Drosophila suzukii, ein gefährlicher Schädling aus Asien
Kirschessigfliege: Monitoring und Untersuchungen zur Bekämpfung
Forschungsprojekt des Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)
Die aus dem asiatischen Raum eingewanderte Kirschessigfliege Drosophila suzukii stellt eine große Gefahr für den gesamten Obstbau dar, weil sie im Gegensatz zu den heimischen Arten in der Lage ist, auch gesunde Früchte vor und während der Ernte mit ihren Eiern zu belegen. Aufgrund ihrer kurzen Entwicklungszeit und mehrerer Generationen kann sie sich in der Obstanlage explosionsartig vermehren und einen vollständigen Ertragsausfall zur Folge haben.
Auftreten in Bayern
Im Jahr 2012 wurde die Kirschessigfliege erstmalig in Bayern festgestellt und im gleichen Jahr wurde mit der Überwachung begonnen. Das Monitoring zeigte, dass die Kirschessigfliege bereits in zahlreichen Obstkulturen bayernweit verbreitet war. Es konnten zu diesem frühen Zeitpunkt jedoch noch keine Schäden in Obstkulturen festgestellt werden. Diese Situation hat sich im Jahr 2014 grundlegend geändert. Aufgrund der für ihre Entwicklung günstigen klimatischen Bedingungen mit feuchtwarmer Witterung hatte sich die Kirschessigfliege stark vermehrt und große Schäden in den Obstanlagen verursacht. Diese Situation hat sich im Jahr 2016 wiederholt. In zahlreichen Obstkulturen, insbesondere in Süß- und Sauerkirschen kam es zum Ende der Ernte zu hohen Ertragsausfällen.
Eilegeapparat des Kirschessigfliegenweibchens
Kirschessigfliegenmännchen
Wirtspflanzen und Schadsymptome
Die Auswertung der Fangdaten ergab, dass die Kirschessigfliege überwiegend ab Ende Juli auftritt und für die ab diesem Zeitpunkt reifenden Obstarten zum Problem werden kann. Betroffen sind besonders spät reifende Kirschsorten, Zwetschgen und das Beerenobst sowie der Holunder. Der Befall zeigt sich durch den Austritt von Fruchtsaft und dem Zerfall der Früchte durch den Fraß der zahlreichen Larven.
Um die Obstanlage vor Befall durch die Kirschessigfliege zu schützen, ist es notwendig, den Zuflug rechtzeitig zu erkennen. Nur so können sofort eingeleitete Maßnahmen zur Bekämpfung einen stärkeren Fruchtbefall verhindern. Die Früherkennung kann durch unterschiedliche Methoden, wie z.B. durch den Fang der Kirschessigfliegen mit Lockstofffallen (die nach unseren Erfahrungen keine ausreichende Wirkung zeigen, und daher für eine sichere Prognose ungeeignet sind) oder durch Untersuchung der Früchte auf erste Eiablagen bzw. Larvenbefall erfolgen.
Befallen werden die Früchte überwiegend im erntenahen Bereich. In diesem Zeitraum sind 1-2 tägige Kontrollen erforderlich, um den Befall rechtzeitig zu erkennen. Grund dafür ist die hohe Attraktivität reifender Früchte, die einen massenhaften Zuflug der Kirschessigfliege in kurzer Zeit bewirken kann. Mit der Untersuchung der Früchte auf Larvenbefall mittels Salzwassermethode steht eine praktikable Methode zur Früherkennung zur Verfügung, dabei ist jedoch zu beachten, dass die Probenahme vorrangig in besonders gefährdeten Bereichen der Obstanlage, wie z.B. in der Nähe eines Waldes, durchgeführt wird.
Regulierung des Befalls
Zur Bekämpfung der Kirschessigfliege in Kirschen und Zwetschgen haben 2 Insektizide eine sehr gute Wirkung gezeigt. Eines hat eine gute Kontakt- bzw. Fraßgiftwirkung auf die Fliege, das andere schützt die Frucht auch anhaltend vor den Schäden bzw. der Entwicklung der Larven der Kirschessigfliege. Der Zusatz eines Netzmittels ermöglicht eine bessere Haftung und Verteilung der Insektizide auf der Frucht und zeigte im Laborversuch einen besseren Wirkungsgrad der Insektizide auf die Kirschessigfliege.
Larven der Kirschessigfliege
Mit einem Insektizid ist es möglich, die Kirschessigfliege und die Kirschfruchtfliege gemeinsam zu bekämpfen. Der Einsatz von nur einem Insektizid bietet Vorteile im Hinblick auf die Rückstandsproblematik und die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels. Eine Alternative zum Einsatz von Insektiziden ist die Einnetzung der Anlage mit einem Kulturschutznetz (Maschenweite: 0,8 mm).
Die Anwendung eines Kulturschutznetzes bietet nur in Verbindung mit einer Überdachung im geschlossenen System einen ausreichenden Schutz vor dem Zuflug der Kirschessigfliege. Mit alleiniger Errichtung einer 5m hohen Netzwand ist dies im Rahmen des Projektes nicht gelungen. Mit den derzeit über die Notfallzulassung zur Verfügung stehenden Insektiziden und der alternativen Methode der Einnetzung stehen für Steinobst wirksame Mittel zur Bekämpfung bzw. Abwehr der Kirschessigfliege zur Verfügung.
Im Beerenobst ist dagegen die Situation deutlich anders, die Kirschessigfliege kann hier allein mit dem Einsatz von Insektiziden nicht bekämpft werden. Grund dafür ist das lange Erntefenster, in dem zahlreiche Behandlungen notwendig wären, um das Beerenobst vor Befall zu schützen. Zudem ist der Einsatz von Insektiziden aufgrund des beständigen Vorhandenseins von Blüten und den damit verbundenen Auflagen, sowie dem Einhalten der Wartezeiten bei kontinuierlicher Ernte problematisch. Um die Befallsgefahr durch die Kirschessigfliege in einer Beerenobstanlage auf einem niedrigen Niveau zu halten, ist es wichtig, reife Früchte vollständig zu ernten und keine Früchte am Boden der Anlage zu belassen.
Bei den sich rotfärbenden Brombeeren, die aus einer mit der Kirschessigfliege befallenen Anlage entnommen wurden, konnte keine Eiablage festgestellt werden. Bei den bereits rotgefärbten Brombeeren war nur eine geringe Anzahl an Larven feststellbar. Dagegen wiesen die reifen Brombeeren einen starken Befall mit Larven der Kirschessigfliege auf.
Untersuchung auf Eiablagen bzw. Larvenbefall von Brombeeren unterschiedlicher Reife
Bei den Himbeeren konnte dagegen bereits bei den jungen Früchten mit beginnender Rotfärbung Eiablage festgestellt werden. Bevorzugt wurden jedoch die reifen Früchte zur Eiablage aufgesucht. Das zeigte sich an der hohen Anzahl an Larven in den reifen Früchten.
Untersuchung auf Eiablagen bzw. Larvenbefall von Himbeeren unterschiedlicher Reife
Durch eine kurzzeitige Kühlung der Früchte können die Larven der Kirschessigfliege nicht abgetötet werden.
Neue Erkenntnisse durch Beobachtung Tagesaktivität der Kirschessigfliege
Für das Beerenobst ist die Entwicklung neuer Strategien in der Bekämpfung der Kirschessigfliege dringend notwendig. Eine Grundlage für eine neue Bekämpfungsstrategie bieten u.a. die Erkenntnisse zur Tagesaktivität der Kirschessigfliege, die im Rahmen dieses Projektes gewonnen wurden. Die Untersuchung zeigte, dass die Kirschessigfliege an sonnigen Tagen früh morgens und spät am Abend im Fruchtbereich aktiv ist und sich die restliche Tageszeit im geschützten Bereich der Pflanze bzw. in Bodennähe aufhält.
Um 6:00 Uhr und 8:00 Uhr konnte eine hohe Anzahl an Kirschessigfliegen gefangen werden. Die Fangzahlen reduzierten sich im Anschluss mit zunehmender Temperatur und abnehmender Luftfeuchtigkeit. Erst am Abend mit umgekehrten Verhältnissen stiegen die Fangzahlen wieder an.
Auf der Grundlage der gewonnen Erkenntnisse bietet sich so z.B. für eine Himbeeranlage die Strategie an, die Kirschessigfliege über die Mittagszeit im unteren blüte- und fruchtfreien Bereich zu behandeln, also dort, wo sich die Kirschessigfliege zu dieser Zeit aufhält. Diese Strategie hätte den Vorteil, dass Bienen geschont werden.
Alternative Bekämpfungsverfahren
Morgens nutzt die Kirschessigfliege, die zur Familie der Taufliegen gehört, den Tau auf den Blättern, um ihren Wasserbedarf für den Tag zu decken. Hier bietet sich ein weiterer Ansatz für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Kirschessigfliege an, indem ein Fraßgift auf die noch vom Tau benetzten Blätter appliziert wird. In Laborversuchen wurden für diesen Einsatz Methoden entwickelt um Wirkstoffe zu finden, die eine hohe Fraßgiftwirkung haben, aber andererseits keine Gefahr für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt mit sich bringen. Nur so wird es möglich sein, den langen Erntezeitraum im Beerenobst mit den entsprechend notwendigen zahlreichen Behandlungen abzudecken.
Versuchsanordnung mit beleimten farbigen Tafeln zum Fang der Kirschessigfliege
Versuchsanordnung mit Heidelbeeren und Lavendel
Weitere Ansätze wie Massenfang mit Lockstofffallen, Ausbringung von Fruchtkalk, beleimte Farbtafeln oder Lavendel zeigten leider keine Wirkung.
Schlussfolgerung
Abschließend lässt sich sagen, dass der Obstanbau, vermutlich auch in Zukunft, einen weiteren Schädling in die Liste der zu bekämpfenden Schaderreger aufnehmen muss. Bei der Befallsregulierung mit Insektiziden muss darauf geachtet werden, dass die Mittel gezielt und optimal und mit einer guten Strategie angewandt werden. Um den Naturhaushalt zu schonen, wären alternative Maßnahmen, bei denen die Schädlinge nicht bekämpft sondern lediglich abgewehrt werden oder der Einsatz von wirksamen natürlichen Wirkstoffen, vorteilhaft.