Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturen
Mit einem Blick in das „Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile auf Gemeindeebene“ kann sich der Anwender Klarheit darüber verschaffen, ob er bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bestimmte NT-Auflagen zum Schutz von Nicht-Zielorganismen (NT) nicht einhalten muss.
Im „Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile auf Gemeindebasis“, das vom Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, zusammen mit den Ländern und Gemeinden erstellt wurde, finden sich die Begriffe "Biotopindex" und "SOLL". Ist der Biotopindex größer als der Soll-Wert, so müssen einige NT-Auflagen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht eingehalten werden.
Biotopindex
Zur Feststellung des Biotopindex müssen auf Gemeindeebene der Agrarraum ohne Grünland sowie vorhandene Kleinstrukturen erfasst werden.
Das Julius Kühn-Institut arbeitet bei der Festlegung des Kleinstrukturverzeichnisses mit "ATKIS-Daten". ATKIS ist das amtliche topografisch-kartographische Informationssystem der Vermessungsverwaltungen aller Bundesländer. Aus diesem Datenwerk, das in digitalisierter Form vorliegt und in dem alle Flächen definiert enthalten sind, werden die Angaben zur Festlegung der geforderten Flächenanteile entnommen.
1. Schritt: Erfassung Agrarraum einer Gemeinde aus ATKIS
Definition "Agrarraum"
Der Agrarraum einer Gemeinde wird aus den im amtlichen topografisch-kartografischen Informationssystem (ATKIS) definierten Objektarten "Ackerland", "Gartenland (Gemüsekulturen)“ und "Sonderkulturen (Wein, Obst, Hopfen)“ gebildet. Um diese Flächen herum wird zusätzlich ein 500 m breiter Pufferstreifen berücksichtigt. Damit wird nur der Agrarraum und die unmittelbare Umgebung in die Berechnung des "Biotopindex IST" einbezogen. Unberücksichtigt bleiben landwirtschaftlich genutztes Grünland ebenso wie große Wald- und Heideflächen.
2. Schritt: Ermittlung der Ausstattung des Agrarraums der Gemeinde mit naturnahen Biotopen
Das sind alle flächenförmigen und linienförmigen Kleinstrukturen, die aus ATKIS entnommen werden können und nicht weiter als 500 m von den Agrarflächen entfernt sind.
Definition "Flächenförmige und linienförmige Kleinstrukturen"
"Flächenförmige Kleinstrukturen" als naturnahe Biotope sind
- Feldgehölze
- kleine Waldflächen bis 1 ha
- kleine Grünflächen bis 1 ha
- Verkehrsbegleitgrün
- Friedhofsflächen, Grünanlagen und Parks
- Feuchtbiotopflächen soweit sie in der 500 m breiten Pufferzone um einen "Agrarraum" liegen
- Heideflächen, soweit sie in der Pufferzone liegen
"Linienförmige Kleinstrukturen" als naturnahe Biotope sind
- Säume in direkter Nachbarschaft zwischen Flächen
- Säume in direkter Nachbarschaft zwischen Flächen und Linienobjekten (Straßen, Gewässer, Wege)
Diese Säume haben eine unterschiedliche Breite, die nach den örtlichen Gegebenheiten mit 3 m, 6 m oder 10 m berücksichtigt werden.
3. Erfassung zusätzlicher Kleinstrukturen
Zur Feststellung des Biotopindex sind auch zusätzliche Kleinstrukturen zu erfassen, die nicht aus ATKIS zu ermitteln sind und die als landesspezifische Besonderheiten bei der Pflanzenschutzintensität von den Bundesländern in bestimmter Form und zu bestimmten Fristen an das JKI gemeldet werden können.
Definition "Zusätzliche Kleinstrukturen"
- Extensiv oder nicht genutztes Grünland ohne Düngung und Pflanzenschutz mit Schnittzeitregelung, soweit diese Flächen im 500 m breiten Pufferstreifen um einen "Agrarraum" liegen
- Gewässerrandstreifen an Acker-, Gemüse- oder Sonderkulturen
- aufgelassene Weinbauflächen (z.B. in Steillagen)
- Flächenförmige Kleingehölze unter 1000 Quadratmeter oder neu angelegte Kleingehölzflächen
- Hecken neben einem Weg, wenn sie über 6 m breit sind, nicht aus ATKIS (amtlich topografisch-kartografisches Informationssystem der Vermessungsverwaltungen aller Bundesländer) zu entnehmen sind und im 500 m breiten Pufferstreifen um einen "Agrarraum" liegen
4. Errechnung Biotopindex
Biotopindex (einer Gemeinde) = Summe aller Kleinstrukturen x 100 geteilt durch (Summe aller Kleinstrukturflächen + Agrarflächen ohne Grünland)
Dieser Wert ist der in einer Gemeinde vorhandene prozentuale Flächenanteil an na-turnahen Biotopen. Diese sind erforderlich, um eine Erholung der terrestrischen Lebensgemeinschaften (Tiere, Pflanzen) nach Pflanzenschutzanwendungen zu verbessern.
SOLL
Dem Biotopindex steht das SOLL gegenüber. Es spiegelt die vorgeschriebenen Anforderungen an die Mindestausstattung mit naturnahen Biotopen in einer Gemeinde wider.
- Für Gemeinden ohne chemische Pflanzenschutzanwendung sind mindestens 5 % der Fläche als Ausstattung mit naturnahen Biotopen erforderlich.
- Für Gemeinden mit maximaler Pflanzenschutzintensität (Obst- und Weinbau) sind mindestens 20 % der Fläche als Ausstattung mit naturnahen Biotopen erforderlich.
Bei der Bestimmung des "Biotopindex SOLL", der die erforderliche Mindestausstattung mit naturnahen Biotopen in einer Gemeinde widerspiegelt, werden folgende Gegebenheiten berücksichtigt:
- Die Pflanzenschutzintensität in einer Gemeinde ist abhängig von den angebauten Kulturen und dem örtlichen Befallsdruck der Schadorganismen.
- Alle Gemeinden in der gleichen Boden-Klima-Region (durch die ehemalige BBA festgelegt) erhalten die gleichen kulturspezifischen Behandlungsindices beim Pflanzenschutz.
- Die räumlichen Unterschiede in der Behandlung bei den Kulturen wurden aus der bundesweiten NEPTUN-Erhebung 2000 und 2001 abgeleitet.
- Unter diesen Bedingungen ergibt sich die Intensität des chemischen Pflanzenschutzes in einer Gemeinde dann aus den Flächenanteilen der angebauten Kulturen und den Indices der jeweiligen Boden-Klima-Region. (Die Flächenangaben zu den Kulturen stammen aus Erhebungen der statistischen Landesämter aus dem Jahr 1999).
Das "SOLL" (einer Gemeinde) = notwendiger Anteil naturnaher Biotope. Dieser beträgt zwischen 5 % und 20 % Fläche und wird anhand der Intensität des Pflanzenschutzes in den Kulturen, die in der Gemeinde angebaut werden, ermittelt.
Bewertung der Zahlen im Kleinstrukturverzeichnis
- Wenn der "Biotopindex" in der Tabelle größer ist als das "SOLL", erfüllt die Gemeinde die notwendigen Vorgaben für die Wiedererholungsfähigkeit von terrestrischen Lebensgemeinschaften (Tiere, Pflanzen). Hier müssen nur bestimmte NT-Auflagen beachtet werden.
- Im umgekehrten Fall reicht die Wiedererholungsfähigkeit für terrestrische Lebensgemeinschaften (Tiere, Pflanzen) nicht aus. Sofern für die fraglichen NT-Auflagen keine anderweitigen Ausnahmemöglichkeiten bestehen, müssen diese Auflagen unbedingt eingehalten werden.
- Bei nur geringer Differenz zwischen "Biotopindex" und "SOLL" kann die Gemeinde versuchen, ihre Kleinstrukturen zu vermehren und so dafür zu sorgen, dass nach erneuter Berechnung durch das JKI der "Biotopindex" größer ist als das "SOLL" und somit einige NT-Auflagen nicht mehr eingehalten werden müssen.
In welcher Gemeinde die Anwender von Pflanzenschutzmitteln einige NT-Auflagen nicht einhalten müssen, kann im „Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile auf Gemeindeebene“ nachgesehen werden.
„Verzeichnis der regionalisierten Kleinstrukturanteile auf Gemeindeebene"