Forschungs- und Innovationsprojekt
Messung der Stickstoffdeposition im Umfeld landwirtschaftlicher Anlagen

Ansicht Almesbach, Blick über Wiesen auf den Milchviehstall und das umliegende Gelände
Neben der Nutzung fossiler Energieträger trägt die landwirtschaftliche Produktion einen erheblichen Anteil an der Freisetzung reaktiver Stickstoffverbindungen insbesondere von Ammoniak und Nitrat. Die bei Außenklimaställen besonders stark schwankenden Lüftungs- und Ammoniakemissionsraten erschweren jedoch die Beurteilung ihrer Umweltwirkung.

Zielsetzung

Um zuverlässige Aussagen über Notwendigkeit und Ausgestaltung von Minderungsansätzen für N-Einträge in die Umwelt treffen zu können, mangelt es bisher an belastbarem Datenmaterial v.a. aus dem Umfeld frei belüfteter Milchviehställe. Daher werden in diesem Forschungsvorhaben N-Depositionsdaten erhoben und die Ammoniakausbreitung im Computermodell simuliert. Die Wirkung spezieller Depositionsbarrieren wie Hecken oder Agroforststreifen wird in einem geeigneten Grenzschichtwindkanal geprüft. Abschließend sollen gängige Konventionen in Genehmigungsverfahren für Stallbauten bewertet und erweiterte Handlungsempfehlungen erarbeitet werden.

Umweltwirkungen reaktiver Stickstoffverbindungen

Schaubild: Reaktiver Stickstoff in der Umwelt - Wirkpfade von der Entstehung (Energieerzeugung und Nahrungsmittelproduktion) über die verschiedenen Wirkungen auf Ökosysteme und Übergang in die Atmosphäre

Vorgehen

Seit September 2014 werden die Hauptquellen trockener gasförmiger und nasser mit Niederschlägen eingetragener N-Depositionen in der Umgebung eines Außenklimastalls mit ca. 120 Milchkühen erhoben (zeitintegrierte Messungen mit jeweils 2- bis 3-wöchiger Expositionszeit):
  • Gasförmiger Ammoniak mittels Immissionssammlern vom Typ IVL/Ferm an 3 Messtrassen und mehreren Einzelpunkten (insgesamt 16)
  • Ammonium und Nitrat als nasse Stickstoffeinträge in 3 wassergekühlten Niederschlagssammlern (Bulksammler)
Immissionssammler zur Erhebung gasförmiger Ammoniakeinträge (links)
und Niederschlagssammler zur Bestimmung nasser Stickstoffeinträge (rechts)
Die quantitative Bestimmung wird mittels Fotometrie und gemäß der Richtlinien VDI 3869, Blatt 3 und 4 bzw. VDI 4320, Blatt 1 durchgeführt.
Die Ausbreitungs- und Depositionsmodellierung erfolgt TA Luft-konform und ggf. unter Anwendung praxisgängiger Zusatzmodelle.

Auswertungen

Verlauf der Ammonikkonzentrationen der Trassen Nordwest, Ost und Südost. Die NH<sub>3</sub>-Werte im Mittel: 22,3 µg/m³ (Nordwest), 5,6 µg/m³ (Ost), 8,0 µg/m³ (Südost)

Abbildung: Ammoniakimmissionskonzentrationen an 3 Messtrassen (Mai bis Oktober 2015)
Die in Stallnähe beobachteten hohen Ammoniakimmissionskonzentrationen nahmen bis zu einem Abstand von rund 100 m an allen Messpunkten stark ab. In größerer Entfernung konnte dagegen ein nur noch geringer Rückgang beobachtet werden, und an einzelnen Messorten stiegen die Konzentrationswerte sogar wieder an. Dies dürfte in erster Linie der insgesamt starken landwirtschaftlichen Prägung des Standortes und jahreszeitlich bedingten Witterungsänderungen (v.a. hinsichtlich Temperatur und Windrichtung) zuzurechnen sein. Am Waldrand in rund 140 bis 290 m Abstand lagen die Ammoniakkonzentrationen in der Luft im Herbst/Winter 2014/15 bei durchschnittlich 3,7 µg/m³, im Frühjahr/Sommer 2015 dagegen bei 6,8 µg/m³.
Ohne Berücksichtigung des Stallnahbereichs von unter 50 m erreichten diese im Herbst/Winter 2014/15 durchschnittlich 4,4 µg/m³. Im Frühjahr/Sommer 2015 (Erhebungen bis Mitte Sept.) waren sie hingegen mit rund 9 µg/m³ mehr als doppelt so hoch.
Die mittels Bulksammlern gemessenen nassen Stickstoffeinträge schwankten in Abhängigkeit von den meteorologischen Rahmenbedingungen wie Niederschlagsmengen und Lufttemperaturen stark und zeigten einen jahreszeitenspezifischen Verlauf. Im Herbst/Winter 2014/15 (18.09.14-18.03.15) wurden am Beobachtungsstandort über 3,3 kg/ha Ammonium- und 1,4 kg/ha Nitratstickstoff erhoben. Im Frühjahr/Sommer 2015 (18.03.-11.09.15) waren es dagegen etwa 5,8 kg/ha Ammonium- und mehr als 1,9 kg/ha Nitrat-N. Das Ammonium-Nitratverhältnis lag in der Herbst-/Winterperiode - bei vergleichsweise geringeren Niederschlägen und niedrigeren Temperaturen - bei rund 2,4:1, während es sich im darauffolgenden Frühjahr und Sommer mit rund 3:1 deutlich in Richtung Ammonium verschob. Dies dürfte den unter höheren Temperaturen ansteigenden Ammoniakemissionen in entfernt liegenden, landwirtschaftlich geprägten Regionen sowie deren Verfrachtung als NH4+ und anschließende Auswaschung in anderen Gebieten zuzuschreiben sein. Im gesamten Beobachtungsjahr wurden somit rund 9,2 kg NH4-N/ha* a-1 und fast 3,4 kg NO3-N /ha* a-1 errechnet.
(Vergleichsdaten des LfU Augsburg: seit 2003 <5 kg NO3-N/ha* a-1, NH4-N 5-6 kg/ha* a-1, Gesamt-N 9,6 kg/ha* a-1)

Ausblick

Die Erhebungen der trockenen und nassen N-Depositionen werden wie bisher fortgesetzt und durch Tagesgangmessungen der Ammoniakimmissionskonzentrationen an ausgewählten Messpositionen ergänzt. Die Arbeiten an der computergestützten Ausbreitungsmodellierung und den Windkanalversuchen (Erprobung von Depositionsbarrieren verschiedener Rauigkeit, Ausgestaltung und Entfernung zum Emittenten) dauern an. Erste Ergebnisse aus diesen Untersuchungen dürften voraussichtlich im ersten Quartal 2016 vorliegen.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Stefan Neser
Projektbearbeitung: Katja Bonkoß
Laufzeit: 2014-2017
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/12/18