundlagen für den Schutz und die Wiedervernässbarkeit landwirtschaftlich genutzter Moorstandorte. Im Fokus stehen dabei einerseits Beschreibung von Degradationsprozesse in entwässerten Moorflächen einschließlich ihrer Effekte für Bewirtschaftung und Wiedervernässung sowie andererseits die Beschreibung sozioökonomischer Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen.

Im Projekt werden folgende Forschungsfragen bearbeitet:

  • Wie stellen sich die aktuellen Gegebenheiten in den Projektgebieten hinsichtlich Torfsackungsraten und bodenphysikalischer bzw. bodenchemischer Eigenschaften dar? Wie verändern sich diese Parameter über die letzten Jahrzehnte?
  • Welche Effekte ergeben sich aus diesen Veränderungen für die weitere landwirtschaftliche Nutzung der Flächen bzw. für eine mögliche Wiedervernässung?
  • Welche Zusammenhänge bestehen zwischen bodenphysikalischen bzw. bodenchemischen Parametern, Torfsubstrat und Torfzersetzung? Wie wirken sich diese Zusammenhänge auf die Wiedervernässbarkeit von Moorflächen aus?
  • Wie wirken sich Landnutzung und Bodeneigenschaften auf die Geschwindigkeit des Torfabbaus und die daraus resultierenden Sackungsraten aus?
  • Wo finden sich Moorstandorte mit Aussicht auf eine rasche Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen?
  • In welchen Regionen gefährdet die derzeit praktizierte, entwässerungsbasierte Moorbewirtschaftung in absehbarer Zeit die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Flächen?

Hintergrund

Als eine Nachfolgeinstitution der Königlich Bayerischen Moorkulturanstalt verfügt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft mit dem Moorarchiv über eine umfassende, teils mehr als 100 Jahre zurückreichende Sammlung historischer Karten, Bücher, Profilschnitte, Bohrkernbeschreibungen, Fotoaufnahmen und Akten zu Mooren in Bayern. Neben Informationen zur früheren Ausdehnung und Mächtigkeit der Moore geben die Unterlagen detailliert Aufschluss zu physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Moorböden.
Diese Angaben bilden die wesentliche Voraussetzung für eine analytische Betrachtung der historischen Moorentwicklung in Bayern.

Zudem lieferliefert das Moorarchiv dringend erforderliche Basisinformationen für Projekte zur Moorwiedervernässung, wie

  • historische Mächtigkeiten der Moore,
  • Vorhandensein stauender Bodenschichten,
  • Zersetzungsgeschwindigkeiten der Moorböden
  • hydraulische Leitfähigkeiten degradierter oder degradierender Moorböden.

Methoden

alte mit Hand gezeichnete Karte Zoombild vorhanden

Historische Moorkarte

Im Zusammenhang mit dem Projekt KliMoBay erfolgt eine systematische Katalogisierung, Digitalisierung und Georeferenzierung sowie für ausgewählte Modellgebiete auch eine Vektorisierung des analogen, historischen Kartenmaterials. Die Papierkartensammlung des LfL-Moorarchivs umfasst mehr als 2 800 Flurkartenblätter im Maßstab 1 : 5 000 mit Moorinformation. Mehr als 2 000 historische Kartenblätter zeigen moorkundliche Flächensignaturen (Hoch-, Nieder-, Übergangsmoor teils mit Landnutzung oder Vegetationsbedeckung) und geben u. a. Aufschluss zur früheren flächenhaften Ausdehnung einzelner Moorflächen. 1 300 Flurkarten beinhalten Bohrpunkte und erlauben damit detaillierte Einblicke in Aufbau und Mächtigkeit von Torfkörpern. Sie geben – teils in Kombination mit Analysebüchern – Aufschluss zu Lage und Vorhandensein stauender Schichten bzw. zu botanischen, chemischen oder physikalischen Eigenschaften des Torfkörpers bzw. einzelner Horizonte.
Nach dem Scannen werden die Karten georeferenziert, so dass sie sich mit Hilfe Geographischer Informationssysteme (GIS) eindeutig verorten und inhaltlich – beispielsweise zur Gegenüberstellung zu heutigen Beobachtungen – weiter auswerten lassen.

Ergebnisse

Mit mehr als 2 800 digitalisierten und georeferenzierten Flurkarten des LfL-Moorkartenarchivs steht nun eine einzigartige Sammlung historischer, geographisch verorteter und detaillierter Geoinformation zum früheren Zustand und der Verbreitung von Mooren zur Verfügung. Diese Geodaten ermöglichen erstmalig eine Betrachtung der Moorentwicklung für Einzelstandorte über mehrere Dekaden hinweg. Gleichzeitig liefern sie Informationen für heutige Planungen von Wiedervernässungsmaßnahmen.
So werden im Projekt KliMoBay für ausgewählte Projektgebiete die historischen Torfmächtigkeiten heutigen Nacherhebungen gegenübergestellt. Somit können lokale Aussagen zum Torfschwund über einen längeren Zeitraum getroffen werden – Details dazu finden Sie unter der Überschrift Endlichkeit der entwässerungsbasierten Landwirtschaft auf Moorstandorten.

Rekonstruktion des Torfkörpers und der stauenden Lagen

mehrere Karten, die übereinander gelegt werden

Die Auswertung der historischen Informationen kann angesichts der Dringlichkeit von Moorschutz- und -sicherungsmaßnahmen mancherorts eine aufwändige Vorerkundung ersetzen, sowie zielgerichtete Planungen erleichtern und ergänzen

Hintergrund

Die Degradation organischer Böden aufgrund der Torfzersetzung bedingt vielerorts zwangsläufig die Endlichkeit einer entwässerungsbasierten Landwirtschaft auf Moorstandorten: landwirtschaftlich genutzte Flächen werden entweder durch abnehmende Grundwasser-Flur-Abstände (GWFA) zunehmend vernässen bzw. an Tragfähigkeit verlieren oder der unterliegende, mineralische Untergrund lässt nur bedingt eine pflanzenbauliche Nutzung zu bzw. macht diese gar unmöglich. Die beiden begrenzenden Faktoren sind in der nebenstehenden Abbildung schematisch dargestellt.

Grundwasser-Flur-Abstand und Torfmächtigkeit

schematische Darstellung

Um die Geschwindigkeit des voranschreitenden Moorschwunds zu untersuchen und besondere betroffene Regionen ausfindig zu machen beschäftigt sich die LfL in ihrem Teilprojekt mit der Quantifizierung der Volumenverluste von Moorflächen. Hierzu kommen zwei Ansätze zur Anwendung:
  • Für Einzelpunkte in Projektgebieten mit Fokus auf längerfristige, sich über mehrere Dekaden erstreckende Veränderungsprozesse: Abgleich historischer Torfmächtigkeiten, Horizontschichtungen und Substrateigenschaften aus Kartenmaterial, Profilaufnahmen und weiteren Dokumenten des historischen LfL-Moorkartenarchivs mit aktuellen Nacherhebungen im Gelände. Hinzu kommt ein Abgleich historischer Nivellement- bzw. Geländehöhenaufnahmen mit heutigen Geländehöhen aus GNSS-Messungen
  • Landesweit flächendeckender Vergleich von Höhendifferenzen im Digitalen Geländemodell (DGM1) der Bayerischen Landesvermessung (mittel- bis kurzfristiger Veränderungen innerhalb einer Dekade)

Methode

Ansatz 1: Vergleich historischer Moorinformation mit aktuellen Nacherhebungen
Für die Untersuchung und Dokumentation von Veränderungsprozessen in entwässerten Moorkörpern werden an insgesamt fünf Nieder- und einem Hochmoor-Standorten mit Informationen aus dem historischen LfL-Moorkartenarchiv Nacherhebungen angestellt. An insgesamt 98 bereits im historischen LfL-Moorkartenarchiv dokumentierten Punkten werden mit Hilfe einer Peilsonde Torfmächtigkeiten und via GNSS Geländehöhen ermittelt. Um detaillierte Einblicke in Zersetzungsprozesse zu bekommen, werden in den Projektgebieten an 35 Geländepunkten mit Hilfe einer Klappsonde Bohrprofile angefertigt, um neben Informationen zur Mächtigkeit auch Aufschlüsse zur Substratzusammensetzung und -zersetzung sowie zur Lagerungsdichte und zu Kohlenstoff- und Stickstoffgehalten zu gewinnen. Hierfür werden an den 35 Geländepunkten mehr als 190 Horizontproben zur Analyse bodenphysikalischer und -chemischer Parameter entnommen und entsprechend untersucht.
Ansatz 2: Landesweite Gegenüberstellung historischer und aktueller Geländehöhen des Digitalen Geländemodells (DGM) und Abschätzung der Endlichkeit der entwässerungsbasierten Landwirtschaft
Zur Abschätzung landesweiter Mächtigkeitsverluste in Torfkörpern erfolgt ein Vergleich historischer und aktueller Geländehöhen des Digitalen Geländemodells mit einer Bodenauflösung von 1 m (sog. DGM1). Das Bayerische Landesamt für Digitalisierung Breitband und Vermessung (LDBV) stellt dazu für mehr als 11.000 DGM1-Kacheln neben historischen und aktuellen Geländemodelle auch Informationen zu den Aufnahmezeitpunkten zur Verfügung. Damit lassen sich aus den Geodaten sowohl absolute Höhendifferenzen als auch – in Kombinationen mit den zeitlichen Abständen zwischen den Befliegungsaufnahmen – mittlere jährliche Höhenverluste auf Torfböden abschätzen.

Vergleich aktueller und historischer Geländeoberflächen des digitalen Geländemodells zur Abschätzung des Torfschwunds

Geländekarten, die übereinander gelegt werden

Im Hinblick auf eine landesweite Abschätzung der Endlichkeit einer entwässerungsbasierten Moorbewirtschaftung sind einzelnen Moorflächen einerseits Angaben zu Grundwasser-Flur-Abständen sowie andererseits Informationen zu örtlichen Torfmächtigkeiten und zur Art mineralischer Unterlagen als limitierende Faktoren zuzuordnen. Flächendeckende Informationen zu geschätzten Grundwasser-Flur-Abständen (GWFA) werden vom Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der Technischen Universität München bereitgestellt. Nachdem flächendeckende Angaben zu Torfmächtigkeiten (TM) und unterliegenden Substraten bislang fehlen, erfolgt eine Abschätzung auf Grundlage von Daten der Bodenschätzung (BOSCH) des Bayerischen Landesamtes für Steuern (LfSt) bzw. des LDBV und Geodaten der Moorbodenkarte (MBK) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Dadurch lassen sich allerdings nur grobe Angaben zu Mächtigkeiten im obersten Meter und nur bedingt Informationen zur Art mineralischer Untergründe ableiten. Durch lineare Extrapolation der beobachteten, mittleren jährlichen Torfsackungsraten lässt sich nun bezogen auf die GWFA und TM eine auf vereinfachten Annahmen basierende Abschätzung der Endlichkeit einer entwässerungsbasierten Moorbewirtschaftung vornehmen.

Ergebnisse

Erde neben Meterstab auf einer PlastikplaneZoombild vorhanden

Entnahme von Proben aus einem Bohrkern

Ansatz 1: Vergleich historischer Moorinformation mit aktuellen Nacherhebungen
Die direkte Gegenüberstellung von Informationen des LfL-Moorarchivs und aktuellen Nacherhebungen zeigt für einige Geländepunkte in Benediktbeuern, Ampertal und Freisinger Moos eine Abnahme der Kohlenstoffgehalte bei gleichzeitiger Zunahme der Lagerungsdichte in den oberen Horizontschichten. So lässt sich beispielsweise für einen Einzelpunkt in Benediktbeuern über einen Beobachtungszeitraum von 58 Jahren in den oberen Torfschichten (0 – 75 cm) eine Abnahme des Kohlenstoffgehalts um 29 % bei einer gleichzeitigen Zunahme der Lagerungsdichte um 71 % gegenüber dem Ausgangszustand feststellen. Die Torfmächtigkeit der oberen Bodenschicht hat im betrachteten Zeitraum um mehr als 60 % abgenommen.
Ansatz 2: Landesweite Gegenüberstellung historischer und aktueller Geländehöhen des Digitalen Geländemodells (DGM) und Abschätzung der Endlichkeit der entwässerungsbasierten Landwirtschaft
Der Abgleich historischer und aktueller Geländehöhen aus DGM1-Daten liefert erstmals landesweit flächendeckende und gleichzeitig regional differenzierte Geodaten der jährlichen Sackungsrate unter entwässerten Moorflächen. Der betrachtete, zeitliche Horizont erstreckt sich dabei über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren.
Aus den mittleren jährlichen Sackungsraten lässt sich eine erste Annäherung an die zeitliche Endlichkeit einer entwässerungsbasierten Landwirtschaft auf Moorböden vornehmen. Als limitierende Faktoren gelten dabei einerseits das Unterschreiten kritischer Grundwasser-Flur-Abstände oder andererseits die vollständige Zersetzung des Torfkörpers in Kombination mit dem Durchbruch in einen pflanzenbaulich nachteiligen Untergrund. Während für die GWFA im Rahmen des Projekts KliMoBay von Projektpartnern der TUM bereitgestellt werden, fehlen landesweit flächendeckende, homogene Datengrundlagen zu aktuellen Torfmächtigkeiten und unterliegenden mineralischen Untergründen, so dass hier vereinfachte Annahmen auf Basis von Daten der BOSCH und der MBK zu treffen sind. Damit erlaubt die Schätzung nur eine erste grobe Annäherung an die Endlichkeit der entwässerungsbasierten Landwirtschaft auf Moorstandorten.
Wie eine erste Abschätzung zeigt, sind unter den getroffenen Annahmen (geschätzte Torfmächtigkeit, linear voranschreitendem Torfschwund und keine Moorschutzmaßnahmen) gut 25 % der landwirtschaftlich genutzten Moorflächen unmittelbar (= innerhalb von 15 Jahren) und weitere 12,5 % mittelbar (= innerhalb von 30 Jahren) in ihrer Nutzbarkeit gefährdet. Wenngleich die Schätzungen aufgrund unzureichender Datengrundlagen mit größeren Unsicherheiten behaftet sind, geben sie dennoch eine Vorstellung von der Brisanz und der Notwendigkeit von Moorschutzmaßnahmen.

Hintergrund

Die erfolgreiche Umsetzung von Moorschutz- bzw. Wiedervernässungsmaßnahmen setzt neben geeigneter Standortbedingungen hinsichtlich bodenphysikalischer und bodenchemischer Gegebenheiten insbesondere auch ein hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz bzw. sozioökonomisch günstiger Rahmenbedingungen voraus. Um regionale Handlungsspielräume abzuschätzen und potentielle Gunstlagen mit höheren Chancen auf eine rasche Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen zu identifizieren, erfolgt eine landesweite Evaluierung der örtlichen sozioökonomischen Gegebenheiten. Grundlage dieser Beurteilung sind ausgewählte und teils weiterentwickelte Indikatoren aus dem BFN-Skript 462 „Moorschutz in Deutschland - Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen: Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren“ (Thiemeyer et al., 2017). Die für das Projekt KliMoBay betrachteten Indikatoren adressieren die klimatische Wasserbilanz während der Vegetationsperiode, regionale Eigentumsverhältnisse, die örtliche Betroffenheit der Landwirtschaft, die Nähe zu kritischen Infrastrukturen und Siedlungen sowie die mögliche Beeinflussung von Schutzgebieten.

Methode

Für die kleinräumige Evaluierung möglicher Chancen und Restriktionen für die Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen sind zunächst größere Moorkörper in kleinere, hydrologisch abgrenz- und damit adressierbare Einheiten zu unterteilen. Dazu werden aus den Flächen der Moorbodenkarte (MBK) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zunächst zusammenhängende Moorkörper gebildet und diese dann entlang hydrologischer Barrieren für den horizontalen Wasserfluss zerteilt. Als solche Barrieren werden einerseits bedeutende Straßenachsen (Bundesautobahnen, Bundes-, Land-, Staats- und Kreisstraßen) und Gewässerachsen betrachtet. Als Datengrundlage für diese trennenden Elemente dienen Geodaten des Amtlichen Topographisch Kartographischen Informationssystems (ATKIS) der Bayerischen Vermessungsverwaltung.
Zur Beurteilung der lokalen sozioökonomischen Rahmenbedingungen werden die gebildeten, hydrologisch abgrenzbaren Bereiche mit Eigentumsinformationen, mit Geodaten zur landwirtschaftlichen Flächennutzung sowie mit Geoinformation zu Wohnbau-, Industrie- und Gewerbeflächen verschnitten und relevante Parameter ermittelt. Als Datengrundlage hierfür dienen insbesondere amtliche Geobasisdaten der Bayerischen Vermessungsverwaltung. Neben den oben bereits genannten Kenngrößen werden vier Parameter abgeleitet, welche die Umsetzung von Vernässungsmaßnahmen maßgeblich beeinflussen:
  • Anzahl verschiedener Privateigentümer je Flächeneinheit
  • Flächenanteil in öffentlichem Eigentum (Bund, Land, Landkreis, Kommune, Staatsbetriebe etc.)
  • Flächenanteil der Ackerfläche
  • Flächenanteil von Wohnbau-, Industrie- und Gewerbeflächen
Anschließend lassen sich diese weiter klassifizieren und anhand des zu erwartenden Restriktionspotentials einteilen in erwartbar geringe, mittlere und erhöhte Vorbehalte gegenüber einer möglichen Wiedervernässungsmaßnahme. Im Ergebnis liegen entsprechende Informationen landesweit flächendeckend für einzelne, hydologisch abgegrenzte bzw. individuell ansprechbare Einheiten vor.

Ergebnisse

Die Geodaten der Moorbodenkarte des Bayerischen Landesamtes für Umwelt werden im Projekt KliMoBay um insgesamt 57 Einzelindikatoren semantisch angereichert. Die zusätzlichen Informationen erlauben Planern und Entscheidungsträgern eine erste Abschätzung der zu erwartenden, örtlichen Vorbehalte gegenüber einer Wiedervernässung von entwässerten Moorstandorten. Im Umkehrschluss lassen sich somit örtliche Gunstlagen für eine rasche Umsetzung von Wiedervernässungsmaßnahmen identifizieren. Anhand von Indikatorschwellwerten für den Flächenanteil in öffentlichem Eigentum, die Anzahl möglicherwiese betroffener Privateigentümer, den Anteil beeinflusster Acker- und Siedlungsflächen werden im Rahmen des Projekts werden gut 31 % der Moorflächen als günstig, weitere 28 % als mäßig günstig und 41 % als aus sozioökonomischer Perspektive möglicherweise als eher schwierig wiedervernässbar eingestuft.

Fazit

Das KliMoBay-Teilprojekt der LfL gibt skalenübergreifend Erkenntnisse in die zeitlichen Abläufe stattfindender Degradationsprozesse in entwässerten Mooren. Der Abgleich historischer und georeferenzierter Informationen des LfL Moorarchivs mit aktuellen Nacherhebungen gewährt detaillierte und räumlich hochauflösende Einblicke in bodenphysikalische, bodenchemische und hydraulische Veränderungen über mehrere Dekaden hinweg. Die landesweite Gegenüberstellung digitaler Geländemodelle erlaubt eine landesweite Abschätzung mittel- bis kurzfristiger Höhenverluste auf Moorflächen und eine erste Annäherung an die zeitliche Endlichkeit einer nicht nachhaltigen, entwässerungsbasierten Landbewirtschaftung von Moorstandorten.
In diesem Zusammenhang zeigt sich zugleich, dass die bislang flächendeckend verfügbaren (Geo-) Datengrundlagen nur bedingt geeignet sind, den aktuellen Zustand von Moorböden widerzuspiegeln. Insbesondere fehlen – auch für heutige und künftige Planungsprozesse – relevante Informationen zur Mächtigkeit von Torfkörpern sowie zum Vorhandensein, zur Lage und Art darunterliegenden Stauschichten. Informationen des historischen LfL-Moorkartenarchivs könnten ein möglicher Schlüssel für flächendeckend derzeit nicht verfügbare Informationen sein.
Im von der LfL bearbeiteten Teilprojekt werden flächendeckend für Bayern sozioökonomische Indikatoren zur sozioökonomischen Bewertung der Erfolgsaussichten bzw. Restriktionen für die Umsetzung von Wiedervernässungsmaßnahmen berechnet. Damit steht eine wesentliche Datengrundlage zur Identifikation möglicher Gunstlagen für eine rasche Umsetzung von Wiedervernässungsmaßnahmen zur Verfügung.
Quellen:
Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E, Dettmann, U., Frank, S., Fuchs, D., Gelbrecht, J., Jeuther, B., Laggner, A., Rosinski, E., Leiber-Sauheitl, K., Sachteleben, J., Zak, D., Drösler, M. (2017). Moorschutz in Deutschland - Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen: Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren. Bundesamt für Naturschutz, BfN Skripten 462, https://doi:10.19217/skr462

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Annette Freibauer, Dr. Gisbert Kuhn
Projektbearbeitung: Margret Frischhut, Julian Welte, Martin Herr, Lena Reifschneider, Dr. Anna Kühnel, Nadine Conze, Jutta Kotzi, Dr. Annette Freibauer, Dr. Thomas Machl, Dr. Gisbert Kuhn
Laufzeit: 01.03.2019 - 31.12.2022
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV), Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)
Gesamtprojektleitung: Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT)
Projektpartner: Technische Universität München (TUM), Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)