Forschungs- und Innovationsprojekt
Kleine Biogasanlagen aus textilen Materialien

Verfahrensentwicklung, Errichtung und Erprobung einer Technikums- sowie einer Demonstrationsanlage

Kleine Biogasanlagen (< 75 kW) haben ein großes Potenzial für Klima- und Umweltschutz sowie für ein nachhaltiges Wirtschaften im ländlichen Raum. Jedoch sind die Investitionskosten für konventionelle Gärbehälter sehr hoch. Der Einsatz von textilen Materialien hat das Potenzial, die Gärbehälterkosten im Vergleich zur konventionellen Bauweise zu senken. Im Projekt wird deshalb untersucht, ob der Betrieb einer Hofbiogasanlage aus textilem Material technisch umsetzbar, praxistauglich, genehmigungsfähig, wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist. Dazu arbeitet die LfL zusammen mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Landshut (HAW, Projektkoordinator), der Landmaschinenschule Landshut-Schönbrunn, der Finsterwalder Umwelttechnik GmbH & Co. KG und der AGROTEL GmbH an einem Konzept, zunächst im halbtechnischen und anschließend im Pilot-Maßstab.

Ziele

Hauptziel ist es, die Herstellungs- und Betriebskosten für kleine Hofbiogasanlagen gegenüber bestehenden Anlagen vergleichbarer Größe (30 bis 75 kW elektrische Leistung) deutlich zu reduzieren sowie einen sicheren und nachhaltigen Betrieb der Anlage über einen langen Zeitraum zu gewährleisten. Das vorgestellte System für Fermenter und Gärrestelager soll aus textilen Materialien in doppelwandiger Ausführung mit Leckageerkennung, externer Beheizung und Umwälzung sowie einer Aufbereitung von einzubringenden Feststoffen (vor allem Festmist) ausgeführt werden. Um das Potenzial für kleine Biogasanlagen abzuschätzen, die vorwiegend Gülle vergären, wird in einem ersten Schritt eine umfassende Bestands- und Potenzialanalyse durchgeführt. Parallel zur technischen Entwicklung und Optimierung der Anlage wird eine Ökobilanz für das Anlagenkonzept erstellt und darüber­hinaus­gehend eine Nachhaltigkeits­bewertung unter ökologischen, sozialen, ökonomischen und technischen Aspekten vorgenommen.

Methode

Die Aktivitäten im Projekt sind in vier Arbeitspakete gegliedert:
(1) Erhebung und Bewertung der Ist-Situation bei kleinen Hofbiogasanlagen
Um das Potenzial für die Errichtung kleiner Hofbiogasanlagen abzuschätzen, wird im Projekt in einem ersten Schritt eine Bestandsanalyse durchgeführt. Dabei werden Informationen über die Anzahl und Bauweise von bestehenden kleinen Biogasanlagen (bis 75 kW Bemessungsleistung) erhoben. Basierend auf der Bestandsanalyse wird in Befragungen mit Experten, Betreibern und viehhaltenden Betrieben untersucht, welche Gründe für und welche Hemmnisse gegen den Bau einer Hofbiogasanlage sprechen und durch welche wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Änderungen diese Hemmnisse behoben werden könnten. Die Zusammenführung der Befragungsergebnisse mit Strukturdaten (zum Beispiel Viehdichte je Region) und den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel Genehmigungs­anforderungen) dient zur Schätzung des theoretischen, technischen, ökonomischen und umsetzbaren Potenzials für den Bau kleiner Hof­biogas­anlagen.

Bayernkarte mit kleinen Biogasanlagen (installierte elektrische Leistung bis 75 kW (2002 bis 2016) sowie Anlagen bis 150 kW (2017 bis 2018)

Karte: Kleine Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung bis 75 kW (2002 bis 2016) und bis 150 kW (2017 bis 2018) in Bayern (Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Daten des Energie-Atlas Bayern)
(2) Konzeption, Entwicklung und Erprobung einer landwirtschaftlichen Kleinbiogasanlage mit textilen Materialien
Die Entwicklung eines Biogasfermenters aus textilen Materialien erfolgt im Projekt in zwei Schritten. Zunächst wird ein Technikumsfermenter mit ca. 300 Litern Arbeitsvolumen im Energie- und Umwelttechnik-Labor der Hochschule Landshut konstruiert, gebaut und betrieben (Abbildung Laboranlage). Anschließend wird dieser Fermenter unter Realbedingungen im Freien erprobt werden. Als Substrat soll hierfür Rinderfestmist aus dem Ökolandbaubetrieb des Agrarbildungszentrums (ABZ) Schönbrunn des Bezirks Niederbayern eingesetzt werden. Dabei sollen Erfahrungen für den zweiten Entwicklungsschritt, die Konstruktion, den Bau und den Betrieb einer Demonstrationsanlage mit 150 m³ Fermentervolumen auf dem Standort des ABZ gewonnen werden. Diese Demonstrationsanlage wird in einer anschließenden Testphase unter den Bedingungen des landwirtschaftlichen Lehrbetriebs von Mitarbeitern des ABZ betrieben, erprobt und auf ihre Dauerbetriebstauglichkeit untersucht. Diese Anlage soll so konzipiert werden, dass sie auch von Landwirten in Eigenregie errichtet und betrieben werden kann. Dabei wird eine entsprechende externe Baubegleitung und Abnahme der Anlage im Rahmen von Qualitätssicherungsmaßnahmen angestrebt.

Laboranlage mit den Komponenten (von links nach rechts): Zerkleinerer für Mist und Klee (Kessel mit Stab), Fermenter (runder Behälter in grauer Box), Pumpe (Rollwagen mit Motor), Wärmetauscher (Rohrverbindungen am Boden) und Nachgär-/Gärrestbehälter (schwarzer Behälter rechts) sowie der Laborcontainer zur Analyse (im Hintergrund mit Stromanschluss)

Abbildung: Laboranlage im Aufbau, Stand April 2021 (Foto: Dr. Uwe Behmel)
Die zu entwickelnden Behälter der geplanten Biogasanlage sollen aus hochwertigen und qualitätsgesicherten Kunststofffolien konstruiert und hergestellt werden. Es kann hierfür beispielsweise auf die jahrzehntelange positive Erfahrung mit dem Einsatz von PE-HD-(Polyethylen-High-Density-)Folien als Dichtungskomponente beim Bau von Hausmüll- und Reststoffdeponien zurückgegriffen werden. In derartigen Deponie­abdichtungs­systemen wurden auch Systeme zur Erkennung von Leckagen bei Beschädigung dieser Dichtungs­komponente verbaut.
(3) Entwicklung und Bewertung von Nutzungskonzepten für Biogas aus kleinen Hofbiogasanlagen
Auf Basis der Bestandsaufnahme und Potenzialanalyse im Arbeitspaket 1 werden Szenarien für mögliche Nutzungsvarianten des in Hofbiogasanlagen erzeugten Gases und entsprechende Referenzszenarien für die Energiebereitstellung definiert. Um die Besonderheiten der textilen Bauweise zu untersuchen, beinhalten diese Szenarien auch verschiedene konventionelle Bauweisen von Gärbehältern (zum Beispiel Ortbeton oder Stahl). Für die ausgewählten Szenarien werden eine Lebenszyklusanalyse und eine Nachhaltigkeitsbewertung in folgenden Schritten durchgeführt:
  • Definition von Alternativ-/Referenzszenarien für die Erzeugung und Nutzung von Biogas aus kleinen Gülleanlagen
  • Erarbeitung von Nachhaltigkeitskriterien für kleine Hofbiogasanlagen
  • Analyse der sozio-ökonomischen Akzeptanzkriterien am Markt und Betrachtung der sozialen Akzeptanzkriterien im Anlagenumfeld
  • Entwicklung eines dimensionslosen Indikatorsets für die umfassende Nachhaltigkeitsanalyse
  • Erstellung und Auswertung von Lebenszyklus- und Nachhaltigkeitsanalysen für das zu entwickelnde Anlagenkonzept im Vergleich zu konventionellen Bauweisen von Gärbehältern und für alternative Biogas-Nutzungspfade
  • Betriebswirtschaftliche Evaluierung der Anlagenkonzepte und Nutzungspfade innerhalb und außerhalb der Regelungen des EEG
(4) Wissenstransfer zur Förderung der Akzeptanz von Hofbiogasanlagen
Um die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Projekt wissenschaftlich und wirtschaftlich zu verwerten und die Anschlussfähigkeit an die Praxis zu gewährleisten, werden die Befunde aus dem Betrieb der Demonstrationsanlage und die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsbewertung in Form von Veranstaltungen, Fachvorträgen, Artikeln, Leitfäden und Projektberichten sowie auf den Webseiten der Projektpartner veröffentlicht.

Ergebnisse

Versuche im Technikumsmaßstab und Konzeption der Demonstrationsanlage
Im Jahr 2022 wurden von der Hochschule Landshut in dem eigens konstruierten Technikumsfermenter neben dem zukünftigen Standort der Demonstrationsanlage Abbauversuche mit Festmist aus dem Rinderstall des Agrarbildungszentrums Landshut sowie mit Kleegras als Co-Substrat durchgeführt. Beide Substrate wurden vor der Zugabe mittels eines Pürierstabs zerkleinert, wobei der Energieeintrag etwa 75 kWh pro Tonne Trockensubstanz betrug. Der Technikumsfermenter sollte ohne Rührwerk betrieben werden, es bildete sich jedoch eine Schwimmschicht aus, die den Gasaustrag zunehmend hemmte und nach 50 Tagen Versuchsdauer abgeschöpft werden musste. Daraufhin wurde ein manuell zu bedienender Hubrührer nachgerüstet.
Auf Basis der Abbauversuche im Technikumsmaßstab wurde für die Demonstrationsanlage die zu erwartende Brutto-Energieausbeute aus dem geplanten Einsatz von ca. 2 t Festmist plus ca. 400 kg Kleegrassilage pro Tag auf etwa 940 kWh Methan (Heizwert) geschätzt. Die erhöhten Anforderungen an den Gewässerschutz am Standort Landshut-Schönbrunn führten leider zu deutlichen Verzögerungen bei der Planung der Demonstrationsanlage, mit deren Errichtung nun im März 2023 begonnen wird.
Befragung von Experten
Als Bestandteil der Nachhaltigkeitsanalyse für Güllekleinanlagen soll im Projekt unter anderem ermittelt werden, aus welchen Gründen sich investitionswillige Landwirte für oder gegen den Bau einer solchen Biogasanlage entscheiden. Hierzu wurde im ersten Schritt eine Befragung von Stakeholdern aus verschiedenen Bereichen der Biogasbranche (Beratung, Forschung, Anlagenplanung/-bau, etc.) durchgeführt. Eine zweite Umfrage, die sich ausschließlich an Landwirte und Landwirtinnen wendet, läuft noch bis zum Ende des Jahres (Informationen und Link zu dieser Umfrage am Seitenende).

Die befragten Experten nannten am häufigsten die folgenden Gründe auf betrieblicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Ebene, aus denen sich Landwirtinnen und Landwirte gegen die Investition in eine hofeigene Güllekleinanlage entscheiden:

  • zu geringe Güllemengen;
  • grundsätzliche Ungewissheit bezüglich der Zukunft der Tierhaltung;
  • hoher bürokratischer Arbeitsaufwand;
  • zusätzliche Arbeitsbelastung;
  • hohe genehmigungsrechtliche Anforderungen.

Was den Änderungsbedarf angeht, um den Bau von Güllekleinanlagen attraktiver zu machen, wurden von der Mehrheit der Experten die folgenden Maßnahmen als sinnvoll erachtet:

  • Verbesserung und Staffelung der Vergütungsregelungen für Güllekleinanlagen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG);
  • zusätzliche Förderung auf Basis der Vermarktung von CO2-Zertifikaten;
  • Anpassung überzogener genehmigungsrechtlicher Anforderungen;
  • verlässliche gesetzliche Regelungen für eine bessere Planungssicherheit;
  • Informationskampagne zu Güllekleinanlagen.
Potenzialanalyse für die Emissionsminderung durch den Ausbau der Güllevergärung
Der Vorschlag einer zusätzlichen Förderung von Güllekleinanlagen auf dem Wege der Vermarktung von CO2-Zertifikaten deutet auf einen wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekt hin, der im Projekt detailliert untersucht werden soll. Bei der konventionellen Lagerung von Gülle in offenen Behältern werden Methan, Lachgas und Ammoniak freigesetzt, welche direkt bzw. indirekt zum Treibhauseffekt beitragen. Laut Deutschem Emissionsinventar für den Sektor Landwirtschaft war Methan aus dem Wirtschafts­dünger­management mit einem Anteil von 17 % an den THG-Emissionen der drittgrößte Posten nach der enterischen Fermentation (43 %) und den landwirtschaftlich genutzten Böden (43 %); betrachtet man speziell Methan, bildet das Wirtschafts­dünger­management den zweitgrößten Posten. Wird Gülle nach möglichst kurzer Vorlagerung in einer Biogas­anlage behandelt, können rund 90 % der klimawirksamen Emissionen vermieden werden und es wird zusätzlich Biogas als erneuerbarer Energie­träger bereitgestellt. Entsprechend wird die Stärkung der Vergärung von Wirtschafts­düngern tierischer Herkunft (und von landwirt­schaftlichen Reststoffen) als wichtige Maßnahme im Klimaschutz­programm 2030 der Deutschen Bundes­regierung genannt.
Gegenüberstellung: Verteilung der Betriebe mit und ohne Biogasanlage nach Bestandsgröße in GVE für Betriebe >500 GVEZoombild vorhanden

Abbildung 1

Entscheidend für das verfügbare Potenzial zur Vermeidung von Methanemissionen ist neben der Haltungsform die bereits realisierte Erfassungsquote der anfallenden Wirtschaftsdünger zur Vergärung in Biogasanlagen. Da rund 97 % dieser Methanemissionen aus der Haltung von Rindern und Schweinen stammen, können die übrigen Nutztiere in dieser Analyse vernachlässigt werden. Die Vergärungsquote liegt in Bayern mit lediglich 10,2 % bei den Milchkühen, 8,0 % bei den übrigen Rindern und 10,8 % bei den Schweinen deutlich unter dem durchschnittlichen Wert für Deutschland (17 % Erfassungsquote für Rinder und Schweine zusammengenommen). Hauptgrund dafür ist die Größenverteilung der Tierbestände in Bayern, wie in Abbildung 1 im unteren Diagramm dargestellt: der mittlere Tierbestand liegt hierzulande unter 50 Großvieheinheiten (GVE) und die Mehrzahl der Betriebe weist sogar einen Tierbestand von höchstens 25 GVE auf.
Für die weitergehende Analyse im Projekt wurden Angaben zur Tierhaltung aus dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKos) mit Daten zur Stromerzeugung aus Biogas im Markt­stammdaten­register und bei den Übertragungs­netz­betreibern verknüpft. Erwartungsgemäß ergibt sich für Betriebe mit Biogas­anlage eine deutliche Verschiebung der Verteilung hin zu größeren Tierbeständen (vergleiche Abbildung 1: oberes Diagramm). Allerdings weist die Mehrheit der Betriebe, die bereits eine Biogas­anlage haben, einen Tierbestand von unter 100 GVE auf, welcher häufig als Wirtschaftlichkeits­schwelle für Gülle­kleinanlagen genannt wird. Es kann also davon ausgegangen werden, dass hier in erheblichem Umfang noch andere Einsatz­stoffe verwendet werden.
Anteilige verbliebene Methanemissionen im Vergleich zum Status quo.Zoombild vorhanden

Abbildung 2

In einer einfachen summarischen Betrachtung, das heißt ohne weitere Differenzierung der Betriebe nach den gehaltenen Tierarten und -kategorien, wurde berechnet, welcher Anteil der Methanemissionen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement vermieden werden könnte, wenn auf allen Betrieben einer bestimmten Bestandsklasse eine Biogasanlage errichtet würde bzw. die Wirtschaftsdünger vollständig einer Vergärung zugeführt würden. Demnach liegen die größten Potenziale zur Minderung der Methanemissionen durch Vergärung bei Betrieben der Tierbestandsklasse von 50 bis unter 100 GVE mit rund 24 % (vergleiche in Abbildung 2: Szenario "50_100") bzw. 100 bis unter 200 GVE mit 30 % (vergleiche in Abbildung 2: Szenario "100_200").
In weiteren Schritten wird das realisierbare Methan­minderungs­potenzial durch Wirtschafts­dünger­vergärung genauer eingegrenzt und vor dem Hintergrund der politischen Ziele für den Klimaschutz bewertet werden.

Teilnahme bis 31.12.2023
Umfrage zu kleinen Hofbiogasanlagen in Bayern für interessiere Landwirte und Betreiber

Kleine Biogasanlage (installierte elektrische Leistung 50 kW): Betrieb mit Rindergülle und Mist von ca. 200 GV

Im Projekt "Kleine Biogasanlagen aus textilen Materialien" untersucht die LfL gemeinsam mit der Hochschule Landshut (HAW) das Gesamtpotenzial für kleine Hofbiogasanlagen in Bayern für eine Minderung der Treibhausgasemission und eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft. Dazu führt das Forschungsteam eine webbasierte Umfrage unter Landwirten durch, um die Motive und Hemmnisse von Landwirten für bzw. gegen den Bau einer kleinen Gülle-basierten Biogasanlage zu ermitteln.  Mehr

Projektinformation
Projektleitung (ILT): Dr. Thomas Venus
Projektbearbeitung: Dr. Thomas Venus, Dr. Mathias Effenberger
Kooperationspartner: Hochschule Landshut (Gesamtprojektleitung: Prof. Dr. Josef Hofmann); Landmaschinenschule Landshut-Schönbrunn; Agrotel GmbH; Finsterwalder Umwelttechnik GmbH & Co. KG
Laufzeit: 01.04.2019 bis 31.12.2023
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi)
Förderkennzeichen: BE/19/02